Montag 6.5.24 – Ensenada – Santo Tomás
Gesamt: 1.519,13 km
Wir sind gegen 7:30 Uhr alleine im Haus und nutzen die angebotene Küche für ein Frühstück. Nach längerem Kampf mit dem Wasserhahn, der zusätzlich zum Einhebel-Mischer noch einen Infrarot-Sensor hat, den wir nur einmal per Zufall aktivieren, können wir in der Mikrowelle Teewasser warm machen. Dazu gibt es Bagels mit Erdnussbutter und Nutella … wir müssen die alten Bestände mal verbrauchen, die wir schon solange herumfahren.
Tomas kommt vom Strandspaziergang mit den Hunden nach Hause und erklärt uns, dass das Wasser aus dem Hahn am Spülbecken nicht „potable“ ist, also kein Trinkwasser. Das Trinkwasser befindet sich in einem Wasserspender hinter einer Schranktüre. Er wünscht uns „viel Glück“ mit unserem Tee, den wir aber schon getrunken haben. Gut, auf die gewünschte zweite Tasse verzichten wir lieber.
Zu 9 Uhr fahren wir in einen von Tomas empfohlenen Fahrradladen (TNT), um dort nochmal nach passenden Schläuchen zu schauen. Wir finden zwei 26″ Schläuche mit französischem Ventil, auch wenn sie mit 2,125 knapp unter den 2,15 liegen, die auf unseren Schwalbe-Mänteln angegeben sind.
Außerdem lassen wir die Bremsbeläge kontrollieren (alles noch gut) und den Drehgriff der Rohloff-Schaltung ein wenig schmieren, da er anfing zu knarzen und etwas schwergängig wurde.
Wir sind jetzt also wieder mit je zwei Ersatzschläuchen für vorne und hinten unterwegs. Die werden wir aber nicht mehr benötigen, denn seit zwei Tagen sind wir mit dem Glücksbringer unserer Zahnärztin sichtbar am Fahrrad angebracht unterwegs. Vermutlich hat der Frühstückstee auch nur wegen des Glücksbringers keine negativen Auswirkungen auf unsere Verdauungstrakte.
Wir erhalten morgens noch von Freunden eine WhatsApp-Nachricht mit einem Link, können diese aber erst am Abend nach der Tages-Etappe lesen. Hier noch für unsere spanische Leserschaft ein Link.
Zwei australische Surf-Touristen und ihr amerikanischer Freund sind in Baja California getötet worden. Tatsächlich übernachten wir zu unserer Überraschung genau in dem Ort, Santo Tomás, in dem das Ganze passiert ist. Im Restaurant erfahren wir von der Besitzerin, dass der Ort nun traurige Berühmtheit erlangt hat. Es sei wohl ein Raubüberfall gewesen, bei dem die „wertvollen“ Felgen des Mietwagens erpresst werden sollten. Die Touristen hatten weit abseits der Straße am Strand wild gecampt und sich wohl auch gegen den Überfall gewehrt.
Die durchgängige Empfehlung, die wir erhalten: nur tagsüber unterwegs sein, 1 bis 2 Stunden vor Sonnenuntergang eine Unterkunft erreichen, nicht wild campen (notfalls bei Privatleuten, Tankstellen, Restaurants oder Polizeistationen fragen, ob man sein Zelt dort aufschlagen darf), einsame Gegenden und Offroad eher meiden, in der Nähe der Hauptstraßen bleiben. Wir beherzigen alles, und mit unserem Tandem sind wir sowieso an halbwegs brauchbare Straßen gebunden.
Der Tag ist insgesamt weniger schlimm als erwartet, besonders die Straßenverhältnisse sind erträglich, auch wenn die Tiefe der Schläglöcher sich im Vergleich zu den USA nochmal verdoppelt hat. Aber die Luft stinkt nach Abgasen … es scheint so, als führen hier nur abgehalfterte Verbrenner aus den USA … am Straßenrand liegt so viel Müll, dass wir Kleintiere am Scheppern der Getränkedosen erkennen (aber sie nicht sehen). Dafür gibt es mehr Großtiere auf den Straßen. Wir haben schon Pferde, Schafe, Ziegen und Hühner an den unmöglichsten innerstädtischen Orten am Straßenrand stehen sehen. Es gibt sogar Parkplätze für Pferde.
Wir befinden uns jetzt auf der „Antigua Ruta del Vino“ und könnten – wenn die Stokerin Vertrauen in einen angetrunkenen Captain hätte – unterwegs einige Weinproben machen.
Heute ist der erste Tag im „neuen Modus“. Wir wissen Morgens noch nicht, wo wir Abends übernachten werden, weil die Hotels weder Webseiten noch Telefonnummern im Internet veröffentlichen. Eine Buchung per App ist erst recht nicht möglich. Wir peilen also einen Zielort an, der laut Google-Maps angeblich über Hotels verfügt (wenn möglich mehr als eines und zur Sicherheit noch einen Campingplatz) und dann schauen wir, was wir wirklich vorfinden. Immerhin sind die Rezensionen bei Google ganz hilfreich. Das erste Hotel lassen wir erstmal rechts liegen, da es dort im vergangenen Jahr zu Erlebnissen mit Kleintieren im Bett und Lebensmittelvergiftungen im Restaurant gekommen sein soll.
Das mit der Unterkunft klappt heute gut und wir kommen im Hotel „La Mision Santo Tomás“ gegenüber der katholischen Kirche unter. Hier ist es so sicher, dass wir nicht mal einen Zimmerschlüssel erhalten haben. Jutta dreht noch eine Runde im Pool, bevor es ins Zimmer geht.
Die Dusche im Zimmer ist das genaue Gegenteil zur gestrigen Dusche. Egal welchen Hahn man aufdreht, es kommt brüllend heißes Wasser heraus. Viktor vermutet, dass die mit „C“ und „H“ gekennzeichneten Hähne für „Caliente“ und „Hot“ stehen dürften.
Dienstag 7.5.24 – Santo Tomás – Arroyo Seco
Gesamt: 1.589,77 km
Vor dem Frühstück ist Jutta schon aktiv und beschriftet im Zimmer unseren Duschvorhang.
Transport –> LA PAZ
Unterkunft
Erfrischungen
Im Hotel kocht uns die nette „Herbergsmutter“ (74) Wasser für unseren Tee, den wir aus dem Camping-Silikon-Geschirr trinken. Wir kaufen zwei süße Teilchen und einen Mango-Saft für 52 Pesos (2,98€). Wir unterhalten uns ein wenig über ungesunde Nutella (die wir heute aufbrauchen) und die Nachfolge-Sorgen für ihr Hotel und den kleinen Laden. Die Kinder sind in der Stadt und nur eines hat „eventuell“ Interesse.
Zum Abschied möchte sie uns einen Becher als Souvenir schenken, den wir dankend mit der Begründung „zuviel Gepäck“ ablehnen. Stattdessen machen wir ein Erinnerungsfoto davon.
Wir nehmen uns einen etwas längeren Tag mit ordentlich Höhenmetern vor. Die ersten 11 km geht es bergauf und wir verdienen uns eine lange Abfahrt. Die Straße ist erstaunlich gut, der Verkehr überschaubar. Die Autofahrer und vor allem die Lastwagenfahrer überholen uns mit ausreichend Abstand oder bleiben mit Warnblinklicht hinter uns, bis sie überholen können. Wir hören viele aufmunternde Hupen, uns wird zugewunken oder durchs Beifahrerfenster zugerufen. Auf unseren Duschvorhang reagiert niemand, er flattert aber auch ziemlich im Wind. Da muss noch eine Lösung her.
Die Strecke geht ohne Meeresblick durch insgesamt noch grüne Hügellandschaften … oder sind das schon mittelgroße Berge? Die paar Orte die wir durchqueren haben links und rechts von der Hauptstraße nur Sandstraßen und Wege. Komoot will uns immer wieder hineinschicken, aber wir verzichten auf das Sand-Sightseeing.
In San Vicente machen wir Mittagspause und essen ausnahmsweise etwas warmes (Quesadillas und Pommes aus frischen Kartoffeln), eigentlich nur, weil es in dieser Gegend keinen Café Latte oder Eiskaffee gibt. Das zahlt sich aus, denn als wir nachmittags gegen 16 Uhr in Arroyo Seco im Hotel Sonora ankommen und gemeinsam mit unserem Tandem ein geräumiges Zimmer beziehen, ist das nächste Restaurant ein Stunde Fußweg oder 15 Minuten mit dem Rad entfernt. Wir beschließen die mittags gekauften Bananen als Abendessen anzusehen, sonst hätten wir ja schließlich gleich im nächsten Ort übernachten können. Stattdessen werden wir dort morgen ausgiebig frühstücken.
Nachmittags hat der Wind ziemlich gedreht und aufgefrischt. Da müssen wir mal genauer schauen, ob das hier immer so ist.
Außerdem überholen uns viele moderne und recht vertrauenserweckend aussehende Busse der Firma „abc“, Autobuses Baja California. Wir könnten uns vorstellen, demnächst mal einen Versuch zu unternehmen, unser Tandem in einem solchen mitzunehmen (z.B. nach La Paz). Auf der Webseite schließt das Unternehmen dies nicht aus, macht es aber vom jeweils vorhandenen Platz im Laderaum abhängig.
Auflösung von gestern: Es war ein …
Mittwoch 8.5.24 – Arroyo Seco – San Quintin
Gesamt: 1.662,12 km
Wir verlassen das Hotel Sonora (jemand am Kauf interessiert? – „Se Vende“ – „Zu Verkaufen“) um 8 Uhr, kaufen bei Oxxo in Colonet unsere Getränke für den Tag und lassen uns ein Frühstückslokal empfehlen. Es sieht noch sehr neu aus und die Besitzerin bestätigt, dass es erst 5 Jahre alt ist. Der Kaffee (es gibt wieder keinen Tee) besteht wieder aus Heißwasser, Nescafé- und Kaffeeweißer-Pulver. Aber die Huevos Rancheros, Burritos und Quesadillas sind frisch gemacht und gut.
Heute fahren wir aus den „Bergen“ bzw. der Hochebene wieder herunter und die Landschaft wird deutlich trockener. Die „Carretera Federal 1“ geht heute praktisch nur geradeaus, rechts und links blüht durchgängig die gleiche Pflanzenart, nämlich Kamille. Wir fragen uns, ob das der Grund für den beliebten Kamillentee (Manzanilla) ist – schwarzen Tee kann man hier jedenfalls nirgendwo bekommen.
Kurz vor unserer Mittagspause in Camalu bei km 35 macht sie einen Schlenker nach links und wieder nach rechts, und dann geht es schnurgerade weiter. Alle Orte an der Straße bestehen aus Sandwegen, auf die man beim Abbiegen praktisch „abstürzt“. Es scheint fast so, als hätte man über Jahrzehnte Asphaltschicht über Asphaltschicht auf der Hauptstraße aufgetragen. Der Abgrund nach rechts ist jedenfalls eine Herausforderung, wenn wir etwas eng überholt werden, was insgesamt selten passiert, aber in den Orten schon mal vorkommt.
Der Verkehr ist heute etwas stärker, besonders viele Busse aus San Quintin und Schulbusse sind unterwegs.
In San Quintin sind wir gegen 14:30, checken schnell im Hotel Rosa Evelyn ein (5 Zimmer und ein völlig leerer RV-Park) und versuchen dann unser Glück bei der nahegelegenen abc-Busstation. Die Mitarbeiter schauen sich dort unser unbepacktes Tandem an, wir erklären, wie klein wir es zusammenschieben können, und es wird tatsächlich akzeptiert (ohne Kartonverpackung). Wir werden sogar gefragt, ob wir gleich heute fahren wollen. Also kaufen wir zwei Tickets für morgen Abend und müssen (zunächst?) für das Rad nicht einmal extra zahlen. Der Bus fährt nach Aussage des Personals „zwischen 18 und 19 Uhr“, auf dem Ticket steht 17:50 Uhr. Jetzt müssen wir nur noch herausbekommen, wie spät es gerade ist, denn die Kassenbons von Busstation, Hotel, Supermarkt und Gesundheitszentrum (Viktor hat die Blutdruckmessung seiner Smartwatch für 20 Pesos kalibriert) zeigen unterschiedliche Zeiten an. Wir sind uns gerade nicht sicher, ob wir hier schon eine Zeitzone gewechselt haben könnten.
Abends planen wir noch die Strecke bis Costa Rica und stellen fest, dass wir wahrscheinlich bis Acapulco mit Bussen unterwegs sein müssen (falls die unser Tandem mitnehmen), um in der verbleibenden Zeit halbwegs bewältigbare Tagesstrecken (ca. 70 km, max 1.000 Höhenmeter) hinzubekommen.
Für die Planung des Sightseeing-Tages in San Quintin bleibt nach diesem Blog-Update wohl keine Zeit mehr …. oder haben wir vielleicht eine Stunde mehr heute … oder weniger … oder was? So … Abendessen … Brot und Käse im Hotelzimmer.