Montag 23.12.24 – Santiago de Chile

Heute ist ein organisatorischer Tag geplant, da wir vor den Weihnachtsfeiertagen noch ein paar Dinge erledigen wollen. Wir wollen versuchen, unser Paket persönlich am Flughafen abzuholen, Wäsche waschen und einen Fahrradladen finden, der Service und Reparatur am Tandem auch über die Weihnachtsfeiertage durchführen kann, denn am 28. Dezember wollen wir weiterfahren Richtung Valparaíso.

Da der Flughafen nur sehr schlecht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar ist – keine der sechs U-Bahn-Linien von Santiago fährt dort hin – bestellen wir uns ein UBER-Taxi und lassen uns zum Logistikzentrum am Flughafen bringen. Wir sind unserem Paket bei der Ankunft sehr nahe, wie der Apple AirTag uns anzeigt.

Nahe dran und doch unerreichbar

Dort suchen wir ein DHL-Büro, finden aber leider nichts. Das Gelände ist mit zwei Drehkreuzen – wir erinnern uns an die korrekte Bezeichnung „Personenvereinzelungsanlage“ (siehe Grenze Tijuana) – vor Besucherverkehr geschützt. Der Security-Mann vor den Drehkreuzen erblickt aber einen DHL-Mitarbeiter (Felipe), der gerade herauskommt, und der nimmt sich doch tatsächlich unseres Problems an. Wahnsinn! Er hört sich unsere Geschichte an, ruft seinen Kollegen (Ivan) an, gibt ihm unsere Tracking-Nummer durch, und Ivan verspricht, zu uns herauszukommen. Zum Glück passiert es wohl sehr selten, dass Empfänger von Paketen hier am Drehkreuz stehen, und so sind wir wohl eher eine exotische Herausforderung als ein echter Störfaktor.

Ivan erklärt uns, dass eine offizielle „Division de Bulto“ erforderlich ist, bei der das Paket geöffnet wird und alles zerstört wird, was nicht ins Land darf, weil wir die erforderlichen Zertifikate nicht beibringen können. Danach dauert es noch ein paar Tage, bis das Paket dann ins Verteilzentrum und zur Auslieferung kommt. Wir zeigen ihm unsere E-Mail vom 19.12., in der wir DHL genau darum gebeten haben, aber so einfach geht das natürlich nicht. Außerdem kostet das 50 Dollar extra. Ivan muss heute für einen andern Kunden einen ähnlichen Fall bearbeiten und will unseren Fall vorziehen und gleichzeitig bearbeiten. Er verspricht, in ein paar Minuten mit den entsprechenen Formularen wieder vor dem Drehkreuz zu erscheinen.

Nach 35 Minuten Wartezeit … setzen wir uns dann doch erstmal auf die Bank vor der Security-Kabine. Ivan versucht in der Zwischenzeit – was wir ja nicht wissen – den Zoll davon zu überzeugen, unser Paket schneller zu bearbeiten, wenn er persönlich vorbeikommt, leider erfolglos. Nach 70 Minuten kommt er wieder vor das Drehkreuz, und Viktor unterschreibt ihm eine Vollmacht, mit der er das Notwendige einleiten kann. Er ergänzt auf dem Original für den Zoll noch händisch den Ferrero-Küsschen Weihnachtsmann, den Ivan auf der Vollmacht vergessen hat.
Aber die Tage für die Bearbeitung durch den Zoll können wir nicht verkürzen – und das Paket heute schon mitnehmen natürlich auch nicht.

Mit Ivan sprechen wir noch ab, dass er uns eine WhatsApp oder E-Mail schickt, wenn das Paket ins Verteilzentrum kommt, inklusive der Adresse des Verteilzentrums, an der wir versuchen wollen, das Paket dann persönlich abzuholen. Der Mann ist einfach sensationell und wir drücken ihm einen unserer Aufkleber in die Hand. Wir hoffen, dass er es bis zu diesen Zeilen hier schafft. Danke Ivan! Und Danke Felipe!

Mit einer Mischung aus Frust und Hoffnung bestellen wir uns ein Uber-Taxi zurück zum Hotel. Viktor wollte eigentlich damit drohen, vor dem Gebäude zu zelten, bis wir das Paket in den Händen halten, aber was hätte die Drohung gegenüber dem sehr bemühten Ivan schon bewirkt?

Zurück im Hotel stellen wir unsere Wäsche zusammen und gehen gegen 12:30 Uhr in eine nahegelegene Lavanderia del Barrio. Wir erwarten eigentlich, dass wir die Wäsche erst nach Weihnachten abholen können, aber die drei netten Frauen dort wollen die Maschine sofort anwerfen und wir sollen die Wäsche um 16:00 Uhr abholen kommen. Super! 🙂

Von dort machen wir uns gleich auf den Weg ein paar Straßenecken weiter. Dort gibt es zwei Fahrrad-Werkstätten, die geöffnet sein sollen. Wie schon fast zu erwarten, trifft das nur auf eine der beiden zu.
Aber der Fahrradmechaniker bei biciboss sagt uns nach einem Blick auf ein Foto des Tandems sofort zu, dass es auch über den Weihnachtsfeiertag möglich ist, einen Service und eventuell die Reparatur am Kurbelsatz bzw. an der linken Kurbel durchzuführen. Sie sollten notfalls vielleicht auch passende Ersatzteile haben, falls wir die Kurbel doch nicht aus dem Zoll bekommen. Morgen um 9:00 Uhr sollen wir mit dem Tandem zu einer anderen Geschäftsstelle (Rosas 1239) kommen.

Biciboss Santiago de Chile

Na also, das war doch ein halbwegs erfolgreicher Vormittag, auch wenn wir unser Paket noch nicht haben. Zur Krönung gehen wir in das Café Crónica Digital an der nahegelegenen Plaza Brasil, und es werden uns zwei Banana Split zubereitet. Hier in Chile kennt man „Banana Split“ wieder, anders als in Argentinien, wo das nur eine eigenartige Eissorte mit Bananengeschmack und Cookies war. Allerdings hatte Viktor gestern Abend im Nachbar-Café (Café Literario La Canela) nach einem Banana Split gefragt und sofort eine Zusage erhalten. Heute Mittag hat Viktor die Cafés leider verwechselt.
Ein Mitarbeiter des heutigen Cafés muss allerdings erst noch zwei Bananen kaufen gehen, aber dann bekommen wir zwei ansehnliche Banana Split serviert.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei Nathalie V. für diesen (Geburtstags-) Banana Split!

Danke Nathalie V.!

An der Dekoration des Cafés erkennen wir nun auch, dass wir wirklich in einem eher linken Viertel untergekommen sind, sozusagen dem „Prenzlauer Berg“ von Santiago de Chile.

Als wir nach unserem Banana Split aus dem Café heraustreten spricht uns der Mitarbeiter des Nachbarcafés von gestern Abend an und erkundigt sich, ob wir denn schon einen Banana Split gegessen hätten. Viktor muss zugeben, dass wir gerade im Nachbar-Café waren. Morgen werden wir also wohl zum Vergleich im „Cafe Literario La Canela“ einen Banana-Split-Vergleich durchführen.

Bis vier Uhr verbringen wir den Nachmittag im Zimmer, um pünktlich die saubere Wäsche abholen zu können. Anschließend kaufen wir uns eine BIP!-Karte für die Metro und bestimmte Busse und fahren drei Stationen mit der grünen Linie L3 bis zur Station „Bellas Artes„. Überraschenderweise fährt die Metro hier auf Gummireifen zwischen den Schienen, was wir bislang nur aus Montreal kannten. Von der Station Bellas Artes laufen wir noch ein ganzes Stück, denn nachdem Viktor schon in so vielen Städten „Funicular“ fahren wollte und es immer nur „Telefericos“ gegeben hat, können wir hier beides fahren. An der Funicular-Talstation angekommen erfahren wir, dass montags die Seilbahn (Teleferico) immer gewartet wird und nicht fährt, so dass wir hoch und runter mit dem Funicular fahren müssen.

Oben machen wir einen kleinen Rundgang, und als wir vor der Abfahrt noch etwas trinken wollen, haben alle Stände, die vor dem Rundgang noch geöffnet waren, inzwischen alle geschlossen. Wir fahren also durstig wieder runter und trinken sofort an der Talstation etwas in einer „Cerveceria“, die trotz ihres Namens kaum eine Biersorte am Lager hat.

Den Rückweg zum Hotel legen wir komplett zu Fuß zurück. Es ist fast sieben und nicht mehr so heiß, und so kommen wir auch noch an der Plaza de Armas vorbei. Dort steht zwar dieses Jahr ausnahmsweise nicht der große Weihnachtsbaum (wie sonst), aber er ist voller Leben, und an mindestens zwei Stellen gibt es von Menschenansammlungen umringte Redner bzw. Prediger. Dann gehen wir zu unserer Plaza Brasil zurück und gehen dort bei einem Italiener (La Martina) essen. Die weiblichen Bedienungen tragen alle pinkfarbene, hautenge Sportanzüge, die an Hooters erinnern, aber das Essen ist formidabel – wir essen beide Risotto, ganz unterschiedliche, aber beide köstlich (Viktors Google Rezension). Auch jetzt, nach 22 Uhr, sind die Straßen und Plätze noch voller Familien mit Kindern allen Alters, aber jetzt sind die Temperaturen auch angenehm.

Auf dem Rückweg zum Hotel kommen wir auf der Plaza Brasil an einer Gedenktafel für Brasilianische Flüchtlinge vorbei, die nach dem Militär-Putsch gegen Salvador Allende 1973 ermordet wurden oder spurlos verschwanden.

Dienstag 24.12.24 – Santiago de Chile

Ein völlig anderer Heiligabend als zuhause!

Nach dem Frühstück bringen wir zu neun Uhr unser Tandem zu biciboss in den Hauptladen. Sie haben zwar Einiges anderes zu tun, versprechen uns aber, bis zum 27. abends fertig zu werden. Das soll die letzte Wartung auf unserer Tour sein, und Viktor erklärt wieder einmal alle Besonderheiten unseres speziellen Tandems. Die Pedalkurbel können wir hoffentlich so rechtzeitig nachliefern, dass auch sie ausgetauscht werden kann.

Von dort laufen wir zum Museum de Bellas Artes, vor dem der Treffpunkt für Walking Tours mit „Tours4Tips“ ist, wie hier und in Valparaíso die „Free Walking Tours“ heißen. Um 10 Uhr startet die OffBeat-Tour, und neben uns sind noch zehn weitere Reisende dabei. Johann (auf seinem T-Shirt steht Wally) wird mit uns drei Märkte und den Friedhof besuchen. Das sind nicht die touristischen Highlights, sondern die Tour soll uns möglichst nah an das „wahre Leben“ der Einheimischen heranbringen. Wie schon in La Paz (Bolivien) begrüßen sich Händler und Kunden auf den Märkten gegenseitig mit dem Begriff „Casera/Casero“ und entwicklen lang anhaltende Beziehungen und Freundschaften. So ist z.B. Johanns wichtigster „Casero“ auch Taufpate eines Kindes geworden.
Wir verstehen endlich auch, warum in Lateinamerika manches Gemüse und manche Frucht anders heißt, als wir es aus Spanien gewohnt sind, z.B. die Avocado, die in Spanien und Mittelamerika „Aguacate“ heißt, hier um Süden aber „Palta“. Überall dort, wo Quechua (die Sprache der Inka) gesprochen wurde/wird, heißt sie Palta, denn das ist ein Wort, das aus der Quechua-Sprache Eingang in die spanische Sprache gefunden hat. Das gleiche trifft auf viele andere Begriffe zu, z.B „Mote“ für Weizen. Bei der Erdbeere, die in Spanien „Fresa“ heißt, hier aber „Frutilla“, kennen wir den Grund allerdings nicht.

Die Tour endet nach einer U-Bahn-Fahrt auf dem größten Friedhof von Santiago, auf dem auch Erich Honecker liegt. Allerdings erfolgte die Bestattung anonym und nur die Friedhofsverwaltung weiß offenbar, wo sein Grab und auch das von Margot Honecker liegen. Der Friedhof ist auch der zweite Friedhof weltweit und der erste in Amerika, der ein Trans-Mausoleum erhielt. Uns war auf den Straßen von Santiago de Chile schon aufgefallen, wie selbstverständlich hier Trans-Personen (z.B. mit grellem Schmuck, Schminke, Kleid und Vollbart) ganz normaler Teil des öffentlichen Lebens sind und keine „komischen Blicke“ auf sich ziehen. Da scheint selbst Berlin noch deutlich „verklemmter“ zu sein.

Vor dem Mausoleum für Salvador Allende erzählt uns Johann dann auch von seiner Deportation und Aberkennung der Chilenischen Staatsbürgerschaft nach dem Milität-Putsch von General Pinochet gegen die Allende-Regierung in 1973. Johanns Vater war Gewerkschafter, aber nie Mitglied einer Partei. Trotzdem wurde die ganz Familie als kommunistisch eingestuft und aus dem Land geworfen. Er ist in New York in der Bronx aufgewachsen und spricht deshalb perfektes US-Englisch. Lange Zeit nach dem Ende der Militätdiktatur wurde die Familie rehabilitiert und sie erhielten ihre Staatsbürgerschaft zurück, aber nur wenige Familienmitglieder sind nach Chile zurückgekehrt.

Natürlich erhalten wir auch einen Abriss der kurzen Regierungszeit von Salvador Allende aus Johanns Perspektive. Allende war der erste sozialistische Präsident eines Landes, der es durch demokratische Wahlen zur Präsidentschaft gebracht hatte und nicht durch eine Revolution mit Waffengewalt. Da er aber die Verstaatlichung der großen Minengesellschaften zum Hauptziel seiner Amtszeit gemacht hatte, hatte er entsprechend finanziell starke und international gut vernetzte Gegner. Vor Kurzem seien in den USA die Geheimakten aus der Nixon-Zeit freigegeben worden, die das ganze Ausmaß der CIA-Aktivitäten zur Destabilisierung der damaligen Situation in Chile zeigen. Auch der Deutsche Bundesnachrichtendienst scheint damals nicht ganz unbeteiligt gewesen zu sein und mit der deutschstämmigen Sekte Colonia Dignidad kooperiert zu haben. Wen es interessiert: Wikipedia zum Thema.

Es ist halb zwei, als die Tour am Friedhof endet. Wir fahren mit der Metro (die wirklich neben Montral die zweite auf Reifen ist, weitere gibt es nicht) zurück und gehen in das Café Literario de Canela zum Eisessen. Auch heute müssen die Bananen erst besorgt werden, aber dann bekommen wir Banana-Splits, die uns diesmal von Holger K. gesponsert wurden. Vielen Dank dafür, Holger!

Danke, Holger K.

Im Hostal ruhen wir uns ein wenig aus, bevor wir uns von einem Uber zum Saint George’s College bringen lassen. Dort findet um 17 Uhr in der Kapelle ein Weihnachstgottesdienst in Englischer Sprache statt. Die drei Deutschsprachigen Gemeinden bieten über Weihnachten nichts an und zu Heiligabend wollen wir irgendwo sein, wo wir beide dem Gottesdienst gut folgen können. Und so hören wir die Weihnachtsgeschichte heute auf Englisch und singen Weihnachtslieder auf Englisch – nur beim Abschluss „Stille Nacht“ wird als vierte Strophe eine auf Spanisch gesungen. Ganz anders ist es auch, dass während der Messe über die Hitze in der Kapelle geredet wird, und die meisten in Shorts und teilweise mit Badelatschen bekleidet sind. Und dass es nach „Stille Nacht“ draußen natürlich auch nicht dunkel ist, sondern taghell un d sonnig!

Wir rufen wieder ein Uber, lassen uns zum Hostal bringen und rufen schnell unsere Kinder an, die schon dabei sind, ins Bett zu gehen (zumindest die beiden, die nicht noch den fünften Gottesdienst heute orgeln…). Dann machen wir uns auf den Weg zur „Bierstube“, wo wir Hoffnung auf Würstchen mit Kartoffelsalat haben.

Waren am Nachmittag die Straßen alle noch sehr belebt und die Läden geöffnet, so fällt jetzt auf, dass es sehr viel leerer ist und wir an vielen geschlossenen Restaurants vorbeigehen. Und wie schon fast zu erwarten sind auch bei der Bierstube die Rolläden herunter und das Gitter davor verschlossen. Jetzt müssen wir sehen, wo wir überhaupt noch etwas zu essen bekommen! Ein geöffnetes Hotelrestaurant hat keinen Platz mehr frei, verweist zunächst noch auf die Bar, deren Tische aber auch alle belegt sind. Vor einem anderen Hotelrestaurant (das geschlossen ist) steht ein Herr, der uns nach gegenüber weist – dort könne man ganz gut essen. Und tatsächlich, das Restaurant „Como en Peru“ ist geöffnet, und wir bekommen nach kurzer Wartezeit einen Mini-Tisch draußen zugewiesen. Die vegetarische Auswahl ist sehr beschränkt, aber so isst Jutta eine Peruanische Vorspeise als Heilig-Abend-Essen, die fast Kartoffelsalat ist (was es bei uns sonst immer gibt). Viktor bestellt Nudeln mit Meeresfrüchten, mal etwas anderes…

Den langen Weg zurück laufen wir bei jetzt sehr angenehmen Temperaturen (23°C) zurück. Dabei bewundern wir in der Dämmerung an einigen Hochhäusern die Weihnachtsbeleuchtung in den Wohnungsfenstern.

Im Hostal noch schnell ein Stück Weihnachtskuchen, der schon den ganzen Tag an der Rezeption angeboten wird, und dann geht es langsam in Richtung Schlafen. Vor dem Einschlafen erreicht uns noch die Nachricht von DHL, dass unser Paket vom Zoll freigegeben wurde. Am Nachmittag hatten wir schon eine Nachricht und mussten Online den Zoll bezahlen (knapp 40 Euro). Wir wählen noch schnell eine DHL-Geschäftsstelle in der Nähe unseres Hostels für die Abholung am 26.12. aus und legen uns hoffnungsvoll schlafen.

Mittwoch 25.12.24 – Santiago de Chile

Vormittags schreiben wir noch den Blogeintrag von gestern, bis wir zu 12 Uhr in die Kathedrale gehen, um heute noch einen spanischsprachigen Weihnachtsgottesdienst zu besuchen. Hier gibt es im Gegensatz zu gestern eine Orgel, aber leider gibt es für den Gesang „nur“ einen Chor aus drei Personen (das Mikro der Sopranistin ist so ausgesteuert, dass nur sie zu hören ist – schade), und die große Gemeinde hört zu. Unser Abschlussklassiker „Stille Nacht“ kommt hier schon zur Eucharistie, und es wird ganz ernsthaft ein Weihnachtslied (Hoy Christo ha Nacido) nach der Melodie des Volksliedes „Freut euch des Lebens“ (with English Translation) gesungen, wobei wir eher eine andere Version im Kopf haben: Großmutter wird mit der Sense rasiert

Auf dem Rückweg sehen wir ein geöffnetes Starbucks, setzen uns zu einem Kaffee hin, aber die Bedienungen singen so fürchterlich Karaoke, dass wir dann doch mit unseren Frappuccinos bald weitergehen. Außerdem sind wir eh mit unseren Kindern und dem Rest von Juttas Familie verabredet, über WhatsApp-Video eine kleine Bescherung zu machen.

Den restlichen Nachmittag verbringen wir mit dem Planen der bevorstehenden letzten Wochen unserer Tour im Frühstücksraum des Hostals. Es sieht so aus, als könnten wir in den kommenden Tagen dann auch schon einen Rückflug für Mitte März buchen.

Nach einem Videoanruf mit Viktors restlicher Familie wollen wir ein zeitiges Abendessen zu uns nehmen. Heute hat wieder etwas mehr als gestern geöffnet, aber bei mehreren Restaurants gehen wir wieder, weil sie alle nur digitale Speisekarten aber kein Kunden-WIFI haben – die wollen wohl keine Touristen als Kunden. Deshalb landen wir noch einmal beim gleichen Italiener wir vorgestern schon.

Im Zimmer trinkt Viktor noch ein neues Honigbier und benutzt zum Öffnen unser in Kalifornien gekauftes Feuerzeug. Das sollte eigentlich zum Feuermachen dienen, wenn wir campen. Da wir den Kocher aber schon längst zurückgeschickt haben, weil wir eh immer essen gehen, dient dieses Feuerzeug schon von Anfang an nur als Flaschenöffner. Das Kunstmann Miel ist ein Amber Ale (27 EBC) und das erste Honigbier, das auch wirklich ein Honigaroma hat und dabei trotzdem ausgewogen schmeckt. Laut Etikett ist es mit Waldhonig aus Valdivia gebraut, schmeckt aber eher so, als wäre der Honig erst nach dem Brauvorgang dazugegeben worden.

Donnerstag 26.12.24 – Santiago de Chile

Unser Plan heute ist es, vormittags in ein Museum zu gehen, um drei eine weitere Walking-Tour mitzumachen und danach zu DHL zu fahren, um das Paket abzuholen (und dieses evtl. auch noch zur Fahrradwerkstatt biciboss zu bringen).

Nach dem Frühstück gehen wir in das Museo de la Solidaridad Salvador Allende (MSSA), in dem Kunstwerke verschiedener Künstler aus der ganzen Welt ausgestellt sind, die während der Pinochet-Militärdiktatur (und auch noch danach) von den Künstlern als Solidaritätsbekundung mit dem Chilenischen Volk gespendet wurden. Ein kleiner Raum ist außerdem Hortensia Bussi gewidmet, der Ehefrau von Salvador Allende, die im Exil gegen die Militätdiktatur von Pinochet gekämpft hat.

Kurz bevor wir uns auf den Weg zum Museum machen, erhält unser Hotel einen Anruf von Ivan, dem hilfreichen DHL-Mitarbeiter von vorgestern. Wir sind zufällig gerade an der Rezeption, Viktor kann mit Ivan sprechen und erhält die Adresse des Verteilzentrums, in dem wir unser Paket heute abholen können. Ivan hat nämlich den Abholort geändert, weil er weiss, dass es sonst erst morgen in unserer ausgewählten Geschäftsstelle ankommen würde. Nach dem Museumsbesuch machen wir uns daher von dort direkt mit einem UBER-Taxi (die sollen sicherer sein) auf den Weg zu DHL. Dort angekommen zeigt uns die „Wo ist“-Funktion von Apple an, dass wir 60 Meter vom Paket entfernt sind, in dem zum Glück immernoch das Apple AirTag liegt. Leider sagen uns die beiden Mitarbeiter am Schalter, dass das Paket offiziell noch nicht bei ihnen angekommen ist. Es muss erst aus den Transportern ausgeladen und eingescannt werden, bevor es für sie offiziell zur Übergabe verfügbar ist. Und nun beginnt sie also, die laaaaaaaaange Wartezeit vor dem DHL-Schalter. Nach eineinhalb Stunden gehen wir dann erst einmal ins „Strip-Center“, Kaffee trinken (und ein Stück Lucuma-Baiser-Torte essen). Während des weiteren Wartens buchen wir tatsächlich schon mal für Mitte März unseren Rückflug von Buenos Aires nach Berlin – und haben danach immernoch keine Chance auf das Paket. Versuche, es mit der „Ton-Funktion“ des AirTags zu lokalisieren, auf die sich eine Mitarbeiterin sogar einlässt, schlagen leider fehl.

Erst als Viktor nach dreieinhalb Stunden noch einmal zu dem Café geht, weil er mal „muss“, und Jutta bei DHL bleibt, tut sich endlich etwas. Der Mitarbeiter am Schalter entdeckt unsere Nummer im System und lässt unser Paket sofort holen. Jutta geht Viktor entgegen, schnell weg aus diesem Büro. Und eine schnelle Nachricht an Julius, dass das Warten ein Ende hat!

Es ist inzwischen halb vier – die Tour um drei können wir also vergessen. Wir lassen uns vom Uber zum Fahrradladen bringen. Dort steht unser Tandem schon gereinigt und bis auf die neue Pedalkurbel vollständig gewartet. Wir verabreden eine Abholung morgen vormittag, das ist sehr beruhigend.

Wir gehen zum Palacio de la Moneda, dem Präsidentenpalast, dessen Name nichts mit Geld zu tun hat, wie man vermuten könnte (Moneda = Münze). Der Präsidentenpalast wurde in der ehemaligen Münzprägestätte eingerichtet, deren Name beibehalten wurde. Vor dem Palast steht ein großer Weihnachtsbaum und im London Coffee am Platz gehen wir noch einmal Kaffee trinken. Von dort geht es weiter zur Kirche San Franziskus, die uns auch noch empfohlen wurde.

Wir laufen zurück zum Hostal, kaufen unterwegs noch AA-Batterien, um die drei Uhren hinter der Rezeption wieder ans Laufen zu bringen (ein Weihnachtsgeschenk an das Hostal … Viktor kann die stillstehenden Uhren einfach nicht ertragen … typisch Deutsch?) und müssen dann fast schon wieder los, weil wir für 19 Uhr einen Tisch im Bocanáriz reserviert haben. Unserer Bib!-Karte hat noch so viele Fahrten, dass wir die Metro nehmen.

Viktor macht eine kleine Carmenère -Weinprobe (Chiles „National“-Rebe, die ursprünglich aus Frankreich stammt, aber dort durch die Reblaus praktisch ausgerottet und dann aus Chile wieder zurück nach Frankreich gebracht wurde) und entscheidet sich hinterher für den Besten der drei (und unsere Bedienung holt daraufhin noch einmal die Karte, weil der Ausgesuchte etwas teurer ist…). Jutta nimmt das einzige vegetarische Essen auf der Karte: Nudeln mit Algen und Champignons. Das ist leider sehr gewöhnungsbedürftig, schmeckt fast ein bisschen fischig.

Auf dem Rückweg nehmen wir wieder die Metro und sind völlig erstaunt, als die Bahn durch unsere Station einfach durchfährt und erst an der nächsten hält. So bekommen wir endlich einmal heraus, warum auf den Plänen die Stationen mal rote, mal grüne oder auch rot/grüne Punkte haben: damit die Züge zu Stoßzeiten schneller sind, halten sie innerhalb bestimmter Uhrzeiten nicht an allen Stationen, es gibt dann die grüne (hält bei uns in Cummings) und die rote Express-Linie. Wir müssen also zurück nach Santa Ana (rot/grüne Station wo alle Züge halten) und dort eine grüne Bahn nehmen. Ganz einfach!

Der Zug zurück nach Santa Ana hält dann plötzlich doch in Cummings, wo wir aussteigen wollen, weil es just 21 Uhr geworden ist und wieder überall gehalten wird. Auch wenn wir davon überrascht wurden, dieses Expresszug-System ist für Pendler sicher keine schlechte Idee.

Freitag 27.12.24 – Santiago de Chile

Vormittags gehen wir als Erstes in den Tottus-Supermarkt nebenan und decken uns mit neuen Snacks für die nächsten Radfahrtage ein, da wir ja nichts mit nach Chile nehmen durften. In der Obstabteilung sind wir wieder mal völlig verwirrt von den vielen unterschiedlichen Namen, die die Obstsorten hier haben.

Die Einkaufswagen hier blockieren angeblich, wenn man versucht, mit ihnen das Grundstück zu verlassen (wir probieren es nicht aus, denken aber an Studienzeiten, als wir den Einkauf oft im Einkaufswagen nach Hause geschoben haben).

Dann gehen wir auch schon los zu biciboss und holen unser Tandem wieder ab. Nach einem Stündchen weiterer Planung brechen wir heute rechtzeitig auf, um um 15 Uhr die Highlights -Tour4Tips mitzumachen. Auf dem Weg dorthin besorgen wir uns die letzten Zahnbürsten unserer Jahrestour und gehen das letzte Banana-Split in Santiago essen, für das wir uns heute bei Joachim M. und Dani D. bedanken – hier gibt es das Eis nach langer Zeit mal wieder in einem richtigen Eisbecher aus Glas, dafür ist die Banane aber zerstückelt statt der Länge nach halbiert :-).

Danke Joachim M. und Dani D.

Das Café ist etwas langsam, und so kommen wir erst um Punkt 15 Uhr vor dem Museo de las Bellas Artes an, unser heutiger Fremdenführer Carlos aber auch. Wir sind 25 Personen inkl. Guide, für unseren Geschmack eine etwas zu große Gruppe, aber Carlos spricht perfektes und gut verständliches Englisch, denn das hat er studiert.

Auch Carlos spricht natürlich über die politische Lage im Land. Dabei geht er vor Allem auf die neuere Geschichte ein, unter anderem auf die (Studenten-)Proteste von 2019 und 2020, von denen die Welt relativ wenig mitbekam, denn wir steckten damals alle in der Corona-Pandemie. Eine der Hauptforderungen war damals die Forderung nach einer neuen Verfassung, denn die aktuelle Verfassung wird von vielen Menschen für die soziale Ungleichheit im Land mitverantwortlich gemacht. Chile hat immernoch eine Verfassung, die auf undemokratischem Weg unter Pinochet entstanden ist. Zwei Versuche, eine neue Verfassung zu erarbeiten, schlugen aber bisher fehl, weil die Entwürfe in Volksabstimmungen abgelehnt wurden.

Wir erfahren während der Tour auch, dass Chile weltweit das Land mit dem zweithöchsten Brot-Konsum ist. Einmal dürft Ihr raten, in welchem Land das meiste Brot verzehrt wird. Beim Eiskonsum ist Chile führend in ganz Lateinamerika, weltweit liegt Neuseeland an der Spitze.

Die Tour endet im Viertel „Lastarria“ am „Centro Cultural Gabriela Mistral„, das eine sehr bewegte Geschichte hinter sich hat.

Hier im Viertel gehen wir dann auch noch einen Cocktail im „ChiPe Libre“ trinken, denn wir haben auf der Tour gelernt, dass auch die Chilenen sich für die Erfinder des Pisco Sour halten (so wie die Peruaner). Was Viktor aber besonders gefällt, ist die Tatsache, dass die Chilenen – anders als die Peruaner – Pisco auch im Fass lagern. Seine Erwartung ist, dass der gelagerte Pisco dann vielleicht einem spanischen Brandy oder einem Rum ähnlich sein könnte. Heute ist es aber noch ein wenig zu früh am Tag, um die angebotenen Verkostungen zu nutzen.

Da wir auf dem Weg zurück ins Hotel kein wirklich ansprechendes Restaurant mehr finden, um unser Abschiedsessen von Santiago de Chile einzunehmen, landen wir wieder im Vegan Dealer in der Nähe unseres Hostals. Morgen geht es auf die drei letzten Etappen des Kalenderjahres in Richtung Valparaíso, der zweitgrößten Stadt Chiles, wo wir Silvester am Pazifik verbringen wollen.

Kunstwerk im Kulturzentrum

Samstag 28.12.24 – (146) – Santiago de Chile – Huertos Familiares

Gesamt: 9.222,07 km

Morgens bepacken wir noch vor dem Frühstück das Tandem, sind die Ersten im Frühstücksraum und kommen dann bei noch kühlen Temperaturen um 8:20 Uhr los. Das Herausfahren aus dieser Achtmillionenstadt (von 22 Mio. Chilenen insgesamt) gestaltet sich wesentlich angenehmer als die Fahrt vom Busterminal zum Hostal. Komoot hat eine Strecke gefunden, die einen Großteil über Radwege geht und lange Zeit am Rio Mapocho durch verschiedene Parks führt, der um diese Zeit von vielen joggenden Menschen bevölkert ist. Hier muss man Komoot ausnahmsweise mal die gebotene Anerkennung zollen.

Um nach Valparaíso zu kommen, müssen wir in Richtung Nordwesten – sonst eigentlich nicht so unsere Himmelsrichtung. Bis nach Lampa ist die Straße noch ziemlich voll, ab dort hält sich der motorisierte Verkehr in Grenzen. Aber wir teilen die Straße mit sehr vielen anderen Radfahrenden, es ist ja Wochenende, es fühlt sich fast wie in Kolumbien an.

Wir kommen in der Nähe des Flughafens am Stadtrand von Santiago durch einige Gewerbegebiete und Jutta erblickt plötzlich das TERUMO-Logo auf einem Schild. Leider ist heute Samstag und wir sparen uns daher den Abstecher zu Viktors Arbeitgeber.

An einer Tankstelle in Lampa machen wir eine Kaffeepause und die jungen dort arbeitenden Frauen raten uns zu viel Vorsicht („mucho cuidado“) – Chile sei nicht mehr so sicher, wie es früher einmal war. Wir fragen sie lieber erst gar nicht, wen sie verantwortlich machen… Gerade erst gestern hat Carlos, der früher in Cali in Kolumbien gelebt hat, gesagt, dass die Chilenen ein sehr friedliches Volk sind.

20 Kilometer weiter benötigt Viktor eine Toilette, und ein kleiner Laden am Straßenrand kann tatsächlich weiterhelfen. Wir haben in Santiago de Chile die Anti-Parasiten-Kur-Kapseln aus Guatemala eingenommen, denn wir sind jetzt aus den Tropen heraus und fanden den Zeitpunkt über Weihnachten ganz passend. Aber so ein wenig hat das bei Viktor die Verdauung durcheinandergebracht.

Wir machen noch eine kleine Pause an der gegenüberliegenden Bushaltestelle, bevor wir kurz darauf an einer T-Kreuzung nach rechts fahren, obwohl der Weg nach Valaparaíso eigentlich links entlang geht. Bis hierher müssen wir morgen wieder zurückkommen, anders geht es übernachtungstechnisch leider nicht. Und circa zehn Kilometer vor „Huertos Familiares“ hört plötzlich der Asphalt auf: Baustelle. Hier können wir im Gegensatz zu der Großbaustelle vor Mendoza aber langsam und mit Mund- und Nasenschutz weiterfahren.

Bei unserem Hospadaje wird heute ein Geburtstag gefeiert, mit Grillen, Poolbenutzung, lauter Musik und Einiges an Kindergeschrei. Der ganze Ort hat nur nachts fließend Wasser, und da durch die Zimmervermietung tagsüber mehr Wasser verbraucht wird, als über Nacht in den Tank laufen kann, kommt ein Tankwagen und lässt Wasser in den Tank und in den Pool laufen.

Östlich von diesem Ort liegt das „Tranque Las Tórtolas„, ein riesiges Absetzbecken für die Kupfergewinnung (und auch Molybdän), von dem wir auf der heutigen Fahrt aus verschiedenen Perspektiven einen Staudamm sehen und nicht einordnen können. Auf den ersten Blick denken wir an einen Gletscher, oder ein Sommer-Skigebiet, beides verwerfen wir aber sofort. Man kann nur hoffen, dass keiner der Dämme jemals bricht (z.B. nach einem der hier recht häufigen Erdbeben), und schon gar nicht heute Nacht, denn wir schlafen in der gefährdeten Zone, die von einer Schlammlawine hinweggefegt würde.

Die Minenbetreiberfirma AngloAmerican pumpt aus einem offenen Tagebau (Los Bronces) durch eine 56 Kilometer lange Pipeline pro Stunde 2.400 Tonnen Schlamm in dieses Staubecken, das in einem natürlichen Talkessel zwischen Bergen angelegt wurde. Das Staubecken wird am Ende der Betriebszeit im Jahr 2042 insgesamt 1.900 Millionen Tonnen Schlamm enthalten. Ganze 1 Prozent dieser riesigen Menge sind die daraus resultierende Kupfer-Ausbeute.

Kupfertagebau „Los Bronces“ – Pipeline „Mineroducto“ – Stausee „LasTórtolas“
Staudamm

Bis auf einen Spaziergang zum „Happy Happy“-Supermarkt in praller Sonne verbringen wir den Nachmittag und Abend in unserem geräumigen Zimmer und wir erhalten hier sogar ein Abendessen. Das nehmen wir in einem Speisesaal ein, der voller Arbeiter mit orangen Warnwesten ist, auf denen EXCON steht. Das ist die Firma, die mit der Erhöhung der Staudämme beauftragt wurde, um die Kapazität des Stausees zu erweitern. Als wir hinterher noch kurz draußen sitzen, werden uns von der Geburtstagsgesellschaft noch Bratwürste im Brot angeboten, die wir dankend ablehnen. Um 21 Uhr wird begonnen, alles ab- und aufzuräumen, und kurz darauf wird es leise (als wir um eins ankamen, war die Feier schon voll im Gang, irgendwann muss ja auch Schluss sein).

Sonntag 29.12.24 – (147) – Huertos Familiares – Olmué

Gesamt: 9.287,01 km

Wir frühstücken gegen sieben wieder mit den Excon-Arbeitern in der Kantine und kommen um zwanzig vor acht los – es ist noch richtig kühl. Es geht zunächst fast 17 km inklusive der Schotterpiste von gestern zurück, dann aber Richtung Til-Til statt Santiago.

Wieder sehen wir viele Radfahrende, einer fährt eine Weile neben uns her (@nutribiker). In Til-Til an der Tankstelle machen wir Pause und treffen ihn dort auch wieder.

Und kurz darauf beginnt eine elf Kilometer lange Steigung, die wir recht lange langsam fahrend erklimmen. Aber nach acht Kilometern und einigen hundert Metern 11 bis 12 % Steigung müssen wir dann doch nach längerer Zeit wieder einmal absteigen und schieben.

Nach zweieinviertel Stunden aufwärts sind wir oben am Pass der Cuesta la Dormida, wo es sogar einen kleinen Stand gibt und wir kühle Getränke zu unserem Obst bekommen können. Hier ist auch die Grenze zwischen den Regionen Til-Til und Valparaíso.

Unser Aufkleber unten rechts

Die folgende, sogar noch längere Abfahrt ist so steil und hat so enge Serpentinen, dass wir uns kaum rollen lassen können und eine volle Stunde für die 15 km brauchen. Die vordere Bremse wird immer wieder so heiß, dass der Bremsdruck deutlich nachlässt und wir kurze Abkühlpausen für die Bremsflüssigkeit einlegen müssen.
Ziemlich weit unten entdecken wir am Straßenrand eine Tafel, laut der es hier Eis aus Ziegenmilch gibt, und wir halten an. Viktor probiert „Boldo“-Eis, und wir bekommen sogar die Pflanze gebracht, weil wir sie nicht kennen. Jutta probiert „Frutos del Bosque“ (Waldfrucht). Der Ziegenmilchgeschmack ist relativ moderat und das Eis ist nicht so stark gesüßt … schmeckt gut. Außerdem bekommen wir Tipps für Valparaíso und Vina del Mar von den beiden netten Damen.

Die restlichen zehn Kilometer können wir dann endlich gut radeln – zwar gegen den Wind, aber das macht gerade nicht so viel aus. Ab dem Abzweig nach Olmué gibt es viel Radweg, der aber kaum benutzbar ist: Beginn ist irgendwo, z.T. mit hohem Bordstein, zwischendurch fehlen Stellen, an manchen Stellen ist er vielleicht 30 cm breit …

Unser Novaqua Bed & Breakfast wird von Ingrid, einer Deutschstämmigen Biochemikerin, und ihrer Mutter Gretel geführt (Wurzeln in München und Baden Baden). Leider gibt es heute Probleme mit dem Router, und das Internet geht nicht. Da Viktors e-SIM hier aber funktioniert, nutzen wir heute ausnahmsweise die mobilen Daten.

Nach dem Duschen gehen wir relativ bald schon in den Ort und beim Italiener „Otra Cozza“ (von Ingrid empfohlen) unerwartet gut essen. Nachdem Viktor seine Lachs-Ravioli und die Hälfte von Juttas Pizza gegessen hat, bestellt er noch den Schokoladen-Vulkan als Dessert, aus dem die schokoladige Flüssigkeit wirklich wie die Lava aus einem Vulkan herausfließt.