Montag 17.6.24 – La Cruz – Liberia

Gesamt: 3.409,15 km
Da es nicht mehr notwendig ist, vor der Mittagshitze am Zielort anzukommen, es auch nicht möglich ist, dem unberechenbaren Regen auszuweichen und es außerdem auf den ganzen 60 Kilometern nicht eine Möglichkeit zum Einkehren geben wird, bleiben wir heute zum Frühstück im Hotel und fahren später los. Es gibt schwarzen Tee, Reis, Ei, Platanos und Obst. Im Supermarkt kaufen wir noch Getränke und fahren dann kurz nach acht los. Zwar in noch ziemlich nassen Sachen aber immerhin ohne Regen von oben.




Der erste vollständige Tag in Costa Rica, und die ganze Zeit auf derselben Straße. Sie ist gut asphaltiert, hat aber keinen Seitenstreifen. Glücklicherweise gibt es auch nicht viel Verkehr, so dass es sich nicht unangenehm fährt. Die Gegend hier ist sehr viel weniger besiedelt als alles andere in den letzten Wochen – Natur pur. Lange geht es durch die Nationalparks Guanacaste und Santa Rosa, auf Schildern auch als „Biodiversitäts-Tunnel“ bezeichnet. Die ebenfalls auf Schildern angekündigten Tiere zeigen sich aber nicht, wir sehen nur ein totes Gürteltier.
Wir wollten Euch ja hier die Bilder von platten Tieren ersparen, aber nun müssen wir Euch doch eines zeigen und um Mithilfe bitten. Diese platten Dinger haben wir in allen Regionen und Klimazonen gesehen, durch die wir bisher gefahren sind, U.S.A., Mexiko, Mittelamerika … sie scheinen also ein sehr großes Verbreitungsgebiet zu haben. Wer kann Hinweise geben?
Vorsicht! Dieses Bild nur anklicken wenn Ihr das auch ertragen könnt!

Der erste Regen fällt um halb zehn, aber dieser und auch weitere Schauer sind nur sehr örtlich begrenzt, ein paar Hundert Meter weiter ist alles wieder trocken. An einem Unterstand spuckt Google tatsächlich noch eine Rastmöglichkeit aus, bei ca. Kilometer 30. Dort angekommen, ist alles verschlossen – ist ja auch Winter (von April bis Oktober ist hier Winter = Regenzeit und keine Saison, haben wir gestern gelernt). Aber ein paar Meter die Straße rein ist eine „Bar“, wo wir einen frisch aufgebrühten Kaffee bekommen. Da es gerade heftiger regnet, bleiben wir eine Weile, und die Besitzerin gibt uns Tipps zu Straßen in Richtung Süden (sie bestätigt, was wir auch schon recherchiert haben, nämlich dass die Küstenstraße – Ruta del Sol – in der Regenzeit nicht passierbar ist, nicht einmal für normale Autos).
Es hört nicht auf mit dem Regen, also fahren wir irgendwann einfach weiter. Ziemlich abrupt hört der Regenwald auf, und rechts und links sind Zuckerrohrplantagen und Viehweiden zu sehen. Ganz anders, aber auch schön.
In Liberia müssen wir fast drei Kilometer durch die Stadt gurken, unser Hotel Javy liegt nicht sehr zentral. In einem Supermarkt kaufen wir uns noch das von Joachim und Ursula ausgegebene 3.000-Kilometer-Eis – vielen Dank zum wiederholten Male! Auf einem Werbeschild steht „Carne para mechar“- Fleisch zum Spicken, aber Viktor liest erst „Carne para hechar“ – Fleisch zum Wegwerfen. Das wäre dann doch irgendwie komisch, dafür zu bezahlen. Endlich sind wir am Hotel! Wir bekommen ein Zimmer unten und können das Tandem vor der Tür unterstellen. Hier haben wir das erste Mal drei Wasserhähne in der Dusche. Während Viktor die zweite Halbzeit Fußball (Frankreich – Österreich) guckt, probiert Jutta die Dusche aus: dreimal kaltes Wasser, einzeln oder kombiniert aufgedreht! Warum macht man den Gästen denn dann mit drei Hähnen die Hoffnung auf warmes Wasser? Wir bleiben trotzdem zwei Nächte hier, denn morgen wollen wir eine Faultier-Tour machen, auch, um nicht viel zu früh am Treffpunkt mit der Familie anzukommen.

Wir nutzen den Nachmittag zur weiteren Tourenplanung. Da wir die „Ruta del Sol“ nicht fahren können, werden wir einen direkteren Weg nehmen müssen, der uns sehr schnell nach Tambor bringt, wo wir uns mit Familie treffen werden. Wir planen also ein paar kürzere Tage und Ruhetage mit Ausflügen ein, damit das Ganze dann auch passt. Sollte der Regen mal zu heftig werden oder einer von uns schwächeln, haben wir auch noch etwas Puffer.
Um fünf denken wir, wir gehen schon mal Abendessen. Alle Restaurants in der Nähe des Hotels sind entweder geschlossen oder gar nicht (mehr) zu finden. Besonders die beiden nicht existenten Restaurants „Donde Chino“ (Wo Chinese?) und „Donde Mary“ (Wo Mary?) fühlen sich irgendwie nach Verarschung an.
Um zwanzig vor sechs gibt uns der Hotelrezeptionist einen Restaurant-Tipp, und wir gehen gut einen Kilometer am Stadion und Krankenhaus vorbei dorthin. Das „El Patio“ öffnet um 18 Uhr zum Abendessen, wir sind Punkt 18 Uhr dort, aber erst nachdem Viktor um zehn nach sechs klopft, öffnen sie den „Patio“, und es kommen außer uns gleich noch mehrere andere Gäste. Gut, dass alles in der Nähe des Hotels nichts war – die Speisekarte ist sehr vielfältig und das Essen super, und da der Handyakku fast leer ist und wir im Dunkeln den weiten Weg zurück finden müssen, laden sie sogar noch das Handy mit ihrem eigenen Ladegerät und -kabel.







Dienstag 18.6.24 – Liberia – Faultierwald, Biokaffee- und Schokoladentour, Wasserfall und Regenwald
Nach einem frühen Frühstück im Hotel werden wir um halb acht von unserem Tourguide Gino abgeholt.
Von Liberia sind drei Vulkane mit dem Auto gut erreichbar: der Rincón de la Vieja (aktiv), der Miravalles (heiße Quellen) und der Tenorio (inaktiv). Auf unserer gebuchten Tour werden wir letzteren besuchen, da dort richtiger Regenwald wächst.
Zuerst fahren wir aber zum Wasserfall „Catarata Llanos del Cortés“, wo es morgens noch nicht so voll ist, und bewundern einen breiteren und zwei schmalere Wasserfälle. Hier bekommen wir auch die Unterschiede zwischen Dryforest, Tropical forest und Rainforest erklärt – hier ist nämlich eigentlich noch Savanne, auch wenn es für uns schon fast nach Regenwald aussieht.
Der nächste Stopp ist eine weitere Strecke entfernt. Auf der Fahrt passieren wir den Rincón de la Vieja und den Miravalles und sehen nach oben steigende weiße Dampfwolken. Außerdem halten wir immer wieder an auf der Suche nach Tucanen, einmal gehen wir auf eine Kuhweide, wo häufig welche in den Bäumen sitzen, wir sehen aber nicht einen. Im „Spring Paradise Bijagua“ bekommen wir eine Führung durch tropischen Wald und können dort Zwei- und Dreizehenfaultiere, verschiedene Vögel (leider keinen Tucan), Frösche, Brüllaffen und eine Wimpern-Viper sehen. Gino fährt mit uns noch etwas höher in der Hoffnung auf Tucane und wirklich, wir finden mehrere in Bäumen sitzen (Gelbkehl – und Regenbogentukane) und Gino ist glücklich – fast glücklicher als wir, denn es hat ihn gewurmt, dass seine Serie fast gerissen wäre.
Weiter geht es zu einer Kaffee- und Schokoladenplantagentour (Proyecto Eco-Turístico Catarata Llanos del Cortés), wo wir Arabica-Kaffeepflanzen (Ernte zweimal jährlich) und zwei unterschiedliche Kakaopflanzen (Bestäubung durch männliche (!) Mücken, die stechen nämlich nicht und ernähren sich von Nektar) vorgestellt bekommen und sowohl Kaffeebohnen als auch Kakaobohnen mahlen dürfen. Beides wird dann auch zubereitet und wir bekommen einen Kaffee mit einem Maiskeks und einen Kakao mit einem Stück Zuckerrohr zum Süßen zum Probieren.
Inwischen ist es Mittagszeit, und wir fahren zu einem Restaurant, wo es Casados und Wassermelonengetränk für uns gibt. Anschließend steht noch die Fahrt zum Tenorio an, wo Gino uns noch den echten Regenwald näherbringen will. Dort sehen wir zunächst noch zwei weitere Tucans. Dann folgen Fakten zum Regenwald: es braucht 2000 bis 6000 Liter Regen pro Quadtratmeter und Jahr, neun humide Monate jährlich, ausreichend Sonne, es gibt keinen freien Platz auf dem Boden, vier verschiedene Kategorien von Pflanzen: Riesige Bäume, Epiphyten (Aufsitzerpflanzen), Unterholz/Unterwuchs und Pionierpflanzen (die nach starken Stürmen, Erdrutschen o.Ä. als erstes wieder wachsen), es gibt Pflanzen, deren ätherische Öle Repellentien für z.B. Affen sind, man sieht keine vertrockneten Blätter auf dem Boden und wahrscheinlich noch vieles mehr, aus dem Mix aus Spanisch und Englisch ist nicht alles hängengeblieben.
Die mehr als einstündige Rückfahrt erzählt Gino uns von privaten Rückschlägen und bestätigt uns den weiteren Verlauf unserer Tour (nicht über die Ruta des Sol Richtung Tambor, dafür aber später an der Küste (Costanera, Nr. 34) entlang Richtung Panama, da die Nr. 1 durch die Hauptstadt San José sehr viele Steigungen hat, bis über 3.000 m Höhe erreicht und auch nicht schön sein soll.
Um vier sind wir zurück im Hotel. Viktor geht es nicht so gut (Halsweh und Nebenhöhlen) – er legt sich hin, Jutta besorgt in strömendem Regen noch Getränke und Lutschpastillen, dann wird ausgeruht und geschrieben.




















Costa Rica war übrigens das erste Land weltweit, das seinen Energiebedarf 100% CO2-neutral deckt: 72% Wasserkraft, 14% Geothermie (kein Wunder bei den vielen Vulkanen) und 12% Wind. Photovoltaik spielt hier kaum eine Rolle.
Mamon / Mamon Chino am Straßenrand gekauft, eine Art Litschi
Mittwoch 19.6.24 – Liberia – Santa Cruz

Gesamt: 3.468,04 km
Beim Aufstehen sieht es draußen trocken aus, und wir nutzen sowohl Sonnen- als auch Mückenschutz. Aber schon vor dem Frühstück beginnt es, aus Kübeln zu schütten, deshalb fahren wir heute erstmalig in Regenkleidung – die Temperatur von um die 20 Grad Celsius lässt es zu.
Getränke kaufen wir bei Walmart in Liberia, das liegt gleich an der Ruta National 21, der wir heute die gesamte Strecke folgen. Auf dem Parkplatz gibt es zwei Schnellladesäulen für Elektroautos, und da lohnt es sich auch zu berichten, dass es, seit wir in Costa Rica sind, immer wieder Ladesäulen gibt und auch schon ein Tesla von uns gesichtet wurde. Das war von Mexiko bis Nicaragua überhaupt nicht der Fall, auch wenn wir in Antigua ja einmal einen Tesla gesehen haben. Viktor stellt sich wegen des Regens unter das Vordach, während Jutta einkauft, und wird von einem wichtigen Menschen dort „verjagt“, obwohl massig Platz und nichts los ist. Na ja, er bleibt einfach dort im Trockenen stehen!
Auf der 21 ist ziemlich viel Verkehr, da auf einer anderen Hauptverkehrsstraße irgendeine Brücke gesperrt ist, so dass sich der Verkehr zur Zeit auf dieser Strecke bündelt. Aber die allermeisten Autos und LKW überholen in großem Abstand oder warten ggfs. hinter uns, bis die Gegenfahrbahn frei ist.
Kurz hinter dem Internationalen Flughafen von Liberia (der einzige neben San José in Costa Rica) gibt es das Restaurant Pizzeria Europa mit einer Panaderia Aleman und Biergarten. Auch wenn wir erst 16 km gefahren sind, halten wir an, trinken einen Kaffee und kaufen ein Rosinenbrot. Im Biergarten läuft auch die Europameisterschaft, aber es ist noch zu früh – Deutschland spielt erst ab 10 Uhr hiesiger Zeit.
Dann geht es weiter bis Santa Cruz, ohne dass wir irgendwo länger halten, das Wetter ist einfach nass und es gibt auch nichts Einladendes auf der Strecke. An einer Tankstelle halten wir kurz, Viktor guckt online nach, und gerade schießt Deutschland das erste Tor gegen Ungarn. Die letzten Kilometer ziehen sich etwas und Viktor schwächelt ein wenig. Die leichte Erkältung und der eher mäßige Schlaf der vergangenen Nacht machen sich bemerkbar. Eine Extrapause fünf Kilometer vor dem Ziel am Straßenrand richtet es dann aber.
Um viertel nach 12 sind wir am Hotel El Marino in Santa Cruz. Da wir erst ab 14 Uhr ins Zimmer dürfen, gehen wir in ein nettes Café um die Ecke, wo wir zwei Eiskaffee trinken. Wieder mal hat Viktor Sprachprobleme, da er einfach nicht beantworten kann, ob wir unsere Eiskaffees gerne mit „Santili“, oder „Chantilli“ oder sowas ähnlichem haben wollen. Die Bedienung schaut völlig ungläubig, dass uns das unbekannt ist. Am Ende kriegen wir einen kleinen Probeteller … sieht aus wie Sahne und schmeckt wie Sahne … stark gesüßt. O.K., also dann „mit bitte“. Nach dem Buchstabieren und googlen stellen wir fest, dass das Wort aus Frankreich stammt: Chantilly. Die Zeit im Kaffee nutzen wir für eine Bewertung unserer gestrigen Tour mit Gino.

Anschließend kauft Viktor sich in einer Apotheke noch etwas gegen seine Nebenhöhlenprobleme. Es gibt hier in Apotheken generell keine pflanzlichen Medikamente (doch, die Apothekerin findet noch einen Saft mit Efeu, aber Husten hat Viktor kaum), und jetzt hat er einen Blister (hier kauft man wohl nie Packungen, sondern einzelne Blister ohne Beipackzettel … und somit auch ohne Dosieranleitung) mit einem Wirkstoffcocktail aus fünf Wirkstoffen, von denen einer auch zur Behandlung von Parkinson eingesetzt wird.
Am Nachmittag machen wir noch einen kleinen Stadtrundgang, kaufen schon mal die Getränke für morgen, denn wir haben einen Kühlschrank im Zimmer, in dem wir sie kaltstellen können, und gehen um die Ecke im Restaurante Terraza essen, wo wir die Riesenportionen nicht schaffen.
In den Straßen hängt eine Art Weinachtsbeleuchtung, in der es um die „Anexion“ einer „Partei“ zu gehen scheint. Tatsächlich geht es um den Anschluss des Gebietes Nicoya an die Provinz Guanacaste, und somit an Costa Rica per Volksabstimmung am 25. Juli 1824. Da steht wohl eine 200-Jahr-Feier an.










Donnerstag 20.6.24 – Santa Cruz – Jicaral

Gesamt: 3.540,07 km
Wieder fahren wir im Regen los und heute regnet es auch kontinuierlich durch, mal stärker, mal schwächer, aber es hört nie ganz auf.
Es geht auch kontinuierlich hoch und runter, ganz subtil, aber auf Dauer ziemlich ermüdent. In Nicoya, nach gut 22 Kilometern die einzige Stadt auf der Strecke, wollen wir pausieren und uns ein bisschen trocknen. Im Mc Café ist die Kaffee-/Teemaschine defekt, das richtige Café gegenüber hat geschlossen, dann kaufen wir uns zwei Milchkaffee bei Burger King und setzen uns draußen bei Mc Donalds hin. Im Endeffekt wirft Jutta ihren Kaffee weg, weil er ungenießbar ist, aber wir sitzen wenigstens eine Weile im Trockenen.
Die Temperaturen sind heute trotz oder auch aufgrund des Dauerregens angenehm.
Anhalten und Fotos machen ist bei dem Wetter blöd. Deshalb gibt es weniger Fotos. Aber die Landschaft hier ist toll! Grüne Hügel in Nebelschwaden. Stellt Euch einfach „Gorillas im Nebel“ ohne Gorillas vor.
Irgendwo kommen wir an ein Stauende: es gab einen Erdrutsch, und unsere Straßenseite ist gesperrt. Ordner lassen immer nur ein paar Fahrzeuge aus jeder Richtung abwechselnd durch. Wir müssen vorne eine Weile warten und werden von einem der Ordner tatsächlich gefragt, ob wir eine Zigarette für ihn haben. Auf dem ersten Stück nach dieser Sperrung kamen von hinten phasenweise Autokolonnen oder kein Verkehr, das war mal ganz schön.
Die Sicht ist heute so schlecht, dass wir mit der rechten Radtasche einmal einen Baumstumpf mitnehmen, weil der Captain ihn übersehen hat. Etwa 15 Kilometer vor dem Ziel kommt nochmal ein kleiner Ort, San Pablo, und da es inzwischen 12 Uhr ist, und wir ziemlich aufgeweicht sind, wollen wir dort noch einmal pausieren. Laut Google gibt es eine Tankstelle und/oder eine Tienda de Café. Beides sieht nicht passend aus, aber am Straßenrand ist Werbung für ein Restaurant mit Cafeteria, nur 267m von der Straße entfernt. Es ist dann doch weiter (die 267m sind Luftlinie …), und als wir dort ankommen, ist das Tor verschlossen. Wir werden gesehen und darauf aufmerksam gemacht, dass sie um 13 Uhr öffnen. Na toll! Viktor macht ein Foto, um abends bei Facebook etwas zu schreiben (auf den Schildern an der Straße sollte die Öffnungszeit stehen), da kommt jemand ans Tor und sagt, es würde 15/20 Minuten dauern, aber wir könnten reinkommen. Es ist eine richtig schöne Oase, sie öffnen früher für uns, und sie haben eine richtig große Karte. Wir bestellen dann „nur“ zwei Milchkaffee, ein Stück Käsekuchen mit „Kürbishonig“ und ein Möhren-Ananas-Brot und dürfen trotzdem vorher Ceviche probieren. Alles ist wirklich lecker!
Auf dem letzten Stück ist die Straßenqualität plötzlich schlechter, da wird das Fahren noch mühseliger, aber um kurz nach 14 Uhr kommen wir am Ziel an, sagt Komoot. Das Ferienhaus, das wir gebucht haben, ist auch zu sehen, allerdings senkrecht nach oben. Die Auffahrt ist ein bisschen weiter, Jutta geht erst einmal hoch, checken, da kommen erst vier bellende Hunde und dann Hans (ein Deutscher), der bestätigt, dass wir richtig sind. Also schieben wir das Tandem die steile Auffahrt hoch und haben dann ein Ferienhaus, von dessen Balkon die Sicht wunderschön ist (bei schönem Wetter, aber auch heute kann man es erahnen). Und es gibt einen Wasserkocher in der Küche! Jutta geht im Ort Getränke und Milch kaufen (morgen früh gibt es den Rest Oatmeal von Trader Joes aus den USA) und dann wird erst einmal ein Liter schwarzer Tee gekocht!
Zum Abendessen suchen wir uns das Restaurant El Mirador aus, das eineinhalb Kilometer weg ist. Als wir den steilen Aufstieg hochgehen, denken wir noch, dass wahrscheinlich seit Jahren niemand zu Fuß dort hochgegangen ist, da beginnt es zu regnen (dabei hat Hans uns erzählt, dass es hier in Jicaral fast nie regnet – die letzten drei Tage war es wohl auch trocken). Wir rennen die letzten Meter, und als wir oben sind, schüttet es unglaublich stark. Während wir auf unser Essen warten, werden wir von winzigen Insekten umschwärmt und gestochen: Purrujas, wie wir von der Bedienung erfahren. Innerhalb von Minuten sind wir ziemlich zerstochen. DEET hilft nicht gegen diese Insekten, die bei Regen rauskommen. Die Pasta sind gut, aber hinterher wollen wir nicht durch den Regen zur Wohnung zurück. Als wir nach einem Taxi fragen, telefoniert die Bedienung, kurz darauf kommt ein Auto den Berg hoch, und der Fahrer bring uns zurück. Als wir zahlen wollen, winkt er ab – er ist der Besitzer vom Restaurant, und das macht er einfach so – erinnert ein wenig an das „Viktor-Taxi“, dass Jutta schon oft aus der Apotheke angerufen hat…











Freitag 21.6.24 – Jicaral – Paquera

Gesamt: 3.583,01 km
Der Regen hat in der Nacht aufgehört – es scheint die Sonne, und wir können auf dem Balkon unseres Ferienhauses frühstücken, während wir allerlei Getier beobachten: Echsen, Hunde, Rinder, Vögel und besonders viele Schmetterlinge. Ist schon schön hier!
Heute fahren wir endlich mal wieder bei Sonnenschein los. Die heutige Strecke ist kurz, soll aber ziemlich heftige Steigungen haben. Bei 25 – 30 Grad Celsius und 77% Luftfeuchtigkeit wünschen wir uns dann auf der zweiten Hälfte doch fast den Regen von gestern zurück.

In La Naranja bei Kilometer 20 halten wir nochmal an einer Tanke, bevor wir dort auf die Ruta del Sol (hier beginnt sie und ist auch mit dem Rad befahrbar, im weiteren Verlauf wird sie dann ja zu schlecht, weswegen wir unsere Route ja umplanen mussten) mit den vielen Steigungen wechseln.


Die Strecke bietet bis zu 15% Steigung. Wir schaffen es zu zweit mit vereinten Kräften fast nicht mehr, das Tandem hochzuschieben. Bei Sonnenschein sind wir nach wenigen Metern so kaputt, dass wir eine Pause einlegen müssen, denn sobald einer von beiden schwächelt geht gar nichts mehr. Das bedeutet auf einem Teilstück: 250 Meter schieben – Pause – 250 Meter schieben – Pause …. usw.
Die nächste Stufe wäre wohl: Gepäck abnehmen und einzeln hochtragen. Dann das leichtere Tandem hochschieben. Ab 16% wäre das derzeit die einzige Chance. Heute schaffen wir aber auch erstmalig eine 9%-Steigung mit einem kurzen 10%-Zwischenstück fahrend.




Wir brauchen fast drei Stunden für etwas mehr als zehn Kilometer. Glücklicherweise kommt da noch ein Ort (Rio Grande) mit einem Restaurant (Eli), wo wir uns im Schatten unter einem Ventilator ausruhen, etwas trinken und uns einen Fruchtsalat teilen. Die Bedienung bringt uns unaufgefordert noch eine Flasche kaltes Wasser mit zwei Gläsern, das bekommen die anderen Gäste nicht – wir sehen wahrscheinlich etwas fertig aus.
Auch auf den letzten zehn Kilometern kommen noch kürzere Steigungen, und wir beschließen, in Paquera nicht gleich im Supermarkt Lebensmittel für die nächsten Tage zu kaufen, sondern erst zu unserer gebuchten Ferienwohnung zu fahren. Die angegebene Anschrift ist noch ein ganzes Stück Schotterweg vor den Cabinas Alemar. Und dort angekommen entpuppt sich die Ferienwohnung als Hotel-/Motelzimmer. Gut, dass wir keine Lebensmittel eingekauft haben! Aber blöd, dass wir hier drei Nächte bleiben (und noch überlegt haben, noch eine vierte Nacht ranzuhängen), weil wir nur noch gut 20 Kilometer bis zur Fidelito Ranch fahren müssen, wo wir uns mit Juttas Schwester mit Familie treffen. Wir sind vielleicht doch ein wenig zu viel Bus gefahren … jetzt sind wir tatsächlich ein paar Tage zu früh dran. Hier in Paquera kann man aber Aktivitäten am Meer machen, und unsere Wäsche scheinen wir morgen hier um die Ecke auch einmal wieder in einer Maschine waschen lassen zu können.
Im Zimmer hängen wir wie immer unsere Wäscheleine auf – von der Gardinenstange zur Garderobenstange – um die noch von gestern feuchten Sachen zu trocknen. Nur leider reisst es beim x-ten Kleidungsstück die Halterung der Gardinenstange aus der Wand. Ein Stück Holz bricht richtig ab. Viktor nutzt einen Kabelbinder, um zu verhindern, dass die Gardine mit Stange nachts auf unser Bett fällt, das direkt vor dem Fenster steht. Muss ja nur solange halten, bis wir weiterfahren…
Zum Abendessen gehen wir in ein Restaurant mit Bar um die Ecke. Dort wird gerade alles aufgebaut für den Karaokeabend heute. Mal gucken, was wir dann nachher lauter hören: die Musik von dort oder die Fernseher/Menschen aus den Nachbarzimmern, es ist nämlich sehr, sehr hellhörig hier.












Samstag 22.6.24 – Paquera – Ruhetag, Fahrradwartung, Kajaktour im Sonnenuntergang
Wir nutzen den Ruhetag für eine Reinigung, Inspektion und Wartung des Tandems. Unter anderem haben sich seitlich am Stoker-Sitz kleine Schrauben gelöst, eine ist komplett verloren gegangen. Viktor findet halbwegs passenden Ersatz im mitgeführten Schraubenbeutel, auch wenn keine exakt passende M3-Senkkopf-Innensechskantschraube dabei ist.
Außerdem gilt es, die Ketten und Umlenkrollen zu prüfen, zu reinigen und zu ölen. Auch der Freilauf erhält nochmal eine ordentliche Portion Lithiumfett per Sprühdose mit Insulinspritzen-Aufsatz.



Außerdem nutzen wir den Tag, unsere gesamte Kleidung das erste Mal seit Tapachula (noch in Mexiko) mit einer Maschine waschen zu lassen. In einem Hostel in der Nähe soll es einen Wäscheservice geben. Google schlägt einen direkten Weg von vier Minuten zu Fuß vor, den es zwar nicht gibt, aber auch der Weg „außenrum“ ist nicht so weit. Die Besitzerin kommt aus Venlo und spricht Deutsch. Um halb zehn sind wir bei ihr, um dreizehn Uhr können wir die Wäsche wieder abholen.
Für die abendliche Kajaktour müssen wir an einen Treffpunkt, der noch zwei Kilometer hinter dem Fähranleger von Paquera liegt, und der ist etwa sechs Kilometer vom Ort entfernt. Wir wollen entscheiden, ob wir mit dem Rad fahren (und zurück dann im Dunkeln) oder hinlaufen (und zurück mit einem Taxi), also machen wir uns mittags mit dem Rad auf den Weg, um es auszukundschaften. Tja, und wer rechnet denn damit, dass der Weg zum Fähranleger über mehrere Hügel geht? Wir jedenfalls nicht! Aber immerhin wissen wir jetzt, dass wir ohne Gepäck auch eine 12-%ige Steigung hochfahren können!

Am Anleger angekommen ist uns klar, dass wir für den Hin- und Rückweg ein Taxi nehmen wollen, und das schon, bevor wir den noch steileren Anstieg auf losem Untergrund zur sehr abgelegenen Bahia Rica sehen, wo die Tour losgeht. Wir bitten also im Hotel, uns ein Taxi für 16:15 Uhr zu bestellen, und es wird der Neffe des Kochs, der uns dann privat fährt und um 19:30 Uhr auch wieder abholt. Das letzte Stück der Strecke ist mit einem normalen Auto nur mit großer Vorsicht zu schaffen, bei Regen wäre es unserem Fahrer zu gefährlich. Mit dem Tandem wäre die Strecke schlicht nicht machbar.
Die Kajaktour ist dafür ein absolutes Highlight. Wir paddeln vor einem Regenbogen, erleben einen tollen Sonnenuntergang, sehen Rochen und springende Fische, fischende Fledermäuse und haben auch noch das Glück, sehr starke Bioluminiszenz (Meeresleuchten) zu erleben, die bei jedem unserer Paddelschläge leuchtende Streifen ins Wasser malt. Gegen Ende sehen wir in der Ferne Blitze eines aufziehenden Gewitters, die sich im Wasser spiegeln. Traumhaft! Mit einem guten Guide ist so eine nächtliche Kajaktour wirklich ein tolles (und sicheres) Erlebnis. (Die anderen neun Teilnehmenden aus Skandinavien haben einen anderen Guide, der die Einführung für uns alle macht und ziemlich schwer verständliches Englisch spricht – wir haben also wirklich Glück mit José). Insgesamt paddeln wir in 2,5 Stunden ca. 7 km, ohne dass es besonders anstrengend wäre, und wir haben dabei viel Zeit im Wasser zu dümpeln und die Aussichten zu genießen. José ist ganz angetan, dass er mit uns ordentlich Strecke machen kann. Machmal müsse er die Touristen per Seil abschleppen, um die Orte zu erreichen, an denen er etwas zeigen möchte. Es würden bei der Einführung ja fast alle behaupten, sie könnten Kajak fahren. Wir müssen an Julius und Travis und ihre Paddeltour mit guten Freunden denken [kleiner versteckter Gruß 🙂 ].
Auf dem Rückweg bringt uns José noch ein besonderes costaricansches Wort bei, das die Einheimischen hier untereinander statt „Pura Vida“ verwenden: „A Cachete“. Natürlich antworten wir ab sofort auf den häufigen Zuruf „Pura Vida!“ nur noch mit „A Cachete!“
Noch ein paar andere „costarriqueñismos“ für die Spanischsprechenden unter Euch: Link









Am Nachmittag können wir uns noch zwei Banana-Split gönnen, auf Einladung von Uwe und Sabine. Vielen Dank! Auch wenn es heute gar nicht geregnet hat und wir keinen „Regentrost“ nötig haben. Dafür gibt es hier eine richtige Heladeria, und für die Kanutour kann man noch ein bisschen Energie gebrauchen.

Und nun noch zur Auflösung des „plattgefahrenen Tieres“ von weiter oben. Es war natürlich kein gruseliges Foto von einem toten Tier, sondern die Reifendecke eines Autoreifens. Die liegen hier wirklich oft am Straßenrand. Meist sind es Lastwagenreifen. Seit Mexico treffen wir sie gehäuft an. Früher konnte man in Deutschland „runderneuerte“ Reifen kaufen. Ob das heute noch geht, wissen wir gar nicht (doch … jetzt schon). Das Foto zeigt eine recht „sauber“ abgelöste Reifendecke, die auf der Straße liegend manchmal – je nach Form – an einen plattgefahrenen Alligator erinnert.


Sonntag 23.6.24 – Paquera – Ruhetag
Ohne Auto ist man hier in Paquera wirklich sehr eingeschränkt. Die Strände erreicht man nur über lange und beschwerliche Berg- und Talfahrten auf steinig-felsigen Straßen. Für uns bedeutet das eine 6 bis 7 km lange Wanderung, um an einen Strand zu gelangen. Wir überlegen länger, ob wir uns nochmal auf den Weg machen, entscheiden uns aber wegen der Temperatur und drohender Insketenstiche für das Chillen am Pool, Fussball gucken (Viktor), bloggen und Überlegungen für die kommenden Tage und Wochen (Aktivitäten mit Familie, Mietwagen, weitere Streckenführung nach Panama, etc.).
Auf der Suche nach einem dunklen Bier entdecken wir im Supermarkt dieses Bier und denken natürlich, dass es aus Costa Rica stammen muss. Überrascht stellen wir fest, dass es aus Girona (Catalunya, España/Spanien) kommt. Wir kaufen es natürlich nicht, da es einen unhaltbaren CO2-Fußabdruck hat … und Dosenbier … na ja.


Zu unserer manchmal vielleicht etwas überzogen wirkenden Suche nach guten Cafés mit ordentlicher Espessomaschine finden wir dieses Bild aus einem Café in Paquera ganz passend:

Für die zweite Halbzeit des Fußballspiels Schweiz – Deutschland gehen wir in das Hotelrestaurant und Viktor bittet, es auf dem Fernseher dort zu zeigen. Daraufhin entsteht ein kleines „Public Viewing“, da mehrere anwesende insbesondere Männer (Restaurant- und Poolgäste) ebenfalls mitschauen. Kurz vor Schluss bessert sich Viktors Laune noch ;-), und wir gehen anschließend (es ist auch gerade eine Regenpause) einen Kaffee trinken in einem für abends ausgeguckten Restaurant. Wir verabschieden uns dort „bis später“, allerdings schüttet es abends dann doch so stark, dass wir uns dagegen entscheiden, das Grundstück überhaupt noch einmal zu verlassen und essen eine Kleinigkeit im Hotelrestaurant. Dabei erfahren wir auch, dass morgen Ruhetag ist, wir also kein Frühstück mehr bekommen können.





Ach ja, und hier kann man im Ort die lauten Rufe der Brüllaffen hören. Und im Zimmer hören wir die ganze Zeit einen Vogel – denken wir. In der Fidelito-Ranch lernen wir nämlich, dass es Geckos sind, die diese vogelähnlichen Rufe von sich geben.
Montse
Fotos espectaculres. Gràcias y un abrazo
Joachim Makowski
Hallo Ihr Lieben.
Gibt es noch eine Auflösung für die platt gefahrenen Dinger – oder habe ich sie verpasst?
LG, Joachim
vmakowski
Auflösung ist jetzt ergänzt. Die Gedanke mit dem Draufklicken war vielleicht doch nicht so leicht erkennbar. Danke für den Hinweis, Joachim.
José
It was a great experience having you on the kayak tour, good luck on tour way to Panamá and keep enjoying the every single town.
„A cachete“
vmakowski
Thank you so much, José. Our kayak tour will always be a very special memory for us. Please continue your great work, including the cleanup project!
Staude-Peßlies, Dalila
Liebe Jutta und lieber Viktor, ich begleite euch seit einigen Wochen gemütlich (Tee trinkend) am Frühstückstisch und freue mich an eurem Abenteuer teilnehmen zu können. Ich bewundere euch! Diese Tour ist nichts für Warmduscher & Weicheier!
Weiterhin viel alles Gute!
Dalila
vmakowski
Zusätzlich zur Zeitung? Ich erinnere mich noch an ein Gespräch diesbezüglich vor vielen Jahren in der Waldgrundschule 🙂