Montag 17.2.25 – Puerto Natales – Ushuaia (Bus)
Wir verlassen das Hostal Nataly gegen sechs Uhr in der Früh, holen das Tandem von gegenüber, bepacken es und fahren zum Busterminal. Ein anderer Gast läuft zu Fuß und kommt fast gleichzeitig mit uns an. In der ziemlich vollen Halle bereiten wir unser Vehikel auf die Busfahrt vor und können dann schon fast zum passenden Bus von Bus Sur aufbrechen.
Ziemlich pünktlich fahren wir um fünf nach sieben los, unsere Plätze sind fast ganz hinten. Auf der Ruta 9 geht es ziemlich parallel zur Grenze nach Argentinien (ein langes Stück ist Ripio, also Schotterstrecke), bis wir dann Richtung Süden abknicken. An einer Tankstelle an der Gabelung mit der Ruta 255 müssen alle, die nach Ushuaia wollen, aus- und umsteigen. Jutta beginnt die Taschen schon zum anderen (falschen) Bus zu tragen, als noch ein weiterer einfährt, und das ist erst der Richtige. Dieser Bus ist etwas kleiner, und dort, wo das Tandem in den Gepäckraum soll, hängt etwas an der Decke, so dass die Höhe etwas zu klein ist – das Tandem muss ein wenig schräg stehen. Aber diese störende Box ist wohl für das WIFI zuständig, das es in diesem Bus tatsächlich einmal während der gesamten Fahrt gibt, dafür nimmt man das gerne in Kauf.
Um halb zehn fahren wir (weiter vorne sitzend) mit dem zweiten Bus weiter. Um 10:40 Uhr kommen wir nach einem Abbiegen auf die R-257 an einer gerade abgefahrenen Fähre an, die über den „Estrecho der Magellan“ – die Magellan-Meerenge fährt. Erst heißt es, wir dürften nicht aussteigen, aber da das Warten eine Stunde dauert, können wir doch noch einen Kaffee trinken und die Toilette benutzen. Auf der Fähre können wir im Bus sitzen bleiben entgegen der Vorhersage der Busgesellschaft. Die Überfahrt dauert nur 15 Minuten, aber wir sind durch die Warterei erst um 12:20 Uhr am anderen Ufer, auf der Insel „Feuerland“ – „Tierra del Fuego“. Weiter geht es!




In der versteppten Landschaft leben viele Guanacos und Nandus, die wir im Vorbeifahren zwar gut sehen, aber aus dem Bus schlecht fotografieren können. Rinder, Schafe, Pferde und natürlich viele Vögel (neben den Nandus) gibt es zwar auch, aber die sind nichts Besonderes…


Die Fahrt führt uns heute wieder nach Argentinien, und der Grenzübertritt dorthin ist für weitere Verzögerungen verantwortlich: einige Kilometer vor der Grenze ist die Chilenische Kontrolle (Complejo Fronterizo San Sebastián), wo viel zu viele Menschen in einem kleinen Raum darauf warten, ihre „PDI“ (Ausdruck des Einreisedatums) abgeben zu können – das dauert schon einmal fast eineinhalb Stunden. Dann fahren wir etwa 15 Minuten über eine schlechte Straße, deren Nummer sich an der Grenze ändert, bis zur Argentinischen Kontrolle (Módulo egreso San Sebastián), wo wieder alle anstehen, was hier aber wesentlich schneller geht, obwohl man sogar eine Adresse in Argentinien angeben muss. Und obwohl wir längst alle im Bus sitzen, bleibt der Bus noch sehr lange dort stehen, aus wechem Grund auch immer. Wenigstens konnte sämtliches Gepäck im Bus bleiben, also erfolgt hier keine Röntgenkontrolle wie bei der Einreise nach Chile.




Dank dem WIFI können die Fahrgäste jetzt schon absehen, dass wir wohl nicht nach den versprochenen elf Stunden in Ushuaia ankommen werden, sondern erst nach dreizehn Stunden. Etwas Puffer hat Bus Sur also wohl schon eingeplant!
Die lange versteppte, karge, platte Landschaft wandelt sich auf Feuerland, je näher wir dem Ziel kommen: erst Bäume (z.T. mit Flechten bewachsene), dann auch Berge, zum Teil mit schneebedeckten Gipfeln und Hängen.












Um 20 Uhr sind wir am kleinen Busterminal von Ushuaia. Wir machen das Tandem wieder fahrbereit und brechen zu einem reservierten AirBnB auf – das erste Mal nutzen wir diese Plattform und es geht auch prompt etwas schief. Wir haben statt des gewünschten großen „Atila“ das kleinste „Calido Studio“ gebucht. Der Parkplatz zu dem Appartmenthaus ist verschlossen, also geht Jutta erst einmal zur Wohnung. Als die Tür geöffnet ist, kommt aus dem einen Zimmer (reserviert hatten wir eigentlich zwei – dachten wir) total heiße Luft – tja „Calido Studio“ bedeutet übersetzt auch „Warmes Studio“. Die Fussbodenheizung heizt wie verrückt, obwohl das Thermostat auf „AUS“ gestellt ist. Einen weiteren Schlüssel für das Tor gibt es nicht, aber nach einigem Geschreibe mit dem Vermieter bekommen wir das Tandem durch das Haus hinten auf den Parkplatz. Da es in dem Zimmer nur ein Bett gibt, aus dem man noch ein niedrigeres wie eine Schublade herausziehen kann, und die einzige Möglichkeit, es kühler zu bekommen, das Öffnen der Fenster ist (Tipp vom Vermieter! Wir fühlen uns an DDR-Zeiten erinnert), buchen wir uns für die weiteren Nächte ein Hotelzimmer. Viktor geht abends um 21:30 Uhr los und besorgt Pizza und Getränke, mit denen wir den Tag dann beenden.
So wird die Ankunft am geplanten Zielort unserer langen Tour dann doch deutlich unspektakulärer als man sich das unterwegs manchmal ausgemalt haben mag. Das Eingangstor nach Ushuaia mit dem Namen der Stadt passieren wir mit dem Bus statt auf unserem Tandem. Wir sind nicht völlig erschöpft, auch nicht vom patagonischen Wind mehrfach von der Straße geweht worden, und nicht bis auf die Haut durchnässt und durchgefroren.
Wir wollen jetzt etwa eine Woche in Ushuaia bleiben, denn es gibt einiges zu sehen am „Ende der Welt“. Natürlich wollen wir auch noch ein wenig ohne Gepäck mit dem Tandem unterwegs sein, um das „Ende der Welt Schild“ und das Eingangstor der Stadt zu besuchen. Vielleicht bleiben wir auch länger, denn es gibt von viertägen Wanderungen bis zu mehrwöchigen Antarktis-Kreuzfahrten hier auch längere Abenteuer zu erleben. Bis zum 14. März, unserem Abflugtermin aus Buenos Aires, bleibt uns noch einige Zeit. Wir werden uns sicher eine Woche oder länger für Buenos Aires nehmen, denn wir haben auf dieser Tour auch gelernt, dass uns die größeren Städte meist positiv überraschen (z.B. Medellin, Valpariso, Cali).
Sollte uns noch mehr Zeit bleiben, haben wir auch noch El Calafate und die umgebenden Nationalparks als mögliche Zwischenstation vor dem Inlandsflug nach Buenos Aires ins Auge gefasst. Dorthin könnten wir über Punta Arenas mit chilenischen Bussen reisen (die – anders als die argentinischen – Fahrräder problemlos mitnehmen) und sie haben einen größeren Flughafen mit guten Verbindungen nach Buenos Aires.
Der Inlandsflug in Argentinien könnte sich aber auch noch als echtes Problem herausstellen, denn alle Airlines haben ein 15 kg oder 23 kg Limit für das Gepäck. 32 kg für Fahrräder, die wir mit dem Tandem nur knapp einhalten können (mit einem 10-kg-Extra-Karton abgebauter Zubehörteile), haben wir auf keiner Webseite gefunden. Sicherheitshalber haben wir gestern aus dem Bus schon per E-Mail ein Angebot der Luftfracht-Abteilung von Aerolineas Argentinas erbeten.















Dienstag 18.2.25 – Ushuaia
Irgenwann in der Nacht wird es in dem kleinen Apartment bei offenem Fenster dann doch wieder kühl genug, dass wir das Fenster schließen können. Die Fussbodenheizung scheint aber immer noch weiter zu heizen, nur nicht mehr so stark wie gestern abend.
Jutta ist schon früh wach, kann aber erst um 9:00 Uhr im Carrefour einkaufen gehen. Sie besorgt Brot (Baguette-ähnlich), Frischkäse und Käsescheiben fürs Frühstück, das wir auf Pastatellern einnehmen. Dazu gibt es den vorletzten Bünting-Schwarztee. Die Teebeutel sind in der Radtasche derartig vertüdelt, dass wir nach mehreren Minuten aufgeben und drei Teebeutel in die Kanne hängen und zwei außen hängen lassen. Später kommt ein Messer zum Einsatz, um die übrigen Teebeutel beim nächsten Mal verwenden zu können.


Zur Feier unserer Ankunft in Ushuaia packt Viktor seine letzte frische Rasierklinge auf den Nassrasierer, die nun schon über 10 Monate im Gepäck war. Die vergangenen zwei Wochen war das Rasieren mit der vorletzten stumpfen Klinge nicht mehr wirklich angenehm, was auf einigen Selfies auch erkennbar ist. Heute gibt es endlich wieder eine schmerzfreie und glatte Rasur.

Wir lassen uns beim Packen viel Zeit, denn wir wollen heute eigentlich nur zum „Fin del Mundo“- Schild am Passagierhafen, ins Museum und eventuell zum Flughafen, um das Flugticket nach Buenos Aires zu kaufen und gleichzeitig die Tandem-Frachtproblematik zu lösen. Außerdem ziehen wir aus dem AirBnB in das Hotel Austral um. Wir konnten das AirBnB stornieren (bis auf die ersten zwei Nächte) und gehen doch lieber in ein Hotel mit Doppelbett und Frühstück.
Da wir ab 12:30 Uhr einchecken können, machen wir uns gegen Mittag auf dem wieder komplett gepackten Tandem auf den Weg zum Hotel. Vorher essen wir noch so viel von den gestrigen Pizzen, wie wir schaffen können, aber leider landet einiges im Müll, denn sie ist kalt noch ungenießbarer als gestern. Der Weg zum Hotel führt am Ufer entlang und wir kommen an den großen Ushuaia-Buchstaben vorbei, die wir natürlich für ein Foto nutzen. Da wir schon mal dabei sind, fahren wir auch gleich noch ein Stück weiter und machen auch am „Fin del Mundo“-Schild ein Foto mit bepacktem Tandem.


Da dort auch direkt die Ticketbuden für die Schiffstouren sind, informieren wir uns über die angebotenen Touren und erhalten überraschenderweise die Info, dass für die nächsten zwei Tage so starke Winde vorhergesagt sind, dass die Schiffstouren aller Voraussicht nach im wahrsten Sinne des Wortes „abgeblasen“ werden müssen. Wenn wir sicher gehen wollen, sollen wir lieber heute noch die Pinguin- und Seelöwen-Tour durch den Beagle-Kanal vor Ushuaia machen. Spontan, wie wir in diesem Jahr nun mal sind, kaufen wir sofort die Tickets für die 15:00 Uhr-Tour.
Wenn wir vorher noch einen Kaffee trinken wollen, müssen wir uns jetzt aber ranhalten und im Hotel einchecken, denn ab 14:30 können die Fahrgäste an Bord gehen. Punkt 15 Uhr wird abgelegt. Wir machen uns also auf den Weg zum Hotel Austral, dass zweieinhalb Straßenblöcke vom Ufer entfernt liegt. Als wir in die Straße einbiegen schauen wir auf eine Steigung, die uns stark an San Francisco erinnert. Die letzten zwei Straßenblöcke sind derartig steil, dass wir bereits weit davor absteigen, um zu schieben. Viktor hat wirklich Bedenken, ob wir das überhaupt schaffen können, oder möglicherweise jetzt erstmals die Taschen abnehmen und einzeln hochtragen müssen, bevor wir das Tandem hinaufschieben können. Kaum beginnen wir zu schieben, kommt von hinten plötzlich eine Frau angelaufen und beginnt, uns beim Hinaufschieben zu helfen.
Wir können es kaum glauben, aber vor uns steht Hanne, die wir auf der Schiffsfahrt von Puerto Montt nach Puerto Natales kennengelernt haben. Sie und ihr Mann Thomas saßen zufällig im Eckcafe unten an der Straße und haben uns gesehen, als wir in die Straße einbogen. Sie sind gestern auch mit Bus-Sur um circa 20 Uhr in Ushuaia eingetroffen, saßen aber in einem anderen Bus. Wir können fast nicht glauebn, dass wir uns gestern an den Grenzkontrollen nicht gesehen haben. Thomas zahlt gerade noch im Café und kommt dann hinterhergespurtet, zu Viert schieben wir das Tandem ratz-fatz bis zum Hotel hinauf. Was für ein genialer Zufall! Die beiden sind ab morgen mit dem Bus unterwegs Richtung Buenos Aires. Letztendlich haben sie sich gegen eine Verlängerung ihrer Tour entschieden, denn sie scheinen zuhause dringender gebraucht zu werden. Schade eigentlich, sonst hätten wir uns vielleicht noch öfter getroffen oder gar Buenos Aires gemeinsam erkundet.

Nach einem nochmaligen herzlichen Abschied von den Beiden (und dem abermaligen Versprechen, sich in Deutschland gegenseitig zu besuchen) checken wir ein – jetzt wirklich unter Zeitdruck, denn natürlich haben wir uns mit Hanne und Thomas wieder völlig verquatscht. Trotzdem schaffen wir es noch auf einen schnellen Kaffee in das Eckkaffee „Ana y Juana“ bevor es zum Anleger geht.


Jutta muss sogar nochmal schnell ins Hotel zurück, denn heute soll die Tablette gegen Seekrankheit dann doch lieber vorher eingeworfen werden. Wir schaffen es rechtzeitig zum Boarding an den Anleger und steigen über ein zweites Schiff hinweg in den Katamaran „Chonek“ von Tolkeyen Patagonia, der uns auf der sehr schönen Pingüinera-Tour durch den Beagle-Kanal an Puerto Williams (dem „wahren Ende der Welt“ auf chilenischer Seite, also noch weiter südlich, das aber nur noch per Schiff erreichbar ist) vorbei zu einer Pinguin-Insel fährt.










Hier ergänzen: , Name Ushuaia Bay that penetrates to the West ,
Die erste Station der Schiffstour ist die Isla de Los Lobos, auf der wir von Bord aus Seelöwen beobachten können. Dann geht es weiter zur Isla de Los Pájaros, auf der wir Kormorane (Cormoran Magallanico oder Cormoran Roquero = Felsenscharbe und Cormoran Imperial = Blauaugenscharbe) und Riesensturmvögel sehen. Die Kormorane sehen an Land fast aus wie Pinguine, sie haben aber Federn und etwas längere Flügel. Sie sind recht schlechte Flieger und fliegen nur in geringer Höhe über der Wasseroberfläche. Dafür sind sie um so bessere Taucher. Die Riesensturmvögel rund um die Insel haben es zu dieser Jahreszeit auf die jungen Pinguine abgesehen, die erstmals alleine ins Wasser gehen und ein wollkommenes Fressen darstellen.
Danach geht es weiter zum Leuchtturm „Les Eclaireurs„, der fälschlicherweise immer wieder als der Leuchtturm am Ende der Welt (Faro del Fin del Mundo) bezeichnet wird und auch auf vielen Souvenirs in Ushuaia so bezeichnet wird. Der wahre „Ende-der-Welt-Leuchturm“, der im Roman von Jules Verne beschrieben wird, ist aber der 300 Kilometer entfernte Faro San Juan de Salvamento. Auf der Insel befinden sich auch noch sehr viele weitere Seelöwen und die Luft riecht so fischig, dass Viktor kurzzeitig denkt, an Bord würden irgendwelche Fischgerichte angeboten.
Dann geht es über eine längere Strecke durch den Beagle-Kanal, der zwischen der Insel „Tierra del Fuego“ (in diesem Teil Argentinien) und der Insel „Navarino“ (Chile) liegt. Der Kanal entstand nach der letzten Eiszeit, als sich ein Gletscher zurückzog und Meerwasser nachströmte. Wir fahren bis zur Pinguin-Insel Isla Martillo, wo wir vom Katamaran aus eine halbe Stunde lang Pinguine (Magellan-Pinguine und Gentoo-Pinguine = Eselspinguine) beobachten können. Die Eselspinguine, die man an den orangenen Füßen erkennen kann, können wir aber beim besten Willen nicht sichten. Dafür stehen zwischen den Pinguinen sehr große braune Vögel, die im Boden picken, und von denen niemand weiss, wie sie heißen.
Wir unterhalten uns auf dem langen Rückweg des Bootes nach Ushuaia mit Samantha aus Rhode Island, die uns gegenüber sitzt und mit einem tiefen Seufzer reagiert, als Viktor auf dem Handy (auf Deutsch) für Jutta die Nachricht vorliest, dass Trump die Journalisten von Associated Press zukünftig nicht mehr im Weißen Haus an Pressekonferenzen teilnehmen lassen wird, weil diese sich geweigert haben, den „Golf von Mexiko“ in ihren Nachrichten zukünftig „Golf von Amerika“ zu nennen. Ihre Mutter stammt aus Polen, und sie will sich jetzt auch mal um ihre polnische Staatsbürgerschaft kümmern, denn sie kann ihre Arbeit für eine US-amerikanische Firma im Bereich „Disaster Recovery“ und Offshore Windenergie von überall dort machen, wo es stabiles Internet gibt. Es ist nicht das erste und vermutlich auch nicht das letzte Mal, dass wir Amerikaner treffen, die mit dem Gedanken spielen, das Land zu verlassen.
Um 20 Uhr landen wir wieder im Touristenhafen von Ushuaia an. Wir gehen sofort im Hard Rock Cafe essen und denken zunächst, dass das die teuersten Burger sind, die wir auf der ganzen Tour gegessen haben werden. In den Folgetagen stellt sich aber heraus, dass hier wirklich alles extrem teuer ist und die Burger auch in anderen Restaurants ebenso teuer sind. Es muss hier unten im tiefsten Süden halt praktisch alles eingeflogen werden. Das hat natürlich seinen Preis.
Viktor hat den „Classic Burger“ bestellt und wundert sich, dass da oben drei Garnelen auf dem Fleischpatty liegen, die es schärfemäßig ganz schön in sich haben – Viktors „Kopfhautjuckgrenze“ ist erreicht. Es stellt sich heraus, dass er den „Surf & Turf Burger“ erhalten hat. Die Bedienung entschuldigt sich, eine Garnele wandert an den Tellerrand und zum Glück zahlen wir später nur den Classic-Preis. Das „gesparte“ Geld wird daraufhin sofort in ein Hardrock-T-Shirt für Viktor investiert 😉



Mittwoch 19.2.25 – Ushuaia
Heute steht ein organisatorischer Tag auf dem Programm. Wir wollen Kartons für unser Tandem besorgen, den Inlandsflug nach Buenos Aires buchen und klären, ob wir unser Tandem mit 32 kg Gewicht überhaupt auf dem Inlandsflug mitnehmen können. Alternativ müssen wir Luftfracht, Versand per LKW oder einen One-Way-Mietwagen nach Buenos Aires in Erwägung ziehen, die entsprechenden Preise herausfinden und entscheiden, was wir mit der restlichen Zeit bis zum 14. März anfangen wollen.
Wir wollen nach dem Frühstück zu einem etwas entfernten Fahrradladen, wo es angeblich gerade große Kartons zu kaufen gibt, wie ein anderer Radfahrer mit Spezialfahrrad aus der WhatsApp-Gruppe gestern geschrieben hat. Beim Verlassen des Hotels gibt uns der Rezeptionist den Tipp, doch erst einmal in der Ferreteria die Straße hoch zu fragen, bzw. an deren Lager (der Herr im Laden sei etwas unfreundlich), dort hätte letztens jemand kostenlose Kartons bekommen. Wir laufen zunächst daran vorbei und können deshalb das beschriebene Tor zum Lager nicht finden, überlegen schon, weiter zu dem Radladen zu laufen, aber Jutta gibt nicht auf und will lieber noch einmal im Hotel fragen. Beim Zurücklaufen entdecken wir doch noch die beschriebenen Gefahrensymbole an einem Tor und klingeln dort. Der Mitarbeiter fährt mit einem großen Aufzug eine Etage nach oben und kommt mit zwei Fahrradkartons zurück. Die sind alleine zwar etwas klein, aber wir müssen eh basteln, und wir dürfen auch noch einmal wiederkommen, wenn wir mehr benötigen.
Als wir die Kartons im Zimmer abgestellt haben, fragen wir als nächstes bei einem Mietwagenbüro nach One-Way-Autos nach Buenos Aires. Dort bieten sie das gar nicht an, nennen uns aber drei andere mit diesem Service und machen uns noch den Vorschlag, das Tandem mit einer Spedition im LKW zu schicken. Bei „Tiger“ erkundigen wir uns nach dem Preis für eine Mietwagen-Ausleihe, entscheiden aber sofort, dass dieses der allerletzte Strohhalm sein muss, so teuer wie das würde. Da war sogar das teure Luftfrachtangebot noch deutlich billiger!
Jetzt machen wir uns zu Fuss auf den Weg zum Flughafen, weil es das Büro von Aerolineas Argentinas im Ort nicht mehr gibt. Die Sonne scheint, der Weg ist immer nur der Straße folgend, also ein schöner Spaziergang. Denkste! Der Wind ist wirklich sehr heftig, in einer Laufrichtung bläst es ins eine Nasenloch hinein und kommt aus dem anderen heraus, ein Gefühl wie eine Kaltwasser-Nasenspülung, aber eben mit Luft. So einen eigenartigen Wind haben wir noch nie gehabt. Die Strecke zieht sich etwas, aber wir kommen irgendwann am Terminal an – mit Sand im Mund und in den Augen, weil es kurz vor dem Ziel eine Baustelle mit kleinem Sandsturm gibt. Wir suchen vergeblich nach Verkaufsschaltern, landen dann an einem Check-In und Viktor erklärt unser Problem. Der Mitarbeiter geht kurz nach hinten, kommt dann mit einer für uns beruhigenden Antwort zurück: Wenn wir beim Einchecken nach Buenos Aires das Lufthansa-Ticket nach Berlin vorzeigen können, gilt auch auf dem Inlandsflug die 32 kg- Gewichtsgrenze, die für Auslandsflüge gilt. Puh! Kein LKW, kein Frachtversand oder gar Mietwagen scheint notwendig! Aber ein Flugticket hier am Flughafen kaufen, das geht heutzutage auch nicht mehr, das sollen wir bitte online machen! Viktor macht zur Absicherung lieber noch ein Foto von dem Mitarbeiter, denn online kann man halt so spezielle Dinge wir das zu schwere Fahrrad nicht anmelden, sonst hätten wir das schon gemacht….
Der Aufenthalt im Terminal ist so kurz und der Weg so weit, dass wir uns für den Rückweg in den Ort ein Taxi nehmen. Dort setzen wir uns ins Café „Tante Sara“ und stellen fest, dass die Preise anscheinend überall in Ushuaia so hoch sind, wie wir es gestern abend erstmals erlebt hatten. Hier kann man ein Continentales Frühstück, also nichts Besonderes, für umgerechnet über 40 € bekommen. Wir machen nur eine – teure – Kaffeepause.

Nachdem wir auf dem Weg zum Hotel noch Tickets für eine Tour in den Nationalpark für morgen gekauft haben, machen wir uns im Zimmer an den Ticketkauf und auf die Suche nach Unterkünften in Buenos Aires. Das dauert sehr viel länger als vermutet, da der Bezahlvorgang häufige Male schiefgeht und wir danach immer alle Daten (Passnummern, Geburtsdaten, E-Mail Adressen, Telefonnummern, etc.) wieder neu eingeben müssen. So kann man einen ganzen Nachmittag herumbringen! Irgendwann haben wir die Flugtickets und auch schon Extragepäck angemeldet und entscheiden, dass wir auch noch nach El Calafate „zurückfliegen“ (über El Calafate nach Buenos Aires geht wegen des Tandems dummerweise nicht, also müssen wir hin und her). Außerdem geben wir AirB&B noch eine Chance und reservieren die Wohnung, die wir von Klemps empfohlen bekommen haben (auch wenn einer der Gründer von AirBnB jetzt gerade ins DOGE-Team von Elon Musk aufgenommen wurde, und die ersten Boykottaufrufe laut werden).
Am späten Nachmittag machen wir uns noch einmal zu Fuss auf den Weg zur „Paseo del Fuego“ Shopping-Mall, um eventuell große Taschen zu finden, mit denen wir unser restliches Gepäck verpacken können. Ein Bürgersteig existiert nur auf Teilen dieser Strecke, und bei dem Sturm muss man teilweise aufpassen, nicht auf die Straße „geweht“ zu werden. Die Mall ist relativ klein, und einen Laden wie eine „Mall Chino“ in Chile, die so große Taschen verkaufen, gibt es hier nicht. In einem Elektroladen bekommen wir aber noch einen großen Kühlschrank-Karton geschenkt. Nach den ganzen WhatsApps hätten wir uns das Besorgen von Kartons tatsächlich wesentlich schwieriger vorgestellt… Der Rückweg mit diesem Karton geht auch etwas besser als gedacht, da der Wind inzwischen abgeflaut ist. Wir hatten schon überlegt, dass Jutta (hinten) den Karton loslässt, wenn sie ihn nicht mehr halten kann, und Viktor (vorne) ihn dann entweder windabgewandt halten kann oder auch loslässt, aber wir kommen relativ gut zurück ins Zentrum. Dort kaufen wir in einem „Free Store“ sogar noch eine große Tasche zum Ausprobieren, ob sie groß genug für zwei große und eine kleine Radtasche ist, und bringen dann beides ins Hotelzimmer.


Danach machen wir uns sofort zum Abendessen auf den Weg. Während diesem fragen wir in diversen Läden nach einer Waage, weil wir unser Gepäck ja irgendwie wiegen müssen, und finden eine kleine Kofferwaage, die bis 50 kg wiegen kann. Essen tun wir im Barcelit 1912: Juttas Spagetti mit Tomatensauce sind die Geschmacklosesten, die man sich vorstellen kann, und Viktors Wolfsbarsch mit Roquefort-Sauce ist zwar ganz lecker, hat aber so viele Gräten, dass Viktor sich an seinen Opa erinnert: „Da isst man sich ja hungrig“ (eigentlich auf Fondue bezogen).










Donnerstag 20.2.25 – Ushuaia
Um halb zehn Uhr hat Viktor ein Telefonat mit einer Journalistin von der NRZ, die ihn interviewen will. Sie hat den Link zu diesem Blog erhalten mit der Information, dass er aus Duisburg stammt. In zwei Tagen soll ein Artikel in der Zeitung stehen, die im westlichen Ruhrgebiet unter dem Namen Neue Ruhr Zeitung und am Niederrhein als Neue Rhein Zeitung erscheint. Dieses Telefonat dauert so lange, dass wir noch nicht beide abfahrbereit sind, als wir gegen zwanzig vor elf zu unserer heutigen Tour abgeholt werden – wir müssen heraustelefoniert werden. Nachdem noch einige andere Unterkünfte angefahren sind und der Van voll ist, geht die Fahrt in Richtung des Nationalparks Tierra del Fuego.
Obwohl Jutta (wegen der unerwünschten Müdigkeit) keine Reisetablette genommen hat, geht es ihr während der Fahrt erstaunlich gut: sie kann vorne auf die Straße gucken und Caesar, der Fahrer, fährt sehr, sehr vorsichtig und mit angepasster Geschwindigkeit über den kurvenreichen Schotter. Geht doch! 🙂
Der erste „Halt“ ist am Parkeingang, wo alle ihr Ticket vorzeigen bzw. noch kaufen müssen. Ziemlich schnell kommen wir zur Ensenada Zaratiegui, einer Bucht im Beagle-Kanal, mit schönen Ausblicken und einem Postamt. Wir lassen unsere Pässe stempeln und Jutta schreibt eine Postkarte. Der dort arbeitende ältere Herr hat mütterlicherseits sowohl katalanische als auch baskische Wurzeln (wie Viktor), väterlicherseits sizilianische – und er arbeitet jetzt hier am Ende der Welt.







Von hier fahren wir weiter zum Ende der Ruta-3/Panamericana, wo auch ein klitzekleiner Hafen mit eigenem Namen (Puerto Arias) liegt, und wo wir Chile ganz in der Nähe im Rücken haben.







Wir sind mit dem Tandem ja schon am Kilometer Null der Panamericana gewesen – in Quellón auf der Chiloé-Insel. Aber Argentinien und Chile haben wohl beide eine Panamericana und ihre eigenen „Nullpunkte“ definiert. Und dieser Nullpunkt heute liegt definitiv weiter südlich. Man kann ihn allerdings über Land nur auf Straßen durch Chile erreichen, da auf der Argentinischen Seite das offene Meer zu überqueren wäre, auf dem wetterbedingt keine Fähre fahren kann.
An einer Station machen wir eine kurze Einkehrpause mit Blick auf einen See, und an den sehr windigen und aufgewühlten „Lago Roca“ (oder Lago Acigami) fahren wir danach dann auch.




Der letzte Programmpunkt der Tour ist die Fahrt mit dem „Tren del Fin del Mundo“ , die zu den beliebtesten Touristenattraktionen der Welt gehören soll (unter den oberen 10%). Die Strecke wurde von 1909 bis 1952 von einem Gefängniszug befahren, denn Ushuaia begann als Strafgefangenenkolonie und bestand nur aus Gefangenen (zum Teil mit ihren Familien) und ihren Wärtern (mit ihren Familien). Die Gefangenen mussten die Wälder in der Umgebung als Energiequelle für Strom und Heizung abholzen und das Holz mit dem Zug nach Ushuaia schaffen. Entlang der Gleisstrecke sehen wir noch die Baumstümpfe, die aus dieser Zeit stammen. An der Höhe der Stümpfe und der Schnittfläche ist noch zu erkennen, wie hoch der Schnee gerade lag, und mit welchen Werkzeugen (Axt oder Säge) die Bäume gefällt wurden.
Seit 1994 wird eine Teilstrecke als Touristenattraktion mit modernen Diesel- und Dampfloks betrieben (der Dampf wird mit Kerosin erzeugt statt mit Kohle). Und genau wie eine Touristenattraktion fühlt es sich hier heute auch an: es ist sehr voll, verkleidete Sträflinge bieten lustige Erinnerungsfotos an (die erstaunlich viele auch tatsächlich kaufen), der Zug (und mindestens sieben weitere, die im Abstand von 15 Minuten fahren) ist bis auf den letzten Platz besetzt, mit Kopfhörern in acht Sprachen. Nach kurzer Fahrt wird am Bahnhof Macarena gehalten, wo dann alle zum Wasserfall hochlaufen, um dort Bilder zu machen, und danach geht es im Zug weiter bis zur Endstation im Nationalpark.







An der Parkstation werden wir wieder von Pablo und Caesar eingesammelt und dann nur noch zurück in die Stadt gefahren.
Da wir am Zug alle einen Gutschein für eine heiße Schokolade bei „Laguna Negra“ bekommen haben, gehen wir auf dem „Nachhauseweg“ noch eine solche trinken. Im Hotel arbeiten wir etwas am Blog und brechen um 20 Uhr auf in die Brixbar zum Abendessen, weil wir auch für diese einen 10%-Gutschein haben. Die Karte ist sehr vielfältig und es ist sogar relativ preiswert, auch ohne den Discount (der Mensch an der Kasse hat allerdings statt des teuren dunklen Bieres nur eine günstige Süßigkeit, einen „Alfajor negro“, berechnet, das haben wir heute mal nicht berichtigt…)




Freitag 21.2.25 – (182) – Ushuaia

Heute radeln wir die letzten Kilometer dieser Tour durch Ushuaia, um noch einmal zum Ortseingang zu fahren und wenigstens das Einfahrtstor nach Ushuaia nochmal aus einer anderen Perspektive zu sehen als nur aus dem Busfenster heraus.
Vorher versuchen wir noch, ein Hotel am internationalen Flughafen von Buenos Aires (EZE) zu finden, das bereit wäre, unser Tandem für gut zwei Wochen (25.2. bis 14.3.) aufzubewahren. Alternativ wollen wir am Flughafen fragen, ob eine Lagerung dort – ähnlich wie am BER – gegen Gebühr möglich wäre. Ein Telfonat mit den Guga Suites macht zunächst Hoffnung.
Die etwa sieben Kilometer bis zum Ortseingang fahren wir bei Sonnenschein und Wind an der Küstenstraße. Der Wind scheint aus allen Richtungen gleichzeitig zu kommen, auch die Oberfläche des Wassers sieht irgendwie so aus. Am Ortseingang machen wir ein paar Bilder, kleben einen Aufkleber zu den vielen anderen an einen Mast und unterhalten uns mit einem Churros-Verkäufer, der uns beim Kommen gefilmt hat.

Dann beschließen wir, denselben Weg zurückzufahren. In dieser Richtung ist die Straßenqualität um einiges schlechter, da es aber mehr abwärts geht, sind wir trotzdem um einiges schneller.
Im Zentrum fahren wir weiter bis zu einem Damm auf die gegenüber liegende Seite, um noch eine andere Perspektive auf die Stadt zu haben.





Nach einer Kaffeepause im Ana & Juana wollen wir beginnen, das Tandem auseinanderzubauen und transportfertig in Kartons zu packen. Der Hotelbesitzer erlaubt es nicht im großen Flur, also stellen wir uns in einen Hauseingang gegenüber, der so groß ist, dass wir keinen Durchgang versperren. Das Abschrauben der extra zu transportierenden Teile geht recht zügig, bis wir an die Pedalen kommen.
Den Pedalschlüssel haben wir irgendwann auf das Drängen von Jutta zurückgeschickt, und ohne diesen großen Hebel bekommen wir die Pedale nicht lose (Viktor gibt zu, dass es trotzdem die richtige Entscheidung war). Viktor schiebt das Tandem also zu einem Fahrradladen, bei dem wieder einmal die Öffnungszeiten bei GoogleMaps nicht stimmen – er macht erst ab 16:30 Uhr wieder auf.

In der Zwischenzeit bringt Jutta also noch einmal Wäsche weg und kauft Powertape, und wir verpacken schon einmal Juttas Fahrradsitz (das größte Problem) und alle kleineren Teile in einer Tasche. Zur rechten Zeit geht Viktor noch einmal zum Radladen, wo sofort die vier Pedale gelockert werden. Jetzt nehmen wir das Tandem mit in unser geräumiges Zimmer und beginnen, die Kartons zurechtzubasteln. Außerdem misten wir schon ein paar Dinge aus, die wir nicht mit zurücknehmen werden.



Inzwischen hat sich auch das Hotel aus Buenos Aires zur Lagerung des Tandems bereit erklärt, so dass wir die Nächte dort auch jetzt buchen. Und sie sind sogar bereit, uns mitten in der Nacht mit all unserem Gepäck am Stadtflughafen abzuholen, dann müssen wir kein ausreichend großes Taxi suchen.
Da es inzwischen stark regnet, wollen wir zum Abendessen nicht so weit laufen. Das Nächstgelegene ist der Irish Pub „Dublin„. Wir sind ein paar Minuten vor 20 Uhr dort und wundern uns über die digitale Karte. Auf Nachfrage erfahren wir, dass sie sich um 20 Uhr ändert – sie haben eine Karte bis und eine ab 20 Uhr. Und wirklich erscheinen ein paar Minuten später andere Gerichte. Obwohl dieser Pub der südlichst gelegene Irish Pub der Erde ist, gibt es kein solches Schild – wie in La Paz (mit dem höchstgelegenen Irish Pub). Sie finden die Idee aber gut und wollen es sich überlegen.
In den Blog-Kommentaren (Andy) und auch in den Videotelefonaten mit unserer Familie erhalten wir nun häufiger die Frage, wie es sich denn anfühlt, dass die Tour nun zu Ende geht. Das ist gar nicht so leicht zu beschreiben, aber der Begriff „gemischte Gefühle“ trifft es wohl am Besten.
Einerseits ist es schade, dass die Tour nun zu Ende geht, denn es hat uns wirklich sehr viel Spaß gemacht und die Erlebnisse werden uns unser restliches Leben lang als Erinnerungen begleiten und beeinflussen. Sicherlich ist auch ein klein wenig Stolz dabei, dass wir einen Großteil der Strecke mit dem Rad geschafft und Ushuaia tatsächlich erreicht haben, ohne das Tandem irgendwo in die Ecke zu stellen. Dabei sind wir uns aber einig, dass uns weder das Erreichen Ushuaias noch die geradelte Kilometerzahl besonders wichtig sind. „Der Weg ist das Ziel“ war von Anfang an unser Motto und es ging uns mehr um die Erlebnisse und die buchstäblichen „Erfahrungen“ unterwegs, als um irgendwelche sportliche Höchstleistungen.
Andererseits freuen wir uns natürlich sehr darauf, endlich unsere Familien wiederzusehen, Freunde, Bekannte, Kolleginnen und Kollegen. Endlich können wir wieder unsere Kontakte pflegen, am Vereinsleben in unserem Heimatort teilnehmen und auch die ehrenamtlichen Tätigkeiten wieder aufnehmen, die uns so viel Freude bereiten.
Auch auf das eigene Bett im eigenen Zuhause und auf die Möglichkeit, sich im dunklen Schlaf- und Badezimmer wieder zurechtzufinden, ohne ständig anzuecken, zu stolpern oder sich blaue Flecke zuzuziehen, kann man sich tatsächlich freuen.
Mit etwas Nervosität schauen wir auf den Wiedereinstieg ins Arbeitsleben, denn im Gesundheitswesen (Apotheke und Medizintechnik/Krankenkassen) kann in einem Jahr so viel passieren, was wir verpasst haben, da wir uns wirklich nicht gekümmert haben. Jeder Gesundheitsminister versucht ja, seinen Fußabdruck im Gesundheitssystem zu hinterlassen, und Lauterbach war da sicher keine Ausnahme. Außerdem haben wir schon von einigen Menschen gehört, die den Wiedereinstieg nicht so leicht geschafft haben und dann jahrelang mit dem Rad durch die Welt weitergereist sind. Wir sind überzeugt, dass uns das nicht passieren wird, aber Viktors Motto „Expect the worst and hope for best“ hinterlässt natürlich auch hier seine Fragezeichen.
Aber noch sind wir mit der Organisation der Rückreise und der verbleibenden zwei Wochen so beschäftigt, dass diese Gedanken nur zwischendurch immer mal wieder hochkommen. Schließlich gibt es in Buenos Aires und in El Calafate noch Einiges zu erleben.







P.S.: Wir haben heute auf der GoPro-Actioncam noch ein lustiges Video von einer Fährfahrt aus der Woche 45 gefunden (es ist dort auch nochmal eingefügt): Die Navigatorin macht klare Ansagen.
Samstag 22.2.25 – Ushuaia
Für den heutigen Tag haben wir uns eines der Museen vorgenommen und wir wollen einige Einkäufe tätigen, sowohl für das Verpacken des Tandems als auch für die etwas längeren Wanderungen, die wir in den letzten Wochen unserer Tour noch vorhaben.
Über Nacht haben wir das Öl aus der Rohloff-Schaltung abgelassen und ziehen den letzten Rest mit einer Spritze ab, denn im Flugzeug könnte es bei niedrigem Luftdruck im Laderaum austreten und je nach Transportposition des Tandems die Bremsen beschädigen.


Nach dem Frühstück beginnen wir im Zimmer mit dem Reservieren/Buchen von Touren zum Gletscher-Nationalpark von El Calafate aus.
Als wir damit fertig sind, laufen wir die Einkaufsstraße von Ushuaia (San Martin) fast komplett ab. In dem Fahrradladen (Ushuaia Extremo), in dem uns gestern die Pedale am Tandem gelöst wurden, fragen wir nach Verpackungsmaterial und werden an das Schreibwarengeschäft (Librería Rayuela) nebenan verwiesen. Dort erhalten wir Stretchfolie, Blasenfolie, A4-Papier für selbstgemalte „This Side UP ↑“-Schilder und einen Klebestift. Nur Luftballons, die wir auf dem Hinflug schon zur Polsterung das Tandems im Karton benutzt hatten, müssen wir noch in einem Geschäft für Party-Accessoires kaufen.
Danach geht es in den Outdoor-Laden „Cape Horn“, in dem wir uns wasserfeste Wanderschuhe zulegen. Solche haben wir auch zuhause in Deutschland noch nicht und mit unseren Radfahrschuhen, die unten wasserdurchlässige Gewindelöcher haben, in denen die Bindungen für die Fahrradpedale (Cleats) festgeschraubt sind, wollen wir die nächsten Wanderungen zu den Gletschern dann doch nicht wagen. So hängen wir also heute im Hotelzimmer offiziell unsere Radfahrschuhe an den Nagel (bzw. packen sie bis zum Heimflug in unsere Radtaschen).


Abschließend kaufen wir in einem Souvenirgeschäft noch einen Ushuaia-Aufkleber für unser Tandem und machen dann Kaffeepause im Café Martinez.
Auf dem Rückweg ins Hotel buchen wir an der Touristen-Information für morgen eine geführte Wander-Tour zur „Laguna Esmeralda“, die nur mit wasserfesten Schuhen und wetterfester Kleidung erlaubt ist. Der Reiseführer kontrolliert angeblich die Kleidung und entscheidet selbst, ob er uns mitnimmt.
Im Hotel beginnen wir mit dem Verpacken des Tandems. Als wir mit unseren Fortschritten zufrieden sind und glauben, dass wir es bis Dienstag problemlos schaffen können komplett transportsicher zu verpacken, machen wir uns auf den Weg ins Museum.
Das „Museo Fin del Mundo“ (Museum Ende der Welt) besteht aus zwei Gebäuden, der „Antigua Casa de Gobierno“ (Altes Regierungsgebäude) und dem eigentlichen Museum, zwei Straßenblöcke entfernt.
In der Antigua Casa de Gobierno gibt es eine kleine Ausstellung zur Architektur und zu den Bauphasen des Gebäudes. Ein Raum ist dem Untergang des Kreuzfahrtschiffes Monte Cervantes (auch „Titanic des Südens“ genannt) der Reederei Hamburg Süd im Jahr 1928 vor Ushuaia gewidmet. Alle Passagiere wurden gerettet und mehrere Tage lang von der Bevölkerung in Ushuaia beherbergt und versorgt, obwohl die Passagierzahl die Einwohnerzahl Ushuaias bei weitem überstieg.






Im eigentlichen Museum erfahren wir dann endlich erstmals etwas mehr über die Ureinwohner dieser Region und ihr trauriges Schicksal. Wie so oft wurde ihre ca. 5.000 Jahre alte Kultur beim Eintreffen der ersten Europäer als minderwertig und unzivilisiert angesehen und innerhalb von 50 bis 100 Jahren durch Krankheiten (vor allem Tuberkulose), Missionierung, Landnahme und Verdrängung ausgelöscht.

Die Ureinwohner Feuerlands gehörten zu vier großen Gruppen, die jeweils aus circa 3.000 bis 4.000 Menschen bestanden. Die Yámana, Haush, Selk’nam und Kawesqar. Die Yámana waren Wassernomaden und lebten überwiegend auf Kanus und an Stränden. Sie ernährten sich von Meeresfrüchten und Seelöwen, die sie mit Speeren jagten.







Audioguide 06 und 07 zu Ureinwohnern (Spanisch)



Auf dem Rückweg holen wir noch unsere saubere Wäsche ab. Wir haben nicht ausreichend Bargeld dabei, die Mitarbeiterin schaut in die Tüte und reduziert unseren Preis auf das, was wir noch haben – es sei ja gar nicht so viel Wäsche ;-). Wir hätten noch Geld geholt, aber bei dem Regenwetter muss es natürlich nicht sein… Vielen Dank an die Ecolaundry!
Im Hotel arbeiten wir dann weiter an der Verpackung des Tandems. Jutta bastelt im Flur vor dem Hotelzimmer das vordere und hintere Karton-Ende. Viktor bastelt den Schutz für das vordere Kettenblatt und die Kurbelarme. Außerdem fertigt er aus Pappe einige Quer“streben“, die das Tandem im Karton zentrieren und gleichzeitig den Karton stabilisieren sollen.



Zum Abenessen wollen wir auch nicht so weit durch den Regen laufen und gehen in die Fuego Restobar – ehemals Fin del Mundo. Es gibt keine vegetarische Auswahl, also isst Jutta das Stroganoff de Champignones mit Reis. Das schmeckt leider sehr stark nach etwas, was sie nicht mag, sie weiss nicht, ob es nur der Wein ist, mit dem es gekocht wurde oder noch etwas anderes. Die Jakobsmuscheln von Viktor sind umso leckerer!


Sonntag 23.2.25 – Ushuaia (Laguna Esmeralda)

Für heute morgen stellen wir uns mal wieder den Wecker, aber nur auf 7:15 Uhr. Das reicht für ein schnelles Frühstück bevor wir um 8:40 Uhr zu unserer Wanderung zur Laguna Esmeralda abgeholt werden. Viktor will seine noch nie getragene Daunenjacke mitnehmen, kann sie aber partout nicht finden. Sie wird wohl auf der Bootstour durch den Beagel-Kanal auf dem Schiff liegen geblieben sein.
Neben uns werden noch eine Reisende aus Buenos Aires und ein Paar aus dem Norden Mexikos eingesammelt, und nach einer nur 15-minütigen Fahrt werden wir mit unserem Guide (Marcelo ?) an einer Absperrung rausgelassen. Die Wanderung beginnt an einer Hundeschule und Zucht für Schlittenhunde (Huskys und eine weitere Rasse) und geht dann durch Wald und Moor, durch sehr viele Pfützen und Schlamm, über Baumstämme und Wurzeln (Viktor bleibt mit seinem neuen Wanderschuh an einer Wurzel hängen und reißt sich sofort einen Schaden ins Obermaterial), manchmal über Holzstege und immer etwas weiter bergauf. Der Tipp, sich nicht nur regendichte Schuhe, sondern auch Hosen anzuziehen, war absolut richtig: der Matsch spritzt die Hosenbeine hoch. Zu Beginn erinnert es Jutta an die kleine Wanderung mit den Hannoveranern in Costa Rica, als es auch nass und uneben war, aber hier wird es noch extremer. Marcelo gibt uns sowohl die Calafate-Frucht (Buchsblättrige Berberitze, nach deren Strauch die Stadt El Calafate benannt ist, die Frucht ist bitter/sauer) als auch Walderdbeeren zum Probieren und erzählt etwas über die Biber (den Wasserbau-Ingenieur unter den Tieren), während er uns die von ihnen angerichteten Baumschäden und das angestaute Wasser zeigt. Der Biber wurde aus Nordamerika vom Menschen nach Feuerland eingeführt und hat hier keine natürlichen Feinde. Dadurch hat er sich zu einer Plage entwickelt und darf gejagt werden. Es jagt ihn bloß niemand, weil er nicht schmeckt.
Nach circa eineinhalb Stunden kommen wir an der Lagune an, mit erstaunlich vielen Anderen. Auf dem Weg sind wir gar nicht so sehr vielen begegnet, aber wir sind auch nicht den Hauptwanderweg gelaufen. Wir machen eine einstündige Pause zur freien Verfügung, und wir beiden gehen ein Stück weiter am Ufer entlang, setzen uns auf einen umgekippten Baumstamm und verzehren das „Boxed-Lunch“ dort halbwegs in der Sonne.







Beim Abstieg gehen wir einen teilweise anderen Weg. Diesmal laufen wir auch über Moorboden, der richtig federt, und in dem Wasser wie in einem Schwamm gespeichert ist. Außerdem sehen wir richtig große Pilze.
Jutta bekommt auf dem Rückweg irgendwie das Lied „Das Wandern ist des Müllers Lust“ in den Kopf. Dann vergeht die restliche Zeit damit, die erste und zweite Strophe textlich wieder zusammen zu bekommen – es hakt immer wieder. Erst an der Hundeschule, als sie es Viktor erzählt, fügt sich alles zusammen!
Das war doch mal eine richtig schöne Wanderung! Endlich mal wieder in bequemen Schuhen und mit trockenen Füßen. Wir freuen uns richtig auf ein paar weitere Wanderungen in und um El Calafate. Nach fast einem Jahr ziemlich einseitiger sportlicher Betätigung ist das auch kein Wunder.
An der Hundeschule geben wir alle unsere Wanderstöcke, die hier im Gelände sehr, sehr hilfreich waren, wieder ab und steigen in einen Jeep für den Rückweg nach Ushuaia. Beatriz aus Mexiko fragt nach unserem Blog und scannt während der Rückfahrt unseren Aufkleber mit dem QR-Code ein. Mal schauen, ob sie hier vielleicht einen Kommentar hinterlässt.
Wir lassen uns nicht zum Hotel bringen, sondern steigen am ersten Halt mit aus, um, dreckig, wie wir zwar sind, erst im Tante Sara Café einen Kaffee zu trinken und danach noch zum Ticket-Office von Tolkeyen zu gehen und nach Viktors Daunenjacke zu fragen. Dort wollen sie beim Reinigungspersonal nachfragen, und später kommt die Nachricht, dass die Jacke nicht gefunden wurde. Jetzt ist Viktor nach den zwei Kegoo-Trinkflaschen auch noch die Daunenjacke verloren gegangen. Aber bisher wurde uns nichts geklaut – außer vielleicht die Kreditkarte, die der Geldautomat in Cusco „gefressen“ (also uns geklaut) hat.
Schon bei Tante Sara verfolgen wir die ersten Hochrechnungen der Bundestagswahl in Deutschland, später im Zimmer guckt Viktor Deutsches Fernsehen (Livetream auf YouTube inklusive „Elefantenrunde“ um 20:00 Uhr, hier 16:00 Uhr), während Jutta sich lesend in den Hotelflur setzt.
Zum Abendessen gehen wir später ins Marcopolo Freelife, das im gleichen Gebäude wie das Hotel Cap Polonio liegt. Das Schiff mit diesem Namen von der Reederei Hamburg Süd brachte wohl 1923 die ersten Touristen nach Ushuaia.

Viktor isst zum Nachtisch eine Schwarzwälder-Kirschtorte (Selva Negra), die schon etwas trocken und mit kandierten Kirschen zubereitet ist … na ja …
Den Abend verbringen wir schreibend im Hotelzimmer und immer wieder auf die Wahlergebnisse schauend. Es wird ein spannender Abend und kurz vor dem Schlafengehen – es fehlen bei der Auszählung nur noch drei Wahlkreise – rutscht das BSW unter die 5,0 Prozent. Um 1:33 Uhr deutscher Zeit (21:33 Uhr in Ushuaia) steht das vorläufige Wahlergebnis fest und das BSW liegt bei 4,972 %, was bedeutet, dass die neue Bundesregierung wohl eine große Koalition ohne grüne Beteiligung wird. Vemutlich ist so eine Regierung stabiler und nach dem Ampel-Hickhack der vergangenen Jahre für Deutschland auch besser als eine Koalition von CDU/CSU, SPD und Grünen, gerade in diesen unkalkulierbaren Zeiten mit Präsident Donald Trump als „Partner“ in den U.S.A.
Und es ermöglicht den Grünen vielleicht auch eine Erneuerung in der Opposition.
















Michael P.
Schade, dass Eure Reise bald zu Ende ist.
Ich werde es vermissen, den täglichen Blog zu lesen !
Genießt die restliche Zeit und habt viel Spaß 🙂
Viele Grüße
Michael
vmakowski
Vielen lieben Dank, Michael. Wir schreiben ja bis zu Rückkehr weiter, aber Radfahr-Erlebnisse wird es wohl nicht mehr viele geben, nur noch ein paar kurze Strecken ohne Gepäck 😉
Uwe Wüppermann
Alles hat ein Ende…
…der nächste Anfang ist nah! 😄
Hallo ihr zwei!
Fliegt ihr jetzt früher zurück, oder macht ihr noch einen längeren Stopp in BA?
Genießt die restlichen Tage in „Freiheit“!
Fröhliche Grüße S+U
vmakowski
Hallo Ihr Lieben,
vielen Dank für die guten Wünsche. Wir werden die Zeit auf jeden Fall nutzen. Viktor hat im Blog heute morgen noch ein wenig ergänzt. Gestern Abend war es einfach zu spät (und wegen AirBnB etwas nervig). Geplant sind erstmal eine Woche Ushuaia und zwei Wochen Buenos Aires.
Eger Apotheke
Auch die Egerapotheke in Hohen Neuendorf freut sich auf die Rückkehr der beliebten Kollegin. Die Kunden aus HND haben sie besonders vermisst.
Den ungewollten Regierungswechsel durch den gelben ehemaligen Finanzminister hat auch Herrn Lauterbach lahmgelegt, sodass die Befürchtung einer großen Wissenslücke unbegründet sind. Eine Übernahme aller Apotheken durch Rossmann und DM hat noch nicht stattgefunden.
Wahrscheinlich verpasst ihr die Bundestagswahl und könnt an der Wahl nicht teilnehmen……????? Jede Stimme zählt….
Passt auf Reisepässe auf, sonst kann es eventuell Schwierigkeiten bei der Einreise geben. Genaueres wissen wir erst am Sonntag.
Wir freuen uns euch wieder in HND begrüßen zu dürfen….
E.W. aus HND
vmakowski
Keine Sorge, wir haben über unseren Sohn per Briefwahl an allen Wahlen teilgenommen, auch für jetzt Sonntag. Unsere Pässe tragen wir immer am Körper. Hoffentlich kann ich mich noch an die vielen Kundennamen erinnern ;-)! Jutta
Margrit und Günther
Ich habe Euren Blog nicht regelmäßig gelesen, aber immer wieder mal und war fasziniert von den Details Eurer Reise. Daraus kann man ein Buch machen!
Alles Gute für die letzten Etappen! Wir wünschen Euch eine gute und gesunde Rückkehr.
Margrit und Günther von Cross Over