Mit dem Stufentandem unterwegs in den Americas

Monat: Januar 2024

Versicherungen

Bildquelle: www.finanzen.net

Zum Thema „Versicherungen“ gibt es drei Themenfelder, die man getrennt betrachten kann:

  1. Wie stellt man sicher, dass man bei der Rückkehr nach Deutschland weiterhin krankenversichert ist, auch wenn man z.B. die Tour vorzeitig abbrechen muss?
  2. Wie stellt man sicher, dass man unterwegs ausreichend gut krankenversichert ist und im Notfall gerettet, versorgt und vielleicht sogar nach Deutschland zurückgebracht wird?
  3. Wie sichert man sich gegen Schäden ab, die man unterwegs verursacht und für die man haften muss?

1. Deutsche gesetzliche Krankenversicherung

Wir sind beide in der Techniker Krankenkasse (TK) gesetzlich versichert und unsere Arbeitgeber werden während unserer Abwesenheit keine Versicherungsbeiträge leisten.

Bei einem ersten Telefonat mit der TK stellt sich heraus, dass wir bei einer Unterbrechung der Beitragszahlungen aufgrund unseren „hohen“ Alters bei der Rückkehr (wir werden beide über 55 Jahre alt sein) bereits jenseits der – Zitat – „magischen Altersgrenze“ liegen werden, oberhalb derer uns die gesetzliche Krankenversicherung nicht mehr zurücknehmen muss.

Uns bleibt daher entweder die Option, während des gesamten Jahres eine sogenannte „Anwartschaft“ zu zahlen (67,87€ pro Monat und Person), mit der wir ab dem Zeitpunkt der Rückkehr nach Deutschland sofort wieder in der TK versichert wären, oder wir zahlen einen monatlichen Mindestbeitrag (226,24€ pro Monat) für die ganz normale Versicherung einer Person (die zweite Person ist dann automatisch in der Familienversicherung mitversichert). Da wir noch einen mitversicherten studierenden Sohn haben, ergibt eine kurze Berechnung:

Option 1: Sohn (Student) 125,21€ + Viktor Anwartschaft 67,87€ + Jutta Anwartschaft 67,87€ = 260,95€ monatlich
Option 2: Freiwillige Weiterversicherung (ganze Familie mitversichert) = 226,24€ monatlich

Wir entscheiden uns also für Option 2.

2. Auslandskrankenversicherung

Envivas Angebot

Da eine gesetzliche Krankenversicherung wie die TK nur in der EU gilt (siehe hier) benötigen wir für unsere Tour eine spezielle Auslandskrankenversicherung, wenn wir das Risiko nicht komplett selbst tragen wollen. Da die TK mit der Envivas kooperiert und wir dort bereits vor Jahren eine Reisekrankenversicherung für Auslandsaufenthalte bis zu 60 Tagen abgeschlossen hatten, rufe ich dort an.

Überrascht muss ich feststellen, dass die Envivas wegen des Starts unserer Tour in den USA von uns für das gesamte Jahr die deutlich teurere Versicherung „mit USA & Kanada“ verlangt, obwohl wir die USA nach maximal 30 Tagen verlassen wollen.

Envivas, ohne USA, pro Person
Envivas, mit USA und Kanada

Eine Aufteilung der Reise in zwei Abschnitte kann mir die Envivas auch nach mehreren Telefonaten mit unterschiedlichen Beratern und Beraterinnen nicht anbieten, da der Zielort der Anreise, für uns also San Francisco, ausschlaggebend ist. Angeblich wird im Schadensfall als erstes ein Nachweis über die Anreise verlangt (Flugticket). Wenn man dann die falsche Versicherung ohne USA & Kanada abgeschlossen hat, werden die Kosten nicht übernommen, selbst wenn die Behandlung gar nicht in den USA erfolgt.

Der Anruf bei einem Reiseversicherungsmakler bestätigt dann, dass alle Versicherungen das ähnlich handhaben wie die Envivas. Der Makler gibt mir allerdings den Tipp, dass die Allianz eventuell im direkten Geschäft flexibler sein könnte. Er selbst könne uns auch nichts besseres anbieten.

Allianz Angebot

Also rufe ich in der Zentrale der Allianz an und werde an die Allianz Travel weiter verwiesen. Drei Telefonate später (denn immer wieder kommt die versprochene E-Mail mit dem Angebot und den Konditionen nicht) bietet uns die Allianz einen zeitlich gesplitteten Tarif an: 3 Monate USA (9.4. – 3.6., 56 Tage, 19€), danach 9 Monate Lateinamerika (4.6. – 31.3.25, 301 Tage, 782,60€) pro Person. Nach Überprüfung der Versicherungsbedingungen, insbesondere bezüglich Rücktransport nach Deutschland und möglicher hoher Bergungskosten vor Ort, schließen wir diese Versicherungen ab.

Bergungskosten

Die „Krankentransportkosten“ vom Unfallort bis ins Krankenhaus werden von jeder Auslandskrankenversicherung abgedeckt. „Bergungskosten“ sind alle Kosten für Bergung und Transport bis zum Rettungswagen oder Rettungshubschrauber. Die meisten Versicherungen definieren dafür einen Höchstbetrag, der normalerweise ausreicht, wenn man nicht gerade nach einem Unfall beim Klettern, Bergwandern oder Skifahren aus einer Gletscherspalte geborgen werden muss. Da wir nicht vorhaben, mit unserem Tandem in völlig unwegsamen Gelände unterwegs zu sein, besteht hier wohl eher kein Grund zur Sorge.

Rücktransport nach Deutschland

Da meine Schwester im Ambulanzflug-Geschäft arbeitet, gibt sie mir den Tipp, unbedingt darauf zu achten, dass in den Versicherungsbedingungen ein Rücktransport nach Deutschland abgedeckt ist, wenn dieser „medizinisch sinnvoll“ ist. Es ist wichtig, dass dort nicht „medizinisch notwendig“ oder „medizinisch erforderlich“ steht. Diese Formulierung in den Versicherungsbedingungen sorgt oft für Diskussionen und Enttäuschungen.

3. Haftpflichtversicherung

Unsere existierende Haftpflichtversicherung bei der ERGO ist weltweit gültig, deckt Personenschäden aber nur bis 3 Millionen Euro pro Personenschaden und bis maximal 6 Millionen Euro pro Jahr ab. Der heutige Standard bei Haftpflichtversicherungen liegt mittlerweile bei 10 Millionen Euro pro Personenschaden.

Nach einer Rückfrage bei der ERGO wird uns eine Erhöhung der Deckungssumme auf 50 Millionen Euro angeboten, die besonders für die USA ratsam sei. Außerdem wird uns bestätigt:

„Die Haftpflichtversicherung bietet eine weltweite Deckung, auch Schäden die mit dem Fahrrad verursacht werden, sind abgedeckt.

Keine Deckung besteht bei Verkehrsunfällen, die Sie mit einem Auto ö. ä. verursachen. Hier gilt die Kfz Versicherung des Fahrzeuges.”

Damit sind wir zufrieden und stocken die Versicherung entsprechend auf.

Panama – Kolumbien (Darién Gap)

Darién Gap zwischen Panama und Kolumbien (Quelle: Google Maps)

Vielen Menschen ist nicht bekannt, dass man die Panamericana gar nicht vollständig auf dem Landweg abfahren kann, da keine Straßenverbindung zwischen Panama und Kolumbien existiert. Es gibt nur sehr wenige Abenteurer die den sogenannten „Darién Gap“ vollständig mit dem Fahrrad oder einem anderen Zweirad durchquert haben. Das Ganze ist mit einigen Gefahren verbunden. Die FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia) haben mit der kolumbianischen Regierung in 2016 zwar einen Friedensvertrag geschlossen. Dieser Frieden ist jedoch brüchig.

Hier ein Beispiel für Radfahrer, die den Darién Gap durch“fahren“ haben.

Wir haben uns schon frühzeitig entschlossen, diesen Abschnitt nicht mit dem Flugzeug zu überwinden, wie das viele Radreisende tun, sondern uns dort einen kleinen Urlaub vom Radfahren zu gönnen und eine Karibik-Inselhopping-Tour mit San Blas Adventures zu buchen.

Am 18. Januar 2024 öffnet sich der Buchungskalender im Internet und wir entscheiden uns für den 4. August 2024. Da wir uns in Costa Rica Anfang Juli mit Familie treffen wollen, sind wir uns relativ sicher, dass wir die knapp 1.000 km bis Panama bis Anfang August schaffen können, entweder per Rad oder notfalls mit anderen Verkehrsmitteln.

Wir haben schon im November per E-Mail und WhatsApp abgeklärt, dass wir auf dem Boot auch unser Tandem mitnehmen können.

Wir hoffen einfach mal, dass es in Panama kein allzu großes Problem sein wird, einen ausreichend großen Karton zu finden (oder aus mehreren zusammenzustückeln) und doppelt in Folie zu verpacken.

Die San Blas Bootstour startet in Carti (Panama) und endet in Sapzurro (Kolumbien) an relativ abgelegenen Buchten, die wir nicht mit dem Rad erreichen oder verlassen können. Von Panama City geht es vermutlich mit einem Jeep nach Carti (es sei denn man kann die Strecke doch radeln). Von Sapzurro mit dem Boot weiter nach Necocli. So jedenfalls der vorläufige Plan. Weitere Infos finden sich auf der FAQ-Seite hier in der linken Spalte.

Rot: Fahrrad, Blau: Jeep, Grün: Boot

Am 19. Januar 2024 ist dann soweit alles klar, dass wir uns trauen, die Tour zu buchen.

Online Unterwegs

Im ICE der Deutschen Bahn abfotografiert 😉

Wenn man mit Familie und Freunden in Kontakt bleiben und einen Blog wie diesen hier mit Einträgen versorgen will, muss man natürlich unterwegs online sein können. Gleichzeitig ist so ein Sabbatjahr aber auch die Gelegenheit mal offline zu gehen. Das richtige Gleichgewicht wird sich vermutlich unterwegs einstellen, aber wir nehmen uns vor, eingehende Telefonate auf einem Anrufbeantworter landen zu lassen und unsere Mobiltelefone überwiegend zur ausgehenden Kommunikation und für die Unterkunftssuche zu nutzen.

Auch die Streckenplanung und Navigation auf Bikepacking-Touren erfolgt bei uns per Handy. Wir haben es schon mal mit einem Garmin Edge Radnavi versucht, aber mich hat es nicht überzeugt. Ich fand alles zu komplex mit zu vielen Linien und Informationen auf einem viel zu kleinen Bildschirm.

Ich komme mit Apps wie Komoot, Naviki, MAPS.ME, MapOut, Open Street Map und Google Maps auf einem Handy am besten klar. Für die Teilstrecken mit schlechter Netzabdeckung sollte man nur einen ausreichend großen Speicher im Handy haben (bei mir 512 GB microSD), um Kartenmaterial für die Navigation auch offline verfügbar zu haben. Und man muss natürlich vorher daran denken, es auch auf dem Handy zu speichern bevor man den Bereich guter Netzabdeckung verlässt.

Nach einiger Recherche entscheiden wir uns, unsere 1&1 SIM Karten in den Mobiltelefonen zu belassen, aber das Datenroaming abzuschalten. Laut Aussage einer freundlichen Tarifberaterin gibt es bei 1&1 die Weltzone 3 (mit U.S.A.) und die Weltzone 4 (mit Lateinamerica), die auf unsere Tour zutreffen. Telefonieren wird damit richtig teuer:

U.S.A: abgehend 1,49€ pro Minute, ankommend 0,69€ pro Minute
Lateinamerika: abgehend 2,49€ pro Minute, ankommend 1,59€ pro Minute
SMS: Ankommend kostenlos, abgehend 30 – 39 Cent pro SMS

Die meisten Bikepacker empfehlen den Kauf einer Prepaid-SIM vor Ort, da das meistens die günstigste Lösung ist. Diese Option halten wir uns offen, wollen aber am Anfang wenigstens eine reine Daten-SIM verfügbar haben, mit der wir einen Hotspot erzeugen können, um auch mit dem Laptop online gehen zu können, wenn mal kein WLAN verfügbar ist.

Zunächst sieht MAYA Mobile sehr vielversprechend aus, die sowohl in den U.S.A. als auch in allen Ländern Lateinamerikas mit der gleichen eSIM (elektronische SIM-Karte, die per QR-Code auf modernen Handy-Modellen installiert wird) ein finanzierbares Paket anbieten (z.B. 30 Tage, 3 GB für 22€).

Nach weiterer Recherche sieht es dann aber so aus, als wäre die Abdeckung nur in städtischen Bereichen ausreichend gut. Besonders unsere erste geplante “einsamere” Gegend in “Baja California” (Mexiko) ist wohl grundsätzlich eher schlecht abgedeckt, völlig egal welchen Provider man nutzt.

Netzabdeckung Maya Mobile (nutzt Telcel-Mobilfunkmasten). Abdeckung in blau.
Telcel Netzabdeckung in Mexiko (Quelle: nperf.com)

Also entscheiden wir uns doch, es zunächst mit lokalen Prepaid-Karten zu versuchen (z.B. Telcel in Mexiko, Tello/T-Mobile in Kalifornien), die wir vor Ort kaufen wollen. Die Maya eSIM können wir ja immernoch ausprobieren, wenn wir nicht klarkommen. Jedenfalls werden wir wohl häufiger offline sein, als uns manchmal lieb sein dürfte.

Vielleicht müssen wir doch nochmal über das Garmin inReach® Mini nachdenken, mit dem man über das Iridium-Satellitennetzwerk überall Notrufe absetzen und Kurznachrichten versenden kann, auch wenn keine Netzabdeckung eines Mobilfunkanbieters vorhanden ist.

Februar 2024

Satellitenkommunikation für den Notfall

Anfang Februar entdecke ich bei Kaufland.de noch den Motorola Defy Satellite Link, der 2023 herauskam und mittlerweile auch Südamerika abdecken soll. In Kombination mit einem Mobiltelefon kann man damit angeblich von überall auf der Welt Textnachrichten und die eigenen GPS-Koordinaten senden und so ggf. auch einen Notruf absetzen. Ich kontaktiere den Verkäufer „Bestdigit“ in Italien per E-Mail, um herauszufinden, ob der „Essential“-Satellitenkommunikations-Plan für die Bullit-App wie bei anderen Verkäufern (z.B. Conrad) für das erste Jahr schon im Preis enthalten ist.

Nachdem ich im Blog von Sabine und Uwe lese, dass sie für Ihre Outback-Bikepacking-Tour in Australien vor Ort einen „Personal Locator Beacon“ (PLB = Satelliten-Notfallsender) besorgen, klemme ich mich nochmal hinter dieses Motorola Defy. Bei Kaufland kostet es jetzt schon 149€ und geantwortet haben die mir auf meine Frage nach dem „Essential Plan“ nicht. Bei der Internet-Suche stoße ich auf jemanden, der das Teil zu einem neuen Handyvertrag dazugeschenkt bekam und er verkauft es mir für 80€ plus Versandkosten. Der Bullit Essential Plan (4,99 pro Monat) ist tatsächlich sogar für die ersten 12 Monate mit dabei, als ich das Paket erhalte. Na, da habe ich doch ein Schnäppchen gemacht.

Die ersten Versuche funktionieren erstaunlich gut. Die Verbindung per Bluetooth zwischen Handy und Motorola Defy wird direkt in der Bullit-App aufgebaut, Kurznachrichten gehen per Mobilverbindung, WLAN oder Satellit raus, wobei nur die Nachricht über Satellit den Essential-Plan belastet. Der Empfänger bekommt eine SMS auf sein Handy, sollte aber am besten auch die Bullit-App installiert haben, um antworten zu können (über Mobilfunk/WLAN).

Die Verbindung zum Satelliten ist an unserem Südfenster ebenfalls schnell hergestellt und wird mit genauer Gradzahl angezeigt.

Satelliten-Anzeige unter 184,1° Süden
Versandte Nachrichten per Bullit-App: orange Ecke –> per Satellit gesendet
Angekommene Nachrichten in Bullit-App. Geokoordinaten per „Check In“ Funktion können in Google-Maps geöffnet werden

Günstige eSIM per installierter App

Ein Arbeitskollege empfiehlt mir Mitte Februar 2024 die Airalo-App, mit deren eSIMs er und einige Kolleginnen und Kollegen schon weltweit gute Erfahrungen (vor allem während kürzerer Urlaube) gesammelt haben. Ein erster Blick in die 30-Tage-Tarife für 5 GB bis 10 GB Datenmengen bestätigt zunächst einmal, dass die recht günstig sind. Vielleicht probieren wir das vor Ort mal aus.

Weiterführende Links

Talkbaja

Adventure Endeavor auf Youtube

Ecuador

Januar 2024

Am 9. Januar 2024 erhalten wir den ersten unserer abonnierten Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes. Es wird darin besonders vor Reisen nach Guayaquil gewarnt. Eigentlich ist das eines unserer Zwischenziele, da wir dorthin indirekte Verbindungen zum Projekt „Musiker ohne Grenzen“ haben.

„Eigentlich“ grob geplante Rute auf der Ruta del Sol

Der Hafen von Guayaquil ist mittlerweile der größte Umschlagplatz für den Kokain-Schmuggel nach Europa (Überseehäfen in Rotterdam, Amsterdam und Hamburg) geworden. Das Kokain stammt dabei überwiegend aus Kolumbien und Ecuador und wird oft in Bananenfrachtern versteckt. Zufällig höre ich im RBB 24 Inforadio dazu einen Bericht von den Newsjunkies, der auch als Podcast verfügbar ist.

Die Sicherheitslage hat sich in den Jahren seit der Corona-Pandemie in ganz Ecuador deutlich verschlechtert. Das hängt vor allem damit zusammen, dass die illegalen Einkunfts- und Arbeitsmöglichkeiten während der Lockdowns in der Pandemie fast die einzigen waren, mit denen man seinen Lebensunterhalt bestreiten konnte. So erzählt es mir Magdalena, eine Cousine von Jutta, die einige Jahre in Ecuador gelebt hat und mit einem Ecuadorianer verheiratet ist. Derzeit würden sie auch eher von einer Reise dorthin abraten. Zum Glück werden wir erst im September dort sein, falls wir es so weit schaffen sollten. Bis dahin kann sich hoffentlich noch viel ändern.

Wenige Tage nach dem ersten, kommt am 12.1.24 auch schon der nächste Hinweis vom Auswärtigen Amt. Am 8.1.24 ist in Ecuador für 60 Tage ein Ausnahmezustand verhängt worden und eine Einreise ist auf dem Landweg nur noch mit einem polizeilichen Führungszeugnis mit Apostille möglich. Da werden wir wohl sicherheitshalber mal schauen müssen, ob wir uns sowas besorgen können.

Nun gut, nach dem ersten Hinweis wollte ich das ganze Zeug vom Auswärtigen Amt ja schon fast wieder abbestellen, weil es uns vermutlich nur unnötige Angst macht. Aber der Hinweis zu den Einreisebestimmungen ist für uns natürlich wichtig.

Während ich das hier tippe kommt vom Auswärtigen Amt auch schon ein neuer Hinweis, diesmal für Peru. Darin geht es aber zum Glück nur um die Einreisebestimmungen nach Ecuador.

Noch am gleichen Abend beantragen wir erfolgreich online (mit Identifikation durch die AusweisApp, unsere NFC-fähigen Personalausweise und Mobiltelefone) auf der Seite des Bundesjustizamtes unsere Führungszeugnisse inklusive Apostille. Schaden kann es ja nicht, wenn wir die dabeihaben.

Da sage doch nochmal einer, wir wären mit der Digitalisierung in Deutschland noch keinen Schritt weiter gekommen. Das mit der Beantragung eines polizeilichen Führungszeugnisses hat jedenfalls relativ gut funktioniert.

Ende Januar kommen die Führungszeugnisse mit Apostille per Nachnahme (je 25€) bei uns an. Jutta erhält gleich zwei und darf dafür 50€ Nachnahme abdrücken, denn ihr erster Zahlungsversuch mit Kreditkarte war auf der Webseite des Auswärtigen Amts im elektronischen Nirwana stecken geblieben. Sicherheitshalber hatte sie dann alles nochmal eingegeben. Tja, jetzt hat sie eben zwei Führungszeugnisse. Die 25€ Nachnahme sind übrigens nur für die Apostille und man wird nicht vorgewarnt, dass jemand zuhause sein muss, um die Dokumente zu empfangen. Das Führungszeugnis kostet alleine schon 13€.

Ergänzung Ende Januar 2024

Am 19.1.2024 kommt eine weitere Warnung per Newsletter vom Auswärtigen Amt. Nun werden wir auch gebeten, uns bei ELEFAND (Elektronische Erfassung Deutscher im Ausland) zu registrieren:

„Registrieren Sie sich in der Krisenvorsorgeliste

Diese Liste wird von deutschen Botschaften und Konsulaten im Ausland genutzt, um Deutsche zu kontaktieren, die im Krisen- bzw. Katastrophenfall schnell informiert und ggf. in Krisenbewältigungsmaßnahmen einbezogen werden sollen.

Die Registrierung bei ELEFAND ist für Bikepacking-Touren nicht wirklich geeignet. Man soll exakte Daten angeben, die sich nicht überschneiden dürfen. Ebenso soll man die Regionen innerhalb der Länder angeben, in denen man sich aufhält und seine Adressen angeben. All das ist beim Bikepacking nicht sicher festzulegen. Wir wollen ja gerade flexibel unterwegs sein und spontan entscheiden können.

Ich denke, dass man unterwegs die Daten ab und zu anpassen kann. Wir werden aber sicher nicht ständig auf der ELEFAND-Seite sein und die Regionen anpassen, in denen wir uns gerade aufhalten.
Am Ende sieht mein erster Versuch so aus:

Ballast abwerfen

Die letzten drei Monate vor unserer großen Tour sind angebrochen und so langsam werden wir doch ein bisschen nervöser. Die Weihnachtstage haben wir bei meiner Familie in Spanien verbracht, Silvester bei der Familie in Hameln. Spätestens ab jetzt fühlt sich jedes Treffen mit Freunden und Familie wie ein kleiner Abschied an, denn man wird sich über ein Jahr nicht persönlich wiedersehen. An unserer Schlafzimmertüre hängt eine große Liste mit allem, was noch zu erledigen ist, und sie wird täglich eher länger als kürzer.

Während Jutta den Sonntag mit den Sternsingern unterwegs ist (als „Kamel“ ist sie mit einer Gruppe Jugendlicher unterwegs, bringt den Haussegen und sammelt Spenden für das Kindermissionswerk) führe ich unsere Aktion „Ballast abwerfen“ fort.

Sternsinger unterwegs

Wir wollen die Gelegenheit der Auszeit nutzen und uns zumindest teilweise von dem unnötigen Ballast verabschieden, der sich über die Jahre in unserem Haus angesammelt hat. Der Kram nimmt viel Platz weg und wenn wir das Haus wirklich für das Sabbatjahr vermieten sollten, schadet es nicht, wenn wir uns von einigem davon für immer verabschieden.

Ich verbringe also den Tag damit, unsere CD-Regale auszuräumen, einige CDs zu rippen (also mp3-Dateien zu erzeugen und auf unseren NAS-Server zu legen) und mit der Momox-App zu prüfen, ob wir noch ein paar Cent dafür bekommen können. Ebenso mache ich das mit einigen Büchern. Leider kauft Momox aber einen Großteil der Medien nicht an, weil dafür keine Nachfrage besteht, so dass wir kistenweise Bücher und CDs zu verschenken oder entsorgen haben werden.

Die Kiste für Momox. Leider ziemlich überschaubar.

Die Aktion verschafft mir Gelegenheit, auch nochmal in das ein oder andere Musikstück reinzuhören. Ein bisschen Gänsehaut bekomme ich, als ich in „Arsch huh, Zäng ussenander“ reinhöre, dem Livemitschnitt eines Konzerts gegen Rassismus und Neonazis in Köln vom 9.11.1992, besonders an der Textstelle „Wenn wir den Arsch nicht hochkriegen ist es eines Tages zu spät“. Über 30 Jahre ist das jetzt her. Irgendwie bleiben unsere Probleme am Ende doch immer die gleichen, habe ich den Eindruck.

Aber wohin mit dem ganzen Zeug, das Momox nicht haben will? Einzeln auf ebay oder Kleinanzeigen verkaufen oder über nebenan.de verschenken? Das wäre vermutlich ein Projekt für ein ganzes Jahrzehnt. Zum Wegwerfen ist es eigentlich zu schade. Besonders nachhaltig wäre das ja auch nicht.
Vor Jahren haben wir schon einen Großteil unserer Vinyl-Plattensammlung an die Berliner Sozialwerkstätten Goldnetz gespendet. Nach kurzer Rechereche sieht es aber nicht so aus, als wären sie dort noch an solchen Spenden interessiert. Dafür finde ich Links zum Fairkaufhaus und zum Büchertisch, bei denen wir es mal versuchen werden.

In den vergangenen Monaten haben wir schon mehrere Fuhren „sonstigen Ballast“ zum Recyclinghof gebracht, aber wesentlich leerer sehen Garage und Keller trotzdem noch nicht aus. Es ist schon verrückt, was sich da alles angesammelt hat.

Ergänzung Januar 2024

Einige Wochenenden später haben wir auf Rat meiner Nichte 2. Grades, Nathalie (die hier auch schon kommentiert hat), noch ein weiteres Verkaufs-Tool namens ZOXS hinzugenommen. Als langjähriger Fan des MSV Duisburg ist es mir ein bisschen peinlich, dass ich gar nicht wusste, was der Trikot-Hauptsponsor meines Lieblings-Fußballvereins eigentlich macht. Ich dachte das wäre irgendeine neue Sockenmarke.

Die ZOXS-App ist zwar etwas intransparent und zeigt zunächst Beträge an, die sie nur in den Warenkorb übernimmt, wenn man auch aktiv den Zustand „Neu“ angibt (andernfalls findet man später sehr viele Null-Beträge im Warenkorb, obwohl beim Scannen zunächst ein höherer Betrag angeboten wurde) aber wir versuchen es trotzdem damit. Mehr als ein späteres Verschenken, wenn ZOXS die Qualität beim Eingang prüft, kann uns ja nicht passieren.

So kommen dann doch noch ein paar Kartons für ZOXS und MOMOX zusammen:

Reiseapotheke, Rücken & Co

Quelle: https://www.apotheke-aschbach.com/Reisemedizin

Heute war mein vermutlich letzter Termin bei der Hausärztin und Chiropraktikerin bevor wir auf unsere große Tour gehen. Es war ein Follow-Up-Termin zu meinem Hexenschuss aus dem November. Außerdem haben meine kleinen Finger und Zehen immernoch ein leichtes Taubheitsgefühl, ein Überbleibsel von unserer Generalprobe am Rhein im September. Die Ärztin rät mir, keine stark vorgebeugte Sitzposition mit rundem Rücken einzunehmen und so aufrecht wie möglich auf dem Rad zu sitzen.

Ich hoffe, dass meine regelmäßigen Übungen zur Stärkung der Rückenmuskulatur, das Sitzen auf einem GYMNIC-Sitzball (statt Schreibtischstuhl), der höhenverstellbare Schreibtisch (alle MS-Teams-Videokonferenzen im Stehen!) und neue Handschuhe mit Gel-Polstern das Übrige tun.

Sie löst mit chiropraktischen Handgriffen mal wieder einige Blockaden an meiner Wirbelsäule (Nacken, Schulter, Lendenbereich) und stellt beim linken inneren Unterschenkel am Ansatzpunkt des Oberschenkelmuskels unter dem Knie eine Reizung fest, die nur auf ihren Fingerdruck sehr schmerzhaft reagiert, und spritzt mir ein entzündungshemmendes Medikament hinein bevor ich fragen kann, was es eigentlich genau ist. Unsere Physiotherapeutin hatte uns im November schon geraten, unterwegs immer mal wieder einen Termin beim Osteopathen einzuplanen. Ich suche bei Google schon mal für die erste große Zwischenstation in Santa Barbara ;-).

Sie versucht mir meine Angst davor zu nehmen, dass sich mein Hexenschuss auf der Tour wiederholt und weigert sich konsequent, mir für den Fall der Fälle ein Schmerzmittel (Novaminsulfon) oder Muskelrelaxans (Methocarbamol) für die Reiseapotheke zu verschreiben. Diese Mittel hatten mir im November zwar geholfen, aber sie meint, auf so einer Tour wäre nur die sofortige Mobilisierung richtig. Ich müsste mich dann einfach langsam und ohne ruckartige Bewegungen wieder aufrichten und die Schmerzangst-Reaktion des Körpers überwinden. Außerdem werde es gar nicht dazu kommen, wenn ich nicht mehr ständig daran dächte. Nun denn … ihr Wort in Gottes Ohr.

Zum Abschluss besprechen wir noch die vom Berliner Centrum für Reise- und Tropenmedizin (BCRT) empfohlene modular aufgebaute Reiseapotheke:

Reiseapotheke nach Empfehlung des BCRT

Da wir auf das Gesamtgewicht achten müssen, kommen für uns nur ausgewählte Teile der beiden Module in Frage, ergänzt um die Malaria-Notfalltherapie, für die wir schon vom BCRT ein Privatrezept erhielten, als wir dort die ersten Impfungen durchführen ließen.

Meine Ärztin gibt mir ein Privatrezept für die verschreibungspflichtigen Mittel Azithromycin und Metoclopramid mit. Den Rest können wir uns vor der Abreise rezeptfrei besorgen. Insgesamt ist die Liste aber viel zu lang, als dass wir das Zeug alles auf dem Tandem mitnehmen könnten. Wir werden uns wohl auf Mittel gegen Durchfall, Übelkeit, Schmerzen und ein Antibiotikum beschränken.

Der medizinische Leiter des Berliner Centrums für Reise- und Tropenmedizin (BCRT) hat in einem Interview mit der Zeitschrift GEO dazu einige wertvolle Tipps.

Am Ende haben wir folgendes wirklich mitgenommen (Liste noch vorläufig):

  • Pflaster und Verbandszeug
  • Desinfektionsmittel (Octenisept)
  • Fieberthermometer
  • Schmerzmittel (Paracetamol 500mg)
  • Schmerz/Entzündung (Diclofenac 100mg)
  • Mittel gegen Durchfall/Erbrechen (Metoclopramid 10mg)
  • Antibiotikum (Azithromycin 500mg)
  • Malariaprophylaxe
  • Insektenstich-Salbe

Unsere gesamte Ausrüstung mit Gewichtsangaben findet Ihr hier. Die Tabelle wollen wir unterwegs halbwegs aktuell halten. Mal sehen ob das klappt.

Sicherheit

Die zehn gefährlichsten Städte der Welt

Als wir unseren Familien erstmals von den Plänen erzählen, ernten wir zum Teil ungläubiges Staunen und kräftiges Kopfschütteln, hören aber auch sehr schnell die üblichen Sicherheitsbedenken. Meine Schwester schickt mir sehr früh schon einen Link zu einer Webseite mit den angeblich zehn gefährlichsten Städten der Welt, von denen einige auf unserer geplanten Route liegen sollen.

Weitere Recherchen ergeben tatsächlich, dass auf unserer Route einige der Städte mit den höchsten Kriminalitäts- und Mordraten der Welt liegen. Zu diesen zählen Tijuana und Acapulco (Mexiko), San Salvador (El Salvador), San Jose (Costa Rica), Medellin und Cali (Kolumbien), Guayaquil (Ecuador), Lima (Peru) und Santiago de Chile (Chile).

Alle Reiseberichte, die wir bisher von Radreisenden in diesen Regionen lesen konnten, sprachen zwar von gelegentlichen Demonstrationen und Straßenblockaden, aber niemand hat richtig schlimme Erfahrungen gemacht, wie etwa Raub, Schusswaffengebrauch oder ähnliches. Dagegen berichten alle von der unglaublichen lateinamerikanischen Gastfreundschaft und den vielen Begegnungen mit Menschen, die ihnen Verpflegung und Getränke zustecken, oder mit Lastwagenfahrern, die regelmäßig anbieten, sie ein Stück des Weges mitzunehmen.

Die meisten berichten eher von Problemen mit knappen Überholvorgängen (erst gestern wieder die Podschies in Argentinien) oder mit streunenden Hunden (z.B. in Ecuador).

Nach dem Studieren des aktuellen Rankings und der Feststellung, dass ein Besuch in Detroit (USA) gefährlicher sein müsste als in Tijuana (Mexiko) und in Marseille (Frankreich) gefährlicher als in San Salvador (El Salvador) schieben wir dieses „Problem“ mehr oder weniger beruhigt beiseite. Passieren kann einem überall etwas, also wozu den Kopf zerbrechen?

Wir planen lediglich, immer etwas getrenntes Bargeld dabei zu haben, das man im Zweifelsfall herausrücken kann, und unsere Kreditkarten, Geld und Handys auf verschiedene Verstecke in Gepäcktaschen und Kleidungsstücke zu verteilen.

Viele Bikepacking-Reisende empfehlen uns zur Einschätzung der Sicherheitslage und der Streckenverhältnisse neben der Befragung der Bevölkerung vor Ort außerdem die App iOverlander, die wir natürlich auf unseren Mobiltelefonen installieren werden. Dort hinterlassen Nutzer tagesaktuelle Hinweise zu verschiedenen Themen (Verpflegung, Gesundheit, Übernachtung, wildes Campen, Sicherheit, u.s.w.).

iOverlander App

Den „guten Ratschlag“, uns doch in den U.S.A. noch eine Handfeuerwaffe zu Verteidigungszwecken zuzulegen, nehmen wir lieber nicht an. Wir erwägen aber ernsthaft, uns Pfefferspray zur Verteidigung gegen streunende Hunde zuzulegen.

Drogenkartelle

Mexiko und Kolumbien bereiten uns ein wenig zusätzliche Sorgen wegen der Drogenkartelle und der sogenannten Drogenkriege. Da wir aber planen, in Mexiko zunächst bis an die Südspitze von Baja California zu fahren und von dort eine Fähre nach Mazatlán zu nehmen, werden wir uns damit wohl vor Ort noch ausreichend beschäftigen können. In Kolumbien soll sich die Sicherheitslage in den letzten Jahren deutlich entspannt haben. Trotzdem soll man in der Gegend rund um Cali wohl lieber etwas vorsichtiger sein.

Jedenfalls bestellen wir uns mal die Newsletter des Auswärtigen Amtes und warten ab, ob die uns bloß Angst einjagt oder tatsächlich nützlich erscheint.

Helmpflicht

Zum Thema Sicherheit gehört natürlich auch die Helmpflicht, die auf unserer Route für Erwachsene scheinbar nur in manchen Bezirken Kaliforniens (aber welche?) und in Chile gilt. Hier gibt es dazu eine recht brauchbare Übersicht. Warnwesten sind auf unserer Route wohl nirgendwo verpflichtend.

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