Mit dem Stufentandem unterwegs in den Amerikas

Autor: vmakowski Seite 6 von 9

Woche 3 (15.4.24 bis 21.4.24) – Pigeon Point Lighthouse bis Cambria

Montag 15.4.24 – (004) – Pigeon Point Lighthouse – Aptos

Noch ein guter Tag! Langsam kommen wir in den Flow. Bei nebeligem Wetter fahren wir los, aber schon nach 6 Kilometern kehren wir zu einem Frühstück ein und kaufen 2 Gallonen Wasser, da unsere Wasserreserven für den morgendlichen Tee und die letzten Oatmeals draufgegangen sind.

69,55 km / Gesamt: 212,16 km

Danach hat sich der Nebel aufgelöst, es scheint bereits die Sonne und wir kommen gut voran. Bei unser ersten Eispause in Davenport passiert dann die Erste dieser Erfahrungen, die man nur auf solchen Touren machen kann. Ein Paar interessiert sich für technische Details unseres Tandems, wir kommem ins Gespräch mit den Engländern aus der Gegend um Newcastle stammend. Sie wohnen in Monterey und – schwupps – wir haben eine Übernachtungsmöglichkeit für morgen Abend.

Die kurzfristig in Aptos gefundenen Warmshowers-Gastgeber, Laura und Patrick, ebenfalls britischen Ursprungs, bieten uns ein luxuriöses Gästezimmer mit Waschmaschine und Trockner, ein sensationelles veganes Abendessen mit cross gebratenem Tofu (das Geheimnis ist Maisstärke), ein dickes Fotobuch (das uns die Kinder unbedingt zeigen wollen) und Erzählungen von ihrer Südamerika-Tour (21.000 km), auf der sie auch geheiratet haben. Außerdem gibt es noch zwei Kicker-Partien (hier „Fussball“ genannt) gegen den 9-jährigen Sohn, die Viktor überlegen gewinnt (beim Kicker lässt man niemanden gewinnen).

Familie Mottram – Warmshowers Gastgeber in Aptos

Das Gefühl, das sich einstellt: Auf solchen Touren ergibt immer alles irgendwie seinen Sinn. Diese tollen Menschen hätten wir alle nicht getroffen, wenn die ersten Tage nicht so schleppend verlaufen wären.

Küstenstrecke
Morgens aufsatteln am Lighthouse Hostel

Dienstag 16.4.24 – (005) – Aptos – Monterey (Pacific Grove)

In Monterey am Aquarium

66,01 km / Gesamt: 278,17 km

Heute war es ein bisschen schwerfälliger, aber mit tollen Küstenabschnitten. Außerdem kommen wir durch die ziemlich verlassen wirkende Hauptstadt der Artischocken: Castor!

Andy und Susan, unsere Überraschungs-Gastgeber, die wir in Davenport trafen und die uns spontan anboten, bei ihnen zu übernachten, bringen uns in ihrem fast brandneuen Gästehaus im Garten unter und laden uns zum Abendessen bei Artischocken (lecker, wenn man Dank guter Erklärung weiß, welchen Teil man isst und welchen nicht), Chicken (asiatisch) und Rotwein ein. Ein tolles britisch-amerikanisches Lehrer-Ehepaar, das scheinbar schon die ganze Welt bereist hat (z.B. Baja California, Türkei, Iran, Costa Rica, etc.) und sich als Lehrer in der Türkei an einer amerikanischen Schule kennenlernten. Die beiden bieten uns sogar an, noch eine zweite Nacht zu bleiben.

Sie helfen uns auch bei den Planungen für die nächsten Tage, mit guten Tipps und Kartenmaterial, auf dem wir uns eine bessere Übersicht verschaffen können als bei Google-Maps. Dank weiterer Erdrutsche (mittlerweile an vier Stellen) wird Big Sur und Highway No.1 für uns immer unwahrscheinlicher. Wir versuchen morgens vor dem Frühstück auf Juttas Idee hin noch per email bei CalTrans um eine Ausnahmeerlaubnis zu bitten. Vielleicht haben wir ja Glück und jemand hat dort Erbarmen mit uns.

Mittwoch 17.4.24 – (006) – Monterey (Pacific Grove) – Greenfield

Ihr wolltet doch immer schon wissen, wo Windows XP seinen Hintergrund her hatte, oder? Wir sind heute offenbar durchgeradelt.

99,39 km / Gesamt 377,56 km

Irgendwann muss man die ärgerliche Entscheidung ja treffen, die sich schon seit Wochen angekündigt hat, und heute ist es dann soweit. Im „Big Sur“ gibt es mittlwerweile vier Erdrutsche, die den Weg versperren. Am nördlichsten gibt es tägliche Convoys für die Anwohner, Touristen werden aber ziemlich konsequent abgewiesen. Andy erzählt uns außerdem von großen Gesteinsblöcken weiter südlich, die demnächst mit Sprengstoff beseitigt werden sollen. Auch am Paul’s Slide sind wohl weitere Erdrutsche dazugekommen, die ein „Durchschummeln“ nach 17:00 Uhr (wenn die Bauarbeiter weg sind) wohl auch unmöglich machen. Das war vor ein paar Wochen noch möglich.

Wir haben uns von Anfang an vorgenommen, auf die Ratschläge der Menschen vor Ort und besonders auf den Rat unserer Gastgeber zu hören. Andy rät uns zu einer von zwei möglichen Inlandsrouten.Wir entscheiden uns nach einer E-Mail an CalTrans (California Transportation) und einem erfolglosen Besuch bei deren Büros in Monterey (niemand anwesend) dann für die weniger bergige Route.

Unsere E-Mail an CalTrans

Immerhin eine persönliche Antwort. Wir sind beeindruckt.

Also wird es gezwungenermaßen wegen der Sperrung des Highway No.1 am Big Sur heute ein Hammertag. Die ersten 20 km geht es wieder zurück an der schönen Küste der Monterey-Bay entlang, aber dann müssen wir uns für mehrere Tage vom Meer und der Küstenstraße verabschieden, die wir doch so sehr lieben.

Auf der Strecke gibt es wenig Verpflegung, und wir haben vor Greenfield keine „ordentliche“ Unterkunft gefunden. Andy rät uns von einer Übernachtung in Soledad ab, da dort das größte Gefängnis Kaliforniens liegt und diese Tatsache auf die Stadt und die Unterkünfte ausstrahlen soll.

Es geht durch Erdbeerfelder und später durch Weinberge. Viel Rückenwind – und wir freuen uns sogar über kühlenden Seitenwind. Ab Kilometer 80 lässt des Captains Konzentration nach. An einem kleinen Schlagloch, dem er nicht mehr rechtzeitig ausweichen kann, verlieren wir einen Teil des vorderen Schutzbleches, können es aber noch retten. Die letzten Kilometer gehen schwerfällig über Feldwege. Komoot wählt manchmal sehr komische Routen.

Jetzt sind wir im Motel für 100€, tausendmal schlechter als unsere kostenlosen Unterkünfte bei super-freundlichen Menschen der letzten zwei Tage.
Viktor: Nachricht an meine „Omma“ ins Jenseits: Dein Spruch „Watt nix kost, datt iss auch nix!“ stimmt wohl doch nicht immer.

Donnerstag 18.4.24 – (007) – Greenfield – San Miguel

An der Autobahn-Raststätte am Freeway 101

112,92 km / Gesamt: 490,48 km

Ein ätzender Tag und wir schlafen abends zum ersten Mal im Zelt. Wir kommen erst nach Einbruch der Dunkelheit an und bauen das Zelt im Dunkeln (mithilfe unserer Stirnlampen) im Garten eines Warmshowers-Gastgebers auf. Die letzten Kilometer nach San Miguel sind wir auf dem Freeway 101 gefahren, dabei auch ein paar Meilen ohne richtigen Standstreifen (denn dort war Radfahren nicht vorgesehen, später dann aber schon). Das ist an der gefahrenen Geschwindigkeit unten im Bild gut erkennbar (blau = langsam).

Warum auf dem Freeway 101? Komoot führt uns unterwegs irgendwann komplett in die Irre. Wir fahren durch hässliche, stinkende Ölförderanlagen von Chevron und landen am Ende an einer Rinderweide, auf der es nicht mehr weitergeht. Wir müssen umdrehen (siehe Streckenbild unten). Auf dem Hinweg haben wir aber schon eine Sperre überwunden (siehe Fotos), die das Abpacken, Rübertragen und Neubeladen das Tandems erforderte. Alles umsonst. Auf dem Rückweg noch einmal das Gleiche! Hätten wir doch bloß am Anfang des Tages nicht über die „langweilige“ Strecke gemeckert. Die mäßige Abwechslung ergab sich überwiegend aus Salat-Feldern, Brokkoli-Feldern, gepflügten Feldern, ge-eggten Feldern, Salat-Feldern, Brokkoli-Feldern u.s.w.

Da hat es dann das Schicksal wohl gut mit uns gemeint und für etwas Spannung auf der Strecke gesorgt.

Teil der Route, auf dem wir umdrehen und am Ende auf dem Freeway 101 landen

Dieser Weg endet dann nach 400 Metern mit immer mehr Grasbewuchs auf einer Rinderweide voller Tiere. Der angebliche Weg existiert einfach nicht (mehr), wir müssen umdrehen und alle Sperren, die wir mühsam überwunden haben, noch einmal überwinden (inklusive Abpacken, Tandem rüberheben).

Einen Platten haben wir uns auch eingefahren, so dass der folgende „Ruhetag“ auch schon halb verplant ist. Da fahren wir nur bis Paso Robles, um uns etwas auszuruhen.

Freitag 19.4.24 – (008) – San Miguel – Paso Robles

23,81 km / Gesamt: 514,29 km

Heute fahren wir nur nur eine kurze Strecke nach Paso Robles. Eigentlich ist er als als Ruhetag gedacht, aber ein Plattfuß am Hinterrad, an den wir gleich zweimal ranmüssen, vermiest uns die Ruhe.

Zum Glück flicken wir gleich morgens noch beim Gastgeber Michael und können Dan von Pankerad anrufen, denn irgendwie bekommen wir die Rohloff-Schaltkassette nicht wie geplant abgezogen. Es stellt sich heraus, dass eine Schraube verlorengegangen ist, sich alles stark verschoben hat und wir in einem ziemlich gefährlichen Zustand unterwegs waren. Zum Glück haben wir eine passende M6-Schraube dabei, auch wenn sie etwas zu kurz ist.

Jutta meint, die Schraube habe schon beim Zusammenbau des Tandems in San Francisco gefehlt, denn sie hatte Viktor darauf angesprochen. Dieser hätte als Maschinenbau-Ingenieur bei der eigenartigen Abnutzung der Bremsscheibe eigentlich auch stutzig werden müssen. Das war nicht ungefährlich. Bei voller Bremslast hätte alles an einer Schraube gehangen.

Dank unserer dicken Lastenrad-Reifen müssen wir außerdem den Kettenspanner immer etwas lockern, um das Hinterrad herauszubekommen. Ein Plattfuß auf freier Strecke bei strömendem Regen und Wind dürfte da ein großer Spaß werden. Rohloff Speedhub Schaltung … total robust und praktisch … aber einen Plattfuß hinten wünscht man sich damit nicht.

Der zweite Flickversuch wird schon im „Wine Country Inn“-Motel fällig. Dort entsorgen wir auch gleich die selbstklebenden Flicken, die Viktor beim ersten Flickversuch so praktisch fand.

Samstag 20.4.24 – (009) – Paso Robles – Cambria

56,17 km / Gesamt: 570,46 km

Von Paso Robles nach Cambria geht es endlich wieder Richtung Meer und am Ende genießen wir die längste Abfahrt, die wir bislang mit unserem Tandem erleben durften. Ist vielleicht etwas langweilig, wenn der Wind nicht um die Nase weht, aber wer es sehen möchte, hier ist das Video dazu. Leider ist am Ende das Meer noch nicht zu sehen. Es waren noch zwei weiter Anstiege zu bewältigen, bis es dann soweit war.

Wieder entscheidet der Zufall für uns auf überaus positive Art und Weise. Unsere geplante Warmshowers-Gastgeberin kann samstags keine Gäste aufnehmen, da sie über der Kirche wohnt und das Gästebad gleichzeitig das Bad/WC der Kirchengemeinde ist. Wir entscheiden uns also für einen Campingplatz in San Simeon. Aber vorher gibt es noch eine Kaffeepause in Cambria. Und während der Kaffeepause kommt die Zusage eines zweiten Warmshower-Gastgeber-Paares, Rick und seine Frau Beth, per App hereingeflogen. Welch ein Glücksfall! Sie haben sich beim Race Across America kennengelernt, er ist technischer Berater für Filmaufnahmen mit Jan Ullrich, Lance Armstrong, Kevin Kostner und vielen anderen gewesen. Auch hat er mehrfach an 6-Tage-Rennen in Deutschland teilgenommen.

Sie laden uns zum Abendessen aus geretteten Lebensmitteln ein (Barilla-Nudeln mit Italian Meatballs, selbstgepresster Karottensaft aus geretteten Möhren …. genau unser Stil).

Rick hilft uns beim dritten Flickversuch, denn der Flicken hat sich schon wieder gelöst. Wir haben den Reifen einfach nicht weit genug aufgepumpt, bevor wir den Flicken angebracht haben. Beim Aufpumpen der 2,15er Schläuche ist er an den Rändern wieder abgerissen.

So sieht es aus, wenn es richtig geflickt ist. Ordentlich aufgepumpt – über den Bereich hinaus ausgedehnt, den der Schlauch im Mantel verbaut einnimmt

Diesmal tauschen wir den Schlauch und nehmen den geflickten als Ersatz mit. Rick bekommt das Hinterrad auch deutlich besser am Kettenspanner vorbeigedrückt als Viktor. Aber die Situation am Hinterrad ist für einen Schlauchwechsel alles andere als ideal und die Bremsscheibe ist ständig in Gefahr, verbogen zu werden.

Einen neuen Schlauch bekommen wir in der „Bike Kitchen“ in Cambria, einem ehrenamtlichen Projekt in einer alten Fahrradwerkstatt. Natürlich erst nach einem netten Gespräch über unser spezielles Tandem. Zum Glück war Jutta heute erstmals am Geldautomaten (ATM) erfolgreich und wir haben Bargeld dabei, so dass wir eine Spende geben können, denn mit Karte oder GooglePay geht hier natürlich nichts (wie sonst in allen anderen Geschäften und sogar an Verkaufsständen am Straßenrand).

Bei dieser Arbeit am Tandem sehen wir erstmals das Typenschild unterm Rad.

Max. Speed: 25 km/h? Macht Ihr Witze?

Dan (von Pankerad) und Lukas (von HASEBIKES) … wenn Ihr hier mitlest: Wie könnte Ihr uns mit so einem Rad auf diese Tour lassen? Zugelassen nur für 25 km/h? Wir haben die 45 km/h jetzt schon mehrfach überschritten! Nun gut, wir gehen einfach mal davon aus, dass das da nur steht, weil die Version mit Elektromotor [wer fährt denn sowas? 😉 ] in Deutschland sonst eine Versicherung und ein Kennzeichen bräuchte. Oder?

Sonntag 21.4.24 – (010) – Cambria – Ragged Point – Cambria

80,78 km / Gesamt: 651,24 km

Sonntage sind einfach toll! Wir können Dank Rick und Beth, unseren Warmshowers-Gastgebern, ohne Gepäck einen der schöneren Teile des Highway No.1 fahren, die See-Elefanten besuchen und bis zum Ragged Point fahren. Ohne Gepäck fährt es sich natürlich deutlich leichter, was man auch am Schnitt erkennen kann. Dort angekommen bietet das Café doch tatsächlich einen schweren Schokoladenkuchen names „Chocolate Landslide“ an … Viktor … typisch Tourist … lässt sich hinreißen. Das letzte Stück muss dann ein junger, radfahrender Student aus San Diego essen, der super Deutsch spricht und erst einmal in München war. Natürlich muss er uns in Berlin irgendwann mal besuchen kommen. Auf der Rückfahrt überholt er uns und verspricht, uns ein paar Fotos zu schicken, die er gemacht hat, da er sich sehr für unser Pino Tandem interessierte.

Das Treffen mit dem jungen Mann ist auch deshalb so wichtig, weil er uns von einem Freund erzählt, der letzte Woche mit dem bepackten Fahrrad durch Big Sur fuhr. An einem der mittleren Erdrutsche musste er sein Gepäck abnehmen und brauchte 1,5 Stunden, um sich durch den Bereich zu kämpfen, teilweise Rad und Gepäck einzeln über das Geröll tragend. Mit dem vollbepackten Tandem hätten wir das nicht geschafft. Wir fühlen uns bestätigt, dass wir trotz aller Enttäuschung in Monterey die richtige Entscheidung getroffen haben. Diese Begegnungen sind es halt ….

Nachmittags besuchen wir das Restaurant Linn’s, wo eines der speziellen Kamera-Fahrräder von Rick steht. Wir hoffen inständig, dass Rick und Beth unsere Einladung zum Abendessen dort annehmen, und tatsächlich tun sie es dann auch (eigentlich gehen sie ungern Essen). Wir freuen uns sehr, wenigstens ein kleines Dankeschön zurückgeben zu können und haben einen netten Abend, zu dessen Abschluss wir noch erleben können, wie wir in dieser Gegend ohne „Lichtverschmutzung“ bei Vollmond vor dem Haus einen vollwertigen Schatten werfen, der allerdings kaum zu fotografieren ist.

Hier noch ein kleiner Zusammenschnitt der Actioncam. Man bekommt leider nur einen traurigen Eindruck der wahren Schönheit:

Ragged Point – Cambria

Woche 2 (8.4.24 bis 14.4.24) – BER – SFO und erste Tage

Montag 8.4.24 – Hohen Neuendorf – Packen und Fahrt nach BER

Eine gute Freundin bringt uns zum Flughafen. Danke Diana!

Vorabend Checkin hat gut geklappt, der Karton mit dem Rad wurde nicht einmal gewogen. “Wie schwer ist er denn?” wurden wir bloß gefragt. Da haben wir natürlich gesagt „exakt 32 kg“.

Am Checkin-Schalter werden jedoch aus den 100 € für das Tandem als Sperrgepäck dann 250 €. Angeblich gelten die 100 € für Sperrgepäck bis 23 kg, die neun zusätzlichen Kilogramm kosten dann also 16,67 € pro Kilogramm. Vermutlich ist das immer noch günstiger als ein Versand per Fracht, aber es nähert sich dann doch langsam an. Die Hoffnung, dass das Ganze dann gemeinsam mit uns eintrifft erfüllt sich ja später dann auch nicht.

Und die Angst vor einem größeren – unversicherten – Schaden an dem teuren Tandem schwingt natürlich auch ständig mit. Auch wenn wir mit dickem Flizstift „Please, Please, Handle with Care!“ beidseitig auf den Karton geschrieben haben, große Hoffnung haben wir darauf eigentlich nicht. Schon am Band für das Sperrgepäck am Flughafen BER müssen wir den Karton hinlegen, obwohl er eigentlich aufrecht transportiert werden sollte. Na ja, wir haben das Öl aus dem Rohloff-Getriebe ja extra abgelassen, damit ein liegender Transport wenigstens keine Öl-Leckage auslösen kann, die unsere Scheibenbremsen beschädigt.

Dienstag 9.4.24 – Flug von BER über FRA nach SFO

Wir sind gut angekommen, wie erwartet (und wie immer) in „Secondary Immigration“ abgeführt worden (wegen unseres „Overstay“ in 1998), dann jedoch problemlos ins Land gelassen worden. Aber leider hat es unser gesamtes Gepäck nicht geschafft. Das hängt in Frankfurt, was uns schon kurz nach der Landung klar ist, da wir zwei Apple AirTags mit hineingepackt hatten, die immer noch am Frankfurter Flughafen in 9.179 Kilometer Entfernung angezeigt werden.

Es wird also nichts mit dem Zusammenbau unseres Tandems am Ankunftstag. Nicht mal Wäsche zum Wechseln haben wir im Handgepäck dabei. Das La Quinta Hotel haben wir schon um einen Tag verlängert. Jetzt hoffen wir mal, dass alles wirklich morgen wie versprochen hier angeliefert wird. Ein Gutes hat es: Der Shuttlebus wäre eh zu klein gewesen, um das riesige Tandem-Paket und die drei Kartons mit Radtaschen und Fahrradteilen aufzunehmen. Und so haben wir dann schon mal einen Sightseeing-Tag in San Francisco „gewonnen“.

Den Abend verbringen wir in South San Francisco.

Mittwoch 10.4.24 – Touristen-Tag und Warten auf das Gepäck

Wir wollen mit dem CalTrain nach San Francisco hinein. Bei 10 Grad ohne Jacke im Handgepäck müssen dann halt die Schlafsachen druntergezogen werden.

Das Gepäck in Frankfurt hat sich zur richtigen Zeit bewegt. Wir gehen also davon aus, dass es wirklich auf dem Flug nach SFO ist.

Am Abend gegen 18:00 Uhr wird dann tatsächlich unser Gepäck angeliefert und wir können unser Pino zusammenbauen:

Donnerstag 11.4.24 – (001) – South San Francisco nach Mill Valley

Golden Gate Bridge vor der Überfahrt Richtung Norden

41,58 km / Gesamt: 41,58 km

Gar nicht mal so leichte Tour nach Sausalito, genauer nach Mill Valley, zu unserem ersten Warmshowers Gastgeber. Nach nicht einmal 600 Metern müssen wir das vordere Schutzblech abbauen. Es schleift ständig irgendwo. Die Schwalbe Pick-Up Reifen waren vielleicht doch keine gute Wahl, denn PankeRad musste an den Schutzblechen ziemlich herumbiegen (mit Heißluftpistoleneinsatz), um das passend zu machen. Wir fahren also ohne vorderes Schutzblech weiter, befestigen es aber hinten am Gepäck, um es am selben Abend eventuell nochmal in der Werkstatt unseres Warmshowers Gastgebers anzupassen.

Bei der Kaffeepause an der Fishermans Wharf merkt Viktor schon, dass ihm irgendwas quer im Magen liegt. Er kann den Kaffee nicht austrinken und ekelt sich vor der Haut darauf (Vollfettstufen-Milch?). In den Folgetagen wird es bei ihm nicht wirklich besser.

Fishermens Wharf

Die Fahrt über die Golden Gate Bridge ist auch nicht wirklich toll, der Verkehrslärm ist immens, Unterhaltung unmöglich, man muss tierisch auf die Fussgänger aufpassen, die Fotos in allen möglichen Positionen machen und sich dabei auch einfach mal auf den Radweg legen.

Mit unserem schwer beladenen Rad ist fast jede Steigung nur im leichtesten Gang fahrbar und an vielen Stellen bleibt uns nur Schieben. Unser Gastgeber (Marc) wohnt auch am Ende einer scharfen Steigung, die wir ebenfalls nur heraufschieben können. Da er morgen früh zum Fischen raus will, hilft er uns schnell mit dem Schutzblech (wir müssen am oberen Halter ein Langloch feilen und aufschleifen) und zeigt uns noch seine beeindruckende Fahrrad- und Angelrutensammlung. Dann legt er sich schlafen und wir beziehen sein Gästezimmer direkt neben der Werkstatt. Die ausklappbare Couch ist ziemlich weich und Jutta und ich sind uns in der Nacht gegenseitig wahre „Stützen“ (Rücken an Rücken), da wir immer wieder zueinander rollen.

Freitag 12.4.24 – (002) – Mill Valley nach South San Francisco

34,25 km / Gesamt: 75,83 km

Ach was? Ist etwa doch Freitag der 13.te? Ich (Viktor) habe schon in der Nacht auf dem Weg zur Toilette Juttas Brille plattgetreten (wozu haben wir eigentlich die Stirnlampen dabei?).

Wir haben uns für heute über 90 km bis hinter Half Moon Bay vorgenommen. Beim Frühstück in Sausalito bekommt Viktor nicht mal ein halbes Pancake mit Banane runter. Appetitlosigkeit kennt er sonst kaum. Schon direkt in den Stadtvierteln hinter der Golden Gate Bridge kommt er an seine Grenzen. Wir müssen wieder viel schieben. Während einer Pause in einem Burger King geht Jutta gegenüber in einen Optiker-Laden im Westlake Center/Daly City und bekommt ganz problemlos die kaputte Brille repariert. Als sie bezahlen will, wird das abgelehnt, statt dessen bekommt sie noch Reinigungsspray und -tuch dazu geschenkt. Am frühen Nachmittag ist klar, dass wir die lange Strecke heute niemals schaffen können. Außerdem soll unser Hostel mit Eigenverpflegung in einem Leuchtturm weit ab von jeglichen Einkaufsmöglichkeiten liegen. Da das Wetter morgen sehr schlecht werden soll, entscheiden wir uns, für zwei Tage in ein Motel zu gehen und Viktor eine Erholung zu gönnen (wovon auch immer … Sonnenstich beim Sightseeing in San Francisco? Mineralmangel wegen des eventuell entmineralisierten Wassers aus der Waterfountain im La Quinta Hotel? Corona-Infektion? Dehydrierung? Überlastung? Jetlag? Adrenalin?).

Samstag 13.4.24 – South San Francisco

Wir gehen nach dem Frühstück (Schwarzer Tee und eine angebliches Ei-Schinken-Croissant, das wir uns teilen, gekauft im Food Mart an der Chevron-Tankstelle) bei Trader Joes einkaufen. Zwei Bananen und viel zu süße Oatmeal, die wir mit warmem Wasser aus der Mikrowelle im Motelzimmer anrühren. Viktor schmeckt es aber tatsächlich und auch die salzigen Chips regen den Appetit wieder etwas an.

Jutta geht nochmal los, um Corona-Tests und vielleicht irgendeinen isotonischen Drink zu besorgen, denn wir vermuten immer noch irgendwas mit fehlenden Mineralien. Viktor trinkt sonst auf den Touren immer abwechselnd Wasser und isotonisches Zeug. Hier war es bisher immer nur Wasser. Corona-Schnelltest werden hier aber scheinbar gar nicht mehr verkauft.

Sonntag 14.4.24 – (003) – South San Francisco – Pigeon Point Lighthouse

66,78 km / Gesamt: 142,61 km

Ein perfekter Tag, der eine durchwachsene Woche abschließt.

Er beginnt zwar mit einem fürchterlichen Bubble Tea, weil wir die Karte missverstehen (gruselig süsse Mischung aus Eiswürfeln, schwarzem Tee und – bei Viktor – Nutella).

Wie man ein Drohnen-Video erhält, ohne eine Drohne auf der Tour mitzuschleppen? Indem man einem Drohnenpiloten am Straßenrand zuruft, ob er ein Video machen und per E-Mail zusenden kann.

Irgendwo vor Pigeon Point Lighthouse.

Thank You Cione!

Aber die Route ist trotz einiger heftiger Steigungen wunderschön und wir haben viel Rückenwind.

Wir enden im Hot Tub des Hostels mit Blick auf den Pazifik und Wellenrauschen in den Ohren, sehen Zugvögel in langen Linien Richtung Süden fliegen und Wale oder Delfine im Wasser.

Woche 1 (1.4.24 bis 7.4.24) – Abschiede, Packen, Hausübergabe

Montag 1.4.24 – Hohen Neuendorf – Abschied Kinder

Wir laden zum Osterkaffee und Abendessen mit unseren drei Kindern ein, klären nochmal die wichtigsten Dinge ab (Versicherungen, Patientenverfügungen, Testamente, Steuererklärungen, Finanzielles, Zugriff auf den gemeinsamen Familienserver, Winterarbeiten an Haus und Garten, Kontakt mit unseren Mietern, etc.) und unsere Kinder treffen die letzten Entscheidungen bezüglich „Wegwerfen“ versus „im Keller einlagern“ versus „Mitnehmen“ ihres noch bei uns gelagerten Hab und Guts.

Für ein kurze Runde „Bohnanza„, einem Kartenspiel aus den Kindertagen unserer Kids, bleibt uns auch noch Zeit.

Abschiedsfoto mit Kids

Ein Artikel in der MAZ erscheint zu unserer Tour.

Dienstag 2.4.24 – Hohen Neuendorf – Hausübergabe

Am Vormittag bringe ich Firmenlaptop, Firmenhandy, Firmenkreditkarte und Zugangskarte für das Firmengebäude zur Post. Es stellt sich ein erster Anflug von Auszeit und Freiheit ein.

Freeeedoooom!

Wir erfahren von einem guten Freund, dass es einen weiteren Schaden am Highway No. 1 nördlich von Big Sur gibt, der unsere Tour in den ersten zwei Wochen stark beeinträchtigen könnte. Wir hoffen, dass die eine unbeschädigte Spur eventuell für Radfahrende passierbar bleibt.

Ob wir da durchkönnen?

Am Nachmittag erfolgt die Schlüsselübergabe, letzte Hausbesichtigung und Absprache mit unseren Mietern.

Abends gibt es noch ein emotionales, virtuelles Anstoßen mit den besten Freunden, leider nur per Zoom-Konferenz und mit einem traurigen Gruß ins Jenseits, an den einen von uns, der uns Anderen viel zu früh im November vorausgegangen ist und der gerade heute Geburtstag hätte.

Mittwoch 3.4.24 – Hohen Neuendorf & Berlin – Letzter Globetrotter-Einkauf und Entsorgungsfahrt zum Recyclinghof

Am Vormittag geht es nochmal zu Globetrotter nach Berlin-Steglitz. Wir brauchen noch ein paar Klamotten für die tropischen Gefilde, inbesondere dünnere, mückenresistente, lange, locker sitzende Kleidung. Wir entscheiden uns für permethrin-behandelte, langärmelige Hemden und langbeinige Hosen. Der Hersteller meiner Hose, Craghoppers, ist genauso alt wie ich. Unsere Socken wollen wir erst vor Ort mit Mücken-Repellentien für Textilien einsprühen.

Mein Jahrgang

Bei Stadler kaufen wir noch den fehlenden vorderen 20-Zoll Ersatzreifen von Schwalbe (Pickup, 55-406) und Metallbänder zur Befestigung unseres ABUS-Faltschlosses am Rahmen des Tandems.

Bei Stadler in Berlin

Den Nachmittag verbringen wir mit weiterem Aufräumen, „Ausmisten“ und dem Einlagern von Kartons in Keller, Dachgeschoss und Schlafzimmer. Unsere Mieter wollen das Dachgeschoss gar nicht nutzen, so dass die Aufräum-Situation jetzt etwas entspannter ist.

Eine letzte Fahrt zum Recyclinghof nach Germendorf schließt den Nachmittag ab.

Donnerstag 4.4.24 – Hohen Neuendorf – Neue Rauchmelder anbringen und Tandem verpacken

Als wir unsere Rauchmelder mit neuen Batterien ausrüsten wollen, stellen wir fest, dass sie fast 20 Jahre alt sind und eigentlich alle 10 Jahre erneuert werden sollten. Als verantwortungsvolle Vermieter investieren wir in neue, die heutzutage gar keine auswechselbaren 9-Volt Blockbatterien mehr haben. Die Teile soll man nach 10 Jahren gemeinsam mit der fest eingebauten Batterie einfach wegwerfen. Ist das jetzt ein Fortschritt?

Das verpackte Tandem muss noch etwas leichter werden. Wir liegen noch 300 Gramm über den für Sperrgepäck zulässigen 32 kg. Der Ständerhalter (200 Gramm) muss abgebaut werden. Dazu mussten wir extra große Torx-Schlüssel besorgen (TX40 und TX45), müssen zu zweit arbeiten, damit der Schlüssel nicht abrutscht, und brauchen ein doppelte Verlängerung, um ein ausreichendes Drehmoment zum Lösen der Schrauben aufbringen zu können.


Abgebaute und getrennt verpackte Komponenten (Sattel mit Sattelstütze, Lowrider-Gepäckträger, Ständer, Zusatzgriffe für Captain, Sitz mit Handgriffen für Stoker, Pedale)

Der Originalkarton für den Fahrradtransport als Sperrgepäck ist leider zu kurz, unter anderem wegen der dickeren Lastenrad-Reifen. Wir müssen also stückeln und “basteln”. Na ja, das ist schon mal eine gute Übung für Panama, wo wir das Spielchen ja nochmal machen müssen, denn einen genau passenden Karton wird man unterwegs niemals finden.

Da muss der Karton verlängert werden und noch irgendein Polster hin, sonst geht uns das Kettenblatt hinüber.

Im Zuge der Resteverwertung wird in den letzten Tagen alles aufgegessen, was der Tiefkühlschrank und das Konservenregal so hergibt. Im Dezember hatte ich beim Quiz eines Kollegen eine seiner regionalen Fleisch-Spezialitäten gewonnen. Die durfte ich heute ganz alleine essen. Geruch und Geschmack lösen in mir Erinnerungen aus, die ich hier lieber nicht beschreiben will. Erstaunlicherweise hat es aber trotzdem ganz gut geschmeckt.

Zum Nachtisch gibt es seit Tagen Johannisbeeren aus dem Tiefkühler in allen möglichen Kombinationen. Wir haben definitiv zu viele Johannisbeersträucher im Garten.

Am frühen Abend bringen wir unser gebrauchtes Pino zu einem Freund ins 6,5 km entfernte Borgsdorf, der es freundlicherweise für uns verkaufen will (Interesse?), während wir unterwegs sind. Ein letztes Mal sind wir mit unserem treuen Gefährt unterwegs, ganz ohne Gepäck auch nochmal mit richtig viel Schwung, selbst in den paar kleineren Steigungen. Mit 255 kg Gesamtgewicht wird das in den Steigungen eine ganz andere (Tor)Tour werden.

Freitag 5.4.24 – Hohen Neuendorf – Abendessen bei ADFC-Freunden

Abendessen bei ADFC-Freunden, die uns als Dank für eine kinder-Etagenbett wunderbar bekochen. Nudeln arrabiata, Rote Beete Carpacchio auf Apfelsinenscheiben, super lecker. Dazu genau der richtige Wein zu unserer Tour: „Auszeit“

Der richtige Rotwein zum Sabbatjahr

Grundreinigung des Teslas bei in Hohen Neuendorf bei „Glanz von Hand“ für den Übergang ins Carsharing von Carsharing Hohen Neuendorf e.V.

Samstag 6.4.24 – Letzte Entsorgungen und Reisesegen

Letzte Germendorf Entsorgungstour mit Altpapier, jahrzehnteralter Bettdecken, u.s.w.

Am Nachmittag übergeben wir unser Auto …Übergabe Tesla an den Carsharing Verein. Das sind schon tolle Menschen, mit denen wir da ehrenamtlich zusammenarbeiten.

Sonntag 7.4.24 – Hohen Neuendorf – Antenne Brandenburg und packen, packen, packen

Frau Steger von Antenne Brandenburg kommt zum Interview.

Heute ist Viktors Packtasche für die Kleidung und die Werkzeugpacktasche.

Und Durchwischen im Haus.

Das neue Hasebikes Pino Tandem ist da!

Was lange währt wird endlich gut! Eigentlich hatten wir ja auf ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk in 2023 gehofft, aber am Ende wurde es selbst mit dem Liefertermin im Februar 2024 noch knapp.

Am Freitagabend des 23.02.2024 nach Geschäftsschluss geht es also um 19:30 Uhr zu PankeRad in Berlin Pankow. Wir fahren mit dem Auto hin, weil wir den großen Karton mitnehmen wollen, um das Fahrrad für den Flug nach San Francisco ordentlich verpacken zu können. Das Tandem bringt Jutta mit der S-Bahn zu uns nach Hause.

Transportkarton

Die Maße des Kartons sind 260 mm x 900 mm x 1.865 mm (Summe der Kantenlängen: 3.025 mm) und er wiegt ohne Inhalt schon 7,6 kg. Das überrascht uns dann doch etwas und dürfte noch zu Problemen führen, denn das Tandem wiegt in der Standardausführung schon über 30 kg, in unserer Ausführung mit Rohloff-Schaltung und weiterem Zubehör sogar 33,2 kg. Lufthansa erlaubt aber nur ein Maximalgewicht von 32kg inklusive Karton. Wir werden also irgendwie 10 kg Zubehör abbauen und getrennt verpacken müssen.

Vermutlich werden das sein:
– Ständer
– Lowrider
– Pedale
– Vordersitz
– Sattel (520 g)
– Sattelstütze (830 g)
– Zusatzgriffe Captain (364 g)

und vielleicht sogar das Vorderrad.

Der Karton passt bei geschlossener Heckklappe leider doch nicht wie geplant in unseren Kofferraum. Ich kriege ihn nur mit Mühe nach Hause transportiert und muss dazu den Fahrersitz extrem weit nach vorne stellen. So kommen wir definitiv nicht mit Fahrrad-Karton und sonstigem Gepäck zum Flughafen BER. Zum Glück hatte dieser Blog hier schon einen überaus positiven Nebeneffekt: eine Freundin hat nach dem letzten Beitrag angeboten, uns mit ihrem größeren Auto zum Flughafen zu bringen.

Misslungene Packprobe

Am Samstag und Sonntag unternehmen wir sofort unsere erste Testfahrt. Eigentlich wollen wir schon das volle Gepäck ausprobieren, aber die Zeit zwischen Frühstück und geplanter Abfahrtszeit gegen Mittag reicht nicht, um alles einzupacken und am Tandem anzubringen. Besonders der Lowrider verursacht Probleme, weil dort irgendwelche Einpressmuttern so eigenartig angebracht sind, dass unsere vorderen Gepäcktaschen von Vaude nicht so passen, wie wir uns das vorgestellt haben. Direkt vor der Einpressmutter beginnt schon die Krümmung des Rohres (siehe Foto) und die Klammern der Tasche rasten dort nicht mehr richtig ein. Direkt dahinter hat man aber schon zwei Zentimeter verschenkt und bei unserem Modell (Vaude Aqua Back Plus) hat man nicht genug Spielraum zum Verschieben der Klammern an der Tasche. Am Ende geben wir den Plan auf, auch unsere kleinen Satteltaschen von Vaude schon auf die erste Tour mitzunehmen.

Immerhin können wir unsere hintere, leuchtend-orange Globetrotter-Ortlieb-Backroller-RackPack-Kombination schon austesten. Hier taucht allerdings das Problem auf, dass die Globetrotter-Version der Ortlieb-Taschen noch mit dem alten Quick-Lock 1/2 (QL1/QL2) ausgestattet ist und nicht mit den neuesten QL2.1 und höher. Dafür gibt es wiederum keine Adapter für 10 mm Rohre wie wir sie an unserem Gepäckträger haben. Wir müssen also mit 11 mm Adaptern arbeiten und das kleine Spiel akzeptieren. Bis wir uns dazu entscheiden, suchen wir aber zunächst verzweifelt nach den passenden Adaptern und erst eine Internetsuche belehrt uns eines Besseren. Ich überlege natürlich sofort, ob ich mir die 10 mm Adapter mit einem 3D-Drucker selbst produziere (bzw. von meinem Sohn im Coworking-Space am Hasso-Plattner-Institut 3D-drucken lasse).

Nachtrag: Ein paar Stunden später per WhatsApp:

„Technische Spezifikation“
Download von Thingiverse
Und vor 20:00 Uhr … schon verrückt … schöne neue Welt
Ein paar Tage später: Sitzen ein bisschen stramm, aber passen.
Als alter Maschinenbauer erkenne ich natürlich sofort die Schwachstellen, wenn alles auf genau 10 mm gefertigt ist. 😉

In der oberen 31 Liter RackPack-Tasche von Ortlieb finden jedenfalls Zelt, Isomatten, Schlafsäcke, aufblasbare Kopfkissen und Daunenjacken ausreichend Platz. Das ist schon mal ganz vielversprechend. Auf den ersten Blick sieht es auch so aus, als könnten wir hinten notfalls noch quer eine weitere Tasche auf dem Gepäckträger unterbringen. Bis zur Höhe meines Sattels ist jedenfalls noch einiger Spielraum.

Erste Ausfahrt

Auf der Hinfahrt am Samstag wählen wir absichtlich eine Strecke, die uns über ein paar Brücken und kleinere Steigungen führt (u.a. Havelchaussee am Wansee). Schon sehr früh springt uns beim Schalten unter Last an einer Fahrrad- und Fußgängerbrücke ein extrem schwerer Gang rein und wir müssen mitten in der Steigung anhalten. Zum Glück kann man mit der Rohloff im Stand wunderbar herunterschalten und auch in der Steigung halbwegs sicher aufsteigen und losfahren.

Wie sich später herausstellt ist das eine der Eigenheiten der Rohloff Speedhub Schaltung. Beim Gangwechsel unter Last zwischen dem 7 und 8 Gang kann kurzzeitig der 14 Gang reinspringen (siehe Screenshot). Wir waren es von der Kettenschaltung des alten Pino-Tandems ja schon gewohnt, dass ich vor dem Schalten eine Ansage mache, wenn wir gerade schwer treten, um beim Schalten unter Volllast keinen Kettenriss zu riskieren. Auf unserer Rheinradtour hatten wir das aber trotzdem „geschafft“ und das war einer der Gründe für den Umstieg auf Rohloff Speedhub. Auf der Rückfahrt am Sonntag haben wir das Ansagen und „Last wegnehmen“ dann schon voll im Griff und es stellt kein Problem mehr dar.

Pause in Zehlendorf

Wir nutzen beide Fahrten für das Experimentieren mit der Sattelhöhe, der Lenkerneigung und den Griffpositionen der Zusatzgriffe. Beim Anfahren an einer Ampel im höheren Gang ziehe ich einmal so heftig am Lenker, dass sich der obere Teil zu mir verdreht. Diese Schraube war wohl noch nicht fest genug angezogen. Einige andere Schrauben sind nach den ersten 50 km auch schon recht locker. Eine der Madenschrauben am Lenker hängt offenbar schon im letzten Gewindegang bevor ich sie wieder festziehe.

Jutta fährt erstmals mit Klickpedalen und hat tatsächlich den Eindruck, dass sie weniger Kraft braucht, um ihre Füße auf den Pedalen zu halten. Das war eine gute Investition auf Anraten einer Physioterapeutin. Ihre Sitzposition ist aber noch nicht optimal, denn – anders als beim Vormodell – rutscht sie immer wieder nach vorne in Richtung ihrer Pedale. Die Einstellbarkeit der Sitzneigung für den Stoker müssen wir uns nochmal genauer anschauen.

Madenschrauben lockerten sich schnell
Abfahrt bei Freunden in Teltow

Für die Rückfahrt wählen wir eine etwas längere Strecke über Falkensee und bringen so die ersten 100 km auf den Tacho. Wir sind mit dem neuen Modell insgesamt sehr zufrieden, auch wenn wir merken, dass der Winter in puncto Fitness seine Spuren hinterlassen hat.

Fähre Wannsee – Kladow

Bekannte Schwachstellen

Bei der Abholung bei PankeRad machte uns Dan, der Besitzer von PankeRad, noch in aller Offenheit auf die eine oder andere bereits bekannte Schwachstelle des neuen Pino-Modells aufmerksam:

Ständer

Der neue Klapp-Ständer hat eine Tragfähigkeit von über 100 kg und kann das voll beladene Fahrrad problemlos halten. Da man den Vordersitz aber während der Pausen auch gerne als Sitzgelegenheit nutzt, empfiehlt es sich, die Höhe so einzustellen, dass Vorder- und Hinterrad bei ausgeklapptem Ständer noch den Boden berühren.

Zahnradmechanismus des Ständers

Neopren-Windel für Ständer

Die Zahnräder unter dem Ständer sammeln sehr schnell Schmutz und Matsch an und das verursacht offenbar die häufigsten Garantiefälle. Dan empfiehlt eine regelmäßige Reinigung und am besten eine Neopren-„Windel“. Wir bestellen also noch am Wochenende Neopren, um uns eine Hülle zu nähen. HASEBIKES hat es bisher nämlich noch nicht geschafft, ein entsprechendes Zubehörteil ins Programm aufzunehmen. In der darauffolgenden Woche näht sie ein Teil, das sich über den zusammengeklappten Ständer ziehen und mit einem Klettverschluss relativ eng anliegend anbringen lässt. Wir werden unterwegs feststellen können, ob es sich bewährt.

Selbstgenähte Neopren-„Windel“ für den Ständer.

Klemmschraube Teleskopierung

Klemmschraube Teleskopierung

Bei den ersten Kleinserien des neuen Pino-Modells ist es offenbar häufig zum Abreißen der Klemmschraube gekommen, die für den Teleskop-Mechanismus benutzt wird. In der Nähe der Schraube befindet sich am Rahmen ein deutlich sichtbarer Aufkleber mit einer Drehmoment-Angabe von 14 Newtonmetern.

Die Schraube wird von vielen Besitzern und leider auch Fahrradwerkstätten trotzdem oft zu stark angezogen und reißt in der Mitte ab. Ein abgerissenes Gewinde ist dann kaum noch aus der Gewindebohrung zu bekommen. Einige Pino-Experten haben deshalb die Schraube am Ende mit einem zusätzlichen Schlitz versehen (vermutlich mit einer Flex), um sie nach einem Bruch noch mit einem Schraubendreher herausdrehen zu können.
Im Pino-Forum kann man nachlesen, dass es sich bei der Spezial-Schraube anfangs möglicherweise um eine Fehlkonstruktion handelte. Als alter Maschinenbau-Ingenieur erinnere ich mich aus der Konstruktionslehre noch gut an das Thema Kerbspannungen und Freistiche. Die Schraube wurde deshalb 2021 umkonstruiert und mit einem Freistich versehen. Natürlich werde ich genau überprüfen, was da bei unserem Modell verbaut wurde und eine Ersatzschraube mitnehmen.

Gleitlager Lenkung

Eine weiterer bekannter potentieller Schwachpunkt liegt in der Anlenkung zur Vordergabel. Auch dazu kann man im Pinoforum einiges nachlesen. Dan erklärt, dass die Gleitlagerung durch teilweises Abdrehen des Schraubenkopfes und der Mutter entsteht. Wenn diese zu stark angezogen werden, kann es zu einer unsymmetrischen Abnutzung unter dem Schraubenkopf kommen, die zu einem Spiel in der Lenkung führen kann. Wenn dieses Spiel auftritt, kann man das bei nächster Gelegenheit mit – Zitat – „zwei, drei Feilstrichen“ korrigieren, wenn man an einer Fahrradwerkstatt vorbeikommt.

Zeichnung aus einem Beitrag im Forum
Explosionszeichnung, freundlicherweise von HASEBIKES geschickt

Jedenfalls werden wir als Ersatzteile auch diese Schraube, Mutter und Lagerschalen mitnehmen, vermutlich zweifach.

Freilauf

Der Freilauf am Tretlager, der dazu führt, dass Jutta vorne als Stokerin …
– nicht ständig mittreten muss
– immer mittreten kann
– nie ausschließlich alleine treten kann
… ist ein sehr spezielles Bauteil, das nicht überall als Ersatzteil zu erhalten ist.

Vermutlich werden wir das Ersatzteil mitnehmen oder irgendwo unterwegs zwischenlagern, vielleicht in Kolumbien, wo wir über Juttas Chor eine mögliche Anlaufstation haben oder in Peru oder Ecuador, wo wir ebenfalls einige Kontakte haben.

Reifen

Eigentlich hatten wir geplant, dass das neue Tandem gleich mit den neuen Schwalbe-Pickup-Lastenradreifen ausgestattet wird. Da ist in unserer Kommunikation mit PankeRad aber leider etwas schiefgegangen und es sind nur die „normalen“ Schwalbe Marathon Plus Reifen auf die stärkeren Andra 40 Felgen mit 40 Speichen montiert. Wie hier schon berichtet, haben diese Reifen von Schwalbe keine Freigabe für die große Last von 255 kg, mit der wir zeitweise unterwegs sein werden, besonders wenn wir viel Wasser und Nahrung mitführen müssen (20″ Reifen vorne 80 kg, 26″ Reifen hinten 118 kg, zusammen also nur 198 kg Belastbarkeit).

Die Schwalbe Pickup Lastenradreifen haben für den 26″ Reifen (ETRTO 55-559 (26×2.15 Zoll)) eine Belastbarkeit von 155 kg und für den 20″ Reifen (ETRTO 55-406 (20×2.15 Zoll)) von 115 kg, zusammen also 270 kg.

Vermutlich werden wir die Schwalbe Pickup Reifen jetzt bestellen, nach Kolumbien schicken und nach den ersten ca. 6.000 km darauf umsteigen.

„Falsche“ Schwalbe Marathon Plus Reifen

Rohloff Speedhub Eigenheiten

Eine der Rohloff-Eigenheiten beim Gangwechsel unter Last ist ja weiter oben schon beschrieben. Wir müssen in Steigungen also gut harmonieren, damit uns der 14. Gang nicht unerwartet reinspringt.

Fliegen mit dem Rohloff Speedhub

Da wir mit dem Flugzeug nach San Francisco kommen, ist der Transport des Tandems in liegender Position wohl unvermeidbar. Dazu hatten wir uns ja schon bei der Planung der Anreise einige Gedanken gemacht. Das kann dazu führen, dass das Öl lange auf der Dichtung steht und durch die Druckwechsel im Laderaum des Flugzeuges während des Fluges austreten kann. Da wir Scheibenbremsen haben, könnte das im schlimmsten Fall die hinteren Bremsen beschädigen.

Nach dem Lesen der Seiten Fliegen mit dem Rohloff Speedhub und Keeping the Rohloff Hub Topped Off entscheiden wir uns dazu, das Öl für den Flug vorher abzulassen und getrennt zu verpacken.

Öl-Leckagen

Meine Rückfrage bei Bob von Gullivers Travels, die mit dem Pino-Vorgängermodell unterwegs waren, ergibt, dass sie eigentlich dauerhaft Leckagen von Öl aus dem Rohloff-Speedhub hatten. Ich vermute, dass das eventuell auch daran gelegen haben könnte, dass sie es „zu gut“ gemeint haben und immer wieder nachgefüllt haben. Rohloff hat die erforderliche Ölmenge über die Jahre scheinbar auch immer weiter gesenkt. Bei einem Ölwechsel soll man heute nur noch 12,5 ml nachfüllen (früher waren das wohl 50 ml, später dann 25 ml), da beim Ablassen relativ viel Öl an den Zahnrädern verbleibt und man das Getriebe leicht überfüllen kann, was dann zu Leckagen führt, weil das Öl an den Dichtungen ansteht.

Paul’s Slide

Während der weiteren Detailplanung für den ersten Monat stellt sich Ende Februar 2024 heraus, dass ein mögliches Hotel, das Lucia Lodge, geschlossen ist, weil wegen eines Hangrutsches namens „Paul’s Slide“ schon seit Jahren eine Straßensperrung besteht, die noch nicht aufgehoben ist. Während Google-Maps und Komoot bei der Tourenberechnung behaupten, man könne mit dem Fahrrad durchfahren, sagen die Webseiten von „Big Sur California“ etwas anderes.

Big Sur California – „Motorists are advised“ … na was denn nun?
Google Maps per Auto
Google Maps per Fahrrad
Routenplanung mit Komoot

Meine Befragung der Google-KI (Gemini) ergibt eine Sperrung, die auch Fahrräder und Fußgänger betrifft. Die Google-KI entschuldigt sich sehr freundlich bei mir für die Fehlinformation von Google-Maps.

Das ist sehr ärgerlich, denn wir wollen die Tour auch deshalb in San Francisco starten, weil der Highway No.1 am Big Sur landschaftlich wunderschön und verkehrsarm ist und wir diesen Abschnitt unbedingt nochmal sehen und erleben wollten. Außerdem bedeutet das einen großen Umweg und größere Teilstrecken auf dem viel befahrenen Highway 101.

Vielleicht ändert sich ja bis Mitte April noch etwas. Wir fragen sicherheitshalber auch nochmal per E-Mail unter info@bigsurcalifornia.org nach, aber große Hoffnung machen wir uns nicht mehr.

In den letzten Februar-Tagen beginnen wir, die potentiellen Warmshowers-Gastgeber für die ersten zwei Wochen unserer Tour zu kontaktieren und erhalten wichtige Tipps zu den Straßen-Sperrungen. Es wird allgemein erwartet, dass die Straßen im April wieder durchgängig sind. Radreisende schaffen es aber auch heute schon, die Stellen halbwegs sicher (wenn auch nicht ganz legal) zu passieren, wenn sie nach 17 Uhr vor Ort sind. Dann sind die Bauarbeiten des Tages beendet und es ist noch hell genug, um den Streckenabschnitt zu Fuß zu überwinden. Wir nehmen uns also vor, die Stelle möglichst am späten Nachmittag zu erreichen.

Visa-Fragen

Wir haben ein paar Fragen zu den Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen für die Länder erhalten, durch die wir radeln wollen. Besonders den Profis von Glorypedalling fiel in unser Übersichtstabelle  auf, dass wir sehr hohe, eigentlich unnötige Kosten für unsere U.S.-Visa hatten.

U.S.A.

Grundsätzlich ist es für deutsche Staatsbürger nicht erforderlich, ein Visum für die Einreise in die U.S.A. zu beantragen, wenn man – so wie wir – weniger als drei Monate im Land bleibt. Mit dem sogenannten ESTA– Verfahren kann man als Deutscher eigentlich visafrei einreisen und drei Monate im Land bleiben.

„Eigentlich“ … denn wir sind seit 1998 ein Sonderfall. Damals sind wir visafrei in die U.S.A. eingereist und länger als drei Monate im Land geblieben, weil unser erstes Kind dort geboren wurde. Eine werdende Mutter wird ab dem 7. Schwangerschaftsmonat von kaum einer Fluggesellschaft mehr mitgenommen. Wir steckten also in den U.S.A. fest, weil wir nicht so richtig darüber nachgedacht hatten.

Wir haben damals noch versucht, mit einem Wochenende in Mexiko (Tijuana/Ensenada) eine neue visafreie Einreise zu organisieren. Das scheiterte aber am U.S.-Grenzbeamten, der uns fragte, ob wir mit unserem Dodge Caravan denn bis nach Deutschland zurückfahren wollten.

Wir haben dann beim „Immigration and Naturalization Service“ (INS) in Los Angeles eine Erlaubnis eingeholt, länger in den U.S.A. zu bleiben. Ich erinnere mich noch genau, wie ich dort an einem Panzerglas-Schalter mit Blick auf die Portraits von Madeleine Albright und Bill Clinton, meine linke Hand auf eine Bibel legen und mit erhobener rechter Hand schwören musste, dass alle unsere Angaben der Wahrheit entsprechen. Ungefähr so sah es dort im INS in L.A. nach meiner Erinnerung aus:

Seitdem haben wir schon mehrfach versucht, visafrei in die U.S.A. einzureisen, wurden dabei immer wieder in „Secondary Immigration“ abgeführt und erst nach langer Wartezeit persönlich angehört. Erst nach mehreren Einreisen hat man uns dann endlich erklärt, dass man uns ohne „richtiges“ Visum eigentlich sofort zurückschicken müsste und wir selbst mit einem Visum zukünftig bei der Einreise immer in die „Secondary Immigration“ abgeführt würden, da wir diesen „Overstay“ von 1998 in unseren „Records“ haben. Inneramerikanische Anschlussflüge buchen wir seitdem gar nicht mehr, da wir nie sicher sein können, wie lange es bei der Einreise dauert.

Mexiko

Staatsbürger*innen von EU-Mitgliedsstaaten (darunter Deutschland) benötigen lediglich einen gültigen Reisepass und eine Touristenkarte (Forma Migratoria Múltiple – FMM) für die Einreise in Mexiko. Es ist kein Visum erforderlich, wenn der Reisezweck ein Urlaub, eine Durchreise oder geschäftlicher Natur ist, sofern der Aufenthalt in Mexiko nicht länger als 180 Tage dauert. Der Reisepass muss ab dem Einreisedatum noch mindestens sechs Monate lang gültig sein.

Guatemala / El Salvador / Honduras / Nicaragua

Für Deutsche und die meisten Europäer*innen gilt eine Visabefreiung:

  • Visumfrei bei einem Aufenthalt bis zu 90 Tagen
  • Sechs Monate gültiger Reisepass
  • Nachweis über ausreichende finanzielle Mittel
  • Alle benötigten Dokumente für die Weiter- oder Rückreise

Für deutsche Staatsangehörige ist mit Reisepass ein visafreier Aufenthalt in der sog. „CA-4“- Region Guatemala, El Salvador, Honduras und Nicaragua bis zu insgesamt 90 Tagen möglich. Die Aufenthaltserlaubnis wird kostenfrei bei der Einreise erteilt. Es ist unbedingt darauf zu achten, dass der Reisepass mit einem Einreisestempel versehen wird. Eine Verlängerung von 90 Tagen kann bei den Einwanderungsbehörden beantragt werden.

Mittelamerika ist Gelbfieberregion. Es kann bei der Einreise je nach Lage im Land, aus dem man einreist, eine Gelbfieberimpfung gefordert werden. Meist ist das nur für längere Aufenthalte ab 6 Monaten verpflichtend. Wir haben uns gegen Gelbfieber (und vieles andere) impfen lassen und haben den Impfausweis natürlich dabei.

Costa Rica

Deutsche können nach Costa Rica zu touristischen Zwecken für bis zu 90 Tage mit einem Reisepass visafrei einreisen. Es besteht kein Anspruch auf die maximale Aufenthaltsdauer. Die Entscheidung hierüber wird vom Beamten bei der Einreise auf der Grundlage des Rückflugtickets, Aufenthaltszwecks, finanzieller Leistungsfähigkeit etc. erteilt. Reisende müssen ein Rückflugticket/Anschlussticket und einen Finanzierungsnachweis für den Aufenthalt im Land vorlegen. Anträge auf Verlängerung der Aufenthaltsdauer können bei der Ausländerpolizei (Migración) gebührenpflichtig gestellt werden.
Bei der Einreise auf dem Landweg von Panama oder Nicaragua sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass sowohl der costa-ricanische Einreisestempel als auch der panamaische bzw. nicaraguanische Ausreisestempel im Reisepass angebracht werden. Gleiches gilt für die Rückreise. Ohne diese Stempel im Pass kann es zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Aus- und Weiterreise kommen, da die Ausländerpolizei in diesen Fällen die Möglichkeit eines illegalen Aufenthalts in Costa Rica prüft und zu diesem Zweck die Pässe bis zu einem Monat einbehält. Es können aus diesem Grund vorübergehende Inhaftierungen erfolgen.

Panama

Bei einer Aufenthaltsdauer bis zu 180 Tagen wird kein Visum benötigt. Es muss entweder ein Rückflugticket nach Deutschland oder ein gültiges Weiterreiseticket (Land-/Luftweg) und eine gültige Aufenthaltserlaubnis für das Land der Weiterreise (ein Touristenvisum allein ist nicht ausreichend) vorgelegt werden. Des Weiteren sollte man bei der Einreise nach Panama nachweisen können, ausreichend finanzielle Mittel für den Aufenthalt mit sich zu führen. Dies bedeutet entweder 500,- US-$ in bar oder die Verfügbarkeit der entsprechenden Summe auf dem Kreditkartenkonto (per Kreditkartenkontoauszug nachweisbar).
Für die Ein- und Ausreise aus Panama auf Schiffen jeglicher Art (Frachtschiffe, Segelschiffe, Jachten, Katamarane etc.) gelten Sonderbestimmungen: Bei Einreise wird eine Einreisegebühr in Höhe von 100,- bis 200,- US-$ erhoben.
Achtung: Touristisch Reisende erhalten bei Einreise per Schiff lediglich ein Visum für 72 Stunden. Wer länger als 72 Stunden in Panama bleiben möchten, sollte sich unmittelbar bei der zuständigen Migrationsbehörde im jeweiligen Hafen informieren.

Kolumbien

Deutsche Staatsbürger*innen benötigen zur Einreise und einem Aufenthalt von bis zu 90 Tagen kein Visum. Bei der Einreise werden Dokumente verlangt, die die geplante Ausreise bestätigen, damit per Stempel im Reisepass die Aufenthaltsdauer genehmigt werden kann.
Die Einreisevoraussetzung ist ein gültiger Reisepass, der noch mindestens für die vorgesehene Aufenthaltsdauer gültig ist. Auch hier ist bei der Einreise auf dem Landweg darauf zu achten, dass man einen Einreisestempel bekommt. Es kommt schon mal vor, dass man einfach durchgewunken wird und der fehlende Stempel dann später bei der Ausreise Probleme macht.

Auch Kolumbien ist Gelbfieberregion. Es kann bei der Einreise je nach Lage im Land, aus dem man einreist, eine Gelbfieberimpfung gefordert werden.

Ecuador

Deutsche Staatsangehörige benötigen für die Einreise und einen Aufenthalt von bis zu 90 Tagen (pro Jahr) kein Visum. Vom ersten Tag der ersten Einreise an wird das Jahr für den Aufenthaltszeitraum von 90 Tagen gerechnet. Es gilt also nicht das Kalenderjahr. Das Visum ist einmalig um weitere 90 Tage verlängerbar.

Anfang 2024 benötigte man für die Einreise nach Ecuador auf dem Landweg zusätzlich ein polizeiliches Führungszeugnis (mit Apostille), da es im Land zu Unruhen kam und der Ausnahmezustand ausgerufen wurde (siehe Ecuador).

Peru

Deutsche Staatsangehörige benötigen für touristische Aufenthalte von bis zu 90 Tagen pro Halbjahr kein Visum. Einreisende Touristen müssen gelegentlich Weiterreise- oder Rückflugtickets vorlegen, obwohl dies nicht den offiziellen Einreisevorschriften entspricht.

Man sollte darauf achten, dass das Grenzpersonal die Einreise und die bewilligte Aufenthaltsdauer korrekt vermerkt. Falls das Grenzpersonal die bewilligte Aufenthaltsdauer nicht von sich aus mitteilt, sollte man nachfragen, um eine Überschreitung zu vermeiden.

Bei der Einreise auf dem Land- oder Wasserweg sollte man sich aktiv darum kümmern, einen Einreisestempel zu erhalten. Ohne diesen ist eine Ausreise aus Peru nicht möglich.

Bolivien

Es wird kein Visum benötigt, solange der Aufenthalt in Bolivien nicht über 90 Tage hinausgeht.

Bei der Einreise auf dem Landweg muss der Reisepass auf beiden Seiten der Grenze abgestempelt sein, also mit einem Ausreisestempel des Landes, das man verlässt, und dem Einreisestempel auf bolivianischer Seite. Sollten die Stempel fehlen, kann es zu Problemen bei der Ausreise kommen.

Chile

Deutsche Staatsangehörige benötigen für die Einreise und den Aufenthalt von bis zu 90 Tagen kein Visum, aber einen mindestens noch 6 Monate gültigen Reisepass. Bei der Einreise wird eine kostenlose „Tarjeta Única Migratoria“ als Einreisebeleg ausgestellt, die zu einem Aufenthalt von maximal 90 Tagen berechtigt und das verpflichtende Ausreisedatum nennt.

Argentinien

Für einen touristischen Aufenthalt von bis zu 90 Tagen besteht in Argentinien für deutsche Staatsbürger*innen keine Visumspflicht. Für die Einreise benötigt man einen Reisepass, der über die Dauer des geplanten Aufenthalts hinaus noch 6 Monate gültig sein sollte. Bei der Einreise wird eine „Tarjeta Única Migratoria“ ausgestellt.

Die wichtige Reisepass-Kopie

Es ist auf einer solchen Tour sehr empfehlenswert, eine Fotokopie des Reisepasses anzufertigen und diese immer getrennt vom Originaldokument mitzuführen. Wir haben außerdem PDF-Dateien auf unseren Mobiltelefonen gespeichert und auf unseren Server zuhause in Deutschland gelegt. Selbiges haben wir mit den Impfausweisen und unseren polizeilichen Führungszeugnissen gemacht.

Beim Aufenthalt in Städten sollte man den Original-Reisepass vielleicht besser in der Unterkunft lassen (je nach Unterkunft natürlich) und nur die Kopie dabei haben.

Fun Fact: Der deutsche Reisepass gehört laut Handelsblatt zu den sechs „mächtigsten“ Reisepässen der Welt.

Quelle: Handelsblatt

Planung von Anreise und erstem Monat in Kalifornien

Anreise

Anfang Februar 2024 beginnen wir die ersten Tage unserer Tour ein wenig detaillierter zu planen, ohne uns allerdings die Flexibilität nehmen zu wollen, während der Tour spontane Entscheidungen treffen zu können.

Da der Flug am 9. April ab dem Berliner Flughafen BER schon um 8:15 gehen wird und wir mit „großem Gepäck“ (also vor allem unserem Tandem im Karton) möglichst stressfrei so früh wie möglich einchecken wollen, prüfen wir die Möglichkeit eines Vorabend-Checkins. Und so wie es aussieht, ist das am BER problemlos möglich.

Vorabend-Check-In am BER verfügbar

Also buchen wir uns eine Nacht im Intercity-Hotel am BER ein und planen, uns von unserem jüngsten Sohn, der uns das schon angeboten hatte, mit unserem Tesla Model 3 (das ab dem 1. April wohl schon im Carsharing-Betrieb bei Carsharing Hohen Neuendorf e.V. laufen wird) hinbringen zu lassen. Der Kofferraum sollte das jedenfalls hergeben, wenn einer von uns mit der S-Bahn zum BER fährt. Die Abmaße des Kartons sollen ja voraussichtlich 188cm x 27cm x 89cm betragen.
Allerdings ist es für ein Rad mit Rohloff-Speedhub nicht gut, liegend transportiert zu werden, wie das in unserem Kofferraum notwendig wäre.

Aus der Rohloff Gebrauchsanweisung

Auch beim Transport im Flugzeug scheint das häufiger ein Problem zu sein, besonders wenn die Kiste mit dem Rad seitlich liegend transportiert wird. Die Luftdruckunterschiede können dann das Öl aus dem Getriebe drücken. Im schlimmsten Fall kann das Öl dann auf die hintere Scheibenbremse tropfen und diese beschädigen. Wir werden deshalb für den Transport das Öl aus dem Getriebe abziehen und bei der Ankunft in SFO wieder einfüllen müssen. Johnny Isaak hat dazu eine schöne Seite geschrieben.

Bei gutem Wetter können wir den Karton vielleicht hinten auf unseren Heckgepäckträger packen und es passen dann sogar alle Personen ins Auto.

Erste Nacht am Flughafen SFO

Für die erste Nacht in San Francisco benötigen wir ein Hotel direkt am Flughafen, möglichst mit einem Shuttleservice, der auch unser Tandem mitnehmen kann. Wir entscheiden uns für das La Quinta Hotel (SFO North). Dort wollen wir das Tandem mit unserem Bordwerkzeug so weit zusammenbauen, dass wir eine kurze Tagestour nach Sausalito auf der anderen Seite der Golden Gate Bridge schaffen können. Dort wollen wir alle restlichen Einstellungen am Tandem vornehmen und alle Schrauben nochmal ordentlich festziehen.

Erste Kurzetappe noch Sausalito

Schon vor knapp einem Jahr haben wir über das Warmshowers-Netzwerk Kontakt mit einem potentiellen Gastgeber in Sausalito aufgenommen (Mark Sapiro), der regelmäßig Bikepacking-Gäste aufnimmt, die auf ihre große Tour in Richtung Süden starten. Er hat angeblich eine gut ausgerüstete Werkstatt und bot uns sogar an, dass wir ihm unser Tandem per Kurier schicken und es bei ihm lagern können, bis wir ankommen.

Wir sind selbst seit 2018 bei Warmshowers dabei und haben schon einige Gäste bei uns aufgenommen. Das geschieht grundsätzlich kostenlos. Bei uns übernachten die Gäste im Gästezimmer oder sie zelten im Garten. Viele Gastgeber bieten auch einfach nur ihren Fußboden an, auf dem man mit Isomatte und Schlafsack übernachtet.

So lernt man immer wieder interessante Menschen kennen, die auf großer oder kleiner Tour mit dem Fahrrad unterwegs sind. Derzeit am spannendsten finde ich ein chinesisches Ehepaar mit ihrem 5-jährigen Sohn, die im August bei uns zu Gast waren und im Februar 2024 gerade Bolivien erreicht haben. Ich folge ihnen schon seit einiger Zeit auf Facebook, da sie auf einer Route unterwegs sind, die wir ebenfalls befahren wollen. Für die Facebooker unter Euch: Li Rui

Li Rui und Familie bei uns zu Gast (Warmshowers) im August 2023

Sausalito – Tijuana

Für die erste Teilstrecke in Kalifornien machen wir uns einen ersten Entwurf der Etappen (allerdings noch ohne touristische Ruhetage oder die paar Tage für den Besuch bei Freunden in Santa Barbara). Dabei nutze ich Komoot und nehme einfach eine tägliche Etappenlänge von ca. 70 km an.

Dann passe ich grob die Zwischenziele an, in denen ich Warmshowers-Gastgeber finde oder preisgünstige Motels/Hotel/B&Bs oder in denen wir auf jeden Fall mindestens einen Tag bleiben wollen (z.B. Monterey oder Santa Barbara). Daraus ergibt sich dann dieser grobe Plan, den wir in unsere „große Übersichtstabelle“ eintragen.

Grobplanung (hm = Höhendifferenz bergauf)

Die Feinplanung wird sowieso während der Tour Tag für Tag stattfinden, da wir spontan auf alles reagieren wollen, was uns gerade passieren mag.

Paul’s Slide

Während der weiteren Detailplanung für den ersten Monat stellt sich Ende Februar 2024 heraus, dass ein mögliches Hotel, das Lucia Lodge, geschlossen ist, weil wegen eines Hangrutsches namens „Paul’s Slide“ schon seit Jahren eine Straßensperrung besteht, die noch nicht aufgehoben ist. Während Google-Maps und Komoot bei der Tourenberechnung behaupten, man könne mit dem Fahrrad durchfahren, sagen die Webseiten von „Big Sur California“ etwas anderes.

Big Sur California – „Motorists are advised“ … na was denn nun?
Google Maps per Auto
Google Maps per Fahrrad
Routenplanung mit Komoot

Meine Befragung der Google-KI (Gemini) ergibt eine Sperrung, die auch Fahrräder und Fußgänger betrifft. Die Google-KI entschuldigt sich sehr freundlich bei mir für die Fehlinformation von Google-Maps.

Das ist sehr ärgerlich, denn wir wollen die Tour auch deshalb in San Francisco starten, weil der Highway No.1 am Big Sur landschaftlich wunderschön und verkehrsarm ist und wir diesen Abschnitt unbedingt nochmal sehen und erleben wollten. Außerdem bedeutet das einen großen Umweg und größere Teilstrecken auf dem viel befahrenen Highway 101.

Vielleicht ändert sich ja bis Mitte April noch etwas. Wir fragen sicherheitshalber auch nochmal per E-Mail unter info@bigsurcalifornia.org nach, aber große Hoffnung machen wir uns nicht mehr.

Baja California und Mexiko

Da wir uns für Ende Juni in Costa Rica mit der Familie verabredet haben und für den 4. August eine Bootsüberfahrt von Panama nach Kolumbien reserviert haben, wird im Februar 2024 schon klar, dass wir in Baja California oder auf dem Festland in Mexiko vermutlich mal für ein paar hundert oder auch tausend Kilometer auf andere Verkehrsmittel umsteigen werden, damit das ganze Unterfangen nicht in eine elende „Kilometerschrubberei“ mündet.

Die ersten Recherchen zeigen, dass das gar nicht so einfach werden dürfte. Bahnverbindungen gibt es in Mexiko praktisch gar nicht, Busunternehmen transportieren selbst normale Fahrräder nur ungerne. Wir hoffen einfach mal auf die freundlichen Lastwagenfahrer und -fahrerinnen, von denen Bikepacker in Lateinamerika immer berichten.

Versicherungen

Bildquelle: www.finanzen.net

Zum Thema „Versicherungen“ gibt es drei Themenfelder, die man getrennt betrachten kann:

  1. Wie stellt man sicher, dass man bei der Rückkehr nach Deutschland weiterhin krankenversichert ist, auch wenn man z.B. die Tour vorzeitig abbrechen muss?
  2. Wie stellt man sicher, dass man unterwegs ausreichend gut krankenversichert ist und im Notfall gerettet, versorgt und vielleicht sogar nach Deutschland zurückgebracht wird?
  3. Wie sichert man sich gegen Schäden ab, die man unterwegs verursacht und für die man haften muss?

1. Deutsche gesetzliche Krankenversicherung

Wir sind beide in der Techniker Krankenkasse (TK) gesetzlich versichert und unsere Arbeitgeber werden während unserer Abwesenheit keine Versicherungsbeiträge leisten.

Bei einem ersten Telefonat mit der TK stellt sich heraus, dass wir bei einer Unterbrechung der Beitragszahlungen aufgrund unseren „hohen“ Alters bei der Rückkehr (wir werden beide über 55 Jahre alt sein) bereits jenseits der – Zitat – „magischen Altersgrenze“ liegen werden, oberhalb derer uns die gesetzliche Krankenversicherung nicht mehr zurücknehmen muss.

Uns bleibt daher entweder die Option, während des gesamten Jahres eine sogenannte „Anwartschaft“ zu zahlen (67,87€ pro Monat und Person), mit der wir ab dem Zeitpunkt der Rückkehr nach Deutschland sofort wieder in der TK versichert wären, oder wir zahlen einen monatlichen Mindestbeitrag (226,24€ pro Monat) für die ganz normale Versicherung einer Person (die zweite Person ist dann automatisch in der Familienversicherung mitversichert). Da wir noch einen mitversicherten studierenden Sohn haben, ergibt eine kurze Berechnung:

Option 1: Sohn (Student) 125,21€ + Viktor Anwartschaft 67,87€ + Jutta Anwartschaft 67,87€ = 260,95€ monatlich
Option 2: Freiwillige Weiterversicherung (ganze Familie mitversichert) = 226,24€ monatlich

Wir entscheiden uns also für Option 2.

2. Auslandskrankenversicherung

Envivas Angebot

Da eine gesetzliche Krankenversicherung wie die TK nur in der EU gilt (siehe hier) benötigen wir für unsere Tour eine spezielle Auslandskrankenversicherung, wenn wir das Risiko nicht komplett selbst tragen wollen. Da die TK mit der Envivas kooperiert und wir dort bereits vor Jahren eine Reisekrankenversicherung für Auslandsaufenthalte bis zu 60 Tagen abgeschlossen hatten, rufe ich dort an.

Überrascht muss ich feststellen, dass die Envivas wegen des Starts unserer Tour in den USA von uns für das gesamte Jahr die deutlich teurere Versicherung „mit USA & Kanada“ verlangt, obwohl wir die USA nach maximal 30 Tagen verlassen wollen.

Envivas, ohne USA, pro Person
Envivas, mit USA und Kanada

Eine Aufteilung der Reise in zwei Abschnitte kann mir die Envivas auch nach mehreren Telefonaten mit unterschiedlichen Beratern und Beraterinnen nicht anbieten, da der Zielort der Anreise, für uns also San Francisco, ausschlaggebend ist. Angeblich wird im Schadensfall als erstes ein Nachweis über die Anreise verlangt (Flugticket). Wenn man dann die falsche Versicherung ohne USA & Kanada abgeschlossen hat, werden die Kosten nicht übernommen, selbst wenn die Behandlung gar nicht in den USA erfolgt.

Der Anruf bei einem Reiseversicherungsmakler bestätigt dann, dass alle Versicherungen das ähnlich handhaben wie die Envivas. Der Makler gibt mir allerdings den Tipp, dass die Allianz eventuell im direkten Geschäft flexibler sein könnte. Er selbst könne uns auch nichts besseres anbieten.

Allianz Angebot

Also rufe ich in der Zentrale der Allianz an und werde an die Allianz Travel weiter verwiesen. Drei Telefonate später (denn immer wieder kommt die versprochene E-Mail mit dem Angebot und den Konditionen nicht) bietet uns die Allianz einen zeitlich gesplitteten Tarif an: 3 Monate USA (9.4. – 3.6., 56 Tage, 19€), danach 9 Monate Lateinamerika (4.6. – 31.3.25, 301 Tage, 782,60€) pro Person. Nach Überprüfung der Versicherungsbedingungen, insbesondere bezüglich Rücktransport nach Deutschland und möglicher hoher Bergungskosten vor Ort, schließen wir diese Versicherungen ab.

Bergungskosten

Die „Krankentransportkosten“ vom Unfallort bis ins Krankenhaus werden von jeder Auslandskrankenversicherung abgedeckt. „Bergungskosten“ sind alle Kosten für Bergung und Transport bis zum Rettungswagen oder Rettungshubschrauber. Die meisten Versicherungen definieren dafür einen Höchstbetrag, der normalerweise ausreicht, wenn man nicht gerade nach einem Unfall beim Klettern, Bergwandern oder Skifahren aus einer Gletscherspalte geborgen werden muss. Da wir nicht vorhaben, mit unserem Tandem in völlig unwegsamen Gelände unterwegs zu sein, besteht hier wohl eher kein Grund zur Sorge.

Rücktransport nach Deutschland

Da meine Schwester im Ambulanzflug-Geschäft arbeitet, gibt sie mir den Tipp, unbedingt darauf zu achten, dass in den Versicherungsbedingungen ein Rücktransport nach Deutschland abgedeckt ist, wenn dieser „medizinisch sinnvoll“ ist. Es ist wichtig, dass dort nicht „medizinisch notwendig“ oder „medizinisch erforderlich“ steht. Diese Formulierung in den Versicherungsbedingungen sorgt oft für Diskussionen und Enttäuschungen.

3. Haftpflichtversicherung

Unsere existierende Haftpflichtversicherung bei der ERGO ist weltweit gültig, deckt Personenschäden aber nur bis 3 Millionen Euro pro Personenschaden und bis maximal 6 Millionen Euro pro Jahr ab. Der heutige Standard bei Haftpflichtversicherungen liegt mittlerweile bei 10 Millionen Euro pro Personenschaden.

Nach einer Rückfrage bei der ERGO wird uns eine Erhöhung der Deckungssumme auf 50 Millionen Euro angeboten, die besonders für die USA ratsam sei. Außerdem wird uns bestätigt:

„Die Haftpflichtversicherung bietet eine weltweite Deckung, auch Schäden die mit dem Fahrrad verursacht werden, sind abgedeckt.

Keine Deckung besteht bei Verkehrsunfällen, die Sie mit einem Auto ö. ä. verursachen. Hier gilt die Kfz Versicherung des Fahrzeuges.”

Damit sind wir zufrieden und stocken die Versicherung entsprechend auf.

Panama – Kolumbien (Darién Gap)

Darién Gap zwischen Panama und Kolumbien (Quelle: Google Maps)

Vielen Menschen ist nicht bekannt, dass man die Panamericana gar nicht vollständig auf dem Landweg abfahren kann, da keine Straßenverbindung zwischen Panama und Kolumbien existiert. Es gibt nur sehr wenige Abenteurer die den sogenannten „Darién Gap“ vollständig mit dem Fahrrad oder einem anderen Zweirad durchquert haben. Das Ganze ist mit einigen Gefahren verbunden. Die FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia) haben mit der kolumbianischen Regierung in 2016 zwar einen Friedensvertrag geschlossen. Dieser Frieden ist jedoch brüchig.

Hier ein Beispiel für Radfahrer, die den Darién Gap durch“fahren“ haben.

Wir haben uns schon frühzeitig entschlossen, diesen Abschnitt nicht mit dem Flugzeug zu überwinden, wie das viele Radreisende tun, sondern uns dort einen kleinen Urlaub vom Radfahren zu gönnen und eine Karibik-Inselhopping-Tour mit San Blas Adventures zu buchen.

Am 18. Januar 2024 öffnet sich der Buchungskalender im Internet und wir entscheiden uns für den 4. August 2024. Da wir uns in Costa Rica Anfang Juli mit Familie treffen wollen, sind wir uns relativ sicher, dass wir die knapp 1.000 km bis Panama bis Anfang August schaffen können, entweder per Rad oder notfalls mit anderen Verkehrsmitteln.

Wir haben schon im November per E-Mail und WhatsApp abgeklärt, dass wir auf dem Boot auch unser Tandem mitnehmen können.

Wir hoffen einfach mal, dass es in Panama kein allzu großes Problem sein wird, einen ausreichend großen Karton zu finden (oder aus mehreren zusammenzustückeln) und doppelt in Folie zu verpacken.

Die San Blas Bootstour startet in Carti (Panama) und endet in Sapzurro (Kolumbien) an relativ abgelegenen Buchten, die wir nicht mit dem Rad erreichen oder verlassen können. Von Panama City geht es vermutlich mit einem Jeep nach Carti (es sei denn man kann die Strecke doch radeln). Von Sapzurro mit dem Boot weiter nach Necocli. So jedenfalls der vorläufige Plan. Weitere Infos finden sich auf der FAQ-Seite hier in der linken Spalte.

Rot: Fahrrad, Blau: Jeep, Grün: Boot

Am 19. Januar 2024 ist dann soweit alles klar, dass wir uns trauen, die Tour zu buchen.

Online Unterwegs

Im ICE der Deutschen Bahn abfotografiert 😉

Wenn man mit Familie und Freunden in Kontakt bleiben und einen Blog wie diesen hier mit Einträgen versorgen will, muss man natürlich unterwegs online sein können. Gleichzeitig ist so ein Sabbatjahr aber auch die Gelegenheit mal offline zu gehen. Das richtige Gleichgewicht wird sich vermutlich unterwegs einstellen, aber wir nehmen uns vor, eingehende Telefonate auf einem Anrufbeantworter landen zu lassen und unsere Mobiltelefone überwiegend zur ausgehenden Kommunikation und für die Unterkunftssuche zu nutzen.

Auch die Streckenplanung und Navigation auf Bikepacking-Touren erfolgt bei uns per Handy. Wir haben es schon mal mit einem Garmin Edge Radnavi versucht, aber mich hat es nicht überzeugt. Ich fand alles zu komplex mit zu vielen Linien und Informationen auf einem viel zu kleinen Bildschirm.

Ich komme mit Apps wie Komoot, Naviki, MAPS.ME, MapOut, Open Street Map und Google Maps auf einem Handy am besten klar. Für die Teilstrecken mit schlechter Netzabdeckung sollte man nur einen ausreichend großen Speicher im Handy haben (bei mir 512 GB microSD), um Kartenmaterial für die Navigation auch offline verfügbar zu haben. Und man muss natürlich vorher daran denken, es auch auf dem Handy zu speichern bevor man den Bereich guter Netzabdeckung verlässt.

Nach einiger Recherche entscheiden wir uns, unsere 1&1 SIM Karten in den Mobiltelefonen zu belassen, aber das Datenroaming abzuschalten. Laut Aussage einer freundlichen Tarifberaterin gibt es bei 1&1 die Weltzone 3 (mit U.S.A.) und die Weltzone 4 (mit Lateinamerica), die auf unsere Tour zutreffen. Telefonieren wird damit richtig teuer:

U.S.A: abgehend 1,49€ pro Minute, ankommend 0,69€ pro Minute
Lateinamerika: abgehend 2,49€ pro Minute, ankommend 1,59€ pro Minute
SMS: Ankommend kostenlos, abgehend 30 – 39 Cent pro SMS

Die meisten Bikepacker empfehlen den Kauf einer Prepaid-SIM vor Ort, da das meistens die günstigste Lösung ist. Diese Option halten wir uns offen, wollen aber am Anfang wenigstens eine reine Daten-SIM verfügbar haben, mit der wir einen Hotspot erzeugen können, um auch mit dem Laptop online gehen zu können, wenn mal kein WLAN verfügbar ist.

Zunächst sieht MAYA Mobile sehr vielversprechend aus, die sowohl in den U.S.A. als auch in allen Ländern Lateinamerikas mit der gleichen eSIM (elektronische SIM-Karte, die per QR-Code auf modernen Handy-Modellen installiert wird) ein finanzierbares Paket anbieten (z.B. 30 Tage, 3 GB für 22€).

Nach weiterer Recherche sieht es dann aber so aus, als wäre die Abdeckung nur in städtischen Bereichen ausreichend gut. Besonders unsere erste geplante “einsamere” Gegend in “Baja California” (Mexiko) ist wohl grundsätzlich eher schlecht abgedeckt, völlig egal welchen Provider man nutzt.

Netzabdeckung Maya Mobile (nutzt Telcel-Mobilfunkmasten). Abdeckung in blau.
Telcel Netzabdeckung in Mexiko (Quelle: nperf.com)

Also entscheiden wir uns doch, es zunächst mit lokalen Prepaid-Karten zu versuchen (z.B. Telcel in Mexiko, Tello/T-Mobile in Kalifornien), die wir vor Ort kaufen wollen. Die Maya eSIM können wir ja immernoch ausprobieren, wenn wir nicht klarkommen. Jedenfalls werden wir wohl häufiger offline sein, als uns manchmal lieb sein dürfte.

Vielleicht müssen wir doch nochmal über das Garmin inReach® Mini nachdenken, mit dem man über das Iridium-Satellitennetzwerk überall Notrufe absetzen und Kurznachrichten versenden kann, auch wenn keine Netzabdeckung eines Mobilfunkanbieters vorhanden ist.

Februar 2024

Satellitenkommunikation für den Notfall

Anfang Februar entdecke ich bei Kaufland.de noch den Motorola Defy Satellite Link, der 2023 herauskam und mittlerweile auch Südamerika abdecken soll. In Kombination mit einem Mobiltelefon kann man damit angeblich von überall auf der Welt Textnachrichten und die eigenen GPS-Koordinaten senden und so ggf. auch einen Notruf absetzen. Ich kontaktiere den Verkäufer „Bestdigit“ in Italien per E-Mail, um herauszufinden, ob der „Essential“-Satellitenkommunikations-Plan für die Bullit-App wie bei anderen Verkäufern (z.B. Conrad) für das erste Jahr schon im Preis enthalten ist.

Nachdem ich im Blog von Sabine und Uwe lese, dass sie für Ihre Outback-Bikepacking-Tour in Australien vor Ort einen „Personal Locator Beacon“ (PLB = Satelliten-Notfallsender) besorgen, klemme ich mich nochmal hinter dieses Motorola Defy. Bei Kaufland kostet es jetzt schon 149€ und geantwortet haben die mir auf meine Frage nach dem „Essential Plan“ nicht. Bei der Internet-Suche stoße ich auf jemanden, der das Teil zu einem neuen Handyvertrag dazugeschenkt bekam und er verkauft es mir für 80€ plus Versandkosten. Der Bullit Essential Plan (4,99 pro Monat) ist tatsächlich sogar für die ersten 12 Monate mit dabei, als ich das Paket erhalte. Na, da habe ich doch ein Schnäppchen gemacht.

Die ersten Versuche funktionieren erstaunlich gut. Die Verbindung per Bluetooth zwischen Handy und Motorola Defy wird direkt in der Bullit-App aufgebaut, Kurznachrichten gehen per Mobilverbindung, WLAN oder Satellit raus, wobei nur die Nachricht über Satellit den Essential-Plan belastet. Der Empfänger bekommt eine SMS auf sein Handy, sollte aber am besten auch die Bullit-App installiert haben, um antworten zu können (über Mobilfunk/WLAN).

Die Verbindung zum Satelliten ist an unserem Südfenster ebenfalls schnell hergestellt und wird mit genauer Gradzahl angezeigt.

Satelliten-Anzeige unter 184,1° Süden
Versandte Nachrichten per Bullit-App: orange Ecke –> per Satellit gesendet
Angekommene Nachrichten in Bullit-App. Geokoordinaten per „Check In“ Funktion können in Google-Maps geöffnet werden

Günstige eSIM per installierter App

Ein Arbeitskollege empfiehlt mir Mitte Februar 2024 die Airalo-App, mit deren eSIMs er und einige Kolleginnen und Kollegen schon weltweit gute Erfahrungen (vor allem während kürzerer Urlaube) gesammelt haben. Ein erster Blick in die 30-Tage-Tarife für 5 GB bis 10 GB Datenmengen bestätigt zunächst einmal, dass die recht günstig sind. Vielleicht probieren wir das vor Ort mal aus.

Weiterführende Links

Talkbaja

Adventure Endeavor auf Youtube

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