Mit dem Stufentandem unterwegs in den Amerikas

Woche 15 (8.7.24 – 14.7.24) – Rio Claro – Aguadulce

Montag 8.7.24 – (065) – Rio Claro – Tijeras

Gesamt: 4.085,96 km

Wir müssen morgens unsere gestern gewaschene Wäsche noch ziemlich feucht einpacken. Na die wird heute Nachmittag beim Auspacken sicher duften.

Frühstück gibt es heute vor der Abfahrt schon in der Küche des Ferienhauses mit Dinkelbrot von Edeka (letzte von der Familie mitgebrachte Scheiben), Lekkerland Käse nach Europäischer Art (aus dem lokalen Supermarkt) und Tee aus der Kaffeemaschine. Im Supermarkt in Rio Claro kaufen wir noch schnell gekühlte Getränke und radeln dann die letzten 35 Kilometer auf Costa Ricanischer Straße. Erst ist es ein wenig bedeckt, wird dann aber schnell wieder sonnig und heiß.

Gegen 10 Uhr kommen wir an der Grenze an und suchen erst einmal nach den angeblich so gut sortierten Fahrradläden in der Straße vor der Grenze. Viele kleine Geschäfte, mehrere Malls, viel Dreck und Lärm, hier zeigt sich Costa Rica für Einreisewillige von seiner schlechten Seite … . Die Radläden haben keine passenden 20 – Zoll – Schläuche, aber wir haben es zumindest versucht. Den Ausreisestempel müssen wir uns wieder ein Stück zurück holen – als wir an der Reihe sind, erfahren wir, dass wir erst einmal die 8$ Ausreisesteuer zahlen müssen, und wo das gegenüber möglich ist. Mit der Quittung bekommen wir den so wichtigen Ausreisestempel. Dann kehren wir in ein Soda ein, um die letzten Colones noch auszugeben. Das Migrationsbüro von Panama kann man nicht verfehlen, es ist zwischen den Straßen für die Ein- und Ausreise. Dort wird ein Foto gemacht und alle Fingerabdrücke genommen, aber nichts abkassiert, und wir bekommen den Einreisestempel. Komischerweise ist hier diesmal keine Dauer angegeben, das muss man wohl selber recherchieren, wie lange man im Land bleiben darf.

In Panama angekommen, ist es ganz plötzlich eine Stunde später. Die Zeitdifferenz zu Deutschland beträgt jetzt also nur noch 7 Stunden und die Sonne geht für uns wieder nach 18 Uhr unter. Wenn wir morgens um 6 Uhr losfahren ist die Sonne noch nicht aufgegangen.

Es fällt uns ziemlich schnell der wieder zunehmende Müll am Straßenrand auf, eine sehr viel höhere Dichte an Tankstellen an der Straße, wesentlich weniger Schatten (die Straße ist sehr viel breiter und mit einem Standstreifen versehen, rechts und links ist wenig Baumbewuchs), wieder viele Verkaufsstände am Straßenrand, die hier zum Teil ganze Tüten mit gemischtem Gemüse verkaufen (wir denken da an die heimischen Gemüsekisten). Außerdem heißen die „Sodas“ aus Costa Rica (kleine Kiosk-Restaurants am Straßenrand) hier augenscheinlich „Fonda“ oder sogar „Fondita“.

Es geht nach der Grenze nicht sofort bergauf, wie es schon öfter der Fall war, aber nach einigen Kilometern beginnt eine 10 Kilometer lange, nur ganz flache Steigung, die uns in der prallen Mittagssonne ziemlich zum Schwitzen bringt. Unterwegs winkt uns ein Mann heraus, der uns überholt hat, unsere Deutschlandflagge gesehen hat, und dessen Schwester in Stuttgart lebt. Er schickt ihr ein Selfie mit uns und eine Sprachnachricht. Außerdem spart er gerade das Geld für einen Besuch bei seiner Schwester zusammen, möchte also unbedingt einmal nach Deutschland.

Gegen Ende der Steigung gibt es einen kleinen Stand mit Getränken und Snacks. Wir halten an und Viktor gönnt sich eine kalte Cola. Der Betreiber des Standes bewundert das Tandem, besonders die Schaltung und die Kettenführung für den Stoker über mehrere Umlenkrollen. Er sitzt selbst in einem Rollstuhl mit Kettenantrieb und zeigt uns seine Kettenschaltung. Bei ihm halten viele Rad-Touristen, vor einiger Zeit auch ein Querschnittgelähmter im Dreirad mit Handantrieb, aber ein Rad wie unseres hat er hier noch nie gesehen.

Kurze Zeit später überholt uns ein E-Bike-Fahrer und ruft uns winkend zu, dass es nur noch berab geht („Pura Bajada!“). Irgendwann ist das tatsächlich fast der Fall, aber ohne Motor sind die Steigungen zwischen den Abfahrten halt auch noch zu erstrampeln. Lehre des Tages: „Traue keinem E-Bike-Fahrer, wenn er Aussagen über Steigungen und Gefälle macht!“

Unser Bed & Breakfast „Little Italy“ ist 450m von der Hauptstraße entfernt, diese geht es aber wieder einmal über teils lose, offenbar frisch verteilte, spitze Steine, und so sind die Wege in der gesamten Wohnsiedlung. Da ziehen wir es vor, das Tandem zu schieben, um nicht wieder einen Platten zu bekommen. Und obwohl wir so langsam unterwegs sind, verpassen wir das richtige Grundstück, erst das Winken der Betreiber führt uns zum richtigen Tor.

Die Suche nach einem Restaurant für unser Abendessen gestaltet sich ziemlich schwierig. Wir fahren mit dem Tandem die Panamericana ein ganzes Stück zurück, ohne etwas zu finden, das geöffnet wäre. Auf dem Hinweg lernen wir, dass diese Echsen hier auch ganz schön schnell sein können.

Schnelle Echse

Am Ende landen wir in einem kleinen Restaurant und wählen beide das Huhn „Pollo Frito“, vermutlich recht lange in Frittierfett gebratene Hähnchenstücke mit viel Knochen darin. In der folgenden Nacht hat Viktor erstmals seit dem Start unserer Tour unter Sodbrennen zu leiden. Einen Supermarkt finden wir auch nicht, also kaufen wir im B&B zwei Flaschen Wasser für die Nacht.

Bei der abendlichen Planung der nächsten Etappen stellen wir fest, dass es sehr wenig Unterküfte entlang der Panamericana in diesem Teil Panamas gibt. Für Warmshowers-Anfragen sind wir eigentlich schon zu spät dran und die potentiellen Gastgeber bieten überwiegend nur Plätze zum Zelten an, worauf wir in der Regenzeit auch nicht wirklich große Lust haben. Wir finden einen Ort „Horconcitos“ etwas abseits der Panamericana, in dem es ein Bed & Breakfast und ein Ferienhaus für morgen Abend gibt. Das haben wir uns in Panama eigentlich leichter vorgestellt.

Dienstag 9.7.24 – (066) – Tijeras – David

Gesamt: 4.103,62 km

Das Ferienhaus in Horconcitos, das wir in erreichbarer Entfernung gefunden haben, ist für heute Abend nicht mehr zu haben – wir entscheiden uns daher, mehr oder weniger notgedrungen, eine Nacht in David einzuschieben und Horconcitos morgen anzufahren. Dadurch haben wir nur diese ganz kurze Etappe und kommen schon um 7:45 Uhr am Hampton Inn an (Viktor möchte einmal Dienstreise-Feeling haben) nach einer gruseligen Fahrt im Berufsverkehr in die Großstadt.

Immerhin können wir unterwegs mal ein Foto von den festgebackenen Betonresten machen, denen wir auf unserer gesamten Tour schon so oft auf dem Seitenstreifen ausweichen mussten. Betonmischer scheinen hier in der Region regelmäßig größere Mengen davon zu verlieren und einfach liegen zu lassen. Wir hatten schon Haufen die 10 – 20 cm hoch waren und über die ganze Breite des Seitenstreifens reichten. In der Dunkelheit wären die eine richtige Gefahr für Leib und Leben (und Tandem).

Trotz der frühen Stunde bekommen wir sofort ein Zimmer, und das Tandem bekommt einen freien Konferenzraum im Keller ganz für sich alleine. Wir wollen den Tag für Erledigungen nutzen und beginnen gleich als erstes mit einem Friseurbesuch. Wir googlen nach „perruqueria“, dem Wort, das Viktor kennt. Die gefundenen sind ausnahmslos in Katalonien in Spanien. Ist wohl das falsche Wort. „Peluqueria“ ist hier das Richtige. Außerdem wollen wir Panamaische Währung, den „Balboa“, abheben, allerdings kann man an den ersten drei unterschiedlichen Geldautomaten immer nur US – Dollar ziehen. Beim dritten Versuch werden wir aber aufgeklärt, dass alle Banknoten hier US-Dollar sind. Nur die Münzen sind Balboas, so dass es an Geldautomaten immer nur US-Dollar gibt.

Es gibt hier in David etliche Fahrradläden, und wir wollen einen Ersatzschlauch und Schaltzüge kaufen. Der erste Laden, den Google-Maps uns anzeigt, scheint nicht mehr zu existieren, der zweite hat geschlossen, obwohl es schon 10 Uhr durch ist und er eigentlich geöffnet sein soll. Eine Nachbarin sagt, der Besitzer sei aber doch da, sein Auto stünde doch vor der Tür und er wohne in dem Haus. Viktor klopft an sein Wohnraumfenster. Eine verschlafene Stimme regt sich. Auf die Frage, ob der Laden denn geöffnet sei, antwortet er, ja, aber erst ab 10 Uhr. Er macht sich dann aber fertig und öffnet ein paar Minuten später die Ladentür . Erwartungsgemäß hat er die benötigten Sachen nicht, aber den Tipp, in welchem Geschäft es sie geben könnte. Nach einem Blick auf die Wegbeschreibung dorthin beschließen wir, für den Hinweg ein Taxi zu nehmen. Die stehen hier an allen Ecken herum und sprechen einen ständig an (also die Fahrer 🙂 ).

Uns ist schon aufgefallen, dass es hier mehrere Hotels mit angeschlossenem Casino gibt, und auf der Taxifahrt sehen wir noch mehr. Der Fahrer bestätigt, dass David eine Art Las Vegas von Panama ist. Der Spruch „What happens in Vegas, stays in Vegas“ gilt hier genauso als „What happens in David … „.

Der empfohlene Fahrradladen ist wirklich groß und gut sortiert (neben Fahrrädern und Zubehör gibt es auch z.B. Matratzen und Kochtöpfe, um ein paar Beispiele zu geben), aber auch hier erhalten wir unsere speziellen Ersatzteile nicht. Es wird wohl wieder auf Amazon hinauslaufen! Auf dem knapp drei Kilometer langen Rückweg fragen wir in mehreren Ferreterias nach einem Saitenschneider. Es gibt auch dort neben dem Eisenwarensortiment immer auch anderes: Lebensmittel, Kleidung, Getränke sowieso …, aber einen Saitenschneider bekommen wir nicht.

Ebenfalls erfolglos fragen wir in etlichen Apotheken nach 30G – Insulinspritzen, zum Einspritzen des Schmierfetts in den Freilauf. Alle haben sie 31G (die sind zu fein für das Fett), eine hat auch 25G.

Die letzte Sache, die wir besorgen wollen, ist ein USB-A (männlich/macho) zu USB-C (weiblich/hembra) – Adapter. Die allesamt weiblichen Verkäuferinnen in den zahlreichen besuchten Elektronikgeschäften (die gibt es hier weit häufiger als Restaurants oder Cafés) geben sich teilweise sehr viel Mühe, aber Mühe allein reicht leider nicht. Wir wollen schon aufgeben (Amazon …), da kommt noch ein passender Laden und Viktor will es noch ein letztes Mal probieren. Und siehe da: die Dame geht schnurstracks zu einem Regal und hat das passende Kleinteil.

Bevor wir wieder zum Hotel kommen, verweilen wir noch in einem Italienischen Eiscafé …,

… aber pünktlich zum Fußballspiel Spanien gegen Frankreich sind wir zurück. Viktor kann im Hotelrestaurant gucken. Im Zimmer gibt es den richtigen Sender nicht, alternativ könnte er auch ins Casino nebenan gehen. Da bleibt er lieber im Hotel.

Jutta nutzt die Zeit, um die Tage bis Santiago zu planen. Ab da wird es wieder wesentlich besser mit der Infrastruktur. Wir müssen wirklich jede Unterkunft in der Nähe der Straße nehmen, wenn wir eine auslassen, werden es zu lange Etappen. So wird nur ein Tag richtig hart werden mit fast 100 Kilometern und fast 1000 Höhenmetern. Eine Unterkunft muss man anrufen, da wartet Jutta auf Viktor, die anderen bucht sie aber auch lieber schon, denn wenn eine absagen würde, sähe es nach zelten an einer Tankstelle aus.

Nach dem Sieg von Spanien macht sich Viktor an eine Amazon-Wunschliste und versucht vergeblich, sich die Sachen hier nach Panama zu bestellen. Kaum möglich, und wenn, dann mit 40$ Porto für ein Kleinteil. Währenddessen vermittelt Jutta den Besuch des Katalanischen Teils ihrer Familie zum Europameisterschafts-Endspiel in Berlin mit Unterkunft bei unseren Untermietern Emma und Wolfgang. Und das Lustige ist, dass Emmas Familie vor vielen Jahren mit Juttas Vermittlung Urlaub in Katalonien gemacht hat und Dorothee und ihre Zwillinge daher kennt.

Weil wir jetzt wissen, dass wir doch nicht erst Ende Juli in Panama-Stadt ankommen werden, buchen wir uns für den 20.7. eine Panorama-Zugfahrt am Panama-Kanal und fragen an, ob wir unsere Bootstour nach Kolumbien am 23.7. antreten können, da bleibt die Antwort noch abzuwarten.

Wir haben heute bei den Gängen durch die Stadt kein besonders einladendes Restaurant gesehen, also gehen wir zum Abendessen ins Hotelrestaurant und werden dort nicht enttäuscht. Zwar ist der Raum viel zu stark klimatisiert, nicht nur uns ist es zu kalt, aber die Küche ist sehr gut.

Beim Stadtrundgang sehen wir wieder einen Kinderspielplatz mit rollstuhlgerechter Schaukel und Karussel. Das war uns in Mexiko (La Paz) schon aufgefallen. Wir sind aus dem Kinderspielplatzalter ja herausgewachsen und fragen uns, ob es so etwas in Deutschland inzwischen auch gibt.

Mittwoch 10.7.24 – (067) – David – Horconcitos

Gesamt: 4.149,77 km

Wir frühstücken im kühlen Restaurant des Hampton Inn, wo heute Party angesagt ist: heute ist Piña Colada Tag und alle Mitarbeiter tragen gelbe Shirts und Hawaii-Ketten, und überall stehen Ananas-Ballons als Dekoration. Das heiße Wasser für den Tee ist stark gechlort, so dass der English Breakfast Tee nicht schmeckt, aber sonst ist das Frühstücksbuffet wie in einem Amerikanischen Hotel erwartet. Beim Packen des Tandems richten wir die Deutschlandflagge richtig herum aus. Vielen Dank für den Tipp – wir mussten erst nachgucken, dass es da für jedes Land eine Regel gibt.

Wir verlassen das Hotel ziemlich genau 24 Stunden nach unserer Ankunft gestern. Recht schnell geht es raus aus der Stadt und auf die Panamericana, die hier sehr stark befahren ist. Hinter David kommt sofort Las Lomas, danach ist lange Zeit … nichts. Die letzte Tankstelle nach 18 Kilometern wollen wir nutzen, allerdings hat der angeschlossene Markt geschlossen. Gegenüber ist aber ein Gemischtwarenladen (Lebensmittel und Eisenwaren), bei dem wir tatsächlich den gesuchten Saitenschneider bekommen – ein recht großes, schweres Exemplar, aber das muss jetzt sein, bis wir etwas Kleineres haben!

Die Straße ist weiterhin zweispurig in beide Richtungen, heute aber mit einer Mauer dazwischen, so dass man nicht ohne eine Fußgängerbrücke oder einen großen Umweg über eine Wendemöglichkeit an die andere Straßenseite gelangt. Wir hoffen deshalb darauf, dass das bei Google angezeigte Restaurant (eine Marisqueria) irgendwo bei halber Strecke auf unserer Seite kommt. Wir haben Glück und finden die Pausenmöglichkeit, wenn auch die Bezeichnung „Restaurant“ etwas übertreibt. Es gibt Kaffee für 0,75$.

Horconcitos liegt 5 Kilometer von der Panamericana entfernt, und an dem Abzweig soll es einen Supermarkt geben. Dort wollen wir vorsichtshalber Reis und Sauce kaufen, falls das Restaurant in Horconcitos nicht wie bei Google angegeben geöffnet hat. Der Super Isabel (kombiniert mit der Ferreteria Isabella) liegt auf der nördlichen Straßenseite, wir sind auf der südlichen. Aber es gibt an dieser wichtigen Stelle eine Fußgängerbrücke. Viktor bleibt beim Rad, Jutta begibt sich auf den Weg zum Einkaufen. Kaum ist sie die ersten Stufen hochgestiegen beginnt es wie aus Kübeln zu schütten.

Die Brücke ist überdacht, und Viktor kann sich an der Bushaltestelle unterstellen. Haben wir sehr gut getaktet! Es ist zum Glück kein langer Guss, bald kann Jutta über den überschwemmten Naturparkplatz in den Markt gehen. Vorgestern haben wir gelernt, dass man sich in Panama als Kunde strafbar macht, wenn man keinen Kassenbon für erstandene Dinge hat. In diesem Supermarkt sitzt die Kassiererin mit einem Taschenrechner an der Kasse, Kartenzahlung ist nicht möglich, und es gibt auch keinen Kassenbon. Hoffentlich werden wir nicht kontrolliert :-).

7% der Rechnung oder 1$ als Strafe, je nachdem was höher ist, wenn man den Laden ohne Rechnung verlässt.

Die letzten fünf Kilometer gehen wie schon alles vorher immer rauf und runter, und dann sind wir am Ziel. Hier sind alle Straßen asphaltiert, ziemlich schmal, mit gelber Mittellinie und Richtungspfeilen alle paar Meter. Sie sehen fast wie Radwege aus, aber es fahren Autos und auch LKW drüber. Am Coco-House, unserem gemieteten Ferienhaus, sind wir schon um 12 Uhr. Einchecken geht ab 14 Uhr.

Wir gehen also gleich einmal durch den Ort und schauen nach dem potentiellen Restaurant. Es hängt zwar ein entsprechendes Schild am Zaun, und man sieht auch, dass dort ein Restaurant (gewesen) sein könnte, es ist aber nichts (mehr) da. Gut, dass wir Reis und Sauce dabeihaben! Piña Colada gibt es für ans am heutigen Piña Colada Tag jedenfalls nicht.

Viktor kontaktiert den Vermieter per WhatsApp. Er möchte erst die Bezahlung in bar in seinen Barbershop gebracht bekommen, dann dürfen wir früher rein. Die Miete ist weit mehr als die Nacht im Hampton Inn uns gekostet hat, und von außen macht das Haus einen guten Eindruck. Drinnen riecht es nach Benzin, die Betten sind nicht bezogen und teilweise sehr dreckig und es gibt keine Klimaanlage. Die Vermieter sind noch neu bei booking.com und bekommen von Viktor geschrieben, dass man für den Preis wirklich eine Klimaanlage erwartet – angeblich sollen auch welche nachgerüstet werden. Viktor möchte auf dem vorhandenen großen Fernseher das zweite Halbfinalspiel gucken, aber es gibt weder Sender noch sonst einen Online-Dienst, also muss das Handy als Bildschirm reichen. Immerhin ist das W-LAN wirklich schnell.

Wir öffnen alle Fenster und machen alle Lichter an, weil sich nur dann die Deckenventilatoren drehen, und schwitzen einfach weiter – keiner von uns hat das Bedürfnis, sich schon zu duschen und umzuziehen – es lohnt nicht!

Als Jutta abends den Reis kochen will, stellen wir fest, dass die Gasflasche leer ist, nachdem schon Wasser und Reis im Topf sind. Der Vermieter geht nicht ans Telefon! Was nun? Das Frühstück von sechs Uhr heute morgen ist lange her, wir haben zwar noch ein paar Nüsse, Müsliriegel und Bimbo-Brot, aber daraus kann man auch kein Essen zaubern. Wir gehen auf die Suche nach dem Kiosk, den wir heute Mittag gesehen haben, und essen dann dort. Als wir wieder im Haus sind, findet Viktor auch heraus, woher der „Benzingeruch“ kommt: in unserem Schlafzimmer ist eine Kommode, deren Schubladen voller Mottenkugeln sind, die man auch im Urinal verwenden kann, um Gerüche zu eliminieren. Damit steht fest, dass wir eins der zwei anderen benutzen, auch wenn das eine sehr dreckig ist, und in dem anderen Kakerlaken leben.

Und hier kommt die Auflösung der Quizfrage nach der Anzahl unserer bisherigen Platten: zwei mal Hinterrad (das erste Mal allerdings mehrfach…), drei mal Vorderrad, macht fünf Löcher in 15 Wochen und über 4000 km, und das bei den teils schlechten Straßen, das ist wohl okay.

Donnerstag 11.7.24 – (068) – Horconcitos – Las Lajas

Gesamt: 4.195,38 km

Die Nacht war besser als gedacht, wir schlafen aus und frühstücken Toast und Tee im Ferienhaus. Unser Geschirr stellen wir einfach in die Spüle, um den Vermietern zu vermitteln, dass man für den Preis auch eine gewisse Leistung erwarten kann. Den Reis von gestern verteilen wir unter einer Palme im Garten – es laufen viele Hühner herum, die den eventuell noch fressen können.

Um viertel vor neun starten wir, die ersten fünf Kilometer den Weg von gestern zurück zur Panamericana. Es ist sonnig und wenig Verkehr unterwegs, so dass es sich ganz angenehm fährt. Rechts und links ist heute wieder viel Natur, zwar keine unberührte, aber auch keine Monokulturen. Auch wenn es die ganze Zeit etwas auf und ab geht, eine richtig große Höhe müssen wir heute nicht überwinden – das kommt morgen.

Eine Tankstelle nach relativ kurzer Strecke will Jutta für einen Toilettenbesuch nutzen (jede Gelegenheit ausnutzen). Dort gibt es auch eine winzige Apotheke, die immer nur vormittags bis 12, am Wochenende nur eine Stunde geöffnet hat, aber, siehe da, dort gibt es die 30G – Insulinspritzen (nicht von „BD“, sondern von einem Chinesischen Hersteller) – hier scheinen die Diabetiker noch nicht alle auf die dünneren Nadeln umgestellt worden zu sein. Viktor kauft gleich fünf Stück!

Nach ungefähr halber Strecke gibt es ein „Supercentro“. Wir trinken einen schlechten Kaffee und lernen, das es in einer „Buhonería“ nicht etwa Eulen gibt (Búho – Eule) sondern Kleidung und anderen Kleinkram wir Knöpfe oder Modeschmuck. Ein paar Kilometer weiter ist dann doch noch ein Restaurant, und wir halten noch einmal. Das Restaurante Doña Gladys ist ein riesiger Raum mit weit entfernt voneinander stehenden Tischen und einer Kantinentheke. Wir vermuten, dass dort Reisebusse verköstigt werden. Wir forden die Bedienung heraus und bestellen zwei heiße Schokoladen, aber eine Kollegin kennt den richtigen Knopf auf der Nespresso-Maschine und wir bekommen sie.

Weiter geht`s! Um halb eins sind wir in Las Lajas, können aber erst ab 14 Uhr einchecken, also fahren wir in den Ort. Ein Schild weist auf ein Italienisches Eiscafé hin. Wir freuen uns zu früh – es öffnet erst um 14 Uhr, ist allerdings auch die Pizzeria am Ort, die gerade nicht Urlaub macht, und wir planen, abends dort zu essen. Wir setzen uns in den Schatten auf einem Platz vor der weiterführenden Schule, wo gerade Schulschluss zu sein scheint. Und für uns sieht es so aus, als würden sich alle Schüler und Schülerinnen hier auf dem Platz sammeln, statt nach Hause zu gehen. Ist es vielleicht nur eine Mittagspause? Dann sehen wir, dass ein Minibus kommt, in den ein paar der Jugendlichen einsteigen. Wahrscheinlich warten sie einfach auf viele verschiedene Busse, die sie wieder nach Hause bringen, denn in diesem kleinen Ort werden sie längst nicht alle wohnen.

Um viertel vor zwei klingeln wir bei unserem Bed&Breakfast und werden auch schon eingelassen. Hier haben wir einen kleinen Bungalow, mit Klimaanlage und Ventilator, warmem Wasser, Veranda mit Wasserkocher und Kühlschrank, also alles gut, nur das Frühstück gibt es erst ab acht, und morgen haben wir einen Hammertag vor uns und wollen früher los.

Weniger als eine Stunde nach Ankunft beginnt es zu gewittern, und das nicht zu knapp. Auf der Veranda bleibt man zwar trocken, wird aber schnell von Mücken angefallen.

Das Regenradar-Bild verheisst nichts Gutes, und die Pizzeria hat keinen Lieferdienst. Aber wir waren zumindest wieder mal rechtzeitig vor dem Regen am Ziel!

Der Saitenschneider von gestern ist übrigens eher eine gute Kneifzange vom gleichen Hersteller TRUPER, von dem wir in Nicaragua auch die neue Luftpumpe gekauft haben. Viktor hat im Laden mehrere Saitenschneider ausprobieren können (der Verkäufer half sogar beim Auspacken) und einen suaberen glatten Schnitt bekam nur diese Zange hin.

Am Nachmittag erhalten wir eine WhatsApp mit der Info, dass die Atacamawüste in Chile schon blüht. Viel zu früh! Das Phänomen gab es früher nur alle 5 bis 7 Jahre und immer im September/Oktober. Wir sind doch noch viel zu weit weg und hatten darauf gehofft, das „erfahren“ zu können!

Der Abend entwickelt sich dann doch noch ganz anders als gedacht. Da es immernoch stark regnet, teilen wir uns mit einem Pärchen aus dem Nachbar-Bungalow (Blanca und Carlos aus Spanien, er ist gebürtiger Kolumbianer) ein Taxi nach San Felix, um dort in einem spanischen Restaurant („Paco Meralgo“ betrieben von einem „Paco“ aus Extremadura in Spanien, der so schnell spricht, dass selbst die geürtige Spanierin ihn kaum versteht) essen zu gehen. Das Taxi, dass wir am Straßenrand herbeiwinken ist schon mit einem Fahrgast besetzt, aber natürlich kann er locker noch vier Personen mitnehmen. Carlos kommt mit dem anderen Fahrgast auf den Beifahrersitz (und die Mittelkonsole), wir anderen Drei nach hinten. 5 Dollar für die Hinfahrt.

Bei der Essenbestellung wieder mal so eine Situation, bei der einzelne Vokabeln ganz entscheidend sind. Der gebratene Thunfisch kommt in einer „Ajonjolí“-Kruste. Woher soll Viktor wissen, dass das Sesam ist, den er nicht so gut verträgt? In Spanien hieß das immer „Sésamo“. Selbst die Sesamstraße hieß damals „Plaza Sésamo“ und nicht „Plaza Ajonjolí“.

Wir verbringen einen netten Abend, teilen uns auf spanische Art ein paar Speisen und erfahren, dass die beiden als Freiwillige in Panama sind, um im Rahmen des Programms „Luz en Casa“ private Klein-PV-Anlagen in abgelegenen Gegenden zu installieren, die noch über viele Jahre nicht ans Stromnetz angeschlossen werden sollen. Ihr Arbeitgeber unterstützt das Programm und für jeden investierten Urlaubstag gibt er einen Arbeitstag dazu.

Wir nutzen die Zeit in San Felix noch für einen schnellen Einkauf im Supermarkt, von Paco nur „El Chino“ genannt, denn er wird von Asiaten betrieben, wie offenbar viele andere Mini-Supermärkte hier in Panama. So wie wir hier „Gringos“ sind, sind wohl alle Asiaten „Chinos“. Für unseren Hammertag morgen sind wir somit schon mal mit Getränken für die erste Tageshälfte versorgt und sparen uns einen Einkauf am frühen Morgen.

Und jetzt hätten wir noch ein neues Rätsel für Euch! So sehr beliebt scheinen unsere Quizze zwar nicht zu sein, aber egal. Seit wir in Panama sind, sehen wir immer wieder die folgenden Verkehrszeichen am Straßenrand. Was könnten die wohl bedeuten?

Freitag 12.7.24 – (069) – Las Lajas – Soná

1.295 m bergauf, 1.346 m bergab

Gesamt: 4.291,14 km

Da wir heute wohl an die 100 Kilometer fahren müssen und entsprechend früh losfahren wollen, verpassen wir das Frühstück des wirklich netten Bed and Breakfast, aber Chantal, die Deutsche Betreiberin, hat uns gestern Sandwiches (mit richtig gutem Sauerteigbrot) und Äpfel in unseren Kühlschrank gepackt. Wir kochen uns noch einen Tee dazu, frühstücken noch im Dunkeln auf der Veranda und fahren um sechs, noch vor Sonnenaufgang los.

Die ersten Stunden ist es angenehm kühl. Nach ca. 20 Kilometern kommt eine Grenzstation: die autonome Provinz Chiriqui ist zuende, hier wird kontrolliert, aber wir werden durchgewunken. Gleich danach verlassen wir die Panamericana und biegen rechts auf die „5“ ab, da nach unseren Berechnungen über diese Straße 300 Höhenmeter weniger als über die „1“ zu bezwingen sind. Schon beim Einbiegen fällt auf, dass es nur noch eine Spur je Richtung gibt, keinen Seitenstreifen und keine hässliche Mauer in der Mitte, so dass die Schneise durch die Natur schmaler ist, als eine einzige Fahrtrichtung der Panamericana. Der Autoverkehr ist deutlich reduziert. Auf dieser Straße werden wir bis Santiago bleiben können, und es fährt sich viel schöner: wir hören, sehen und riechen wieder viel mehr und haben zudem häufiger Schatten von den Bäumen.

An einer Stelle überfliegen uns ganz viele grüne Papageien, wir sehen kleine und größere Greifvögel, viele Schmetterlinge (einen ganz großen blauen bekommt Viktor sogar gefilmt) und ganz viele schöne Aussichten.

Blauer Schmetterling

Es geht ständig auf und ab, mal sind wir Wasserniveau – aber nicht am Meer, hier gibt es große Mangroven-Wälder – mal sind wir auf 200 Meter Höhe. Die vielen Höhenmeter des Tages kommen durch den ständigen Wechsel zustande. Es geht teilweise ziemlich steil auf und ab, wir werden beide an die Halbinsel Nicoya (Costa Rica) erinnert, und müssen auch dreimal schieben. Besiedelt ist das Gebiet hier ziemlich spärlich, wir müssen aber genug Pausen machen und Getränke auffüllen.

Es wird der erwartet harte Tag, denn die Temperaturen erreichen gegen Mittag unangenehme Höhen über 30 Grad Celsius und Viktors Wasser- und Isogetränke-Verbrauch geht entsprechend rasant in die Höhe. Wir haben mal nachgerechnet und sind über den Tag auf ca. 6,5 Liter gekommen (3 x 600 ml Gatorade, 3 l Wasser, 1 x 600 ml Cola, 1 x 600 ml Luni-Limonade, 1 Kaffee, 1 Tee). Die Getränke am Abend (noch mehr Wasser, 2 Dosen Ginger Ale) sind da noch gar nicht mit eingerechnet. „Ist das noch normal?“ fragen wir uns, besonders nachdem die Blutdruckmessung der Smartwatch seit einer Woche einen leicht erhöhten Blutduck (140/80 mmHg) anzeigt, während er vorher perfekt lag (120/70 mmHg).

Vor der letzten großen Steigung halten wir nochmal für ein Motivations-Eis an einem kleinen Kiosk „KEO San Antonio“ kurz vor Zapotillo. Viktor kommt mit dem Besitzer ins Gespräch und er erzählt von einer 28-tägigen Straßensperrung direkt vor seinem Kiosk im Oktober 2023 im Rahmen der Proteste gegen den Ausbau einer großen Gold- und Mangan-Mine in den Bergen oberhalb des Ortes. Das erklärt auch die „No a la Mina“ (Nein zur Mine) – Schilder, die wir am Straßenrand gesehen haben. Viktor verquatscht sich so sehr, dass er beim Aufsteigen auf das Tandem glatt vergisst, das Eis zu bezahlen (Jutta aber nicht). Der Besitzer besteht dann daruf, dass es nicht bezahlt wird und will einfach kein Geld annehmen. Immerhin nimmt er einen unserer Aufkleber an und sagt, dass ein Bruder Informatik-Lehrer sei und der ihm dann zeigen könne, wie er auf diese Blog-Seite kommt. Falls das geklappt hat: Danke nochmal für das geschenkte Eis!

Der letzte und größte Anstieg kommt erst zwischen KM 64 und KM 77, also doch recht spät, wenn die Kräfte so langsam nachlassen. Bei Viktor geht es wieder ans Limit und irgendwann ist der Akku leer und das Camelbak (der Wasser-Rucksack) auch. Zum Glück spuckt Google aus, dass in weniger als einem Kilometer eine „Abasteria“ (kleiner Laden) erreicht wird, wo wir wieder auftanken können. Eine kühle panamische Sprite-Alternative namens „Luni“ lässt Viktor an Imkerfeunde in Hohen Neuendorf denken: „Lüni rettet Viktor“.

Lüni rettet Viktor

Die Navigatorin hatte unser heutiges Ziel nur durch PIN-Setzen festlegen können (es gibt hier nicht so einfache Adressen mit Straßennamen und Hausnummer, daher muss manchmal der ungefähre Standort bei Booking.com herhalten). Als wir dort ankommen, werden wir von einer lustigen Gruppe Betrunkener zum Bier eingeladen, aber ein Hostal ist nicht in der Nähe. Wir fragen Google: 21 Minuten mit dem Auto! Nicht das noch – wir können nicht mehr! Viktor fragt die Vermieter per WhatsApp nach dem Standort. Gar nicht weit, wieder zurück zur Hauptstraße und dann auf die andere Seite. Viktor schreibt, dass wir in 20 Minuten da sein werden. Und dann stehen wir in der richtigen Straße und schauen uns um. Der Name (Hostal El Paraiso) steht nirgends dran. Wir sehen ein ziemlich herntergekommenes Haus mit „Zimmer zu vermieten“-Schild.

Neue WhatsApp. Keine Antwort. Wir fahren noch einmal zur Hauptstraße, wollen eigentlich einen Kaffee trinken, aber es gibt zwar jede Menge Mini Super, Ramschläden, Bars mit lauter Musik, aber kein Café. Jutta besorgt dann wenigstens noch ein paar Bohnen und Joghurt als Nachtisch, weil wir abends den Reis mit Sauce essen wollen. Inzwischen hat Viktor eine Antwort, dass wir um 16:30 Uhr reingelassen werden können. Wir sind fast pünktlich. Es begrüßt uns ein junger Weimaraner, die Vermieterin ist erstaunt, dass wir das erkennen, aber mit früheren Vizlas in der Familie ist das selbstverständlich. Und dann schließt sie nicht das Haus auf, sondern führt uns eine schmale Treppe daneben herunter, durch eine Tür in ein Wohnzimmer. Von diesem geht eine Tür in unser gemietetes Zimmer ab. In dem Raum ist abgetrennt durch zwei Schiebetüren eine Dusche und eine Toilette. Hatten wir so auch noch nie. Nur haben wir keinerlei Möglichkeit zu Kochen. Und um ins W-LAN zu kommen, müssen wir das von der Vermieterin geschickte Passwort mehrfach umstellen, bis es passt. Wir duschen also (eiskalt), essen den Joghurt, damit er nicht zu warm wird und gehen dann doch nochmal los – immerhin regnet es heute nicht. Jutta hat ein Restaurant gesehen, was einigermaßen okay aussieht. Es ist das Hotelrestaurant eines Hotels, das extrem schlechte Bewertungen auf Google hat. Dort sind wir die Einzigen, aber die Quesadillas sind ganz gut.

Als wir die Vermieterin noch einmal sehen und ihr sagen, dass ihre Unterkunft bei Google Maps mitten im Wald liegt, fragt sie tatsächlich uns, wie sie denn wohl die Koordinaten ändern kann. Sie ist schließlich im Zentrum von Soná… .

Samstag 13.7.24 – (070) – Soná – Santiago de Veraguas

Gesamt: 4.340,12 km

Wir schlafen nach dem anstrengenden gestrigen Tag heute aus und sind erst gegen 6 Uhr auf den Beinen. Gegen 8 Uhr brechen wir auf und kaufen in Sona nochmal frische Getränke für den Tag. Viktor kommt mit einem Autofahrer ins Gespräch, der ihn auf das Tandem anspricht und technische Fragen hat. Außerdem sieht er erstmalig ein Auto mit einem Nummernschildhalter des FC Barcelona, hier in Mittelamerika scheinen fast alle Fans von Real Madrid zu sein.

Der Tag ist in der ersten Hälfte erstaunlich anstrengend. Es geht wieder viel auf und ab, teilweise auch recht steil (bis 8% Steigung) und zumindest einem von uns steckt der gestrige Tag noch in den Knochen.

Zwischendrin ist eine Wiegestation für LKW am Straßenrand, beim Vorbeifahren winkt uns der dort Diensthabende zu, wir wenden und fahren hinein. Er denkt, wir wollen nach Wasser fragen, aber wir wollen eigentlich lieber mal unser Gesamtgewicht wissen, und er lässt uns auf die Waage fahren. Sie zeigt 0,520 Tonnen an, was nicht sein kann. Wahrscheinlich funktioniert die Waage nur mit höheren Gewichten und/oder Verteilung auf beiden Seiten … .

In Santiago angekommen ist es noch zu früh, zur Unterkunft zu fahren, also suchen wir nach einem Café oder Eiscafé und finden in der Nähe der Katedrale auch eines. Wir genehmigen uns auf Einladung von Michael P. zwei Frappé und machen dort ein romantisches „Amore Mio“-Selfie.

Vor der Katedrale spricht uns ein Paar an, es sind Ernesto und seine Lebensgefährtin. Er ist gebürtiger Kubaner, hat viele Jahre in Premia de Mar für eine deutsche Firma gearbeitet (ganz nah an Calella de la Costa, Viktors zweiter Heimat in Katalunien) und spricht Katalan („Amb molt de Gust“). Sie ist Russin. Die beiden haben sich in Spanien kennengerlernt und lange in St. Petersburg in Russland gelebt. Aus nachvollziehbaren Gründen haben sie verganges Jahr entschieden, sich einen neuen Lebensmittelpunkt zu suchen und haben sich gerade ein Grundstück in Panama gekauft. Wir tauschen Telefonnumern aus und Ernesto bietet uns jederzeitige Hilfe an, wenn wir unterwegs in Panama irgendwelche Probleme haben sollten.

Unsere Unterkunft ist heute ein Appartement in der Calle Jerusalen. Obwohl es noch nicht 14 Uhr ist und wir eigentlich erst ab 15 Uhr kommen sollen, probieren wir den geschickten Schlüsseltresor-Code und kommen schon rein. Das Appartment ist eine Wohltat nach gestern. Wir duschen, waschen unsere Sachen (was gestern gar nicht ging) und können sie zumindest bis abends auf dem Balkon aufhängen. Dann besuchen wir das schon mittags von Jutta inspizierte „Centro Interactivo del Canal de Panama“. Wir werden schon erwartet (nachdem Jutta mittags davon gesprochen hat, später zu kommen, als sie gleich dableiben sollte). Wir bekommen als einzige Besucher eine Führung. Es kostet keinen Eintritt (sie haben nicht einmal eine Kaffeekasse) und weder mittags noch nachmittags sind Besucher dort, aber mindestens drei Mitarbeiter und ein Security-Mann als Türsteher.

Jutta Interaktiv

Auf der Herdplatte im Appartment wird heute der Reis mit Tomatensauce und roten Bohnen gekocht – wollen wir nicht noch länger durch die Gegend fahren. Anschließend wird nur noch Blog geschrieben, die nächsten Tage geplant und Nächte gebucht und dem Samstagabendlärm der Stadt gelauscht.

Sonntag 14.7.24 – (071) – Santiago de Veraguas – Aguadulce

diese Schwelle alle drei Meter – eine Wonne

Gesamt: 4.398,57 km

Nach einer sehr lauten Nacht (lange noch laute Musik und Menschen, danach gleich Hähne und Autos…) frühstücken wir gemütlich im Appartment und sind gegen 6:45 Uhr abfahrbereit. Ein Nachbar spricht uns noch an: er kommt aus Fresno/Californien und ist als Rentner hierher gezogen – wir reden ein wenig, dann muss er los zur Kirche und wir können auch fahren (bevor es zu heiß wird).

Ab hier werden wir bis Panama Stadt wieder komplett auf der Panamericana fahren. Leider stellen wir gleich beim Verlassen von Santiago fest, dass die Qualität massiv nachgelassen hat: Betonplatten, und alle drei Meter eine nicht zu vernachlässigende Schwelle. Unser Glück ist, dass diese konsequent abwärts geht, da ist die Gefahr für einen Platten nicht so groß. Aber es rummst ganz schön und geht durch Mark und Bein! Die Gegenfahrbahn ist asphaltiert. An einer Tankstelle erkundigt Viktor sich und erfährt, dass es bis Panama Stadt so weiter geht, aber dass manchmal die eine, manchmal die andere Seite asphaltiert ist. Das sind ja wirklich tolle Aussichten! Die Standspur ist zwar asphaltiert, aber teilweise so verdreckt, dass wir nicht darauf ausweichen können. Im Laufe der heutigen Fahrt verschiebt sich die Abwägung zwischen dem Rummsen auf der Fahrbahn und dem Slalomfahren rund um den Dreck auf der Standspur (Tote Tiere, Betonreste, Bierflaschen, Glasscherben, zerfetzte Getränkedosen, Schrauben, Nägel, Überreste von Unfällen, z.B. Seitenspiegel, Karosserieteile u.s.w.) aber immer weiter in Richtung der Nutzung der asphaltierten Standspur, auch wenn das Risiko eines Plattens dort hoch ist.

Ziemlich bald nach Santiago kommt erst ein Abzweig links nach Guayaquil, kurz danach einer nach rechts nach Antalya – wir wähnen uns schon in anderen Ländern (Ecuador, Türkei). Beim abendlichen Nachschauen entpuppt sich Antalya allerdings als Atalaya … nur ähnlich. Dafür sind wir zum Abendessen bei den Inkas (Peru). Was denn nun? Wir können doch mit dem Rad nicht vier Länder an einem Tag besuchen!

Obwohl es rechts und links fast ununterbrochen besiedelt ist, finden wir Sonnatgs keine geöffnete Fonda zum Pausieren, alle Tankstellen sind auch nur zum Kraftstoff-Tanken und haben keinen Shop. Nach 35 Kilometern kommt ein Ort mit Tankstelle, Hotel, Minisuper und Restaurant, und Viktor bekommt Rühreier und wir beide einen Kaffee mit Milch. Ab hier ist unsere Seite der Panamericana asphaltiert, aber wir freuen uns zu früh: die dünne Schicht über den Betonplatten hat genau alle drei Meter einen Riss. Besser als vorher, aber gut ist anders. Wir denken an Mexiko, wo man wenigstens um die Schlaglöcher herumfahren konnte ;-). Das Auswärtige Amt schreibt über die Straßenqualität in Panama übrigens Folgendes: Das Straßennetz ist im regionalen Vergleich als gut einzustufen. Die von Panama-Stadt entlang der Pazifikküste bis an die costa-ricanische Grenze reichende „Panamericana“ befindet sich in meisten Teilen in gutem Zustand. Das sehen wir als Radfahrer nicht ganz so!

Aguadulce erreichen wir schon um kurz nach elf, und da es bis zum EM-Endspiel noch mehr als zwei Stunden hin ist, halten wir an einer Mall mit Eiscafé und verzehren das von Ursula und Joachim gesponsorte 4000-er Eis in Form von zwei Bananen-Splits (überall immer das einzige Angebot neben einfach Kugeln). Vielen Dank dafür, Ihr treuen Spender!

hat ein kleiner Junge für uns fotografiert

Das Hotel Interamericana ist schon älteren Semesters, aber wir dürfen schon früh in ein Zimmer im Erdgeschoss und das Tandem mit hineinnehmen (haben wir nicht erbeten). Es gibt einen Pool, der (wahrscheinlich, weil es wieder Sonntag ist) von einigen Familien besucht ist, aber Viktor springt noch rein, bevor er zum Fussballgucken in die Bar geht.

Nach einer langweiligen 1. Halbzeit, nimmt das Spiel in der zweiten dann Fahrt auf und Spanien gewinnt verdient 2:1 (Campeooooooooones! 🇪🇸 🇪🇸 🇪🇸 🇪🇸). England darf dann gerne die Heim-EM in 2028 gewinnen. „Football’s coming home“.

Zum Abendessen haben wir uns ein peruanisches Restaurant um die Ecke ausgesucht oder – denn es schüttet schon wieder, obwohl wir jetzt in einer trockeneren Region sein sollen – wir bleiben im Hotelrestaurant.

Ansonsten ist heute kein Touri-Programm in Aguadulce angesagt, sondern Blog-Update, Ausruhen und ein bisschen Rückengymnasik, denn der Ältere von uns spürt immer noch die Nachwirkungen der langen Etappe vom Freitag.

Der Regen hat aufgehört, wir gehen also zum Inka-Restaurant und fühlen uns dort ein bisschen wie in Peru, wo wir hoffentlich auch noch hinfahren werden.

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  1. Da habt ihr schon ganz gut was geschafft, wann geht denn euer Schiff und wohin?

    Kleine Randbemerkung, eure Fahne ist nicht richtig herum 😉, schwarz links.

    Happy Trails!

  2. Tina

    Spurhalten & Überholverbot 🥴

    • Wir müssen auch noch recherchieren und herumfragen. Die beiden mit den Pfeilen bedeuten wohl Für LKW bzw. PKW: „Rechte Spur benutzen“.
      Aber das mit dem Laster auf der rechten Spur ist uns ein Rätsel. Dürfen PKW keine LKW überholen, aber PKW dürfen andere PKW überholen? Dürfen LKW nicht rechts überholen?

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