Was lange währt wird endlich gut! Eigentlich hatten wir ja auf ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk in 2023 gehofft, aber am Ende wurde es selbst mit dem Liefertermin im Februar 2024 noch knapp.

Am Freitagabend des 23.02.2024 nach Geschäftsschluss geht es also um 19:30 Uhr zu PankeRad in Berlin Pankow. Wir fahren mit dem Auto hin, weil wir den großen Karton mitnehmen wollen, um das Fahrrad für den Flug nach San Francisco ordentlich verpacken zu können. Das Tandem bringt Jutta mit der S-Bahn zu uns nach Hause.

Transportkarton

Die Maße des Kartons sind 260 mm x 900 mm x 1.865 mm (Summe der Kantenlängen: 3.025 mm) und er wiegt ohne Inhalt schon 7,6 kg. Das überrascht uns dann doch etwas und dürfte noch zu Problemen führen, denn das Tandem wiegt in der Standardausführung schon über 30 kg, in unserer Ausführung mit Rohloff-Schaltung und weiterem Zubehör sogar 33,2 kg. Lufthansa erlaubt aber nur ein Maximalgewicht von 32kg inklusive Karton. Wir werden also irgendwie 10 kg Zubehör abbauen und getrennt verpacken müssen.

Vermutlich werden das sein:
– Ständer
– Lowrider
– Pedale
– Vordersitz
– Sattel (520 g)
– Sattelstütze (830 g)
– Zusatzgriffe Captain (364 g)

und vielleicht sogar das Vorderrad.

Der Karton passt bei geschlossener Heckklappe leider doch nicht wie geplant in unseren Kofferraum. Ich kriege ihn nur mit Mühe nach Hause transportiert und muss dazu den Fahrersitz extrem weit nach vorne stellen. So kommen wir definitiv nicht mit Fahrrad-Karton und sonstigem Gepäck zum Flughafen BER. Zum Glück hatte dieser Blog hier schon einen überaus positiven Nebeneffekt: eine Freundin hat nach dem letzten Beitrag angeboten, uns mit ihrem größeren Auto zum Flughafen zu bringen.

Misslungene Packprobe

Am Samstag und Sonntag unternehmen wir sofort unsere erste Testfahrt. Eigentlich wollen wir schon das volle Gepäck ausprobieren, aber die Zeit zwischen Frühstück und geplanter Abfahrtszeit gegen Mittag reicht nicht, um alles einzupacken und am Tandem anzubringen. Besonders der Lowrider verursacht Probleme, weil dort irgendwelche Einpressmuttern so eigenartig angebracht sind, dass unsere vorderen Gepäcktaschen von Vaude nicht so passen, wie wir uns das vorgestellt haben. Direkt vor der Einpressmutter beginnt schon die Krümmung des Rohres (siehe Foto) und die Klammern der Tasche rasten dort nicht mehr richtig ein. Direkt dahinter hat man aber schon zwei Zentimeter verschenkt und bei unserem Modell (Vaude Aqua Back Plus) hat man nicht genug Spielraum zum Verschieben der Klammern an der Tasche. Am Ende geben wir den Plan auf, auch unsere kleinen Satteltaschen von Vaude schon auf die erste Tour mitzunehmen.

Immerhin können wir unsere hintere, leuchtend-orange Globetrotter-Ortlieb-Backroller-RackPack-Kombination schon austesten. Hier taucht allerdings das Problem auf, dass die Globetrotter-Version der Ortlieb-Taschen noch mit dem alten Quick-Lock 1/2 (QL1/QL2) ausgestattet ist und nicht mit den neuesten QL2.1 und höher. Dafür gibt es wiederum keine Adapter für 10 mm Rohre wie wir sie an unserem Gepäckträger haben. Wir müssen also mit 11 mm Adaptern arbeiten und das kleine Spiel akzeptieren. Bis wir uns dazu entscheiden, suchen wir aber zunächst verzweifelt nach den passenden Adaptern und erst eine Internetsuche belehrt uns eines Besseren. Ich überlege natürlich sofort, ob ich mir die 10 mm Adapter mit einem 3D-Drucker selbst produziere (bzw. von meinem Sohn im Coworking-Space am Hasso-Plattner-Institut 3D-drucken lasse).

Nachtrag: Ein paar Stunden später per WhatsApp:

„Technische Spezifikation“
Download von Thingiverse
Und vor 20:00 Uhr … schon verrückt … schöne neue Welt
Ein paar Tage später: Sitzen ein bisschen stramm, aber passen.
Als alter Maschinenbauer erkenne ich natürlich sofort die Schwachstellen, wenn alles auf genau 10 mm gefertigt ist. 😉

In der oberen 31 Liter RackPack-Tasche von Ortlieb finden jedenfalls Zelt, Isomatten, Schlafsäcke, aufblasbare Kopfkissen und Daunenjacken ausreichend Platz. Das ist schon mal ganz vielversprechend. Auf den ersten Blick sieht es auch so aus, als könnten wir hinten notfalls noch quer eine weitere Tasche auf dem Gepäckträger unterbringen. Bis zur Höhe meines Sattels ist jedenfalls noch einiger Spielraum.

Erste Ausfahrt

Auf der Hinfahrt am Samstag wählen wir absichtlich eine Strecke, die uns über ein paar Brücken und kleinere Steigungen führt (u.a. Havelchaussee am Wansee). Schon sehr früh springt uns beim Schalten unter Last an einer Fahrrad- und Fußgängerbrücke ein extrem schwerer Gang rein und wir müssen mitten in der Steigung anhalten. Zum Glück kann man mit der Rohloff im Stand wunderbar herunterschalten und auch in der Steigung halbwegs sicher aufsteigen und losfahren.

Wie sich später herausstellt ist das eine der Eigenheiten der Rohloff Speedhub Schaltung. Beim Gangwechsel unter Last zwischen dem 7 und 8 Gang kann kurzzeitig der 14 Gang reinspringen (siehe Screenshot). Wir waren es von der Kettenschaltung des alten Pino-Tandems ja schon gewohnt, dass ich vor dem Schalten eine Ansage mache, wenn wir gerade schwer treten, um beim Schalten unter Volllast keinen Kettenriss zu riskieren. Auf unserer Rheinradtour hatten wir das aber trotzdem „geschafft“ und das war einer der Gründe für den Umstieg auf Rohloff Speedhub. Auf der Rückfahrt am Sonntag haben wir das Ansagen und „Last wegnehmen“ dann schon voll im Griff und es stellt kein Problem mehr dar.

Pause in Zehlendorf

Wir nutzen beide Fahrten für das Experimentieren mit der Sattelhöhe, der Lenkerneigung und den Griffpositionen der Zusatzgriffe. Beim Anfahren an einer Ampel im höheren Gang ziehe ich einmal so heftig am Lenker, dass sich der obere Teil zu mir verdreht. Diese Schraube war wohl noch nicht fest genug angezogen. Einige andere Schrauben sind nach den ersten 50 km auch schon recht locker. Eine der Madenschrauben am Lenker hängt offenbar schon im letzten Gewindegang bevor ich sie wieder festziehe.

Jutta fährt erstmals mit Klickpedalen und hat tatsächlich den Eindruck, dass sie weniger Kraft braucht, um ihre Füße auf den Pedalen zu halten. Das war eine gute Investition auf Anraten einer Physioterapeutin. Ihre Sitzpostion ist aber noch nicht optimal, denn – anders als beim Vormodell – rutscht sie immer wieder nach vorne in Richtung ihrer Pedale. Die Einstellbarkeit der Sitzneigung für den Stoker müssen wir uns nochmal genauer anschauen.

Madenschrauben lockerten sich schnell
Abfahrt bei Freunden in Teltow

Für die Rückfahrt wählen wir eine etwas längere Strecke über Falkensee und bringen so die ersten 100 km auf den Tacho. Wir sind mit dem neuen Modell insgesamt sehr zufrieden, auch wenn wir merken, dass der Winter in puncto Fitness seine Spuren hinterlassen hat.

Fähre Wannsee – Kladow

Bekannte Schwachstellen

Bei der Abholung bei PankeRad machte uns Dan, der Besitzer von PankeRad, noch in aller Offenheit auf die eine oder andere bereits bekannte Schwachstelle des neuen Pino-Modells aufmerksam:

Ständer

Der neue Klapp-Ständer hat eine Tragfähigkeit von über 100 kg und kann das voll beladene Fahrrad problemlos halten. Da man den Vordersitz aber während der Pausen auch gerne als Sitzgelegenheit nutzt, empfiehlt es sich, die Höhe so einzustellen, dass Vorder- und Hinterrad bei ausgeklapptem Ständer noch den Boden berühren.

Zahnradmechanismus des Ständers

Neopren-Windel für Ständer

Die Zahnräder unter dem Ständer sammeln sehr schnell Schmutz und Matsch an und das verursacht offenbar die häufigsten Garantiefälle. Dan empfiehlt eine regelmäßige Reinigung und am besten eine Neopren-„Windel“. Wir bestellen also noch am Wochenende Neopren, um uns eine Hülle zu nähen. HASEBIKES hat es bisher nämlich noch nicht geschafft, ein entsprechendes Zubehörteil ins Programm aufzunehmen. In der darauffolgenden Woche näht sie ein Teil, das sich über den zusammengeklappten Ständer ziehen und mit einem Klettverschluss relativ eng anliegend anbringen lässt. Wir werden unterwegs feststellen können, ob es sich bewährt.

Selbstgenähte Neopren-„Windel“ für den Ständer.

Klemmschraube Teleskopierung

Klemmschraube Teleskopierung

Bei den ersten Kleinserien des neuen Pino-Modells ist es offenbar häufig zum Abreißen der Klemmschraube gekommen, die für den Teleskop-Mechanismus benutzt wird. In der Nähe der Schraube befindet sich am Rahmen ein deutlich sichtbarer Aufkleber mit einer Drehmoment-Angabe von 14 Newtonmetern.

Die Schraube wird von vielen Besitzern und leider auch Fahrradwerkstätten trotzdem oft zu stark angezogen und reißt in der Mitte ab. Ein abgerissenes Gewinde ist dann kaum noch aus der Gewindebohrung zu bekommen. Einige Pino-Experten haben deshalb die Schraube am Ende mit einem zusätzlichen Schlitz versehen (vermutlich mit einer Flex), um sie nach einem Bruch noch mit einem Schraubendreher herausdrehen zu können.
Im Pino-Forum kann man nachlesen, dass es sich bei der Spezial-Schraube anfangs möglicherweise um eine Fehlkonstruktion handelte. Als alter Maschinenbau-Ingenieur erinnere ich mich aus der Konstruktionslehre noch gut an das Thema Kerbspannungen und Freistiche. Die Schraube wurde deshalb 2021 umkonstruiert und mit einem Freistich versehen. Natürlich werde ich genau überprüfen, was da bei unserem Modell verbaut wurde und eine Ersatzschraube mitnehmen.

Gleitlager Lenkung

Eine weiterer bekannter potentieller Schwachpunkt liegt in der Anlenkung zur Vordergabel. Auch dazu kann man im Pinoforum einiges nachlesen. Dan erklärt, dass die Gleitlagerung durch teilweises Abdrehen des Schraubenkopfes und der Mutter entsteht. Wenn diese zu stark angezogen werden, kann es zu einer unsymmetrischen Abnutzung unter dem Schraubenkopf kommen, die zu einem Spiel in der Lenkung führen kann. Wenn dieses Spiel auftritt, kann man das bei nächster Gelegenheit mit – Zitat – „zwei, drei Feilstrichen“ korrigieren, wenn man an einer Fahrradwerkstatt vorbeikommt.

Zeichnung aus einem Beitrag im Forum
Explosionszeichnung, freundlicherweise von HASEBIKES geschickt

Jedenfalls werden wir als Ersatzteile auch diese Schraube, Mutter und Lagerschalen mitnehmen, vermutlich zweifach.

Freilauf

Der Freilauf am Tretlager, der dazu führt, dass Jutta vorne als Stokerin …
– nicht ständig mittreten muss
– immer mittreten kann
– nie ausschließlich alleine treten kann
… ist ein sehr spezielles Bauteil, das nicht überall als Ersatzteil zu erhalten ist.

Vermutlich werden wir das Ersatzteil mitnehmen oder irgendwo unterwegs zwischenlagern, vielleicht in Kolumbien, wo wir über Juttas Chor eine mögliche Anlaufstation haben oder in Peru oder Ecuador, wo wir ebenfalls einige Kontakte haben.

Reifen

Eigentlich hatten wir geplant, dass das neue Tandem gleich mit den neuen Schwalbe-Pickup-Lastenradreifen ausgestattet wird. Da ist in unserer Kommunikation mit PankeRad aber leider etwas schiefgegangen und es sind nur die „normalen“ Schwalbe Marathon Plus Reifen auf die stärkeren Andra 40 Felgen mit 40 Speichen montiert. Wie hier schon berichtet, haben diese Reifen von Schwalbe keine Freigabe für die große Last von 255 kg, mit der wir zeitweise unterwegs sein werden, besonders wenn wir viel Wasser und Nahrung mitführen müssen (20″ Reifen vorne 80 kg, 26″ Reifen hinten 118 kg, zusammen also nur 198 kg Belastbarkeit).

Die Schwalbe Pickup Lastenradreifen haben für den 26″ Reifen (ETRTO 55-559 (26×2.15 Zoll)) eine Belastbarkeit von 155 kg und für den 20″ Reifen (ETRTO 55-406 (20×2.15 Zoll)) von 115 kg, zusammen also 270 kg.

Vermutlich werden wir die Schwalbe Pickup Reifen jetzt bestellen, nach Kolumbien schicken und nach den ersten ca. 6.000 km darauf umsteigen.

„Falsche“ Schwalbe Marathon Plus Reifen

Rohloff Speedhub Eigenheiten

Eine der Rohloff-Eigenheiten beim Gangwechsel unter Last ist ja weiter oben schon beschrieben. Wir müssen in Steigungen also gut harmonieren, damit uns der 14. Gang nicht unerwartet reinspringt.

Fliegen mit dem Rohloff Speedhub

Da wir mit dem Flugzeug nach San Francisco kommen, ist der Transport des Tandems in liegender Position wohl unvermeidbar. Dazu hatten wir uns ja schon bei der Planung der Anreise einige Gedanken gemacht. Das kann dazu führen, dass das Öl lange auf der Dichtung steht und durch die Druckwechsel im Laderaum des Flugzeuges während des Fluges austreten kann. Da wir Scheibenbremsen haben, könnte das im schlimmsten Fall die hinteren Bremsen beschädigen.

Nach dem Lesen der Seiten Fliegen mit dem Rohloff Speedhub und Keeping the Rohloff Hub Topped Off entscheiden wir uns dazu, das Öl für den Flug vorher abzulassen und getrennt zu verpacken.

Öl-Leckagen

Meine Rückfrage bei Bob von Gullivers Travels, die mit dem Pino-Vorgängermodell unterwegs waren, ergibt, dass sie eigentlich dauerhaft Leckagen von Öl aus dem Rohloff-Speedhub hatten. Ich vermute, dass das eventuell auch daran gelegen haben könnte, dass sie es „zu gut“ gemeint haben und immer wieder nachgefüllt haben. Rohloff hat die erforderliche Ölmenge über die Jahre scheinbar auch immer weiter gesenkt. Bei einem Ölwechsel soll man heute nur noch 12,5 ml nachfüllen (früher waren das wohl 50 ml, später dann 25 ml), da beim Ablassen relativ viel Öl an den Zahnrädern verbleibt und man das Getriebe leicht überfüllen kann, was dann zu Leckagen führt, weil das Öl an den Dichtungen ansteht.