Mit dem Stufentandem unterwegs in den Amerikas

Woche 13 (24.6.24 – 30.6.24) – Paquera – Tambor (Fidelito Ranch)

Montag 24.6.24 – Paquera – Tambor (Fidelito Ranch)

gesamt: 3.612,66 km

Heute haben wir nur den kurzen Weg nach Tambor zur Fidelito Ranch vor uns, wo wir eine ganze Woche bleiben werden, um ab Mittwoch zusammen mit Barbara (Juttas Schwester), Hans-Jürgen (ihr Mann), Theo und Hanno (deren Söhne, unsere Neffen) Urlaub zu machen. Trotzdem machen wir uns schon um sieben Uhr auf den Weg, um noch ein bisschen morgendliche Kühle mitzunehmen. In einer Panaderia in Paquera kaufen wir noch schnell ein kleines Frühstück und fahren dann auf der 160 – Ruta del Sol – weiter.

Es gibt auf der kurzen Strecke zwei größere Steigungen, bei der ersten müssen wir auch wieder einmal schieben. In Tambor sind wir schon um kurz vor neun. Zunächst versuchen wir, zum Barcelo-Resort durchzukommen, um es eventuell anschauen zu können und einen Kaffee zu trinken. An der Schranke weist man uns aber ab, da wir nicht für je 25 US-Dollar frühstücken möchten.

So fahren wir an anderer Stelle ans Wasser und dürfen uns im Tambor Tropical Beach Resort hinsetzen und Kaffee und O-Saft trinken. Irgendwann hören wir laute Trommeln, nicht besonders schön (das Oranienburger Hoforchester klingt deutlich besser 🙂 ), und als wir dem nachgehen, sind es Schüler und Schülerinnen der örtlichen Schule beim Sportunterricht am Strand. Einige wenige spielen Fußball, aber die meisten spielen Trommel oder auch Lyra. Könnte es sein, dass es für anstrengenderen Sport zu heiß ist? – wir wissen es nicht!

Am Strand wollen wir eine Sonnenuhr bauen, weil es jetzt gerade genau 11 Uhr ist. Langer Stock in den Sand gesteckt. Schattenspitze mit Stein markiert. Eine Stunde herumlaufen und noch etwas trinken. Um 12 Uhr wieder zu dem Stock, um die nächste Steinmarkierung zu machen. Und siehe da, irgendwie ist der kurze Schatten in die andere Richtung gewandert, als wir erwartet haben, nämlich im Gegenuhrzeigersein. Wir sind verwirrt! Hat aber alles seine Richtigkeit: wir befinden uns hier in der Nähe des 9. nördlichen Breitengrades, und deshalb wandert die Sonne gerade über den Norden, also für uns „andersherum“. Haben wir uns vorher noch nie Gedanken darüber gemacht.

Dann machen wir uns auf zur Fidelito Ranch und vertrauen dummerweise erst einmal wieder dem Garmin, statt die exakte Anfahrtsbeschreibung von Brigitte und Leon, den Betreibern, zu nutzen. So landen wir irgendwo auf der falschen Seite des Panica Flusses (abends erfahren wir, dass es eine Hängebrücke gibt, aber mit beladenem Tandem wäre das auch eher suboptimal), also drehen wir um, nehmen unten die Brücke über den Fluss und den korrekten Weg hoch. Bei SUPER-JOHANNA, einem kleinen Supermarkt auf dem Weg, kaufen wir Nudeln, Tomatensauce und Brot, um uns versorgen zu können, denn abends im Dunklen kann man mit dem Rad den Weg in den Ort nicht fahren.

Es ist ein toller Ort, um hier Urlaub zu machen, aussen ist alles Costa Rica pur, aber die Räumlichkeiten entsprechen eher europäischen Standards, das fühlt sich wirklich wie Urlaub an. Morgens ab vier beginnen die Brüllaffen ihr Frühkonzert, werden wir von Brigitte „vorgewarnt“. Die Bepflanzung ist hier so angelegt, dass wir die Affen wahrscheinlich vom Bett aus durch die riesigen Glastüren werden sehen können. Auch Aras leben hier sehr viele, die wir auch beobachten können, wenn wir auf ihre Rufe achten. Jetzt ist es erst einmal dunkel, und es sind eher Schmetterlinge, Mücken, Fledermäuse etc. unterwegs.

In unserem Haus hängt ein Foto von einem Reiter, der auf der Fidelito Ranch übernachtet hat. In dem finden wir Rad-Touristen unseren Meister, denn er hat eine ähnliche Tour wie die unsere, von Feuerland nach Alaska, auf Pferden unternommen und dafür 20 Jahre benötigt. Er hat ein Buch darüber geschrieben und hält auch Vorträge.

Günter Wamser – https://www.abenteuerreiter.de

Abends lernen wir auch noch, dass hier in Costa Rica in städtischen Regionen an den Wochentagen Autos mit bestimmten Endziffern auf dem Nummernschild (jeden Tag zwei ) nicht fahren dürfen, aus Gründen des Klimaschutzes und um das Verkehrsaufkommen zu reduzieren (20% täglich). An Wochenenden und in den Ferien ist dieses Fahrverbot ausgesetzt. Die Betreiber der Fidelito Ranch dürfen z.B. montags nicht fahren. Das wäre doch auch eine gute Idee für Deutschland … statt Tempolimit … wir hören den Aufschrei schon bis hierher 😉 .

Dienstag 25.6.24 – Tambor – Cóbano – Tambor

Gesamt: 3.650,35 km

Da die Familie erst morgen hier in Tambor eintrifft, haben wir uns für heute noch eine kleine Spritztour vorgenommen. Ohne Gepäck wollen wir über die Ruta del Sol nach Cóbano und dann weiter auf der Nacional 642 bis nach Montezuma. Dort soll es einen schönen Strand und einen Wasserfall geben, den man erwandern kann.

Wir frühstücken in unserer Ferienwohnung nach langer Zeit mal wieder „europäisch“, also … na ja … Toastbrot (BIMBO, aber immerhin eine Art Vollkorn) mit dem Rest unserer Nutella und Erdbeermarmelade, die wir über viele Kilometer transportiert haben. Dazu schwarzer Tee (für Jutta mit Milch).

Unsere Vermieterin müssen wir irgendwie falsch verstanden haben, als sie uns von einer Abkürzung Richtung Cóbano erzählte. Wir stehen jedenfalls nach einigen Kilometern vor einer Flussdurchfahrt und müssen umkehren. Die Strecke nach Cóbano ist ein ständiges Auf und Ab mit sehr steilen Abschnitten (trotz Gepäcklosigkeit müssen wir einmal schieben) und irgendwie nervt es uns beide, den Captain aber sehr viel mehr als die Stokerin. Insgesamt geht es mehr bergauf als bergab. Schon bald entscheiden wir uns, dass wir bereits in Cobano umkehren werden, wo wir noch in einem Supermarkt einkaufen wollen.

Wie meist an solchen Tagen gibt es dann doch noch ein sehr positives Erlebnis. Auf der Suche nach einem anderen Café überrascht uns ein starker Regenschauer, wir stellen uns im „Restaurante Como en Casa“ unter und bestellen zwei Kaffee Latte. Die Betreiber, ein freundliches junges Paar, interessieren sich für uns und unsere Tour, nachdem Viktor eine „Torta Chilena“ bestellt und nach einer Erklärung für den Namen fragt. Der Kuchen besteht abwechselnd aus mehreren Schichten „Dulce de Leche“ und Teig und basiert auf einem chilenischen Rezept. In Chile heißt der Kuchen „Mil Capas“ oder „Mil Hojas“. „Dulce de Leche“ dürfte Euch vielleicht als „La Lechera“ (Spanien) oder „Milchmädchen“ (Deutschland) bekannt sein, eine unglaublich stark gezuckerte Kondesmilch, die beim Warmmachen fest wird. Wenn man sie richtig erhitzt karamalisiert sie sogar und wird so braun wir in den Kuchenschichten. Sollten wir es bis Chile schaffen, werden wir den Kuchen dort natürlich ebenfalls probieren müssen.

Übrigens sind Kaffee und Kuchen wirlich gut … also Hingehen in das „Como en Casa“!

Der männliche Teil des Betreiberpaares fragt Viktor noch nach „Facebook oder YouTube oder sowas“ und freut sich sehr über einen der Aufkleber mit der Adresse dieses Blogs. Er scannt den QR-Code ein, findet sofort den Google-Übersetzer-Button und fängt gleich an zu lesen. Wir sind total gerührt. Den Aufkleber klebt er sofort an seine Kasse „um Werbung zu machen“, wünscht uns eine tolle Reise, drückt immer wieder seine Hochachtung aus und ist so unglaublich freundlich und lebensfroh dabei.

Wir bleiben so lange, bis der Regen aufhört, der wieder einmal die Straße regelrecht flutet. Aber kaum hört es auf zu regnen, sind auch die Wassermassen weggeflossen. Zunächst ist es relativ kühl, das ändert sich aber minutlich. In einem Supermarkt (Cobano scheint die Einkaufsstadt für die Umgebung zu sein, da es deren gleich mehrere gibt) kaufen wir ein paar Vorräte ein und treten dann den Rückweg an, wohl wissend, dass es wieder nur auf und ab gehen wird. Allerdings ist jetzt die Gesamttendenz abwärts und wir sind fast doppelt so schnell wie auf dem Hinweg. Da wir noch nicht in die Ferienwohnung wollen, bleiben wir noch unten am Strand in Tambor in der Bar Gitanos, wo wir gestern auch schon etwas getrunken haben. Da es wieder beginnt zu regnen, bleiben wir ein wenig länger, haben wieder trommelde Gymnasiasten, anschließend eine sich wohl langweilende kleine Gruppe Jugendlicher, die irgend etwas oben aus einem Baum schlagen wollen – vorher haben sie gegenseitig die Rucksäcke hineingeworfen – vergeblich. Viktor geht hin, um zu helfen, aber es stellt sich heraus, dass sie ein Wespennest kaputtschlagen wollen, was er natürlich nicht gutheißt. Daraufhin verziehen sich die Jugendlichen, kommen aber kurze Zeit später wieder …

In einer Regenpause – es donnert eigentlich fortwährend – fahren wir zurück zur Ranch und kommen gerade noch rechtzeitig an, bevor es dann nur noch schüttet.

Beim Einkauf im Supermarkt werden wir an der Kasse gefragt, ob wir denn für die 1- Liter-Bierflasche, die wir da kaufen wollen, auch Leergut zurückgebracht haben. Etwas unsicher verneinen wir das und befürchten schon, dass man hier Pfandflaschen nur kaufen darf, wenn man auch eine leere Flasche mitgebracht hat. Die Kassiererin erklärt uns, dass wir für die Flasche dann aber Pfand bezahlen müssten. „Äh, ja … gerne!“ Irgendwie scheint das hier nicht so häufig vorzukommen. Die Kühlschränke sind übervoll mit Dosenbier und Einwegflaschen … wir fühlen uns mal wieder wie Exoten.

Pfandflasche des nationalen Pilseners … man beachte das „Pura Vida“ über dem „ORIGINAL“

Mittwoch 26.6.24 – Tambor

Wir frühstücken mit neuen Brotaufstrichen, Käse und Weintrauben. Nachdem wir uns mit reichlich Repellentien eingesprüht haben, laufen wir los nach unten ins Dorf, diesmal auf einer Abkürzung, die nicht mit dem Tandem nutzbar ist, da es über eine wackelige, schmale Hängebrücke geht, auf die wir das Tandem gar nicht hochbekommen würden. Aber wir müssen laufen, da wir ab 12 Uhr einen Mietwagen bei Budget, die eine Niederlassung in Tambor haben, reserviert haben: einen Siebensitzer, um ggfs. mit den Hannoveranern gemeinsam Touren unternehmen können.

Es ist wieder einmal so warm, dass wir uns – kaum unten angekommen – in eine Sportsbar (im Schatten) setzen und dort bei Kaffee und kalten Getränke warten, bis es 12 Uhr ist.

An der Budget-Station ist niemand, als wir dort deutlich nach 12 Uhr ankommen, und das Telefon nimmt ebenfalls niemand ab. Gut, dass wir es nicht eilig haben! Irgendwann kommt ein Auto mit zwei Mitarbeitern an, die uns erklären, dass die angezeigten Öffnungszeiten nicht stimmen, weil diese Niederlassung sowieso bald geschlossen wird. Der Hof steht voller noch nicht zugelassener Autos, unsere Reservierung finden sie im System, haben aber keinen Siebensitzer da. Sie machen uns das Angebot, dass wir heute einen Pick-Up nehmen und sie uns morgen das gebuchte Auto zu unserer Unterkunft bringen. Dann ist es halt so, heute werden wir wohl sowieso keine größere Tour zu sechst machen. Unsere DKB VISA Debit Card (gebührenfreier Auslandseinsatz) wollen sie auch zunächst nicht akzeptieren. Auf unser Drängen hin probieren sie die Karte aus und es klappt dann doch.

Als wir gerade hoch zur Ranch gefahren sind, ruft Barbara an, dass sie bald in Tambor sein werden und wir verabreden, uns am Strand zu treffen, bevor sie hier hochkommen.

Es gibt also ein großes Wiedersehen am Strand, wir verbringen dort einige Zeit, zwei Wasserratten springen ins warme Wasser, andere ernten eine Kokosnuss und probieren die Kokosmilch. Wir enden bei Getränken und Nachos mit Blick auf Strand und Meer im „Gitanos“, wo Jutta und Viktor auch gestern schon saßen.

Danach geht es zur Fidelito Ranch, zum Einziehen und Sortieren der Neuankömmlinge, bevor wir pünktlich zum Start des abendlichen Regens in das Restaurant fahren, in dem wir schon morgens im Schatten saßen und das auch für die Jungs etwas passendes auf der Speisekarte hat. Zwei Mutige sitzen während der Hinfahrt auf der Ladefläche des Pickups und werden dabei ein wenig nass, der „richtige“ Regen startet aber erst als wir schon trocken im Restaurant sitzen.

Die Rückfahrt im Dunkeln und im strömendem Regen ist nochmal spannend, denn uns scheinen auf den unbefestigten und zum großen Teil unbeleuchteten Wegen kleine bis mittelgroße Bäche entgegenzukommen. Es gibt auch keine Freiwilligen mehr für die Ladefläche, aber die Rückbank hat genug Platz für vier. In der Ranch angekommen retten wir uns erstmal unter das Wellblechdach an der Unterkunft der Hannoveraner und sitzen noch eine Weile bei Bier und Chips beieinander bis der Regen etwas nachlässt und auch Jutta und Viktor die 50 Meter zu ihrem Haus rüberstapfen können, ohne völlig durchnässt zu werden.

Donnerstag 27.6.24 – Tambor

Es schüttet die ganze Nacht und morgens erfahren wir, dass das auch für diese Gegend ein Starkregen war. Wir sollen uns also vor Erdrutschen in acht nehmen. Den Wasserfall in Montezuma, den wir heute für den Nachmittag geplant haben, sollen wir lieber nicht erwandern. Dort müssen laut unserer Vermieterin regelmäßig Touristen vom Roten Kreuz gerettet werden und nach so einem Regen ist der Wasserfall und der zugehörige Wanderweg unberechenbar.

Vormittags machen wir eine kleine Wanderung zur nahegelegenen Hängebrücke über den kleinen Panica-Fluss. Wir beobachten eine Kuh, die durch den Fluß stapft und dabei an einer Stelle ganz ordentlich abgetrieben wird. Die Wege sind sehr matschig und Jutta will an einer Stelle einen vermeintlich größeren Stein nutzen, um trockenen Fußes weiterzukommen. Dieser stellt sich dann aber leider als frischer Kuhfladen heraus 😉 . Auf dem Rückweg entdecken wir eine ziemlich lange, tote Schlange auf der Straße, die nicht plattgefahren ist, aber in zwei Teilen tot dort liegt.

Mittags fahren wir mit unserem frisch angelieferten 7-Sitzer-Allrad-Mietwagen über Cobano (hier gibt es für alle ein Eis) nach Montezuma, das sich als sehr nettes Örtchen herausstellt. Wir sind froh, dass wir nicht mit dem Tandem hingeradelt sind, denn die letzten Kilometer zwischen Cobano und Montezuma sind extrem steil. Da ist der 4-Wheel-Drive schon ganz sinnvoll. Wir finden einen kostenlosen Parkplatz und außerdem ein nahegelegenes, sehr nettes Café/Restaurant (Playa de los Artistas) mit mediterraner Küche. Eigentlich wollen wir nur etwas trinken, aber als die Bedienung sagt, dass wir den Platz räumen müssen, wenn Essensgäste kommen (und es ist gerade Mittagszeit), lassen wir uns die Karte geben und bestellen mehr oder weniger Kleinigkeiten, um auf jeden Fall diesen Platz direkt am Strand behalten zu können. Die Jungs sind sofort ans Wasser verschwunden, finden Einsiedlerkrebse, bauen Flöße und sind einfach super beschäftigt, und wir lassen es uns gutgehen.

Die Wanderung zum Wasserfall müssen wir uns sparen: nach dem vielen Regen ist es zu gefährlich.

Auf dem Spaziergang durch den Ort entdecken wir noch Brüll- und Kapuzineraffen und erfahren, dass von hier aus 1963 zwei Aktivisten die Regierung zur Einrichtung des ersten Nationalparks „ermuntert“ haben. Heute ist Costa Rica das Land mit der weltweit höchsten Nationalparkdichte.

Auf dem Rückweg halten wir am Megasuper Supermarkt in Cobano für einen Einkauf, und wie auf Bestellung beginnt es wieder zu regnen. Das haben wir heute super hinbekommen, ohne nasszuwerden!

Am Nachmittag gelingt Viktor auf der Fidelito Ranch noch eine schöne Zeitlupen-Aufnahme mit Falter und Theo:

Alter Falter und Theo

Abends gibt es Nudeln mit Tomatensoße und Salat mit Thunfisch während der Regen wieder herunterprasselt als gäbe es kein Morgen. Wir finden trotzdem irgendwann eine Regenpause (na ja, schwachen Nieselregen), in der wir die 150 Meter von der Terrasse der Hannoveraner zu unserer Unterkunft halbwegs trocken bewältigen können (… wir scherzen noch, dass wir ja mit dem SUV rüberfahren könnten). Aber so kann die Regenzeit ruhig weitergehen: Tagsüber erträgliche Temperaturen mit wenigen schwachen Schauern und abends der Starkregen, dessen erstaunliches Prasseln wir aus sicherer Position unter Wellblechdächern bestaunen können.

Freitag 28.6.24 – Tambor

Wir haben für heute einen Tag im nahegelegenen Curú Wildlife Refuge geplant und eine Bootstour zu den Tortuga Islands gebucht. Dafür müssen wir um acht Uhr losfahren, d.h. gemeinsames Frühstück um sieben Uhr. Es regnet! Nicht so stark wie gestern Abend, aber ganz ordentlich.

Natürlich kommen wir erst kurz nach acht los, und da das Reinkommen in den Park ziemlich lange dauert (mit Namens- und Berufsangabe aller Personen) müssen wir uns bei der verbleibenen Fahrt an die Küste über regenaufgeweichte Wege schon beeilen. Der Regen hat aber rechtzeitig aufgehört! Wir sind nicht richtig gut informiert und etwas überrumpelt: sofort bekommen wir Schwimmflossen, Schwimmwesten und Schnorchelzubehör, sollen unsere Badesachen anhaben und los geht es auf ein Motorboot. Ziemlich schnell springen wir fast über die Wellen. Wir halten kurz vor einem Regenbogenfelsen, der bogenförmig ist und im September/Oktober bunt blüht. Das Wasser ist gerade zu hoch, und wir können nicht durchfahren. Der nächste Halt ist mit Sicht auf die Tortuga Islands „Isla Alcatras“ und „Isla Tortuga“, die ein bisschen aussehen, wie zwei Schildkröten, die sich angucken.

Nach kurzer Weiterfahrt sehen wir schon einige Menschen im Wasser schnorcheln. Hier halten wir und bekommen eine Stunde Zeit, dies ebenfalls zu tun. Ohne allzu große Erwartungen (wir haben uns einfach nicht vorher informiert…) springen wir alle ins warme Wasser. Und boah: viele verschiedene, kleine und größere, schwarze und bunte Fische schwimmen uns vor der Brille. Es ist wunderschön – leider wissen wir nicht einen Namen und müssen diese Recherche auf anschließend verschieben (abends suchen wir im Netz eine Stunde erfolglos und geben dann auf). Nach knapp einer Stunde zieht sich der Himmel wieder zu, wir klettern alle wieder ins Boot und werden noch an einen Strand auf der Isla Tortuga gefahren, wo es Obst und Getränke für uns gibt und wir Zeit bekommen, an der Bar etwas zu trinken, zu baden, zu schlafen, spazieren zu gehen… (was immer wir wollen). Leider regnet es wieder und wir sitzen fast nur unter dem Zeltdach. Die Temperatur sinkt bei Regen deutlich, und wir sind alle noch nass vom Schnorcheln, so dass uns fast etwas kalt wird.

Um 12 Uhr geht es wieder an Bord, auf der Rückfahrt fahren wir noch an der Playa Quesera vorbei, wo bei Regen auch nichts los ist, und dann wieder zum Ausgangspunkt im Refugio. Dort ziehen wir uns wieder an, essen eine Kleinigkeit und entscheiden uns für eine zwei Kilometer Wanderung. Diese soll relativ einfach und ohne besonderes Schuhwerk machbar sein. Es ist wieder wunderschön, allerdings ist der Weg sehr, sehr nass und geht viel über Stock und Stein und durch Pfützen. Viktor kehrt irgendwann lieber um, wir anderen fünf gehen weiter, und Hanno und Theo, die eigentlich gar keine Lust gehabt haben, sind ziemlich begeistert bei der Sache. Richtig viele Tiere sehen wir bei dem Regen nicht: sehr viele Krabben verschiedener Farbe, Kapuzineräffchen, einen Leguan. Aber dennoch sind wir froh, diesen Weg trotz des Wetters gegangen zu sein. Wir sind ganz allein unterwegs, und dieser Wald ist einfach schön!

Im Regen fahren wir zurück zur Fidelito Ranch. Während wir duschen, verstärkt er sich auch wieder sehr, weshalb wir notgedrungen beschließen, „einfach“ in der Pizzeria in Tambor zu essen. Die paar Kilometer sind z.T. eher Fluss als Straße, und auch unten in Tambor ist alles mehr oder weniger überschwemmt. Im Fernsehen beim Italiener laufen fast nur Nachrichten über die zahlreichen Schäden, die diese tagelangen Starkregen hier in der Provinz schon hervorgerufen haben. Bei so einem Wetter wäre es für uns unmöglich, überhaupt auf`s Rad zu steigen, wir können nur hoffen, dass es sich bis Montag etwas beruhigt.

Henry, der Besitzer der Pizzeria, kommt an unseren Tisch und fragt, wie uns die Pizzen schmecken. Er benutzt nämlich echten Käse und hat einen Liefervertrag mit einer lokalen Käserei. Allerdings ist es kein Mozzarella und der Käse erinnert uns stark an Schweizer Käsefondue. Henry muss aber früher gehen, denn er wohnt noch hinter der Fidelito Ranch und ein Baum versperrt seinen Heimweg. Er muss mit der Kettensäge los. Später erfahren wir auch von unserer Vermieterin, dass hier die Nachbarschafts- und Selbsthilfe gut organisiert ist. Fast jedes Viertel hat eine Nachbarschafts-WhatsApp-Gruppe. Wo wir in Deutschland vielleicht die Feuerwehr rufen würden, wird hier mit der Kettensäge selbst angepackt.

Samstag, 29.6.24 – Tambor – Santa Teresa – Tambor

In der Nacht und am Morgen regnet es weiterhin und wir sind alle ein bisschen genervt. Aber schon vor dem Frühstück hört es auf, und wir sind so zuversichtlich, dass wir uns vornehmen, nach Santa Teresa zu fahren, was eine Stunde Autofahrt bedeutet. Nur noch ungeklärt ist, wo um 13 Uhr das Fussballspiel Deutschland gegen Dänemark geguckt werden kann. Auf der Ruta del Sol Richtung Santa Teresa sind wir wieder einmal froh, diesen Teil ausgespart zu haben, denn tatsächlich ist die Straßenqualität ab Cóbane teilweise sehr schlecht und mit dem Tandem wäre Berg- und Talfahrt über diese Straße gruselig geworden.

Santa Teresa gefällt uns schon beim ersten Durchfahren sehr gut. Wir suchen uns zunächst einen Zugang zum Strand und gehen ein Stück im Sand/Wasser. Hier ist das erste Mal seit längerem wieder freie Sicht auf den Pazifik, und gerade die Hannoveraner sind überwältigt von der Aussicht. Man kann an vielen Stellen sehen, dass auch hier sehr viel Wasser in Richtung Meer geflossen ist und auch noch fließt – die Tropenstürme der letzten Tage haben Spuren hinterlassen – aber heute ist es trocken und die Sonne scheint, der Regen ist fast vergessen.

Wir kehren ein in einem Café inclusive Eis (La Gaucha) mit sogar täglich frisch gebackenen Eiswaffeln, wo wir den Hannoveranern das Eis ausgeben als Gegenleistung, dass wir Bilder von ihnen mit veröffentlichen dürfen 🙂 Es gibt leider kein Beweisfoto, aber es gibt Zeugen. Auf der Toilette hängt ein Schild: „Pick up 3“ – jeder Strandbesucher soll vom Strand drei Plastikmüllteile aufsammeln und dem Recycling zuführen. Gute Idee! Bei weiterer Recherche finden wir eine Organisation in Santa Teresa, die sich der Ozeanreinigung verschrieben hat und genau diese Idee des Müllsammelns hatte, auch, um das Bewusstsein bei den Menschen zu entwickeln, nicht einfach überall den Müll zu hinterlassen. Sollte ja eigentlich selbstverständlich sein!

Die folgenden Stunden werden unterschiedlich verbracht: ein Teil von uns guckt im KOOKS (Sportsbar und Smokehouse) das Fußballspiel, die anderen bummeln, shoppen oder baden in der Zeit. Deutschland gewinnt, aber Viktor und Hans-Jürgen sind sich einig, dass der VAR (Video Assistant Referee) dieses Spiel zu sehr beeinflusst hat. Wenn die Schuhgröße eines Spielers Einfluss auf die Abseitsentscheidung hat oder ein angeschossenes Handspiel, bei dem niemand im Stadion einen Elfmeter fordert, im Nachhinein zum 1:0 führt, dann verzichten wir lieber auf den VAR. Aber egal, Deutschland gewinnt und die Stimmung ist gut.

Als wir uns eine ganze Weile nach dem Spiel alle wieder getroffen haben, beschließen wir, auch noch im Ort ein frühes Abendessen einzunehmen, denn die Auswahl ist hier etwas vielseitiger als in Tambor. Wir landen in „La Cevicheria“ und essen verschiedenste leckere Dinge, bei denen wir Erwachsenen uns die Schärfe auf einer Skala von eins bis zehn aussuchen dürfen (und wir bei den Kinderessen hinterher feststellen, dass diese ziemlich scharf sind). Auf der Rückfahrt schläft Hanno schon ein, obwohl es nicht einmal 19 Uhr ist, Theo hält gerade noch so durch. Als die Kinder im Bett sind, treffen wir vier „Großen“ uns noch einmal (bei schönstem Wetter) in der Outdoor-Küche auf einen Absacker, bewundern eine Vogelspinne und genießen den letzten Abend (den spaßeshalber angekündigten „Bunten Abend“ schenken wir uns 😉 ).

Die Wettervorhersagen für die nächsten Tage sehen, zumindest was den Regen betrifft, etwas entspannter aus, aber über dem Atlantik liegt ein Tiefdruckgebiet, das sich laut US National Hurricane Center vermutlich im Laufe der Woche über der Karibik zu einem Hurricane verstärken wird. Costa Rica liegt zwar derzeit nicht direkt im vorhergesagten Gebiet, aber Starkregen und Wind werden ganz Mittelamerika betreffen. Wir müssen also von Tag zu Tag schauen, wie die Vorhersagen aussehen. Am Sonntagnachmittag Ortszeit, als wir das hier schreiben, ist er bereits ein Hurricane der Kategorie 4.

Sonntag, 30.6.24 – Tambor

Die Nacht war trocken und auch morgens sieht alles bestens aus – ein heißer Tag ist vorhergesagt. Der Abreisetag der Hannoveraner! Wir frühstücken ein letztes Mal um sieben Uhr zusammen, um acht fährt die Familie zum Fähranleger in Paquera. Der Abschied ist ein bisschen traurig und auch komisch, weil sie noch über zwei Wochen in Costa Rica unterwegs sind, und wir auch noch eine Weile – wir sind also ziemlich nah und doch wieder getrennt.

Wir zwei bleiben bis morgen früh, müssen heute das Auto vollgetankt zurückbringen, und die nächsten Tankstellen sind in Paquera oder Cóbano. Deshalb planen wir noch eine Fahrt nach Cóbano und wollen das Tanken zumindest mit einem Kaffee in dem schon vor ein paar Tagen angestrebten Café Terassa verbinden. Als wir dort vorfahren, steht ein „Cerrado“-Schild dort und auf Nachfrage erfahren wir, dass Montag oder Dienstag wieder geöffnet sein wird. Pura vida – wenn man keine Lust hat, macht man anscheinend einfach nicht auf … . Also fahren wir sogar noch herunter zur Küste nach Montezuma, weil wir dann wenigstens in diesem schönen Örtchen noch einen Strandspaziergang und eine Kaffeepause machen können. Danach wird das Auto vollgetankt und wir fahren in Tambor auch noch einmal zum Strand. Dort laufen wir noch am Strand und später über einen Weg zum Fischerdorf von Tambor, von wo der Blick noch einmal ein ganz neuer ist. Zurück am Strand trinken wir noch „Naturales“ im Gitanos, und Viktor guckt die erste Halbzeit von Spanien gegen Georgien. Um 14 Uhr bringen wir das Auto zu Budget zurück und laufen dann wieder (den Weg über die Hängebrücke) nach oben zur Fidelito Ranch, Viktor direkt, Jutta über den Abstecher zum Minisuper Johanna, um für heute und morgen noch Getränke zu kaufen.

Am weiteren Nachmittag bringen wir sowohl unsere Dokumentationen als auch unser Gepäck auf Vordermann, hören dem lauten Vogelkonzert draussen zu (das es an den Regentagen nicht gab) und bereiten uns seelisch auf unser Weiterfahren vor. Neu am Tandem gibt es ab morgen eine Deutschlandflagge, damit wir nicht immer für Amerikaner gehalten werden, und einen „Pura Vida“-Aufkleber auf dem Rahmen, den wir gestern in Santa Teresa gekauft haben.

Rotstirn-Amazonen-Konzert auf der Fidelito Ranch

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  1. Claudia Weiken

    Danke für eure schönen Einblicke 😉. Wir wünschen euch beiden und dem Besuch ( Barbara und ihr Männer ) ganz viel Spaß, tolle Tage und Erlebnisse und euch allen einen wunderschönen gemeinsamen Urlaub. Lieben Gruß Joachim und Claudia 💪🍀

    • Andreas Rühle

      Hallo Nachbarn,
      seit Anfang an eurer Tour verfolgen wir eure Reiseberichte und sind Tag für Tag begeistert was ihr so erlebt, drücken euch immer wieder die Daumen, dass das Tandem durchhält und bewundern euern Mut so eine Reise zu unternehmen. Unser Ritual ist es unterdessen jeden Nachmittag 16:00 Uhr zum Kaffee euren Tagesbericht laut vorzulesen.
      Wir wünschen euch weiterhin spannende Erlebnisse und vor allem Gesundheit für die nächsten Streckenabschnitte.

      Es grüßt euch aus dem ebenfalls verregneten Hohen Neuendorf die Familie Rühle aus der Külz Straße

      • Vielen Dank, es freut uns wirklich sehr, dass es so reges Interesse aus unserer Nachbarschaft gibt. Wir bemühen uns, auch weiterhin tagesaktuell zu bleiben, auch wenn das nicht immer ganz einfach ist.

  2. Kattruin C

    Nos hemos encontrado con ustedes justo cuando iban de salida del restaurante “Como en Casa”
    ¡También quedamos maravillados con su historia!

    Muchos éxitos y les deseamos un maravilloso recorrido 🙏🏻 Cuídense mucho y esperamos verlos pronto publicando la llegada a su destino

  3. Rudolf Abrams

    ich lese Euren aktuellen Bericht gerade (26.6.) im Zug von Würzburg-Essen, Familie Anna zu unterstützen. Auf der einen Seite der Rhein, auf beiden Seiten Weindörfer, Weinstädte, Fachwerk, Burgen , Sonne satt- Erinnerung an Ulrikes und meine Tour mit Rad Basel-Rosengarten vor 2 Jahren. Genau diese Strecke waren wir gefahren. Liebliches Deutschland- sicherlich deutlich komfortabler und genussreicher und weniger abenteuerlich als vor allem wohl das 1. Drittel Eurer Tour. Möget Ihr im weiteren Verlauf von weiteren Pannen und -vor allem: Unfall und Krankheit-verschont bleiben. Kommt Ihr auch nach Valparaiso? Da würde ich Euch zum Essen einladen- legt erst mal aus. PayPal hab ich nicht. Rudolf

    • Wir planen bislang, zu Silvester in Valparaiso zu sein und kommen dann gerne auf Deine Einladung zurück. Ist allerdings noch ein weiter Weg…

    • Ein paar Minuten vor dem Jahreswechsel in Valparaiso denken wir wieder an deine Essenseinladung. Morgen werden wir dann auf deine Kosten essen gehen – extra mittags, da morgen Abend der junge Elias einladen möchte. Möget ihr schon gut ins neue Jahr gekommen sein! Liebe Grüße

  4. Tina

    Sieht lecker aus die Torta 😋 vielleicht mal eine Idee für Thanksgiving ☺️.
    Wünsche euch ein paar schöne Tage mit der Barbara und Familie.

  5. Fortney

    woot

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