Mit dem Stufentandem unterwegs in den Amerikas

Monat: Mai 2024

Woche 9 (27.5.24 – 2.6.24) – San Sebastián (Retalhuleu) – San Luis Talpa

Montag 27.5.24 – San Sebastián (Retalhuleu) – Patulul

Gesamt: 2.304,41 km

Der Tag beginnt gegen sechs mit einem heftigen Tritt von Viktor – in Hundesch … , was mit Radfahrschuhen wirklich nicht lecker ist. Schon mal ein toller Start in den Tag. Und das auch noch für ein Sonnenaufgangsfoto, das nichts wird (siehe oben … man beachte die trübe Sonne). Glücklicherweise ist am Hotel auch gleich eine Tankstelle (weshalb es die Nacht über auch wieder schön laut war), und Viktor kann den betroffenen Schuh sofort mit Autowaschwasser halbwegs sauber abspülen. Glück im Unglück: Es ist nur die Ferse betroffen und nicht der Cleat-Mechanismus vorne, der auf dieser Tour auch schon einmal mit Kaugummi verkleistert war.

Eigentlich beginnt der Tag ja schon um 5 Uhr mit dem Anziehen der feuchten Klamotten von gestern. Da denkt man, im „luxuriösen“ Hotel wird man kein Camping-Gefühl entwickeln, und dann schlafen wir in unseren Innen-Schlafsäcken und morgens sind die Klamotten noch feucht.

Der wieder abgespülte Schuh – bei dem Profil und den Cleats (Verbinder zu den Klickpedalen) bleibt gerne viel hängen

Wieso eigentlich Autowaschwasser? Ja, hier in Guatemala werden die Autos ab einem bestimmten Tankbetrag kostenlos von den Tankwarten gewaschen, und das Wasser läuft einfach so über den versiegelten Boden irgendwo hin, oft zur Straße und über diese hinweg auf die andere Straßenseite, wo es dann versickert, unter Umständen wächst direkt am Straßenrand Mais, der dann mit dem Dreck-Wasser-Öl-Gemisch gewässert wird. Praktisch, oder?

Wir machen uns nach der Schuhputz-Aktion auf den Weg und merken sofort, dass die letzten beiden Tage noch Wochenende war: die Straße ist wirklich voll, auch schon um sechs, mit Motorrädern, Lastwagen und Bussen, die an einigen Stellen im Stau stehen, an dem wir aber oft rechts auf dem Standstreifen vorbeifahren können. Hier liegt der „Standstreifen“ zwar immer ein paar – oder auch mal ein paar mehr – Centimeter tiefer als die Straße, was ein Hin- und Herwechseln etwas erschwert, dafür ist er aber relativ sauber – Glas, Schrott und sonstiger Müll liegen erst im Grünen -, weil auch die Mopeds viel am Rand fahren und diesen „sauberfahren“.

Wir frühstücken in einer North-West-Tankstelle (guter Kaffee, saubere Toiletten, und wir dürfen unser eigenes Brot/den Rest Pizza essen), kommen gut voran, und um viertel vor neun braucht Viktor sein erstes Motivationseis. Diesmal endlich was fruchtiges ohne Chili oder Sägespäne – ach nein – gemahlene Kürbiskerne.

An unserem angepeilten Zielort Rio Grande nach 53 km sind wir schon um kurz nach 10 Uhr, und da es dort eh nur ein ziemliches Schmuddelhotel gibt, beschließen wir einstimmig die Weiterfahrt – natürlich nach einer weiteren Eispause bei North-West.

Jutta entdeckt einen Hügel mit Bienenvölkern, und Viktor beobachtet durch den Zaun, dass dort gerade ein Zuchtrahmen in eine Volk einghängt wird. Hier werden definitiv Königinnen herangezogen. Auf Zuruf erfahren wir, dass es ca. 500 Königinnen pro Saison sind. Wir werden sogar eingeladen, uns das Gelände anzuschauen. Verdammt, eine jener Situationen, in denen Abwägen und Kompromisse finden angesagt sind. Die größte Tageshitze steht kurz bevor und wir haben – nach einem heftigen Tag gestern – gerade entschieden, heute auch länger zu fahren. Mit etwas Wehmut lässt Viktor die Besichtigung sausen und es geht weiter.

Um 12.15 Uhr kommen wir nach 70 km in Patulul an und fragen bei einem INGUAT-zertifizierten Hotel nach einem Zimmer. Sie haben heute gerade alle Zimmer „fumigiert“, und wir sollen uns noch eine Weile gedulden. Angeblich passiert das prophylaktisch jeden Monat … aber wir befürchten natürlich trotzdem ein Ungezieferproblem.

Also gehen wir in den ziemlich bergigen Ort und stoßen in einem kleinen Bistro mit schönem Garten hintendran (wieder einmal eine kleine Oase) mit zwei Frappucino auf die Geburt von Kalle und Lotta meiner Cousine Anna an (gesponsort von Eurer Tante „Mopsi“ – vielen Dank, Maggie! und liebe Grüße an Anna, Arne, Ole, Michel, Kalle und Lotta).

Auf dem Rückweg kommen wir noch an einem Informationsstand für Investitionen in Grundstücke und Häuser in einer „Area Residencial“ vorbei. Wir machen ein Foto von dem typischen Aussehen, das uns in Guatemala schon häufiger aufgefallen ist. Ein großes repräsentatives Eingangstor und dahinter …. nichts außer Straßen, Straßenbeleuchtung, voll erschlossene Grundstücke, aber kein einziges Haus. Wir werden natürlich sofort angesprochen und nach unserem Investitions-Interesse gefragt. Also wenn jemand hier bauen will … die Grundstücke sind günstig und wir hätten da eine Telefonnummer für Euch.

Nach dem Einkauf von Getränken für den Rest des Tages und für morgen ist unser Zimmer bezugsfertig, im Pool im Hof vor dem Zimmer beginnt gerade der Schwimmunterricht der örtlichen Schule mit sehr vielen Kindern, immer in Etappen, und wir haben stundenlang Unterhaltung durch die Rufe des Lehrers, seine Trillerpfeife und das Kindergeschrei.

Heute kommt während der Fahrt das Thema auf, dass wir ja eigentlich durch unser Radfahren und die viele Bewegung unser Leben verlängern dürften :-), falls es nicht z.B. abrupt unter einem Guatemaltekischen Chicken-Bus endet. Allerdings wird das Ganze vermutlich doch ein Nullsummenspiel, da z.B. ebendiese Chicken-Busse dunkle schwarze Dieselwolken ausstoßen, die wir über die Atemwege und die Haut aufnehmen (und vermutlich auch andere Schadstoffe über die Speisen – siehe oben). Jutta hatte gelesen, dass diese Chicken-Busse von lebensmüden Irren – oder waren es irre Lebensmüde? – gefahren werden und plant auch nicht, mit einem zu fahren. Viktor würde es eigentlich ganz gerne einmal ausprobieren.

Außerdem planen wir, morgen eine wirklich lange Tour nach Escuintla zu fahren (Korrektur … doch nicht so lang … Komoot hat Viktor wieder einen Streich gespielt … aber die Fehlerquelle sitzt ja meistens vor dem Endgerät), um übermorgen von dort mit einem Taxi – nicht im Chicken-Bus – in das von dort nicht weit entfernte Antigua zu fahren, wo es einen Deutschen Warmshowers-Gastgeber gibt, bei dem wir zwar nicht übernachten werden, der mit uns aber eine Stadtführung machen will.

Er hat uns auch schon eine Übernachtung für Donnerstag abend im La Combi organisert, wo man in umgebauten VW Bussen übernachten kann. Genial!

Dienstag 28.5.24 – Patulul – Escuintla

Gesamt: 2.362,68 km

Heute sind wir schon um viertel vor sechs auf der Straße, wieder mit feuchter Kleidung – wir hatten sie nachts draußen hängen, und zuerst geht es den Berg hinunter bis zu einer schon morgens um sechs ziemlich überfüllten Kreuzung. Dort haben auch schon die Verkaufsstände geöffnet und wir können gekühltes Wasser kaufen. Das Vorankommen auf der CA-2 ähnelt dem von gestern, es sind sehr viele LKW und Chickenbusse unterwegs, die teilweise sehr eng überholen. Es könnte so schön sein, durch das ganze Grün rechts und links zu fahren, wenn man etwas entspannter auf einem breiteren Weg ohne die ständige Gefahr des Angefahren- oder Überfahrenwerdens unterwegs sein könnte.

Heute ist der Standstreifen auch besonders schlecht (siehe Tagesbild oben). Teilweise hört er schon mal in einer gefährlichen Kurve einfach auf, ein 20 cm Asphaltabsatz versperrt uns die Möglichkeit während der Fahrt wieder auf die Fahrspur zu wechseln. Außerdem kommen von hinten die Lastwagen und Chicken-Busse angerast. Seit Baja California haben wir einen Rückspiegel und können dann auf Nummer sicher gehen, anhalten, absteigen und … tja … wenn das in einer Steigung passiert, zunächst mal schieben. Denn Anfahren mit vollbeladenem Tandem in der Steigung auf der Fahrspur ist gefährlich … nun ja, das Schieben dort vermutlich nicht minder.

Da fällt mir (Viktor) ein, dass wir seit Tagen über die Abfahrten berichten wollen. Schließlich hat man sich die redlich in einem langen Anstieg erarbeitet. Sie sind eh schon viel zu kurz (also zeitlich), verglichen mit dem langen Aufstieg. Aber sie sind leider auch nicht soooooo toll. Zwei Faktoren kommen da zusammen. Erstens: Meist enden die Abfahrten an einer Brücke über einen Bach oder Fluss. Die Übergänge vom Asphalt zu den Brückenelementen sind unberechenbar, manchmal sind da Abstände von 20 cm mit tiefen Rinnen oder Schlaglöchern zu überspringen. Wenn wir die mit vollem Tempo nehmen, kann das einen Platten oder Schlimmeres bedeuten. Das heißt also, am Ende der Abfahrt vor der Brücke sicherheitshalber runterbremsen, den ganzen Schwung verlieren, in halbwegs sicherem Tempo über die Brücke und dann im Kriechtempo in den nächsten Anstieg. Zweitens: Die großen Lastwagen nutzen bei der Abfahrt die Motorbremse und rauschen trotzdem im Affenzahn an uns vorbei. Die Motorbremse muss man sich so vorstellen: Hinter uns kommt ein eigenartiges Knattern immer näher, wird lauter und lauter, und erreicht schließlich neben uns einen ohrenbetäubenden Schallpegel. Im Prinzip hört es sich an wie eine kontinuierliche Aneinander-Reihung von Fehlzündungen. Es ist der absolute Wahnsinn.

Was uns noch auffällt: Es gibt hier an der Straße viele „Auto-Love-Hotels“, die man stundenweise buchen kann (z.B. 3 Stunden inklusive Kamasutra-Buch), teilweise sind das sogar nur Garagen, in die man sich mit seinem Auto stellt und so etwas Sichtschutz hat.

Sehr oft sehen wir am Straßenrand Stände mit vielen Benzinkanistern, es riecht streng nach Benzin und es sieht fast so aus, als könne man dort Benzin in Benzinkanistern kaufen. Wir haben noch nicht herausbekommen, ob das eventuell geklautes Benzin ist, das da verkauft wird, oder ob es eine andere Erklärung dafür gibt.

An den ersten Tankstellen des Tages fahren wir vorbei, weil es uns für ein Frühstück zu früh scheint – ein Fehler! Als wir so gegen halb acht mal bei Google-Maps nachschauen, wann denn die nächste Frühstücks-Möglichkeit an der Strecke liegt, ist sie noch 22 km entfernt, und es geht ziemlich viel bergauf. Glücklicherweise schickt Komoot uns aber vorher durch Santa Lucía Cotzumalguapa (über Asphaltstraßen … na sowas! Danke Komoot!), und wir frühstücken endlich an einer Puma-Tankstelle. Viktor kauft sich für umgerechnet fünf Euro (!) ein kleines Nutella-Glas (Plastikgefäß, ist leichter), um die Erdnussbutter auf dem Brot etwas aufzupeppen („Reeses“ lässt grüßen). Ein Security-Mann ist dort der Türöffner, und er berichtet auf Nachfrage, dass die Waffe (sieht wieder aus wie eine Art Pump-Gun) noch nie zum Einsatz kam – sie sei nur zur Abschreckung.

Frühstück an der Tanke … selbstgemixter „Reeses“-Aufstrich

Die letzten 10 Kilometer ziehen sich wieder ganz gehörig in langen Steigungen bei steigenden Temperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit. Viktor leidet wieder unter Überhitzung und braucht alle paar Kilometer am Ende längerer Steigungen eine Trink- und Abkühlpause (Wasser auf den Kopf und das Tuch unter dem Helm wieder nass machen). Liegt es an der schwülen Hitze oder ist das alles nur „Kopfsache“, wie Jutta meint? Bei unserer letzten Pause haben wir frustriert in einer WhatsApp gelesen, dass unsere Blog-Woche-8 zerschossen ist (ein Update per Handy-App war nicht ordentlich synchronisiert). Mit der WordPress-Versionsverwaltung kennen wir uns noch nicht aus, und wir befürchten einen Verlust unseres Tagebuches, das wir vor allem auch für uns selbst schreiben, um später noch alles halbwegs auseinanderhalten zu können. Zum Glück kennt aber unser Sohn Julius in Deutschland die Funktion und repariert alles wieder.

Um viertel vor 12 Uhr sind wir am California Hotel in Escuintla, checken für zwei Nächte ein und müssen bis 14 Uhr warten, bevor wir auf unser Zimmer dürfen. Die Zeit überbrücken wir am (und im) Hotelpool und mit mehreren Frappés aus dem Hotelrestaurant.

Im Zimmer probieren wir erstmals unsere mitreisende Waschmaschine aus … die Scrubba-Bag (Danke an Barbie und Hans-Jürgen), denn hier haben wir ja jetzt zwei Tage Zeit zum Trocknen der Wäsche. Das sollte ja wohl reichen.

Scrubba Wash-Bag

Unser WarmShowers-Kontakt aus Antigua, Thomas, versorgt uns derweil mit weiteren Informationen und wir nutzen den Nachmittag für die Planung der Weiterreise nach El Salvador, Honduras (?) und Nicaragua. Die meisten Radler, die an der Küste Guatemalas und El Salvadors entlang fahren, nehmen ein Boot von El Salvador nach Nicaragua und überspringen damit Honduras, auch aus Sicherheitsgründen. Wir werden von Thomas in zwei WhatsApp-Gruppen aufgenommen und kontaktieren einen Boots-Betreiber, um zu klären, ob unser Tandem mitgenommen würde.

Noch ein paar Chicken-Bus Bilder

Mittwoch 29.5.24 – Sightseeing Antigua (Guatemala)

Heute schlafen wir bis 6 Uhr aus und lassen uns um 6:30 mit einem Taxi (unser Fahrer heißt Otto) nach Antigua fahren. Das Chicken-Bus-Experiment fällt aus, weil einer Person aus unserem Tandem-Team das Leben lieber ist als eine authentisch guatemaltekische Transporterfahrung. Irgendwie nachvollziehbar. Otto ist ein guter und defensiver Fahrer, der uns auch abends wieder sicher ins Hotel zurückbringt.

Die nur knapp 40 Kilometer dauern länger als eine Stunde, und als wir am zentralen Park/Platz in Antigua (UNESCO Weltkulturerbe) aussteigen, suchen wir gleich ein Frühstückscafé. Ein Rentnerehepaar aus Wales geht zielstrebig ins „El Portal“ – wir folgen, und sitzen mit den beiden frühstückend an der Theke. Sie sind als Freiwillige hier – er baut Häuser, sie unterrichtet Englisch an einer Schule.

Von dort geht es zum Aussichtspunkt Cerro de la Cruz über der Stadt, erst über Straßen, dann über sehr viele Stufen. Oben hat man einen guten Blick über die Stadt und auch auf die drei nahegelegenen Vulkane, von denen der Fuego relativ regelmäßig eruptiert – aus dieser Entfernung sehen wir „nur“ eine Rauchwolke, abends oder auf Wanderungen kann man dort auch Lava sehen, wie uns Thomas (aus dem WarmShowers-Netzwerk) erklärt, mit dem wir uns hier jetzt treffen. Er ist Deutscher, der seit vier Jahren hier lebt, „a weng“ fränkischen Akzent hat und uns den ganzen Tag durch die Stadt führen wird. Durch ihn sehen wir in Ecken der Stadt, in die wir niemals gegangen wären (z.B. McDonalds und Starbucks in alten, restaurierten Gemäuern, vermutlich einzigartig auf der Welt, oder Museen, in die wir „mal kurz“ ohne Eintritt reinspringen, aber auch einen verwinkelten Markt, in dem wir ein Pepián mit Hühnchenfleisch essen, ein traditionelles Gericht in Antigua). Wir können ihm gar nicht genug für diese spezielle Insider-Stadtführung danken.

Wir laufen zusammen zum teuersten (Kongress-) Hotel am Ort, das wir uns anschauen, und von wo wir – nach einem Gang durch den hoteleigenen Tunnel zum Parkhaus – mit einem hoteleigenen Shuttle-Kleinbus auf den in Privatbesitz befindlichen Berg fahren, wo wir das Museum des bekanntesten Künstlers von Antigua (Efraim Recinos) besuchen, der offensichtlich stark von Miró beinflusst wurde. Ganz Antigua ist inzwischen die Stadt der Reichen und Schönen, und es ist doch bezeichnend, dass wir hier heute das erste Elektroauto seit dem Verlassen der U.S.A. sehen – einen Tesla.

Und dann sehen wir noch so viele Dinge, dass wir sie hier gar nicht alle aufzählen können. Daher ein paar ausgewählte Fotos.

Auch für die vielen Auto-Hotels erhalten wir heute eine Erklärung. Diese werden überwiegend nicht etwa von jungen Pärchen genutzt, sondern von älteren Ehepaaren, die oft mit mehreren Generationen unter einem Dach leben und deren Zimmer meist keine Türen haben. Somit sind diese Hotels die einzige Möglichkeit für ein bisschen Privatsphäre.

Thomas erscheint uns jedenfalls als ganz spezieller WarmShowers-Gastgeber, bei dem viele Bikepacker länger bleiben können, der seine Gäste gerne bekocht und versorgt.

Donnerstag 30.5.24 – Escuintla – Chiquimulilla

Gesamt: 2.431,58 km

Bevor wir starten, kämpfen wir schon gegen Mücken und beobachten eine kleine Echse, die unsere Zimmerwand entlangkrabbelt. Als war dann um sechs losfahren, entscheiden wir uns, nicht, wie von Komoot geplant, durch die Stadt zu fahren, sondern die paar Meter zurück zur CA-2 zu fahren und dort dann weiter Richtung El Salvador. Die ersten fast 20 km geht es bergab – wunderbar für den Start des Tages. Und wirklich, es rollt sich prima, und es ist auch gar nicht so wahnsinnig viel Verkehr unterwegs. Als wir nach über sechs Kilometern immer noch nicht zurück auf der „blauen Komoot-Linie“ sind, der wir immer folgen, schauen wir doch mal zur Kontrolle bei GoogleMaps. Tja, und wir sind leider Richtung Süden/Playa Quetzal unterwegs – eine Sackgasse – und müssen wieder zurück – natürlich bergauf. Der Abzweig Richtung Grenze nach El Salvador ist nicht ausgeschildert, und auf dem Garmin ist die Karte leider weiß, wenn man nicht auf der geplanten Route oder wenigstens in deren Nähe fährt – wir können also (fast) nichts dafür, dass wir falsch gefahren sind … , und so machen wir einen elf Kilometer langen Umweg.

Auf der richtigen CA-2 geht es dann aber wieder weiter bergab, und wir sind schnell unterwegs, haben jetzt nicht nach 22 km eine Tankstelle zum frühstücken, sondern erst nach 33 (s.o.). Sie können uns kein Heißwasser zur Verfügung stellen, und wir dürfen auch nicht im Gebäude frühstücken, sondern sollen die Tische draußen nutzen – erstmalig – also essen wir bei Gestank in der Hitze mit unzähligen Fliegen überall.

Die Weiterfahrt wird etwas beschwerlicher, es wird immer heißer und geht dann auch aufwärts, aber heute hält sich der Verkehr einigermaßen in Grenzen, wahrscheinlich, weil nicht so viele LKW und Busse in Richtung El Salvador unterwegs sind. Und teilweise können wir sogar komplett ohne Autoverkehr fahren, da die Straße sich hier noch im Ausbau befindet und wir auf einem längeren Stück auf der eigentlich fertigen, aber noch nicht freigegebenen Straße fahren.

Insgesamt ist die Stecke aber gar nicht so schlecht und langweilig, wie wir sie erwartet hatten. Es ist grün und abwechslungsreich (Mango, Zuckerrohr, Rinder), nicht übermäßig heiß, weniger Verkehr als in den letzten Tagen, die Straße in guten Zustand. Wir sind ganz zufrieden, dass wir die in Richtung Escuintla erarbeiteten Höhenmeter heute auch wieder bergab fahren dürfen.

An einer Stelle machen wir uns aber doch kurz Sorgen, als wir dichte, undurchdringbar scheinende Rauchschwaden im Himmel und über der Straße vor uns sehen. Ein großer Brand? Eine Massenkaramboulage? Aus dem Nebel kommen uns aber Fahrzeuge entgegen. Und dann kommt uns auch die Ursache entgegen: wieder einmal ein rotbunter … Chickenbus, der diese extrem flächenbrandähnlichen Rauchschwaden ausstößt, und den das gar nicht zu stören scheint.

An einer Tankstelle 13 km vor dem Ziel wollen wir uns mit einem Eis abkühlen, aber der Laden ist gerade geschlossen, weil die Dame dort gerade unterwegs ist, um sich Mittagessen zu besorgen, wie uns die Tankwarte erklären. Glücklicherweise ist schräg gegenüber ein Minimarket, in den Jutta geht, aber dort ist der Tiefkühler kaputt – also auch keine Erfolg. Aber: eine Guatemaltekin in dem Laden erklärt, dass es „abajo“ Eis gibt und führt Jutta einen Berg runter zu irgendeiner Hotelküche, wo Jutta zwei „gude“ lactosefreie Erdbeereis am Stiel kaufen kann, die beim Ankommen an der Tankstelle schon ziemlich geschmolzen sind. Egal – wir haben unsere Abkühlung!

„Gudes“ Eis – „Guud“ Icecream

Gegen zwölf Uhr kommen wir bei „La Combi“ an, wo wir heute übernachten werden. Diese kostenlose Übernachtungsmöglichkeit (gegen Spende) hat uns Thomas, der WarmShowers-Host aus Antigua organisiert. Diesmal also weder WarmShowers noch Hotel, sondern eine Art Campingplatz, auf dem mehrere Autos zum Übernachten stehen. „Unser“ Chevrolet hat einen Ventilator und zwei LED-Birnen, und vor dem Schlafengehen wird drinnen eine Autan-Spirale abgebrannt. Draußen wird eine Kunstrasenmatte vor die Heckklappe gelegt und eine Deutschlandfahne aufgestellt. Mal schauen, wie die Nacht so wird, das ist bei diesen Temperaturen wahrscheinlich kein Spaß!

Es gibt ein Waschhaus, in dem das Wasser aus einem großen Tank kommt – wir duschen zügig und kleiden uns danach erstmalig in unserer mit Repellentien imprägnierte Kleidung, lang, relativ weit und mit Socken – ziemlich warm. Da Thomas in Antigua uns gestern von seiner Dengue-Erkrankung berichtete ist das aber auf jeden Fall jetzt sinnvoll.

Wir könnten hier theoretisch etwas für uns kochen, entscheiden uns aber dann doch für das Restaurant gegenüber. Wir sind halt einfach zu bequem.

Den späten Nachmittag nutzen wir für ein Blog-Update und für die Briefwahl zur Europa- und Kommunalwahl. Die Unterlagen konnten wir von unterwegs online anfordern und ein Familienmitglied darf mit eidesstattlicher Erklärung die Kreuze für uns machen.

Morgen geht es über die Grenze nach El Salvador. Dort ist der US-Dollar offizielle Währung, der „Colon“ wurde 2001 schon abgeschafft. Mit der zweiten offiziellen Landeswährung „Bitcoin“ wollen wir lieber nicht experimentieren. Wir planen ein paar weitere Etappen an der Küste entlang und kontaktieren potentielle Warmshowers-Gastgeber in El Salvador. Die Entscheidung „Honduras Ja oder Nein“ fällen wir noch nicht, haben aber schon ein Angebot für eine Bootsfahrt von La Union (El Salvador) nach Potosi (Nicaragua), bei der auch das Tandem mitkäme.

Für Nicaragua planen wir einfach mal von Granada aus eine nächtliche Vulkantour zum Masaya ein. Die geht abends los und könnte eventuell einen Radfahrtag komplettieren.

Freitag 31.5.24 – Chiquimulilla – Playa Metalío

Gesamt: 2.514,92 km

Schon vor dem Losfahren gibt es heute Dinge zu berichten: Viktors eine Badelatsche reißt im Waschraum kaputt, ausgerechnet an dem Tag, wo der Weg vom Bad zum Schlafraum etliche Meter über rote Erde führt. Jutta packt im Chevi die Sachen zusammen und vergisst, sich mit Sonnenschutz einzucremen. Außerdem packt sie die täglich genutzte Wäscheleine (Sea to Summit) zwar zusammen, sie dann aber leider nicht in die Radtasche – wir merken es erst am Nachmittag am Zielort.

Heute ist die Straßenqualität wieder einmal deutlich schlechter als in den letzten Tagen. Wir fahren auf der CA-2 Richtung Grenze nach El Salvador, frühstücken irgendwo in einem Super 24, wo wir heute sogar drinnen an einem Tisch unser mitgebrachtes Brot essen dürfen, und wo wir auch die Skippy Erdnussbutter aus Cambria leeren (auf den Rest, den man nicht mehr auskratzen kann, kippt Viktor seinen Kaffee und macht daraus einen leckeren Erdnussbutter-Nescafé-Latte. Als wir um acht Uhr weiterfahren, ist es plötzlich viel heißer draußen, die Sonne knallt schon sehr heftig.

Fünfeinhalb Kilometer vor der Grenze … Stillstand … eine LKW-Kolonne. Wir fahren dann doch einfach links vorbei, wie es auch die PKW machen, machen bei der letzten Tankstelle in Guatemala noch eine Pause, in der wir es nicht ganz schaffen, die restlichen Quetzales auszugeben, obwohl Viktor sich einen Hot Dog „Gringo“ reinzwingt, und passieren gegen halb elf ganz unspektakulär die Grenze. Bis auf die Schlange LKW ist ziemlich wenig los und es gibt keine Verkaufsstände, nur ein paar Männer, die uns Dollar anbieten. Auf der Salvadorianischen Immigrations-Seite diskutiert eine Frau direkt vor uns mit einer Grenzbeamtin darüber, dass Mexikaner und Amerikaner hier völlig problemlos einreisen können, während sie in Mexiko und U.S.A. „como Mierda“ (wie Dreck) behandelt worden sei. Wir sind uns nicht ganz sicher, ob sie uns für Amerikaner hält (wie so viele hier) oder ob das nur Zufall ist.

Die erste Stadt, Cara Sucia (dreckiges Gesicht), ein paar Kilometer weiter, ist völlig überfüllt und gruselig. An der Grenze scheinen sie LKW immer schubweise durchzulassen, und eine der Kolonnen mischt sich mit dem Stadtverkehr, als wir auch gerade durchfahren. Die Stadt macht ihrem Namen also alle Ehre!

Am Ende von Cara Sucia steht plötzlich ein BMW-Motorrad rechts an der Straßenseite, der Fahrer winkt uns zu und macht ein Zeichen, dass wir doch bitte anhalten mögen, was wir auch tun. Seit ein paar Tagen sind wir in einer WhatsApp-Gruppe von Radfahrenden in Mittelamerika. Er ist ebenfalls in der Gruppe und da wir uns dort kurz mit Foto vorgestellt hatten, hat er uns wiedererkannt, ist sofort umgekehrt, hat uns überholt und ist dann rechts rangefahren. Er freut sich so unfassbar, uns zu treffen, wünscht uns alles Gute und Gottes segen, macht ein Selfie mit uns, umarmt uns beide zum Abschied und postet ein kurzes Video in der WhatsApp-Gruppe. Was für eine tolle, berührende und motivierende Begegnung!

Da wir bei Komoot den Tag in zwei Touren teilen mussten – bis und von der Grenze – aber nur eine Strecke aufzeichnen wollen, fahren wir seit der Grenze ohne Navigation, und da es so warm ist und wir Gegenwind haben, fühlt es sich fast permanent so an, als ginge es bergauf, und die Strecke zieht sich entsprechend. Als wir irgendwann eine Eispause machen wollen, stellen wir fest, dass es hier in Tankstellenshops kein Eis gibt (zumindest nicht überall), aber dadurch halten wir in Jujutla bei „La Nevería“, wo es Eiskaffee gibt, wie wir ihn von Zuhause kennen (mit einer Kugel Kaffee und einer Kugel Vanille).

Gegen 14 Uhr ( relativ langer Tag, mit viel Sonne, und Jutta hat sich ja bekanntlich nicht eingecremt, das macht sich jetzt bemerkbar) sind wir nach über 80 km am Zielort in Playa Metalío. Wir versuchen erst, bei einem gut bewerteten Hotel anzufragen, aber als auf unser mehrmaliges Klingeln niemand öffnet, landen wir doch beim Hostel El Ancla / Restaurant Los Tarros, das uns empfohlen wurde, weil es Bikepacker kostenlos zelten lässt, wenn sie im Restaurant essen. Wir nehmen aber ein Hostel-Zimmer und wollen dann erst einmal in den Pazific springen, weil wir schon so lange nicht mehr am Meer waren. Leider stellen wir schnell fest, dass das Wasser hier in Strandnähe voll mit schwimmendem Plastikmüll ist – nicht angenehm – also wechseln wir in den ebenfalls vorhandenen Pool. Die anschließenden Dusche ist auch ziemlich speziell:

ohne Duschkopf, also ein einziger Strahl, ganz neues Duschgefühl

Unser Zimmer riecht frisch fumigiert, die Klimaanlage ist zwar laut, kühlt aber kaum, und zum Schlafen werden wir wieder unsere Innenschlafsäcke nutzen, weil das Bett und die Kopfkissen nicht gerade sauber sind. Die beiden störendsten Dinge aber sind: es gibt kein WIFI (und Viktors Handy findet Netz mehr oder weniger nur vor dem Tor zur Straße), und es gibt kein Essen, obwohl es doch Restaurant heißt, denn die Besitzerin hat heute wichtigeres zu tun.

Als wir unsere gewaschenen Sachen aufhängen wollen, fällt uns auf, dass die Wäscheleine im La Combi vergessen wurde – Jutta hatte sie, wie gesagt, nicht sofort in die Radtasche gepackt, sondern auf dem Fahrradsitz vorne abgelegt, von dem sie beim Transport aus dem Unterstand heruntergefallen ist. Bessert die Stimmung auch nicht gerade! Wir bestellen (vor dem Tor) eine neue, die uns hoffentlich nach Costa Rica mitgebracht werden soll. Die alte Wäscheleine wurde im La Combi bereits neben dem Chevrolet gefunden und liegt für bedürftige Bikepacker zur Mitnahme bereit.

Wir sitzen vor unserem Zimmer auf einer Bank und versuchen, die weiteren Tage zu planen (küstennahe Route oder nicht, Bootsfahrt El Salvador – Nicaragua oder lieber Honduras auf dem Landweg durchqueren, was dauert wie lange und wann sind wir dann in Costa Rica?). Wir planen, auf jeden Fall morgen mal wieder ein Hotel zu suchen (mit AC, Dusche und WIFI). Auch das Schreiben des Blogs kann ohne WIFI nicht wie gewohnt mit sofortigem Hochladen von Bildern erfolgen.

Albert`s Pizza (in Metalío und Cara Sucia) liefert uns auf unsere Bestellung zwei Pizzen, und bevor der Mitarbeiter hier das Gelände verlässt, ordern wir noch schnell Bier und Wasser, damit wir auch noch etwas zu Trinken haben.

Trotzdem ist die Lage hier eigentlich ganz schön. Wir haben das ganze Gelände für uns, bis die Besitzerin irgendwann nach Sonnenuntergang eintrifft. Wir können bei Wellenrauschen in einer Hängematte relaxen, sind Pizza-gesättigt, Viktor ist von drei salvadorianischen „Herz Ass“-Bier leicht angetüdelt … also alles gut.

In der Nacht ist dann Viktor dafür verantwortlich, die Klimanalage in bestimmten Abständen ein- und wieder auszuschalten, wenn sie wieder so laut wird, dass sie zu explodieren droht. Immerhin müssen wir am nächsten morgen nur 20 Dollar zahlen, statt der angekündigten 30, als wir der Besitzerin den Hinweis geben, dass die Klimaanlage „etwas“ laut ist.

Samstag 1.6.24 – Playa Metalió – El Zonte

Gesamt: 2.591,25 km

Nach einer eher bescheidenen Nacht – entweder sehr heiß oder sehr laut – verlangt die Besitzerin 10$ weniger, und wir fahren ganz normal um sechs los. Die (Holper-)Straße zurück zur CA-2 ist gesperrt, wir müssen eine Umleitung fahren, es geht kilometerweit über Erdpisten (aber ohne Schlaglöcher 🙂 ), und wir kommen erst am Ende von Metalío wieder auf die Hauptstraße, d.h. keine Stände mehr mit Getränken. Glücklicherweise haben wir von der Besitzerin von Los Tarros jeder einen Liter Wasser bekommen.

Als nach knapp acht Kilometern eine Tankstelle mit Café auftaucht, beschließen wir, die Gelegenheit zu nutzen und machen schon unsere Frühstückspause. Es gibt zur Abwechslung mal richtigen, ungesüßten Kaffee aus einer guten italienischen Espresso-Maschine (und ein Teilchen für Viktor). Dann treten wir aber erst einmal richtig in die Pedale!

Auf einem kurzen Stück auf der CA-12 (bevor die CA-2 wieder von dort abgeht) fragt Viktor einen Polizisten, ob wir richtig sind und ob das Durchfahren der fünf Tunnel auf der CA-2 auf dem Küstenstreifen La Libertad mit Fahrrädern möglich ist. Der antowortet „ja und ja“ und meint, dass dort ja ganz schöne Steigungen vor uns liegen. Deshalb machen wir bei Kilometer 30 kurz vor dem schwierigen Teil eine Frühstückspause mit Pupusas. Die Menschen hier haben einen ganz anderen Akzent als in Mexico und Guatemala und verstehen Viktors Wunsch nach „Revueltos“ (mit Ei) falsch, denn wir bekommen Bohnenmus und Käse („Frijoles Queso“). Das wäre die zweite Wahl gewesen, also klären wir dieses Missverständis nicht auf.

Kurz danach geht es los mit dem Teil an der felsigen Küste, seht kurvig und immer rauf und runter, inklusive fünf Tunnel mit Längen zwischen 86 und 570 Metern. Es ist wirklich schön, auch wenn man kaum Meerblick hat, weil die Reichen und Schönen sich die aussichtsreichsten Grundstücke haben einzäunen lassen und wir in den Steigungen sowieso ungern anhalten, um nicht wieder anfahren zu müssen. So manches Mal fahren wir auf dem Seitenstreifen der Gegenfahrbahn, weil dort gerade Schatten ist. An zwei Stellen überholen wir vier stehende LKW aus Nicaragua (zweimal die selben), die wohl in Kolonne fahren. Aus einem der LKW wird Diesel in ein Gefäß abgezapft wird. Komische Sache! An einer anderen steilen Steigung steht ein Paar am Rand und filmt uns mit dem Handy, wir fragen, ob sie uns das per WhatsApp schicken können, sagen, dass wir an dieser steilen Stelle nicht anhalten können, aber sie fahren uns nicht nach, um die Telefonnummer zu erfragen. Schade eigentlich!

Nach über 70 Kilometern und 1000 Höhenmetern kommen wir ziemlich kaputt, überhitzt und ohne jegliche Getränkereste in El Zonte an, fahren das anvisierte Hotel an – belegt, fahren ein zweites Hotel an – belegt, und als das dritte Hotel auch kein Zimmer für uns hat, setzt Viktor sich dort auf der Terrasse hin, lässt den Kopf auf die aufgestützen Arme sinken, und macht wohl so einen erschöpften Eindruck, dass sich dort darum gekümmert wird, dass wir ein privat vermietetes Zimmer bekommen können. Nicht das, was wir uns vorgestellt haben, aber hier im Ort ist seit November alles immer ausgebucht – die Stadt ist voller US-Amerikaner, überwiegend Surf-Touristen. Wir sollen abgeholt werden, weil der Weg nicht gut zu erklären ist, es kommt aber niemand, und nach fast einer Stunde fährt die Hotelmitarbeiterin mit ihrem Motorrad vor und wir hinterher. Es geht ein Stück zurück auf der Hauptstraße und einen Weg hoch, den man nicht als Straße erkennen würde. Aber das Haus mit dem Zimmer ist ziemlich neu, massiv, und das Zimmer ist schön, klimatisiert und hat entgegen der Vermutung der Hotelmitarbeiterin auch WIFI. Also Ende gut, alles gut, auch wenn inzwischen Real Madrid gegen Borussia Dortmund gewonnen hat und Viktor eigentlich die Hoffnung hatte, das Spiel vielleicht im Hotel anschauen zu können. In der direkten Umgebung unserer Unterkunfts gibt es praktisch keine Läden oder Restaurants, außer der winzigen Tienda einer älteren Dame, bei der wir schnell noch Getränke kaufen, bevor sie bis Montag früh schließt.

Zum Abendessen gehen wir in das nächstgelegene Restaurant (750 m), welches das Hotelrestaurant des teuersten Hotels hier (mit dem deutsch klingenden Namen „Garten“) ist und gönnen uns mit Meeresblick ein gutes Abendessen. Die Speisekarte ist erst in Englisch, dann in Spanisch, das Hotel ist wohl eher für die Amerikaner, und diesen kleinen Luxus haben wir uns heute redlich verdient.

Blick von der Restaurant-Terrasse
Mango Tango und Gin Exotic

Zurück im Zimmer wird geschrieben und auch die Bilder von gestern ergänzt – heute geht es wieder!

Und allen Berlinern und Speckgürtel-Bewohnern viel Spaß morgen bei der ADFC-Sternfahrt!

Sonntag 2.6.24 – El Zonte – San Luis Talpa

Gesamt: 2.639,38 km

In der Nacht hat es regelrecht geschüttet und wir konnten unser Tandem nicht unterstellen. Die Radtaschen mit den Campingutensilien und Schlafsäcken lassen wir meist über Nacht am Rad, wenn es sicher steht, so auch diesmal. Mit etwas ungutem Gefühl checken wir, ob in den Taschen alles trocken geblieben ist, aber bis auf etwas Feuchtigkeit in den Hase-Seitentaschen ist alles o.K..

Die „Straße“ vor unserer Unterkunft, die wir unser Tandem herunterschieben müssen, ist recht schlammig geworden, so dass wir Anfangs mit unserern Cleats gar nicht in den Pedalen einhaken können. Erst ein paar Pfützen und die erste Pause an einer Tankstelle erlauben uns ein ausreichendes Säubern der Schuhe.

Überhaupt „die Tankstellen“ … irgendwie nervt es schon, dass wir für unsere Versorgung so auf die fossile Infrastruktur der Verbrenner-Lobby angewiesen sind. Aber auch heute finden wir keine andere Möglichkeit, unterwegs zu frühstücken, falls wir nicht bis 8 oder 9 Uhr warten wollen, wenn die Lokalitäten so langsam erwachen. Also gibt es auch heute wieder überzuckerten Nescafé-Cappuccino bei Texaco mit Schinken-Käse-Croissants, die in Folie gewickelt auf einem Styroporteller in der Mikrowelle aufgewärmt wurden.

Nach der langen Etappe mit vielen Höhenmetern gestern und der etwas nervigen Suche nach einer Unterkunft haben wir uns heute für eine kurze Etappe (knapp 50 km) mit reserviertem Hotel am Zielort entschieden. Die ersten Kilometer sind trotzdem gleich heftig, denn die paar Steigungen des Tages liegen sofort am Anfang. Viktors Patellasehnen sind trotz Tigerbalm noch leicht gereizt, also gehen wir es noch langsamer als üblich an. Und wir wissen ja, dass es zum Ende des Tages leichter wird.

Das Ganze ist – wie Jutta ja eh schon die ganze Zeit behauptet – überwiegend Kopfsache. Den Höhenmeter-Rekord haben wir gestern relativ gut geschafft und mit weniger „Bergauf-Stöhnen“ und „Heißlaufen“ des Captains als sonst üblich. Und eigentlich war es eine reine Einstellungsfrage. Man darf die bevorstehende Steigung nicht als Gegner empfinden, den es in einem harten Kampf zu bezwingen gilt. Man muss die Steigung ja nicht gleich zum Freund erklären, aber man kann akzeptieren, was nicht zu ändern ist und sie ganz entspannt als gegeben hinnehmen (Viktor tauft das jetzt mal „Steigungs-Radler-Achtsamkeit“). Wenn man die Steigung dann noch in einem langsamen Tempo angeht, mit dem man notfalls auch stundenlang durchfahren könnte, wenn die Steigung den ganzen Tag so weiterginge, dann ist es auf einmal kein so harter Kampf mehr. Ich behaupte nicht, dass es dann schon zum reinen Vergnügen wird, aber es wird irgendwie leichter.
Soooo … und nun übertragen wir das Bild mal auf andere Herausforderungen des Lebens, beruflich wie privat …. nicht bekämpfen … annehmen! Und dann in einem stetigen, langfristig durchhaltbaren Tempo abarbeiten. Ich glaube das wird die Kernaussage meines Motivations-Vortrages, den ich einigen Kolleginnen und Kollegen nach meinem Sabbatjahr versprochen habe 😉 .

Heute habe ich (Viktor) häufiger einen meiner Lieblingswitze von Eugenio (einem katalanischen Humoristen) im Kopf, denn wir kommen immer wieder an „Reduzca“-Schildern vorbei.

Um viertel vor neun kommen wir an einem Schild vorbei: Walter Thilo Deininger – Parque de Aventuras Surfcity. Wir überlegen, dort eine Aktivität mitzumachen, wegen des Deutschen Namens und weil die Zeit heute da wäre, aber das Einzige ist eine Botanische Wanderung um 9 Uhr, und wir fahren doch weiter. Auch hier steht an der Straße ein Schild: „Surf City under Construction“ – solche Schilder sehen wir schon seit El Zonte, auch an Bushaltestellen und anderswo, und es scheint, als solle hier aus all den Küstenorten ein durchgängiges Surfer-Paradies entwickelt werden. An verschiedenen Stellen stehen große Plakate, die auf Chinesische Großinvestoren schließen lassen.

Und weil wir nur eine kurze Tour haben, können wir öfter mal anhalten, um die heute etwas häufigeren Aussichten oder auch die überall anzutreffenden „freiliegenden“ Wurzeln vieler Bäume, die direkt oben an Abhängen stehen, zu fotografieren – an langen Tagen machen wir das eher seltener. Die vielen toten Hunde, Gürteltiere und anderen plattgefahrenen Lebewesen (oder „Sterbewesen“) in unterschiedlichen Verwesungszuständen (mit und ohne Gewimmel) fotografieren wir nicht.

Außerdem fragen wir uns: Was zirpt da so? Insekten oder Stromleitungen?

Wir kommen schon gegen elf am reservierten Hotel Rancho Argueta an, haben Sorge, wirklich erst um 14 Uhr einchecken zu dürfen, aber wir bekommen das erste fertig gemachte Zimmer und dürfen schon hinein. Bevor wir duschen, gehen wir noch kurz in die Pasteleria Claudy`s Cake und Café um die Ecke und checken danach zwei Essensmöglichkeiten in der Nähe, gegen die wir uns sehr einvernehmlich entscheiden (einmal Fastfood, einmal Straßenstand).

Den Nachmittag chillen wir dann und essen relativ früh im Hotelrestaurant, damit wir morgen um 5:30 Uhr noch das Hotelfrühstück mitnehmen können – etwas ganz Unübliches!

Heute gelernt: Die Sonne steht in der Zone zwischen den Wendekreisen zweimal im Jahr im Zenit. Und den nördlichen Wendekreis haben wir schon in La Paz an der Südspitze von Baja California überquert. Und jetzt hier – schon deutlich weiter südlich – geht die Sonne morgens ganz schnell auf, und schon um 10 Uhr steht sie direkt über uns (praktisch kein Schattenwurf) und bleibt dort für mehrere Stunden, bis irgendwann zwischen 14 und 15 Uhr wieder Schatten sichtbar werden und die Hitze ein wenig erträglicher wird. So sehr wir uns zuhause in Deutschland oft schöneres Wetter wünschen – dieses Klima hier wollen wir eher nicht…

Heute ebenfalls gelernt: In Mexiko hießen die Pools in den Unterkünften noch „Alberca“, seit Guatemala heißen sie wieder „Piscina“ (wie in Spanien auch). Die RAE (Real Academia Española de la Lengua) erklärt dazu, dass nur „Piscina“ korrekt ist, auch wenn einige lateinamerikanische („hispanohablantes“ – spanischsprechende) Länder das Wort „Alberca“ nutzen, was nur für Wasserzisternen zur Bewässerung in der Landwirtschaft korrekt sei.

Woche 8 (20.5.24 – 26.5.24) – Pinotepa National bis San Sebastián (Retalhuleu)

Montag 20.5.24 – Pinotepa Nacional – Santiago Jamiltepec

Gesamt: 2.001,92 km

Wir stellen den Wecker auf 5 Uhr und sind sogar schon ein paar Minuten vorher auf den Beinen. Wie wir am Abend von einem Tuk-Tuk-Taxifahrer in Santiago Jamiltepec erfahren werden, ist der Mai der heißeste Monat in dieser Region. Nach der Beinahe-Hitzschlag-Erfahrung wollen wir früh unterwegs sein, um der schlimmsten Hitze auszuweichen. Kurz nach 6 rollen wir los.

Morgens erreicht uns die Nachricht von einer Eis-Einladung, die eigentlich erst bei Kilometer 2.000 kommen sollte. „Nur nicht unken“ … einer der Lieblingssprüche von Viktor auf dieser Tour („Die Straße ist doch ganz gut“ –> „Nur nicht unken“ … „wir hatten schon lange keinen Platten mehr“ –> „Nur nicht unken“) schießt wieder in den Kopf. Jetzt müssen die 2.000 km heute aber auch geschafft werden. Danke Joachim!

Auch eine gute Kollegin von Viktor, Larissa, meldet sich per E-Mail und die Antwort auf die Frage nach dem Befinden und dem Spaß an der Tour ist es durchaus wert, hier nochmal hineinkopiert zu werden:

„Es gefällt uns trotz aller Strapazen und Planänderungen sehr. Die völlig andere Lebensart, Kultur, Musik, Einstellung, Ernährung, Klima … in jeder Region wieder anders … es relativiert so vieles von dem, was wir für “normal” oder für “richtig” halten.

Zunächst läuft der Tag nach Plan, gegen 7:45 machen wir eine Frühstückspause mit Brot, Käse, Ernussbutter und Mangos (und natürlich ausreichend Hydrierung). Vier Mangos haben wir kurz vorher von einem Moped-Fahrer geschenkt bekommen. Wir sind uns aber nicht mehr sicher, ob er uns vorher überholt und vielleicht unseren Duschvorhang gelesen hatte. Es ist übrigens nicht empfehlenswert, Mangos zu schälen und dann einfach bis zum Kern abzuessen. An den Fäden zwischen den Zähnen hat man lange Spaß. Also: Immer schön einzelne Stücke abschneiden.

Fünf Kilometer vor dem Ziel wird es aber wieder richtig schwierig, noch bevor die 2.000 km geknackt sind. 200 Höhenmeter sind auf 5 km zu erklimmen, na gut, das sind durchschnittlich 4 %, eigentlich schaffbar, besonders nach einem Ruhetag. Trotzdem endet es auf den letzten 2 Kilometern wieder im Schieben. Zum Glück ziehen Wolken auf, die das nächste Hitzeproblem gerade so vermeiden helfen. Ganz kurz vor Schluss knacken wir schiebend die 2.000 km Marke.

Somit sind wir „schon“ um 1o:30 Uhr am Ziel, aber trotzdem ist einer von uns wieder fix und alle. Wir checken im Hotel San Gabriel ein und machen nach 3 Stunden Erholungspause einen kleinen Stadtrundgang bei brütender Hitze, nutzen die Zeit für einen Friseurbesuch und essen mit geschorenen Köpfen ein Eis (Danke Antje!).

Im ganzen Ort fahren kleine dreirädrige, hier ausnahmslos weiße Tuk-Tuks mit drei Passagiersitzen als eine Art Stadt-Taxi herum. Außer im Ortskern, in der Nähe der Kirche, wo auch alle Einkaufsmöglichkeiten liegen, scheint kaum jemand zu Fuß unterwegs zu sein.

Die Namen der Städte kommen Euch komisch vor? Uns auch. Eine kleine Recherche ergibt, dass hier in der Region eine eigene Sprache, Mixteco, gesprochen wird. Zum Glück für uns aber auch weiterhin Spanisch. Deshalb sehen wir unterwegs bei Ortsdurchfahrten wohl auch einige „bilinguale“ Schulen.

Die Suche nach einem Restaurant gestaltet sich wieder etwas schwierig, weil wir nicht zum dritten Mal in Folge zu einem „Tacos Orientale“ gehen wollen. Am Ende wird es ein kleines Restaurant ohne Speisekarte, aber zum ersten Mal in Mexiko mit einer (gar nicht bestellten) Vorsuppe (Nudeln!) in Porzellangeschirr mit Metallbesteck, frisch abgewischtem Tisch und ganz ohne Einweg-Müll.

Die morgendliche Radfahr-Er-„fahr“-ung ist aber positiv genug, dass wir das in den nächsten Tagen so fortsetzen wollen. Die werden aber wieder länger, jedoch mit insgesamt weniger Höhenmetern. Die Straßenbeschaffenheit ist nach dem Tag mit der Großbaustelle (s.o.) allerdings stetig schlechter geworden, an ein zügiges Fahren mit unserem vollbeladenen Tandem ist gar nicht mehr zu denken. Nicht nur, dass die Schlaglöcher größer und zahlreicher werden, auch die sogenannten „Reductores“ (Geschwindigkeitsverminderer) werden zu immer komplexeren und raffiniert gebauten Speichenkillern:

Die „Reductores“ werden immer heftiger. Diese hier sind diagonal im Schritttempo machbar, wenn man sie geschickt anpeilt. Aber schwierig, denn der lenkende Captain kann das Vorderrad gar nicht sehen.

Dienstag 21.5.24 – Santiago Jamiltepec – Rio Grande

Gesamt: 2.062,43 km

Jaaaaaaaaaaahhhh (als langgezogener Seufzer auszusprechen) – es geht doch – wir können es also auch in dieser Region. Gut, der Tag ist überwiegend flach bzw. beginnt als 10 km lange Abfahrt, sozusagen zum Einschwingen.

Wir sind wieder um 6 Uhr los, nur schnell gekühltes Wasser bei Oxxo kaufen und dann auf die Strecke. Der Asphalt ist in der Abfahrt sogar etwas besser, als in den letzten Tagen, aber das ändert sich später wieder und wir fahren unser gewohntes Slalom um die Asphaltkrater. Frühstückspause wieder so um 7:45 Uhr, heute aber nach schon 29 km in San Jose del Progreso (fast der gesamten Strecke gestern), im Schatten, bei Oxxo hinter einer Tankstelle, mit den saubersten Toiletten nach 1000 km, mit zur Verfügung gestellten Plastikstühlen, einem freundlichen Polizisten, der uns bestätigt, dass dieser Bundesstaat Oaxaca sehr sicher ist (aber wir keinesfalls nachts fahren sollen, da wird uns das Rad unterm Hintern geklaut!), und es danach in Chiapas noch sicherer wird, weil da die Marine patroulliert.

Wir machen auch noch schnell ein Foto für Rick aus Cambria, von dem wir die Skippy-Erdnussbutter geschenkt bekamen, und die wir immernoch genießen. Er schickte uns gestern eine Nachricht zu den Sperrungen am Big Sur. Am vergangenen Wochenende hat er es mit dem Rennrad versucht, ist mitten in der Nacht an der schlimmsten Stelle gescheitert und musste umkehren.

Nachricht von Rick

Heute wird es rechts und links auch endlich wieder grüner, da sieht man den ganzen Müll nicht mehr so offensichtlich, es fällt manchmal Schatten auf die Straße, und es tut den Augen einfach unsagbar gut. Wir fahren sehr nah am „Parque Nacional Lagunas de Chacahua“ vorbei, bekommen die Lagune aber nicht zu sehen. Es ist nicht nur grüner, es heißt jetzt auch oft so. Wir überqueren den Rio Verde (grüner Fluss), kurz danach nochmal eine(n) Puente Verde (grüne Brücke). Wir fahren nicht nur wieder an einzelnen Mangobäumen (mit kleinen oder großen Mangos), Bananenstauden, Kokospalmen vorbei, sondern auch an ganzen Plantagen sowohl dieser als auch von Zitronen und auch Kakao – das erkennt Viktor durch die am Stamm hängenden Früchte, seitdem er damals mit unseren Kindern Minecraft gespielt und Kakao angebaut hat 🙂

Korrektur am 23.5.24: Es handelt sich um Papaya-Plantagen, Kakao wird hier in der Region nur sehr selten angebaut.

Die Strecke fährt sich so angenehm, das Viktor schon wieder Energie hat, um physikalische Theorien zu entwickeln. Er ist sich mittlwerweile sicher, dass die Hitzeprobleme des Captains alleinige Schuld der Stokerin sind, die den kühlenden Fahrtwind voll abbekommt und abschirmt, und deren Schweiß die Luft bereits komplett auf 100% Luftfeuchtigkeit gesättigt hat bevor sie den Captain erreicht, so dass für den kein Kühleffekt mehr möglich ist.

Zu dem Thema erhalten wir morgens vor Abfahrt von Freunden noch eine interessante Nachricht: Der Captain soll unbedingt mit dem Brüllen aufhören. –> Brüllaffen fallen tot von Bäumen

Um kurz nach 10 Uhr sind wir schon quasi am Zielort Rio Grande und Viktor probiert an einem Stand jetzt das erste (und vermutlich auch letzte Mal) eine gekühlte Kokosnuss: sie kommt aus einem Bett aus Eis in einem auf der Seite liegenden Kühlschrank, oben wird etwas abgeschlagen, und dann trinkt man mit einem Strohhalm das Wasser. Das Geschmackserlebnis ist … kühl.

An dem Stand kann mann auch essen, wenn man mag, selbst die Tortillas sind aus eigener Herstellung.

Wir checken im Confort Hotel Pacific ein (WIFI Passwort „ElonGod10“ – sehr vertrauenswürdig … Viktor kommt sofort ins Gespräch über Elektroautos), duschen erstmals mit zwei Duschköpfen, die beide mit ausreichend Wasser versorgt werden, als solle man zu zweit nebeneinander duschen, wofür der Platz aber nicht reicht, und machen nach einer kleinen Pause einen Stadtrundgang. Es gibt einen mit Planen überdachten – und daher schattigen- , zwischen einer Ladenzeile und der Hauptstraße eingebetteten ziemlich großen Gemischtwarenmarkt mit zwei Dauerdurchsagen von jeweils einem Stand am Rand, die über die gesamte Fläche schallen, und die irgendein Stärkungsmittel für die Frau mit Haifischöl (am einen Ende) bzw. Basilikumaugentropfen gegen Grauen Star (am anderen Ende) anpreisen. Beim Abendessen in der Taqueria Milagro gleich gegenüber fragt Viktor nach und wir erfahren, dass diese Durchsagen als Dauerschleife sieben Tage die Woche von morgens bis abends laufen. Es kann übrigens ein großer Vorteil sein, wenn man wenig Spanisch versteht … die Dauerschleife nervt nur schallmäßig, aber nicht inhaltlich (Jutta vs. Viktor). Der Schallpegel ist ohnehin hier in Mexiko eher hoch.

Vom Markt geht es zum „Zentralen Park“, wo wir uns ebenfalls Schatten erhoffen, der aber eher Basketballplätze, einen Kinderspielplatz und einen Fitnessgeräte-Park enthält. Genau das Richtige, wenn der Tag einfach noch nicht anstrengend genug war und es noch so früh und kühl ist:

Ringsum sind aber Ladengeschäfte, und wir finden tatsächlich einen kleinen Laden mit selbstgemachtem Eis am Stiel – Danke an Joachim und Ursula! Nach kurzer Zeit in der Sonne halten wir noch einmal bei einem Café und trinken dort einen Frappucino, den es erstmalig (!) nicht im Plastikbecher, sondern im Glas gibt (Danke an Thomas und Stefanie!), und lassen uns danach von einem Tuk-Tuk, die hier in Rio Grande in allen Farben fahren, für 20 Pesos zurück zum Hotel fahren – einfach mal zum Ausprobieren, und weil es so unfassbar heiss ist und es auf dem Rückweg kaum Schatten gibt.

Und hier noch ein Gruß und Dank an Augenoptik Leue in Hohen Neuendorf, falls sie hier mitlesen. Die Brillen funktionieren bestens.

Gruß an Augenoptik Leue in Hohen Neuendorf

Mittwoch 22.5.24 – Rio Grande – Puerto Escondido

Gesamt: 2.114,29 km

Beim Verlassen des Zimmer um kurz vor sechs sitzt eine ganze Menge Bienen an der Flurwand neben unserer Zimmertür – die Häuser haben eigentlich alle nach außen offene Flure, und da sind wohl ein paar Restbienen eines Bienenschwarms im Flur des Hotels zurückgeblieben oder sie sind in der Abenddämmerung vom beleuchteten Flur fehlgeleitet worden.

Nach 20 Kilometern machen wir Frühstückspause an einem Stand am Straßenrand und merken dort schon wieder, wie schnell die Temperatur in die Höhe steigt. Ansonsten ist die Fahrt nach Puerto Escondido relativ arm an Eindrücken, die Lagune, zu der wir längere Zeit parallel fahren, und bei der man im Dunkeln Biolumineszenz bewundern kann, ist von der Straße nicht zu sehen, und bis heute Abend wollen wir dort auch nicht bleiben. An die Lagune selbst führen nur Privatwege über Privatgrundstücke. Und lange suchen wollen wir auch nicht, denn die Temperaturen steigen minütlich

Wir fahren küstennah praktisch durch Puerto Escondido durch und suchen uns eine Unterkunft an einem der Strände – Playa Zicatela – wo man allerdings aufgrund der sehr starken Brandung nicht schwimmen darf. Dafür haben wir ausnahmsweise einmal ein etwas besseres Hotel mit Pool genommen, in dem diesmal auch Wasser ist. Als wir allerdings hineinsteigen, stellen wir fest, dass das Wasser wohl an die 30°C hat und keine Erfrischung ist. Deshalb ist hier wohl auch zur Zeit Nebensaison – Hauptsaison ist vom 1.11. bis zum 31.3. (oder 30.4.?), obwohl wir auf der Nordhalbkugel sind, aber wohl nur von November bis März sind die Temperaturen hier angenehm – anders als zuhause …

Wieder einmal machen wir uns Gedanken, wie wir es bis Ende Juni nach Costa Rica schaffen wollen, wenn es ab jetzt eigentlich überall so warm sein wird, dass wir unmöglich 100 km am Tag, manchmal noch mit vielen Bergkilometern, schaffen können. Also fragen wir bei „Europcar“, gleich hier um die Ecke, nach einer One-way-Miete nach Tapachula, kurz vor der Grenze nach Guatemala. Der Mitarbeiter kann nicht sofort klären, ob bis morgen ein entsprechend großes Auto zur Verfügung steht, scheint aber zuverlässig und engagiert.

Zufällig aus dem Cafe entdeckt

Während wir auf seine Antwort warten, lassen wir uns von einem Tourguide (Jimmy Tours) zur Schildkrötenfreilassung an der nahegelegenen Aufzuchtstation bringen, bekommen Fakten über die Golfina-Schildkröte erklärt und dürfen jeder eine kleine, vor erst 40 Minuten geschlüpfte Schildkröte aus einer Kokosnuss-Schale freilassen. Wir beobachten unsere beiden sowie viele andere bei ihrem Lauf in die heftige Brandung bis sie im Meer verschwunden sind. In freier Natur würden nur 5% überleben, mit Hilfe der Station, deren Mitarbeiter jeden Abend den Strand überwachen, die Eier einsammeln und kontrolliert armlängentief verbuddeln, und schließlich, kurz bevor sie nach 40 Tagen schlüpfen, einen Korb über die Stelle stülpen, um die Jungtiere dann gesammelt ins Meer entlassen, wenn nicht mehr so viele Fressfeinde (z.B. Vögel und Hunde) unterwegs sind, überleben – tata! – ganze 20% – von unseren beiden also vermutlich auch nur eine … oder keine.

Erst nach 14 Jahren kann man feststellen, ob Männchen oder Weibchen, und die Weibchen kommen wieder zurück zum Eierlegen: sie kommen an den Strand und brauchen eine Stunde 40 Minuten, um das Loch zu buddeln, die Eier hineinzulegen, das Loch wieder zu verschließen und wieder ins Wasser zu gehen. Sie sind 50/60 cm groß, also bei der Strandinspektion ganz gut zu sehen, und dann geht die Schildkrötenaufzucht durch die Station los.

Unser Guide erfährt von unserem Wunsch mit dem Mietwagen und bietet sich als Alternative als Fahrer nach Tapachula an, bzw. seinen Kollegen mit einem größeren Auto, als er genauer nachfragt. Die wäre sogar günstiger als die One-Way-Miete bei Europcar. Wir lassen uns seine Nummer geben, und als wir beim Abendessen in einem Italienischen Restaurant (!) sind, kommt per WhatsApp die Absage von Europcar – sie hätten erst übermorgen ein entsprechendes Auto. Also entscheiden wir uns, Jimmy (Jaime Ortiz Reyes) zu vertrauen und es mit seinem Kollegen zu probieren… So etwas in Mexico zu machen, ist schon ein wenig aufregend … Hoffen wir mal, dass das alles gut geht!

Donnerstag, 23.5.24 – Puerto Escondido – Tapachula – Kleinbus- Transfer

Wir sitzen in einem Nissan Kleinbus mit 14 Sitzen, davon vier besetzt (Jutta, Viktor, Fahrer und seine Tochter), unser Tandem steht aufrecht und in voller Länge mit Spannriemen gesichert zwischen uns und wir werden von Jesus ca. 600 Kilometer nach Tapachula, der letzten großen Stadt vor der Grenze nach Guatemala, gefahren. Der Fahrpreis ist am Ende günstiger als bei Europcar den „Drop-Off“ zu bezahlen, der alleine schon über 14.000 Pesos gekostet hätte. Diese Transportart fühlt sich zwar ziemlich dekadent an, aber wir entscheiden uns trotzdem dafür. Dieses Sabbatjahr ist schließlich unser persönlicher Egotrip und das schlechte Gewissen hält sich in Grenzen. Wir wollen halbwegs entspannt in Costa Rica ankommen und das geht nur mit ausreichend Ruhetagen, schaffbaren Höhenmetern und Tagesetappen, die unseren alternden Captain nicht völlig zermürben.

Auf den ersten 200 Kilometern treffen wir die ersten Bikepacker auf dieser Tour. Wir haben sie überholt und angehalten, Wasser und Hilfe angeboten. Sie sind auch unterwegs nach Ushuaja/Patagonien/Feuerland. Er ist Chilene und spricht gut Deutsch, da er mit dem Rad schonmal Deutschland umrundet hat. Sie ist wohl aus Kanada (?) (Nachtrag: sie ist aus Russland). Wir werden uns bestimmt wiedersehen, denn die beiden dürften schneller sein als wir. Wenn nicht, sind wir aber für Weihnachten schon in Chile verabredet. Wir hatten leider nur ein paar Minuten, aber sie haben versprochen, uns über den Blog zu kontaktieren.

Bikepacker mit gleichem Ziel

CO2-emissionsmäßig keine Glanztat, dieser heutige Tag, aber dafür haben wir uns ja hier in Mexiko standhaft geweigert, die lokalen Gepflogenheiten anzunehmen und die täglich ausgetrunkenen Wasser- und Gatorade-Flaschen vom Fahrrad sofort in den Straßengraben zu werfen. Eigentlich erwartet man ja von Gästen, dass sie sich anpassen …

Außerdem unterstützen wir mit der Tour einen lokalen Kleinunternehmer, statt das Geld dem Europcar-Konzern in den Rachen zu werfen. Seht Ihr, wenn man 10 Stunden Zeit hat, kriegt man so ziemlich alles irgendwie schöngeredet ;-). Das hat jetzt alles Viktor geschrieben! Jutta dagegen hat die ganze Zeit im Kopf, dass man niemals hier inoffizielle Taxis nehmen soll, sich sowieso von Männern generell lieber fernhalten soll, schwitzt Wasser und Blut, weil der Fahrer ständig mit Händen und Füßen redet und einfach keine Pause machen will, obwohl durch die schlechten Straßen hier die 600 km wirklich 10 Stunden Fahrt bedeuten. Und als wir an einer Abfahrt Richtung Tapachula vorbeifahren, sieht sie uns schon irgendwo abgeknallt in den Bergen, aber wir fahren ein Stück rückwärts zurück und nehmen die Ausfahrt doch noch. Puh!

20 Uhr. Wir sind sicher im Hotel in Tapachula angekommen, eingecheckt und werden wohl zwei Nächte bleiben, um in einer Bank Bargeld für Guatemala zu besorgen, ein paar Kleinigkeiten am Tandem zu justieren und vielleicht die Stadt anzusehen. Und der Pool ist bis 22 Uhr geöffnet, also gehen wir wohl noch kurz hinein, bevor wir schlafen gehen.

Jesus und seine Tochter machen sich nach 10 Stunden Fahrt übrigens sofort wieder auf den Rückweg. Wahnsinn! Wir bieten den beiden an, ihnen ein Zimmer in unserem Hotel zusätzlich zu bezahlen, aber er sagt, er habe schon ganz andere Strecken in einem Rutsch geschafft. Viktor redet kurz auf ihn ein und sagt noch was von „in Deutschland verboten“ aber die beiden machen sich auf den Rückweg. Wir lachen noch gemeinsam über Viktor’s Aufforderung an die Tochter, den ganzen Weg zu singen und Witze zu erzählen, aber irgendwie wird uns doch ziemlich mulmig, als der Nissan vom Hotelparkplatz rollt. Und, warum bitte schön, fährt eine Tochter im Teenager-Alter freiwillig an einem wegen Lehrerstreiks schulfreien Tag 20 Stunden Auto?

Nachtrag: Beim Frühstück fragen wir per WhatsApp nach und sie sind sicher zurückgekommen.

Noch ein paar Notizen von der Fahrt:

Uns kommen von Stunde zu Stunde mehr Gruppen von „Illegales“ entgegen, die aus Mittelamerika kommend zu Fuß Richtung Norden unterwegs sind und die U.S A. erreichen wollen. Laut unserem Fahrer werden sie vom Staat geduldet, ihm droht aber eine Strafe von 100.000 Pesos, wenn er sie mitnimmt oder ihnen auf andere Art hilft.

Feuer: größerer Brand links der Straße, laut unserem Fahrer vermutlich unbeabsichtigt und außer Kontrolle. Auf meine Frage, ob solche Brände von der Feuerwehr bekämpft werden, kommt die Antwort: „Si, si, pero tardan mucho“ – Ja, ja, aber sie kommen sehr spät. Ich traue mich nicht nachzufragen, ob „mucho“ eher Stunden, Tage, Wochen oder Monate bedeutet.

Der Vater von Jesus ist Landwirt, Anbau von Mais zur Ernährung von Familie und Hühnern, er brennt seine Felder nie ab. Aber es gibt noch viele Landwirte, die meinen, das Feld wäre „sauberer“ und fruchtbarer, wenn es nach der Ernte abgebrannt wird. Sein Vater hat ihm beigebracht, niemals abzubrennen, sondern unterzupflügen und verrotten zu lassen.

Müll an den Straßen: die jeweilige Gemeinde (Municipio) ist für die Reinigung verantwortlich. Dort, wo das Geld nicht in dunklen Kanälen verschwindet, erfolgt das monatlich, aber nach einem Monat sieht es eigentlich wieder gleich aus. Das Problem sei die Bevölkerung selbst.

Wahlen: Claudia Sheinbaum wurde gemeinsame Kandidatin von TP, Morena und Verdes (Grüne), weil die Konservativen eine Frau aufgestellt haben und der amtierende Regierungschef (Morena Partei) nicht mehr antreten darf (das entsprechende Gesetz hat er selbst unterstützt). Sonst würde er vermutlich wiedergewählt, da er mehrheitlich weiterhin beliebt ist. Sheinbaum ist Mitglied der Grünen und sozusagen Kandidatin von seinen Gnaden, auch weil die Grünen seine Regierung immer loyal gestützt haben. Ökologische Themen spielen aber bei der Wahl kaum eine Rolle. Das Müllproblem wird gar nicht als solches wahrgenommen. Hauptthema der Grünen ist angeblich ein angestrebtes privates Abholzverbot, denn das sei derzeit das drängendere Umweltproblem, weil überwiegend mit selbst geschlagenen Holz auf offenen Feuern gekocht wird. Tja, man muss die Bevölkerung halt mitnehmen. Zu viel Veränderung auf einen Schlag geht halt nicht.

Das große Thema der Opposition, die Sicherheit in Mexiko, hänge gar nicht von der Regierung ab, sondern von den jeweiligen regionalen Drogenkartellen und deren Stabilität. In Oaxaca gäbe es z.B. auch nachts kaum Sicherheitsprobleme (er lässt seine Tochter auch nachts alleine in die Stadt), weil es einen  unangefochtenen Drogenboss gäbe, der für Sicherheit und Bestrafung sorge, wenn jemand etwas Unrechtes tut. Das weiß jeder und deshalb ist es sicher. Der Drogenboss werde von der Bevölkerung und den Unternehmern gestützt, weil er z.B. nicht – wie in anderen Bundesstaaten üblich – Schutzgelder erpresst und die Drogen (vor allem Crystal Meth) auch nicht im eigenen Bundesstaat verkauft, sondern nur außerhalb, er schadet also nicht der Bevölkerung vor Ort.

Das ist natürlich alles nur die Sicht einer einzelnen Person, aber trotzdem irgendwie ganz aufschlussreich.

Abends im Hotel nutzen wir sogar noch bei Dunkelheit den Pool und erhalten von einer Mutter mit Tochter  ein paar Tipps zu den Grenzübergängen. Im Hotelrestaurant probiert Viktor erstmals eine „Michelada“, ein beliebtes Biermischgetränk in Mexiko. Darin enthalten sind Bier, scharfe Tomatensoße mit Chili, Maggi und andere Köstlichkeiten. Serviert im Glas mit Salzrand und mit einem Esslöffel. Selbst löffelweise ist es nicht genießbar. Manch Spezialität wird dem europäischen Gaumen wohl auf ewig verschlossen bleiben. Und auch, wenn Viktor eigentlich nie etwas zurückgehen lassen will („Lieber den Magen verrenken, als dem Wirt etwas schenken“) leert er das Glas nicht.

Freitag, 24.5.24 – Tapachula

Wir bekommen Frühstück im Hotel und suchen dann der Wegbeschreibung einer Rezeptionistin folgend nach einem Waschsalon. Er solle gleich um die Ecke sein, aber auch nach mehrfachem Fragen und Umrunden des Häuserblocks finden wir nichts, bis irgendwann eine Frau ihren Laden öffnet, wir sie auch noch einmal fragen, und sie bestätigt, dass in dem Laden nebenan eine Wäscherei sei. Irgendwann würde sie auch öffnen. Als wir später noch einmal wiederkommen, ist sie wirklich geöffnet, und gegen einen kleinen Aufschlag macht die Dame unsere Wäsche zu heute nachmittag und bringt sie sogar ins Hotel. Als wir ihr sagen, dass man von aussen nicht erkennen kann, dass sie wäscht, meint sie, bald werde der Maler kommen (und dann die Bezeichnung und Öffnungszeiten anpinseln? – neu ist ihr Betrieb jedenfalls nicht). Sei`s drum … Hauptsache wir sind erstmal wieder sauber unterwegs.

Wir beschliessen, morgen den Grenzübergang in Talisman zu nehmen und holen uns bei der Touristeninformation in der Innenstadt auch noch die Bestätigung, dass man einfach dorthin fahren kann, am besten aber schon Quetzales dabei haben sollte. Also ziehen wir bei der CI Bank noch einmal Pesos, tragen sie zum Schalter, und bekommen nach einigem Warten die ersten 800 Guatemaltekischen Quetzales. Eine Einreiseerlaubnis für die CA-4 Staaten Guatemala, El Salvador, Honduras und Nicaragua (90 Tage insgesamt in diesen vier Ländern) werden wir wohl einfach beim Grenzübergang morgen bekommen, da brauchen wir uns vorab nicht zu kümmern.

Außerdem besuchen wir noch eine ziemlich modernde, schöne, und eine andere „schon“ 200 Jahre alte, nicht so schöne Kirche, laufen durch die Fußgängerzone, trinken Kaffee bzw. Schwarzen Tee (!) im Café Angeles und laufen bei Regen (der erste seit Beginn der Tour) zurück zum Hotel, um die kommenden Tage zu planen.

Die Besichtigung von nahegelegenen Maya-Ruinen und einer Kaffeeplantage in den Bergen ziehen wir kurz in Erwägung, aber alle diese mehrstündigen Touren starten morgens um 8 Uhr oder werden nur angeboten, wenn ein Kreuzfahrtschiff im nahegelegenen Hafen von Playa Linda liegt. Wir müssten also noch einen Tag dranhängen. Das ist es uns dann doch nicht wert. Wir kommen morgen auf dem Weg zur Grenze an einigen Pyramiden vorbei. Je nach Fitness und Wetter planen wir einen Abstecher.

Zur Planung: Wir wollen weiterhin morgens um 6 starten, um der schlimmsten Hitze (und ab jetzt auch dem nachmittäglichen Regen der Regenzeit in den Tropen) auszuweichen. Guatemala haben wir uns grob in sieben Etappen „aufgeteilt“, teilweise mit 600 Höhenmetern am Tag … es bleibt spannend. Morgen wollen wir kurz vor neun Uhr morgens am „Höhepunkt“ an der Grenze sein. Dort soll es ca. 2 Stunden dauern, um nach Guatemala einzureisen. Danach geht es nach Komoot-Plan noch 12 km und 130 Höhenmeter runter und wieder rauf bis zum Etappenziel.

Die Kontraste beim Rundgang in der Stadt sind wieder mal beeindruckend. Laute, farbige, quirlige Straßen und immer wieder stille Oasen wie die Kirchen oder das Café.

Und wieder erleben wir, dass auch völlig andere Maßstäbe bezüglich Gesundheits- und Arbeitsschutz ganz normal sein können. Unsere „Normalität“ ist auch nur eine von vielen:

Probelauf im Elektrofachgeschäft, die hier in Mexiko auch Mopeds aus mexikanischer Herstellung (Italika) verkaufen. Immerhin bei offener Türe, aus der die Abgas-Schwaden auf die Straße wabern.

Unsere potentielle Warmshowers-Gastgeberein rief zwar gestern kurz an und schickte uns den Standort für eine Übernachtung, aber wegen der Wäsche bleiben wir jetzt sowieso noch eine Nacht hier im Hotel. Eventuell telefonieren wir nochmal mit ihr, um uns ein paar Tipps für den Grenzübertritt und das Radfahren in Guatemala zu holen, aber übernachten werden wir dort wohl nicht mehr. Wir checken auch nochmal den Grenzübergang, den Darius Braun (Und Trotzdem, seine Route auf MyMaps) hier nach Guatemala genommen hat, und fühlen uns bestätigt.

Ach, und diese Fußgängerampel hat uns gestern schon beeindruckt:

Zuviel Vorbereitungszeit ist auch nicht gut. Jutta nimmt sich abends noch die Zeit, den Newsletter des Auswärtigen Amtes zu Guatemala zu lesen. Eigentlich hatten wir unsere Nervosität Dank klarem Plan schon mehr oder weniger komplett abgebaut, aber dann lesen wir dort, dass man seine Routenführung in Guatemala dem INGUAT mitteilen und im Falle von Bedenken um Sicherheitsbegleitung bitten sollte. Ja spinnen die denn alle? Also erstellen wir noch schnell eine GPX-Datei mit der geplanten Route und schicken sie per E-Mail an das INGUAT mit Kopie an das Auswärtige Amt. Vermutlich ist das völlig sinnlos, aber man weiß ja nie.

Samstag, 25.5.24 – Tapachula (Mexiko) – Pajapita (Guatemala)

Gesamt: 2.174,80 km

Wir kommen pünktlich um sechs im Hotel San Francisco los, obwohl wir das Tandem komplett wieder beladen müssen und sind erstaunt, wie viele Menschen am Samstag um diese frühe Uhrzeit schon auf den Strassen sind.

Am Stadtrand von Tapachula treffen wir auf ein paar Radfahrer, von denen uns einer anspricht und filmt. Er wundert sich ein bisschen, dass wir nur bis Melacatán fahren wollen, aber wir erklären ihm, dass es an der Grenze nach Guatemala wahrscheinlich sehr lange dauern wird. Wir halten kurz an und machen ein Gemeinschaftsfoto. Viktor bittet um die Bilder und gibt ihm die Handy-Nummer. Und wieder haben wir einen Kontakt und schon am Abend per WhatsApp eine Einladung in unser Gästezimmer ausgesprochen, falls es einen der Radler mal nach Berlin verschlagen sollte.

Vielen Dank für das Video an Roberto aus Tapachula

Beim letzten Oxxo auf unserer Reise, ein paar Meter vor der Grenze in Talisman, frühstücken wir und schieben um halb neun das Rad in Richtung Grenzübergang. Das Mexikanische Migrationsbüro ist schnell gefunden, die Dame am Schalter gibt uns den Ausreisestempel (und zeigt uns, dass wir doch – entgegen unserer Annahme – einen ganz schwachen Einreisestempel in Tijuana bekommen haben) und wundert sich, dass wir ein US-Amerikanisches Visum im Pass haben. Also erklärt Viktor auch ihr noch einmal unsere Geschichte vom „Overstay“ in 1998 …

Wir schieben das Tandem über eine Brücke, die in der Mitte zwei Grenzsteine auf der Brüstung hat – Mexico/Guatemala – und die voll von Straßenhändlern ist. Hinter der Brücke ist ein lautes Gewusel und auch alles voller Straßenstände, wir können kein Guatemaltekisches Migrationsbüro finden, aber ein netter Mexikaner, der auch zu Fuß unterwegs ist, zeigt uns den Weg, etwas weiter vorne und fast versteckt zwischen den ganzen Händlern und Geldwechslern. Wir geben unsere Pässe hin und bekommen den Einreisestempel mit 90 Tagen Aufenthaltserlaubnis in den vier Zentralamerikanischen Staaten Guatemala, El Salvador, Honduras und Nicaragua.

Das Ganze dauert keine 15 Minuten, und wir müssen auch nichts bezahlen, allen Horrorgeschichten im Netz zum Trotz! Und dann empfängt uns Guatemala erst einmal mit einer 13-%-igen Steigung, die wir schiebend überwinden, bevor wir uns wieder ans Radfahren machen. Wir fahren auf der Guatemala CA-2, die in einem unfassbaren Zustand ist …

… in einem unfassbar guten! Nach der MEX-200 wussten wir schon gar nicht mehr, wie zügig, einfach und entspannt man auf einer guten Asphaltdecke – ohne Slalomfahren um tiefe Schlaglöcher – vorankommen kann. Die CA-2 scheint erst vor Kurzem eine nagelneue Asphaltdecke erhalten zu haben. Als wir um viertel nach neun am geplanten Zielort Malacatán ankommen entscheiden wir uns schnell für eine Weiterfahrt. Selbst leichte Steigungen fühlen sich auf diesem Untergrund wie eine Ebene mit Rückenwind auf schlechter Straße an. Um diese frühe Tageszeit ist es bei leicht bedecktem Himmel selbst nahe 30 Grad auf dem Fahrrad noch erträglich. Die Vegetation ist saftig-grün, links und rechts der Straße zirpen die Insekten in teilweise undurchdringlichem grünen Dickicht, wir fahren nicht in der prallen Sonne, selbst wenn sie mal länger durch die Wolken scheint, denn immer wieder spenden große Mango- und Avocadobäume uns Schatten. Eine neue Palmart wird hier in Reih und Glied angebaut – kein Kokos – vielleicht Ölpalmen? Wie wir abends recherchieren, kommt der Name „Guatemala“ von Cuauhtemallan = indigen für „lugar de muchos árboles“ = „Ort der vielen Bäume“.

Die geschwindigkeits-reduzierenden Straßenelemente heißen jetzt nicht mehr „Reductores“ sondern „Tumulos“, nerven aber immer noch genauso. Sie sind hier außerdem steiler und manchmal auch höher. Einmal setzt Viktor kurz mit dem linken Pedal auf, ein anderes mal scheint unser Ständer aufzusetzen.

An der Rezeption in Malacatán, wo wir dann ja doch weiterfahren, werden wir noch gefragt, welchen Weg wir den nehmen würden, den schwül-heißen an der Küste entlang, wo 40°C und mehr auf uns warten oder den kalten und steilen über die Hochebene Guatemalas, wo Kälte von 0°C lauert. Nun ja, der Plan war eigentlich an der Küste entlang, aber irgendwie ohne unerträgliche Hitze. 😉

Auf der vom INGUAT zertifizierten Hotelliste suchen wir uns ein Hotel in elf Kilometern aus, fahren dann aber auch dort schwungvoll vorbei und landen schließlich 30 Kilometer weiter als geplant im Hotel Santa Fe in Pajapita. Das hat eine eigene Security (mit einer Art Pump-Gun), ist mit Stacheldrahtzaun gesichert, und hat einen erstaunlich hohen Standard, mit Pool, Restaurant, Bar… Wir scheinen Guatemala völlig unterschätzt zu haben! Und die Bevölkerung hier freut sich anscheinend noch mehr, uns zu sehen, als die US-Amerikaner oder Mexikaner: wir werden ebenfalls ständig rhythmisch angehupt, aber hier werden wir auch sehr häufig fotografiert oder gefilmt. Ein Lastwagenfahrer hält dreimal vor uns an, um auszusteigen und uns zu filmen! Viktor äußert schon Bedenken, ob er uns per Video bei den Banden ankündigen will, die laut Auswärtigem Amt in den nächsten Tagen auf uns lauern werden. Wir sehen die ganze Route über Polizisten am Straßenrand. Wir vermuten, dass unsere E-Mail an das INGUAT statt einer Eskorte jetzt einfach an den wichtigen Stellen Polizeischutz ausgelöst hat. 😉

Allerdings hören wir auch häufiger den Ruf „Gringo“, der aber schnell verstummt wenn Viktor auf Spanisch „Noooo, somos Alemanes!“ (Nein, wir sind Deutsche) antwortet.

Das erste Eis in Guatemala kauft Jutta in einem kleinen Laden am Strassenrand, und das einzige fruchtige Stieleis, das es gibt, entpuppt sich als Mango-Chili – etwas gewöhnungsbedürftig. Dafür ist der Frappé in der Pizzeria Venezia am heutigen Zielort Pajapita eine sehr positive Überraschung.

In Pajapita gehen wir einmal kurz durch den Ort und über den Markt. Auch hier hängt das Fleisch an Haken in der Sonne wie in Mexiko, es gibt verschiedene Bananensorten (frittierte Bananen sind hier ein Nationalgericht) , Mangos, riesengroße Avocados und – neu hinzugekommen – „Rambutan“ … eine Art Litschi.

Sonntag, 26.5.24 – Pajapita – San Sebastián (Retalhuleu)

Gesamt: 2.233,52 km

Der Tag beschert uns überraschend fast 1.000 Höhenmeter, obwohl Komoot 850 m vorhergesagt hatte. Na ja, das sind vermutlich Rundungsfehler. Und eine kleine Extrarunde durch Coatepeque auf der Suche nach einer Frühstücksmöglichkeit. Der Tag zieht sich jedenfalls in die wärmere Tageszeit ( 6 bis 13:15 Uhr) und die Höhenmeter machen uns dann doch ganz schön zu schaffen. Die Steigungen sind zwar nicht ganz so steil (wir schieben nur in Coatepec mal durch den Ort) aber sie ziehen sich über die gesamten 60 km und zermürben dann doch mit der Zeit. Der höchste Punkt lag über 700 m. Mit dem Klima kommen wir hier aber irgendwie besser klar als mit der trockenen Hitze in Mexiko. Die 30 Grad sind trotz hoher Luftfeuchtigkeit besser zu ertragen.

Feuchtwarm ist besser als trockene Hitze … vielleicht.

Die Extrarunde zum Frühstück lohnt sich aber, denn wir lernen den Unterschied zwischen „Platano“ und „Banano“. Wir essen Pfannkuchen (Panqueques) mit Banane und bestellen uns auch die frittierte Banane. Letztere wird aber aus „Platano“ gemacht während die Pfannkuchen von „Banano“-Stücken begleitet werden.

Irgendwann braucht Viktor wieder sein motivierendes Fruchteis und er kauft an einem Stand ein Eis am Stil (Paleta) von Salita, der gleichen Firma, die auch schon das Mangoeis mit Chili herstellt. Diesmal ist es „Mango verde con Pepita“. Schon der erste Biss verrät: Hier sind Sägespäne im Spiel (Gruß an Bärbel und Jürgen)! Die Verpackung verrät: Keine Sägespäne sondern gemahlene Kürbiskerne (und Salz) … Jutta wusste schon, warum sie kein Eis wollte. Am Abend finden wir im Einkaufszentrum heraus: Es gibt auch ganz normales Erdbeer und Kokos-Eis … na dann also morgen ….

Die Pepitas sind eine Spezialität und werden zu verschiedenen Obstsorten gegessen. In den U.S.A. lebende Guatemalteken betreiben einen großen Aufwand, um da ranzukommen:

Wir steigen mehr oder weniger versehentlich in einem Hotel ab, das nicht auf der Liste des INGUAT aufgeführt ist, aber als wir erstmal im Zimmer sind bleiben wir dann doch. Wir erhalten auf Nachfrage sogar ein zweites Handtuch, was für Ehepaare hier aber unüblich ist. Zum Schlafen holen wir sicherheitshalber unsere Innenschlafsäcke ins Zimmer, weil Spannbettlaken und Laken sich ständig verschieben und die Matratze freigeben.

Nach dem Nachmittagsregen gehen wir den guten Kilometer zu einem Einkaufzentrum und entscheiden uns für „Pollo Campero“, einer Guatemaltekischen Restaurant-Kette, die es seit 1971 gibt. Die Bedienungen sind bestens trainiert und rattern ihre auswendig gelernte Begrüßung am Tisch in einem Tempo herunter, das selbst Viktor nichts versteht. Auch die Bitte nach einer langsameren Wiederholung bringt genau GAR NICHTS. Egal, wir bestellen eine Pizza und eine Art Salat-Bowl. Die halbwegs verständlich Nachfrage nach der Pizzagröße wird von einer Handbewegung begleitet, die eine Pizzagröße andeutet (ca. Untertassengröße). Das reicht Viktor nach dem Tag nie, also bestellt er „la grande“ … die Gr0ße. Ungläubig aufgerissene Augen bei der Bedienung! Sie fragt sicherheitshalber nochmal nach und Viktor bestätigt abermals. „Die Pizza kommt aber ohne Getränk“ (das verstehen wir sogar beide) …sie bietet also ein Getränk in „Pichel“-Größe an und Viktor sagt ja. Wir kennen den Pichel ja schon von der Frühstückskarte heute morgen, da waren es ca. 500 ml.

Als das Getränk kommt, gibt es folgende Reaktion:

Über die Pizza brauchen wir nicht weiter reden. Sie dient morgen noch zum Frühstück und Mittagessen.

Woche 7 (13.5.24 – 19.5.24) – Mazatlan bis Pinotepa National

Montag 13.5.24 – Mazatlan und Busfahrt nach Acapulco (Fortsetzung)

Gesamt: 1.686,98 km

Nach der vorherigen Nacht auf der Fähre können wir dieses Mal im Bus etwas besser schlafen. Die erste längere Pause, bei der wir auch aussteigen dürfen, um auf Toilette zu gehen und/oder etwas zu Essen oder Trinken zu kaufen, ist morgens um halb sechs, und wir entscheiden uns aufgrund der frühen Stunde dagegen. Ein Fehler, denn danach halten wir nur noch zum Aussteigen von Reisenden und dürfen den Bus nicht verlassen. Ein eigentlich angekündigtes WIFI gibt es nicht, und so zieht sich die Fahrt ziemlich in die Länge, und Juttas Füße schwellen immer mehr an. Im Laufe der Zeit wird klar, dass der Bus es wohl nicht bis 18:45 Uhr schaffen wird, zu eng sind die Serpentinen durch die Berge, zu voll die Städte der Haltestellen, und dann wird die Uhr auch noch eine Stunde vorgestellt. Der Busfahrer teilt uns mit, dass er nicht zu dem Busbahnhof, der auf unserem Ticket steht und in dessen unmittelbarer Nähe wir ein Hotel reserviert haben, fahren wird, sondern zu einem anderen (Papagayo). Wir überlegen, uns von einem Taxi zum Hotel eskortieren zu lassen, weil es bei der Ankunft schon dunkel sein wird und fragen uns, ob wir es wohl bis 22 Uhr dorthin schaffen, weil man später nicht ankommen darf. Glücklicherweise packen wir nach dem letzten Halt schon mal alle unsere Sachen wieder in unsere mit an Bord genommene Tasche, denn: keine 100 km vor dem Ziel platzt ein Reifen des Busses (unser Glücksbringer wirkt scheinbar nur bei Fahrradreifen)! Wir sehen kurz alle Felle davonschwimmen, aber innerhalb von einigen Minuten hält ein Reisebus einer anderen Busgesellschaft vor uns, und wir dürfen kurzerhand alle umsteigen – sogar das Tandem findet einen Stehplatz – und mit dieser Alternative sind wir gegen 21 Uhr in Acapulco – 24 Stunden nach (zumindest geplanter) Abfahrt. Und letztendlich mussten wir für den Transport des Tandems nicht einmal bezahlen!

Im Licht des Bahnhofs machen wir das Tandem wieder fahrtüchtig, das Licht geht erst nach dem zweiten Versuch (die beiden Kabelschuhe unter dem Stoker-Sitz hatten Kontakt und somit einen Kurzschluss), ist aber gerade ziemlich wichtig, und bei Dunkelheit radeln wir durch`s gefährliche Acapulco – glücklicherweise sind es auch vom des „falschen“ Busbahnhof nur gute zwei Kilometer, ein Großteil auf einer viel befahrenen Hauptverkehrsstraße.

Die Hoteladresse erreichen wir vor 22 Uhr, finden aber kein Hotel, suchen ringsum und müssen schließlich anrufen, damit jemand aus dem Haus kommt und uns reinlässt. Draußen dran steht eine Tortilleria statt eines Hotels – woher soll man das bitte schön wissen? Wir duschen und gehen ins Bett, ohne den morgigen Tag zu planen – einen Tag in Acapulco bleiben oder wieder auf`s Rad – die erste Etappe hat Komoot uns mit über 80 km vorgeschlagen?

Dienstag 14.5.24 – (027) – Acapulco – Alfredo V Bonfil (Acapulco)

30,96 km / Gesamt: 1.717,94 km

Nach dem Aufwachen haben wir beide die Idee, endlich wieder auf`s Rad zu steigen, aber vielleicht die über 80 km auf zwei Tage zu verteilen, gerade, weil wir uns hier sowohl an das Wetter gewöhnen als auch die Straßenverhältnisse erst einmal kennen lernen müssen. Mehrere Versuche, in Frage kommende Hotels erstmal zu kontaktieren, schlagen fehl, und so gehen wir erst einmal schön frühstücken nach einem kompletten Tag mit nur Zwieback und Käseimitat, auf Empfehlung des Hoteliers bei „100% Natural“ am Strand.

Als wir loskommen, ist es schon nach elf und ziemlich heiß, und gleich nach zwei Querstraßen ist die Straße gesperrt, alles voller Polizei, und wir sehen einen wahrscheinlich kurz vorher Ermordeten auf der gesperrten Straße liegen. Geht ja gut los! Viktor kauft sich neue Radfahrhandschuhe, da die alten wohl beim Umsteigen vom einen in den Ersatzbus abhanden gekommen sind.

Trotz des Toten und der ziemlich vollen und chaotischen Straßen fühlt es sich gut an, wieder radzufahren statt auf Fähren oder in Bussen zu sitzen, bis wir nach einigen Kilometern zu unserer heutigen langen Steigung kommen, erst einmal einen falschen Abzweig nehmen, daraufhin den ersten, langen Teil der Steigung auf der falschen Straßenseite schieben, bis wir irgendwann das Tandem über den bepflanzten Mittelstreifen tragen können und dann immer weiter schieben, schieben und nochmals schieben. Oben angekommen, sind die Trinkvorräte so gut wie aufgebraucht – es ist einfach sehr heiß hier. Ein Autofahrer (Bagoberto) hält an und spricht uns an, weil er selbst Radfahrer ist und uns in der harten Steigung gesehen hat. Wir fragen ihn nach einer Unterkunfts-Empfehlung für heute Abend, und er will einen Bruder im 350 km entfernten Puerto Escondido kontaktieren – also eher etwas für in ein paar Tagen, aber wir haben einen neuen WhatsApp-Kontakt – und Kontakte scheinen hier wichtig.

Bei der Abfahrt verpassen wir wieder einen Abzweig und nutzen die erreichte Zivilsisation dann aber für einen weiteren Oxxo-Besuch und neue kalte Getränke. Es ist kein wirklicher Umweg, und als wir wieder auf der angedachten Route ankommen, ist diese ziemlich bald mit Toren gesperrt. Wir fahren ein Stück zurück, die laut Karte alternative Straße ist mit Schranken und Security gesperrt, aber ein Passant rät uns, dort zu fahren und hat auch gleich einen Tipp für heute Abend zum Übernachten. Das Restaurant und Hotel La Orquidea, das man bei Google niemals als solches finden würde – da ist man quasi immer auf Straßenbekanntschaften angewiesen, wie es uns scheint.

Über einen richtigen Radweg ziemlich schlechter Qualität (auch eine Folge des Hurrikans? – sehr viele Gebäude sind auch noch beschädigt) erreichen wir Alfredo V Bonfil nach nur 30 Kilometern, springen noch kurz in den Pazifik und bekommen am Strand ein Abendessen, obwohl es schon nach fünf ist und sie eigentlich um fünf schließen. Nach Sonnenuntergang (19 Uhr) kehrt hier absolute Ruhe ein, ganz anders als z.B. im Norden von Baja California.

Der Hotelbesitzer, Julio, hat eine Wohnung in Texas und fährt alle 6 Monate die gesamte Strecke (über 3.000 km), um die texanischen Kennzeichen zu behalten (keine Ahnung, welchen Vorteil das hat). Viktor und er reden ein paar Minuten aneinander vorbei, als es um den Hurricane im Oktober 2023 geht, von dem sich hier alle noch erholen. Sein Hotel ist eines der ersten, das wieder betriebsbereit war. Er sagt immer, der Hurricane sei „Octubre 24“ gewesen. Viktor meint, wir seien doch jetzt erst im Jahr 2024 … oder ist schon 2025? … auf so einer Tour verliert man irgendwie das Gefühl für Kalender und Zeit. Es geht hin und her bis klar wird, Julio meint den 24. Oktober 2023, ein Datum, dass sich hier so eingbrannt hat wie weltweit der „September 11“.

Julio gibt uns noch einige Tipps für die Streckenführung der nächsten Tage, insbesondere für Abstecher zu schönen Stränden. Mal schauen, ob wir uns die Zeit nehmen können. Er gibt uns seine Telefonnummer und wir sollen ihn unbedingt kontaktieren, wenn wir Hilfe benötigen. Sein Bruder ist Chirurg (in Puerto Escondido?) und könnte uns ebenfalls notfalls helfen.

Eine Lehre von heute: von Security-Leuten nicht abschrecken lassen, die Strecke hinter der Schranke war wirklich schön, nicht viel befahren und vor allem sicher!

Mittwoch 15.5.24 – (028) – Alfredo V Bonfil (Acapulco) – San Marcos

49,94 km / Gesamt: 1.767,88 km

Sehr warm, man schwitzt schon, ohne etwas zu tun. Die ersten paar Kilometer fahren wir noch auf dem ziemlich holperigen, kaputten roten Radweg von gestern. Dann geht es von der Küste weg zur MEX-200, der Straßenbelag ist neu, schwarz.

Es herrscht ständig und überall ein unangenehmer Brandgeruch. Wir wissen nicht, ob das frische Brände sind und ob sie absichtlich gelegt wurden oder vielleicht durch die vielen weggeworfenen Flaschen und das fokussierte Sonnenlicht (Lupeneffekt?) ausgelöst wurden. Die Böschungen am Straßenrand sind oft schwarz herabgebrannt. Es kommt uns der Gedanke, ob eventuell auch Holzkohle mit den Bränden hergestellt wird, diese wird nämlich säckeweise am Straßenrand in den Orten verkauft. Es liegt unglaublich viel Müll entlang der Straßen und wir wissen, das wird Richtung Süden (Ecuador, Peru) noch viel schlimmer werden.

Irgendwo unterwegs ist eine Straßensperrung durch die Polizei: auf einer schnurgeraden Strecke mit Bordsteinen auf beiden Seiten liegt am Straßenrand ein umgekipptes Auto. Wir rätseln, wie das an diesem Ort passiert sein könnte: ist der Fahrer eingeschlafen, einer frei herumlaufenden Kuh (die gibt es hier ab und an) ausgewichen oder schlimmstenfalls erschossen worden? Wir werden es nicht erfahren!

Kurz hinter einer der hier sehr häufigen Kontrollstationen des Militärs hören wir beunruhigende Explosionen, die sich aber schnell als ein Feuerwerk herausstellen. Am helligten Tag in einer Gegend, in der es offensichtlich häufig brennt.

Wir kommen auch an einem lodernden Feuer am Straßenrand vorbei, wo ein Stapel Teerpappe (in Deutschland als Sondermüll besonders teuer zu entsorgen) vor sich hin brennt und schwarze Rauchschwaden über die Straße wabern lässt. Mehr als „Luftanhalten und schnell durchstrampeln“ fällt uns nicht ein.

Viktors Garmin-GPS-Uhr hat endgültig den Geist aufgegeben (Bluetooth kaputt). Vermutlich war das Aufladen mit einem Schnell-Ladegerät von UGREEN der Killer. Die Aufzeichnung unserer Tagesetappen erfolgt ab sofort mit dem Garmin-Edge, mit dem wir auch navigieren. Ein Besuch bei „Elektra“ in San Marcos liefert keinen Ersatz. Also muss wieder mal Amazon herhalten und wir hoffen beim Familientreffen in Costa Rica auf Anlieferung.

Wir kommen heute aufgrund der „kurzen“ Strecke früh an und checken im Hotel Aleman ein (nein, die Besitzer sind keine Deutschen, sie heißen nur so), sind aber trotzdem ziemlich erledigt und der Schweiß rinnt uns noch eine Weile einfach weiter nur so runter. Unser Zimmer (wir sind hier darauf aufmerksam gemacht worden, dass ein Doppelzimmer, welches wir bislang immer gebucht haben, für vier Personen ist – stimmt, es standen immer zwei Doppelbetten darin) hat einen äußerst strengen Geruch, der vom WC-Stein zu kommen scheint und fast unerträglich ist. Dafür haben wir hier in der Dusche kein Problem mit der richtigen Wassertemperatur – es gibt nur einen Hahn und das Wasser ist glücklicherweise einigermaßen warm. Wir duschen unsere Radfahrkleidung gleich mit und hängen sie an unserer aufgespannten Wäscheleine im Zimmer auf.

Keine Verwechselungsgefahr zwischen „Kalt“ und „Warm“

Warmes Essen gibt es am Tacostand am Straßenrand – am Nachmittag. Schon kurz vor dem Dunkelwerden trauen wir uns noch einmal auf die Straße, fragen im hiesigen „Elektra“ nach einem Garmin-Ersatz und bekommen beim Kauf von zwei Bananen für morgen eine lokale, kleine Mango geschenkt, die es abends noch mit Chips und Bier für Viktor auf dem Zimmer gibt.

Nach einem WhatsApp-Telefonat mit unserem jüngsten Sohn, Julius, wofür wir heute endlich mal Zeit haben, stellen wir fest, dass wir etwas Wichtiges klarzustellen haben: Wir haben für die Fährfahrt und die beiden Busfahrten keine tausende Dollar ausgegeben! Das Zeichen für den mexikanischen Peso sieht dem Dollarzeichen nur zum Verwechseln ähnlich. Die Preise auf den Fotos waren also keine Dollarpreise. Viktor rechnet hier immer grob „Null wegstreichen und dann halbieren“, um auf den Europreis umzurechnen (1:20). Jutta teilt durch 20. 😉

Zweite Klarstellung: Wie an diesem Eintrag erkennbar (Garmin-Dopplung) hat sich der Blog zu einem Gemeinschaftswerk entwickelt. Lasst Euch also nicht zu sehr von den wechselnden Blickwinkeln verwirren.

Keine US-Dollar!

Lehre des Tages: Neuer schwarzer Asphalt strahlt die Hitze besonders gut zurück.

Nachtrag aus der Nacht: Es war wohl doch nicht der „Duftstein“ für das WC, der den beißend-chemischen Geruch verursacht hat. Es riecht eher nach einem benzol-artigen Lösungsmitteldampf, der aus dem Ausfluss der Dusche aufzusteigen scheint, unter der Türe ins Zimmer kriecht und einem den Atem und den Schlaf raubt. Die nicht benötigte Bettdecke hilft kurzerhand bei der Abdichtung der Türe und es wird tatsächlich deutlich erträglicher.

Donnerstag 16.5.24 – (029) – San Marcos – Playa Ventura

72,26 km / Gesamt: 1.840,14 km

Wir nutzen erstmals die App iOverlander, mit der Weltenbummler aktuelle Infos zur Sicherheitslage, wilden Campingmöglichkeiten, Hotels u.s.w. austauschen und schreiben einen kurzen Beitrag zum Hotel Aleman und den Geruchsproblemen im Zimmer „Guadalajara“. Ansonsten war das Zimmer aber eigentlich geräumig und sauber.

Es gibt zum Abschied „Kaffee und Brot“ im Speiseraum des Hotels – kein Frühstück – und wir kommen schon kurz vor neun morgens los.

Mal ein kleiner Einschub zum morgendlichen Packen: Wir haben Kleidertaschen mit einem Fach für saubere Wäsche und einem Fach für dreckige. Eigentlich total praktisch. In Summe bleibt das Volumen der Packtasche dann immer gleich. Aber wann genau gilt auf so einer Radtour ein Kleidungsstück eigentlich als „dreckig“? Ist das bei einer langen Hose anders als bei einem T-Shirt? Die Entscheidung fällt jeden Morgen schwer.

„Praktische“ Packtasche

Nach knapp 20 km will Komoot uns von der MEX-200 wegleiten. Während Jutta den Straßenbelag dieser Nebenstraße inspiziert, spricht Viktor mit einer Frau mit Kind, die uns recht resolut verbietet, diese Strecke zu fahren – sie sei viel zu gefährlich („mucha gente mala“ – „viele böse Menschen“ … und das anscheinend schon morgens um 10 Uhr). Wir sollen auch auf der Hauptstraße immer nur dort stehenbleiben, wo Frauen in der Nähe sind. Männer seien viel zu gefährlich, wenn sie unter sich seien. Auf der Hauptstraße MEX-200 sei genug Militär unterwegs, um uns jederzeit zu Hilfe zu kommen. Hmmmm … ein hohes Sicherheitsgefühl ist irgendwie doch etwas anderes. Da Jutta den Straßenbelag ebenfalls als ungeeignet einstuft, ist die Entscheidung, auf der Hauptstraße zu bleiben, schnell getroffen.

Es wird immer wärmer, und es geht fortwährend rauf und runter, dafür ist die Qualität der Straße weit besser als vermutet (oft aber sehr schwarzer, sehr neuer Asphalt … siehe oben). Kurze Pause gegen 11 Uhr bei km 35 mit gekühlter Cola, aber in der Hitze. Um 13 Uhr in Copala (bei ca. 60 km) gibt es vor dem Oxxo eine Bank im Schatten mit etwas Wind – direkt an der Straße – und wir bleiben bis halb drei, um der Mittagshitze auszuweichen. Da uns schon länger kein Eis ausgegeben wurde ;-), müssen wir uns zur Abkühlung eines auf eigene Kosten gönnen.

„Paleta“ (Eis am Stiel) bei OXXO. Im Hintergrund die Abfahrtszeiten der Sammeltaxis.

Wir kaufen uns noch einen Cappucino aus dem OXXO-Kaffeeautomaten, ein Fehler, denn scheinbar haben doch nicht alle OXXOs den gleichen Kaffeeautomaten. „Damals“ in Baja California schmeckte der uns noch.

Dort auf der Bank reservieren wir auch per WhatsApp ein Hotel in Playa Ventura, welches bei iOverlander empfohlen wird. Die nur noch 12,5 km dorthin sind weiterhin immer auf und ab, und ziemlich verschwitzt kommen wir um kurz nach drei dort an. Das Zimmer ist sehr spartanisch, die Tür mit einem Vorhängeschloss verschlossen, und die Klimaanlage, die wir mitgebucht haben, muss angeblich von einer Mitarbeiterin eingeschaltet werden – es ist ziemlich heiss im Zimmer. Wir gehen als erstes in unseren Radfahr-Sachen kurz zur Abkühlung in den Pazifik, duschen daraufhin (anscheinend ist es hier normal, dass es nur einen Wasserhahn ohne Regler gibt), und fangen dann gleich wieder an zu schwitzen.

Wenn man solche Stromverteiler im Hausflur des Hotels sieht, macht man sich so seine Gedanken.

Also erst einmal ins hoteleigene „Restaurant“, bevor es schließt. Es gibt Reis mit Rührei und Weizen-Tortillas (speziell für uns), denn bei Viktor gibt es nach dem Sprung in den Pazifik erste Anzeichen von Montezumas Rache.

Wir müssen hier alles bar bezahlen, was jetzt immer häufiger wird (außer bei OXXO), je weiter wir in den Süden kommen. Das Wechselgeld kommt direkt aus der Kochschürze der Köchin/Bedienung/Rezeptionistin. Der Fischgeruch der Geldscheine wird auf dem Zimmer im Waschbecken mit der hier scheinbar in allen Hotels bereitliegenden Rosenseife entfernt …. oder übertüncht?

Nach dem Zahlen bekommen wir doch noch eine Fernbedienung für unsere Klimaanlage, aber leider ist der Chef immer noch nicht da, um uns das WIFI stundenweise zu verkaufen. Es ist halb acht, ehe wir ein Password bekommen und uns an dieses Update machen und bereits dunkel draußen. Unser Zimmer wird von einer einzelnen funzeligen Glühlampe erleuchtet, die vom Monitor unseres Laptops deutlich überstrahlt wird.

Lehren des Tages: iOverlander ist gut … aber man sollte den Aussagen nicht blind vertrauen. Vorsicht bei OXXO-Kaffeeautomaten.

So, und nun können wir mit Pazifikrauschen einschlafen und auf Montezumas Gnade hoffen, denn eigentlich haben wir uns für morgen 80 km vorgenommen, vorher gibt es keine Hotels und auf Campen haben wir derzeit irgendwie wirklich keine Lust. Warmshowers-Gastgeber sind hier sehr rar und erst in ein paar Tagen gibt es wieder Kandidaten.

Freitag 17.5.24 – (030) – Playa Ventura – Cuajinicuilapa

78,60 km / Gesamt: 1.918,74 km

Weil wir 80 km fahren müssen, verlassen wir das ohnehin nicht tolle Hotel schon morgens vor 8 Uhr, fragen sowohl Bauarbeiter von gegenüber als auch zwei Frauen aus dem Hotel, ob man wirklich weiter an der Küste fahren kann, weil Google und Komoot uns zurück, so wie wir gekommen sind, schicken wollen, und fahren daraufhin einfach weiter. Die Straße entpuppt sich als ziemlich neu, mit Laternen in der Mitte und überall Schildern, dass nur noch Restgrundstücke zu verkaufen sind. Der angeschlossene Radweg ist völlig kaputt und zugewachsen. Wahrscheinlich wollten sie hier Playa Ventura groß ausbauen, und dann ging das Geld aus oder der Hurricane hat das Vorhaben gedämpft.

Frühstück gibt es nach 15 km bei OXXO in Marquelia, fertig abgepackte Sandwiches, das sagt eigentlich alles. Es ist auch morgens um diese Zeit sehr heiß, die Mittagstemperatur soll laut App 38°C betragen, und wir radeln NIE im Schatten. Bis km 46 geht es stetig mehr bergauf als bergab, die Straße ist hier zwar ziemlich neu und gut, aber die Natur um uns herum ist recht langweilig, vielleicht abgesehen von den zahlreichen Mangobäumen voller Früchte. Wir planen, direkt nach der folgenden Abfahrt an einem Abzweig die Mittagspause einzulegen (natürlich wieder bei OXXO), und bevor wir unten ankommen, wird aus der neuen MEX-200 eine Großbaustelle, so dass wir zwar im Schatten, aber eingehüllt von Staub und Lärm der Caterpillars pausieren. Es gibt unter anderem einen „Berliner“, den Viktor morgens nicht liegenlassen konnte.

„Berlinesa de Avellana“ … eine Art süßes Brot mit einem Klecks Haselnusscreme

Zu dem Zeitpunkt wissen wir noch nicht, dass die nächsten über 20 km praktisch eine durchgängige Baustelle sind, wir schleichen eher als dass wir wirklich fahren, über teils Sandpisten, teils Schotter, teils noch fast heißen Teer und denken häufiger, wir hätten einen Platten, weil die Untergründe so verschieden sind und der heiße Teer so schwammig an den Reifen klebt. Immer wieder regeln mit Fahnen wedelnde Frauen die Weiterfahrt durch Engstellen. Jutta vorne bekommt den aufgewirbelten Staub besonders der vielen Lastwagen unmittelbar ins Gesicht geweht. Da denken wir, endlich keine Steigungen mehr, und dann das. Die Kilometer bis zum Ziel in Cuajinicuilapa ziehen sich in die Länge, immerhin fahren wir die letzten Kilometer auf schon fertiggestellter Straße, kurz vor Schluss werden Jutta von einem Bauarbeiter im Vorbeifahren zwei Mangos in die Hand gedrückt und um halb fünf fragen wir im Hotel Blejim nach einer Unterkunft. An der Rezeption werden wir sofort gefragt, ob wir nach Patagonien fahren, denn hier sind angeblich schon sehr viele Radler*innen auf dem Weg nach Südamerika untergekommen. Vor unserem Zimmerfenster steht… ein Mangobaum!

Am 2. Juni sind in Mexico Wahlen, und seitdem wir in Tijuana die Grenze überquert haben, begegnet uns der Wahlkampf: an Häuserwände, Mauern, Ruinen, auf Felsen – auf allen möglichen Flächen – sind die Namen der meist weiblichen Kandidat*innen aufgepinselt worden, Plakate gibt es gar nicht, eher noch Folien an z.B. Zäunen, Taxis, Geschäften. Und es fahren Autos durch die Gegend, die akustisch für den einen oder die andere werben. Ob nach der Wahl die ganzen angemalten Sachen übermalt werden, oder wird damit bis zum nächsten Wahlkampf gewartet? Besonders auffällig ist für uns Claudia Sheinbaum … „Mexico es Verde“ (Mexiko ist grün) … einmal wegen des deutsch klingenden Namens und natürlich wegen des grünen Widerspruchs, den wir am Straßenrand täglich erleben. Dazu hier noch zwei Kurzvideos:

Typischer Brand
Asche und Ruß

Dazu vielleicht noch eine kurze Erläuterung: Wir wollen Mexiko hier nicht irgendwie schlecht darstellen, und wir genießen das „Erfahren“, “ Erriechen“ und „Erschmecken“ der Kultur und Landschaft trotz aller Anstrengung bislang sehr. Die Umweltprobleme, die wir hier sehen, „erden“ uns auch ein wenig bezüglich der Anstrengungen, die wir zuhause unternehmen … Stichwort „Mülltrennung“ oder „Mobilität“. Wir wollen das Ganze aber auch realistisch darstellen, falls jemand von Euch mal auf die Idee kommen sollte, etwas Ähnliches zu unternehmen. Zum „Erriechen“ gehören nun mal auch die unschönen Gerüche … in letzter Zeit übrigens auch häufiger mal der Verwesungsgeruch von noch nicht ganz mumifizierten, überfahrenen Tieren am Straßenrand.

Nochmal zum Thema Verkehr hier in Mexico: es fahren sehr viele Taxis – Kleinwagen bis Kleinbus – auf meist festen Routen als Sammel-Taxis (wie wir morgen lernen: „Combis“), die an festen Punkten halten. Dort werden die Aussteigenden dann sehr oft von Motorrollern abgeholt – es gibt also echte „Mobilitätspunkte“, auch ohne S-Bahnhof. Die Autos (sowohl die privaten als auch die Taxis) sind meist mehr als voll besetzt, oft steigen sieben erwachsene Menschen aus einem Kleinwagen – und die meisten Mexikaner sind eher etwas fülliger. Und das bei diesen Temperaturen! Eins der häufigsten Autos ist der VW Käfer – der fährt und fährt und fährt immer noch, sogar als Taxi.

Samstag 18.5.24 – (031) – Cuajinicuilapa – Pinotepa Nacional

50,87 km / Gesamt: 1.969,61 km

Die einzige Sehenswürdigkeit von Cuajinicuilapa ist ein Museum über die „Blaxican Culture“ (Mexikaner afroamerikanischer Herkunft). Gestern war es schon geschlossen, heute wollen wir der Hitze mit einer kurzen Strecke ein Schnippchen schlagen, die wir schnell hinter uns bringen wollen. Wir sparen uns also die Kultur, und das Museum öffnet sowieso erst wieder am Montag.

Der Tag erfüllt einige Kriterien für einen Schei$tag. Wir nehmen uns nach dem gestrigen langen Tag eine kürzere Strecke von ca. 50 km vor, die wir auch von den Steigungen her für machbar halten. Der Plan ist, am frühen Nachmittag, wenn die richtige Hitze loslegt, bereits in Pinotepa National zu sein.

Wir kommen um 9 Uhr im Hotel los, eigentlich schon etwas spät, frühstücken wieder irgendwelche verpackten Sandwichs bei Oxxo, probieren es wieder mit einem Cappuccino, diesmal aus einer Maschine mit echten Bohnen, na ja, wieder entpuppt es sich als süße Plörre.

Schon die ersten Kilometer belehren uns eines Besseren. Wir überqueren die Grenze vom Bundestaat Guerrero nach Oaxaca (O-A-CHAKA ausgesprochen, mit dem CH von „Bach“). Die MEX-200 erfüllt nun endlich alle unsere enttäuschten Erwartungen der letzten Tage. Sie ist zweispurig ohne Randstreifen und hat Schlaglöcher, die einen VW Käfer verschlucken könnten … na gut … nicht ganz, aber für uns bedeutet es eine ziemliche Slalomfahrt, ständig auf der Hut, ein Schlagloch zu übersehen.

Die Temperaturen sind schon sehr früh ziemlich hoch.

Die gefühlten 41 °C können wir nur bestätigen. Wir sind außerdem nicht im Schatten unterwegs und haben einige Steigungen mit nur kurzen Abfahren zu bewältigen. Der Fahrtwind fühlt sich an, als würde einem ein heißer Fön ins Gesicht gehalten. Die Hitze ist sehr trocken und nach wenigen Atemzügen ist der Rachen schon völlig ausgetrocknet. Viktor versucht es in den Steigungen mit Nasenatmung (Tipp von Jutta) … jau … das reicht für ungefähr 10 Atemzüge.

Wie jeder Radfahrende weiß, ist gute Hydrierung des Körpers unter solchen Bedingungen sehr wichtig. Das Ganze funktioniert – da ist sie wieder die Physik – nur bis 40°C oder 41°C Außentemperatur wirklich gut. Irgendwann hat es sich dann halt erledigt mit der Verdunstungskälte vom Schwitzen.

Bei Kilometer 22 (MEX200 Kilometer 222) ist Viktor so überhitzt, das wir eine zweieinhalb-stündige Pause einlegen müssen (er prägt selber den Spruch: Kilometer 222 – Viktor Weichei). Ihm ist schwindelig, ein wenig schlecht, sieht nach einem Hitzschlag oder Sonnenstich aus. Die ältere Frau in dem „Kiosk“ verkauft uns nacheinander knapp 6 Liter Getränke – wahrscheinlich das Geschäft des Tages, in der ganzen Zeit kommt sonst nur ein Mann eine kleine Cola kaufen. Sie reicht uns sogar zwei Plastikhocker heraus, aber Viktor breitet lieber das Groundsheet unseres Zeltes auf dem Boden aus und liegt eine ganze Weile mit dem Kopf auf dem zusammengerollten Schlafsack. Mit einem Teil des gekühlten Trinkwassers kühlt er immer wieder den Kopf und den Körper ab, und als wir irgendwann weiterfahren, sagt Jutta alle fünf Kilometer Bescheid, damit Viktor sein Halstuch am Kopf und sein Oberteil immer wieder nass machen kann. Die zweite Hälfte ist nämlich auch noch die mit den größeren Steigungen, die wir, gerade auf dieser schlechten, engen Straße, häufig nur schiebend erklimmen können. Wir fragen uns, warum man sich so etwas antut, aber sehr viel überholende oder entgegenkommende Autos freuen sich, uns zu sehen, hupen, winken, filmen… Und es sind viele mit Menschen vollbeladene Pickups (hier gang und gäbe) dabei.

Erst um halb sechs kommen wir in Pinotepa an, fragen im erstbesten Hotel und können bleiben. Das Hotel Antonio hat einen richtig tollen Eingangsbereich, und wir dürfen nach anfänglichem Zögern der Mitarbeiterin das Tandem unter der großen Treppe nach oben unterstellen, die Alternative auf der Straße scheint uns nicht so sicher. Abendessen (wir haben seit dem Frühstück nichts gegessen aber eigentlich noch immer keinen Hunger) heute schon wieder bei Tacos Orientale im Nachbarhaus des Hotels.

Und zum Schluss für die Pfingsttage ein weiteres Bilderrätsel: Was ist das?

Sonntag 19.5.24 – Ruhetag in Pinotepa Nacional

Wir entscheiden uns, in Pinotepa Nacional einen Ruhtag einzulegen und uns gemeinsam zu überlegen, wie es jetzt genau weitergehen soll. Bei den Temperaturen und den anstehenden Steigungen schaffen wir unsere 60 bis 70 Kilometer pro Tag jedenfalls nicht, die wir in unserer Grobkalkulation mal angesetzt hatten.

Die zwei Kontakte der vergangenen Tage (Bagoberto, der in Acupulco anhielt, Julio vom Hotel La Orquidea) werden über WhatsApp kontaktiert, können uns aber auch nur raten, vorsichtig zu sein, der Hitze auszuweichen, aber aus Sicherheitsgründen auch weiterhin keinesfalls nachts zu fahren. Die Tipps bezüglich anderer Transportmittel, namentlich „Autobus“ und „Combis“, prüfen wir am zentralen Busbahnhof, an dem auch die „Combis“ abfahren. Unser Tandem passt auf die Ladefläche über der Fahrerkabine vielleicht ganz knapp drauf, wenn es ganz zusammenschoben ist. Mit einem dieser Combis könnten wir bis Puerto Escondido kommen, wo wir wieder näher am Meer und zwei bis drei Grad kühler unterwegs wären.

Mit einem Bus könnten wir bis Salina Cruz kommen, von wo wiederum Busse nach Tapachula, der Grenzstadt nach Guatemala, fahren.

Jedoch nehmen die Busse nur dann Fahrräder mit, wenn sie genug Platz im Laderaum haben. Wir könnten also tagelang auf den „richtigen“ Bus warten, der uns wirklich mitnimmt.

Wir entscheiden uns, morgen einen Versuch mit sehr früher Abfahrt gleich bei Sonnenaufgang zu unternehmen. Die Strecke bis Puerto Escondido teilen wir in drei Abschnitte auf (~40 km, ~ 50 km, ~ 50 km). Wenn das morgen klappen sollte, wollen wir es an den Folgetagen ähnlich machen.

Die Strecke nach Costa Rica schaffen wir aber bei dem Tempo definitv nicht bis zum geplanten Familientreffen Ende Juni. Wir werden also sicher nochmal eine Bus-Etappe und einen andern Transport benötigen. Jetzt ist inzwischen auch die Strecke ausgerechnet, die wir mit den zwei Bussen und der Fähre zurückgelegt haben: insgesamt 2.932,1 km – erschütternd, schon fast 1000 km mehr als mit dem Rad – bis jetzt, denn weitere Strecken werden dazu kommen (müssen).

Zum Frühstück finden wir ganz in der Nähe von Hotel und Busbahnhof in einem Einkaufszentrum das Cafe Aroma, in dem es einen guten Caffé Latte gibt. In einer der sehr zahlreichen Farmacias (Farmacias similares – die mit den günstigen Generika 🙂 )besorgen wir uns neues Magnesium und auch mal ein Multipräparat, weil unsere Ernährung hier doch recht ungesund ist. In der Sichtwahl stehen lauter bei uns verschreibungspflichtige Sachen, völlig unsortiert, aber die Nahrungsergänzung muss der Herr von hinten holen. Auf dem Tresen (ist eher Tresen als HV-Tisch – für alle Insider) steht ein Cube mit zwei Spritzen Clexane und zwei Spritzen Enoxaparin xxx inclusive dem Preisvergleich. Wir machen einen klimatisierten Einkaufsbummel, kaufen uns Microfasertücher zur Kopfkühlung, passende größere Radfahrhandschuhe für Viktor, weiße Schweißbänder für Juttas Griffe am Stoker-Sitz (blöderweise schwarz und immer heiß, wenn die Sonne draufknallt) und am Ende sogar bei „Elektra“ eine billige GPS-Smartwatch von Huawei (Watch Fit) als vorläufigen Ersatz für das defekte Garmin Vivoactive HR. Dessen Bezahlung gestaltet sich allerdings schwierig: die Mitarbeiterin am Telcel-Stand will Viktors Telefonnummer haben – da sie eine Deutsche nicht eingeben kann, schreibt sie eine fiktive auf einen Zettel, mit dem wir uns bei der Banco Azteka im selben Gebäude anstellen müssen – dort muss Viktor sich zusätzlich zu der „Telefonnummer“ identifizieren, der Ausweis ist aber im Hotel geblieben, ein Bild auf dem Handy hilft glücklicherweise – und dann braucht das Veriphone-Gerät der Bank mehrere Versuche, bis die Kartenzahlung klappt – wir gehen zurück zum Telcel-Stand, erzählen, dass bezahlt ist und bekommen die Uhr und die Quittung – das ganze dauert wohl 20 Minuten und ist in unseren Augen ein sehr eigenartiger Vorgang zum Bezahlen in einem großen Elektro-Laden . Bei Elektra bestaunen wir auch die schönen rosafarbenen Toplader-Waschmaschinen.

Den Rest des Tages „chillen“ wir im wahrsten Sinne des Wortes im klimatisierten Hotelzimmer, checken das Tandem durch (Ketten-Check, Brooks-Sattel nachfetten und nachspannen, auf lockere oder verlorene Schrauben prüfen, etc.), hören mal wieder „Lage der Nation“ für ein paar Neuigkeiten aus Deutschland und beschriften den zweiten Teil des Duschvorhangs in der Hoffnung auf ein paar kalte Getränke oder Mitnahme- und Unterkunftsangebote.

Beim Nachspannversuch des Brooks-Sattels dreht sich die Spannschraube mit der Mutter mit. Was ist das für´n Schrott? Ich denke das ist der beste Sattel, den man käuflich erwerben kann? Ein schneller Blick in ein Forum zeigt, dass viele Langzeitradler das gleiche Problem erlebt haben. Mit einer Rohrzange kann man es aber ganz einfach lösen. Blöd nur, das Jutta sich gegen die Mitnahme eine Rohrzange ausgesprochen hatte ;-). Der Leatherman tut es dann aber zum Glück auch.

Hier noch zwei Details für HASE Pino Tandem Fans:
1. Mit den Schwalbe Pickup Mänteln ist es extrem knapp an den Schutzblechen (Video 1)
2. Wenn der Rückstrahler unter dem Scheinwerfer vorne mal nach unten zeigen sollte: NICHT HOCHKLAPPEN ohne die Schraube zu lockern (Video 2)

Lösung des Rätsels:

Radfahren in Sandalen

Woche 6 (6.5.24 – 12.5.24) Ensenada bis Mazatlan

Montag 6.5.24 – (022) – Ensenada – Santo Tomás

42,13 km / Gesamt: 1.519,13 km

Wir sind gegen 7:30 Uhr alleine im Haus und nutzen die angebotene Küche für ein Frühstück. Nach längerem Kampf mit dem Wasserhahn, der zusätzlich zum Einhebel-Mischer noch einen Infrarot-Sensor hat, den wir nur einmal per Zufall aktivieren, können wir in der Mikrowelle Teewasser warm machen. Dazu gibt es Bagels mit Erdnussbutter und Nutella … wir müssen die alten Bestände mal verbrauchen, die wir schon solange herumfahren.

Tomas kommt vom Strandspaziergang mit den Hunden nach Hause und erklärt uns, dass das Wasser aus dem Hahn am Spülbecken nicht „potable“ ist, also kein Trinkwasser. Das Trinkwasser befindet sich in einem Wasserspender hinter einer Schranktüre. Er wünscht uns „viel Glück“ mit unserem Tee, den wir aber schon getrunken haben. Gut, auf die gewünschte zweite Tasse verzichten wir lieber.

Zu 9 Uhr fahren wir in einen von Tomas empfohlenen Fahrradladen (TNT), um dort nochmal nach passenden Schläuchen zu schauen. Wir finden zwei 26″ Schläuche mit französischem Ventil, auch wenn sie mit 2,125 knapp unter den 2,15 liegen, die auf unseren Schwalbe-Mänteln angegeben sind.

Außerdem lassen wir die Bremsbeläge kontrollieren (alles noch gut) und den Drehgriff der Rohloff-Schaltung ein wenig schmieren, da er anfing zu knarzen und etwas schwergängig wurde.

Ergänzung: Wie wir viel später herausfinden, sind das bereits die ersten Anzeichen für abgenutzte Schaltzüge, bei denen einzelne Litzen bereits gerissen sind. Die Schwergängigkeit hat absolut nichts mit dem Drehgriff zu tun.

Wir sind jetzt also wieder mit je zwei Ersatzschläuchen für vorne und hinten unterwegs. Die werden wir aber nicht mehr benötigen, denn seit zwei Tagen sind wir mit dem Glücksbringer unserer Zahnärztin sichtbar am Fahrrad angebracht unterwegs. Vermutlich hat der Frühstückstee auch nur wegen des Glücksbringers keine negativen Auswirkungen auf unsere Verdauungstrakte.

Wir erhalten morgens noch von Freunden eine WhatsApp-Nachricht mit einem Link, können diese aber erst am Abend nach der Tages-Etappe lesen. Hier noch für unsere spanische Leserschaft ein Link.

Zwei australische Surf-Touristen und ihr amerikanischer Freund sind in Baja California getötet worden. Tatsächlich übernachten wir zu unserer Überraschung genau in dem Ort, Santo Tomás, in dem das Ganze passiert ist. Im Restaurant erfahren wir von der Besitzerin, dass der Ort nun traurige Berühmtheit erlangt hat. Es sei wohl ein Raubüberfall gewesen, bei dem die „wertvollen“ Felgen des Mietwagens erpresst werden sollten. Die Touristen hatten weit abseits der Straße am Strand wild gecampt und sich wohl auch gegen den Überfall gewehrt.

Die durchgängige Empfehlung, die wir erhalten: nur tagsüber unterwegs sein, 1 bis 2 Stunden vor Sonnenuntergang eine Unterkunft erreichen, nicht wild campen (notfalls bei Privatleuten, Tankstellen, Restaurants oder Polizeistationen fragen, ob man sein Zelt dort aufschlagen darf), einsame Gegenden und Offroad eher meiden, in der Nähe der Hauptstraßen bleiben. Wir beherzigen alles, und mit unserem Tandem sind wir sowieso an halbwegs brauchbare Straßen gebunden.

Der Tag ist insgesamt weniger schlimm als erwartet, besonders die Straßenverhältnisse sind erträglich, auch wenn die Tiefe der Schläglöcher sich im Vergleich zu den USA nochmal verdoppelt hat. Aber die Luft stinkt nach Abgasen … es scheint so, als führen hier nur abgehalfterte Verbrenner aus den USA … am Straßenrand liegt so viel Müll, dass wir Kleintiere am Scheppern der Getränkedosen erkennen (aber sie nicht sehen). Dafür gibt es mehr Großtiere auf den Straßen. Wir haben schon Pferde, Schafe, Ziegen und Hühner an den unmöglichsten innerstädtischen Orten am Straßenrand stehen sehen. Es gibt sogar Parkplätze für Pferde.

Wir befinden uns jetzt auf der „Antigua Ruta del Vino“ und könnten – wenn die Stokerin Vertrauen in einen angetrunkenen Captain hätte – unterwegs einige Weinproben machen.

Heute ist der erste Tag im „neuen Modus“. Wir wissen Morgens noch nicht, wo wir Abends übernachten werden, weil die Hotels weder Webseiten noch Telefonnummern im Internet veröffentlichen. Eine Buchung per App ist erst recht nicht möglich. Wir peilen also einen Zielort an, der laut Google-Maps angeblich über Hotels verfügt (wenn möglich mehr als eines und zur Sicherheit noch einen Campingplatz) und dann schauen wir, was wir wirklich vorfinden. Immerhin sind die Rezensionen bei Google ganz hilfreich. Das erste Hotel lassen wir erstmal rechts liegen, da es dort im vergangenen Jahr zu Erlebnissen mit Kleintieren im Bett und Lebensmittelvergiftungen im Restaurant gekommen sein soll.

Das mit der Unterkunft klappt heute gut und wir kommen im Hotel „La Mision Santo Tomás“ gegenüber der katholischen Kirche unter. Hier ist es so sicher, dass wir nicht mal einen Zimmerschlüssel erhalten haben. Jutta dreht noch eine Runde im Pool, bevor es ins Zimmer geht.

Die Dusche im Zimmer ist das genaue Gegenteil zur gestrigen Dusche. Egal welchen Hahn man aufdreht, es kommt brüllend heißes Wasser heraus. Viktor vermutet, dass die mit „C“ und „H“ gekennzeichneten Hähne für „Caliente“ und „Hot“ stehen dürften.

Dienstag 7.5.24 – (023) – Santo Tomás – Arroyo Seco

70,64 km / Gesamt: 1.589,77 km

Vor dem Frühstück ist Jutta schon aktiv und beschriftet im Zimmer unseren Duschvorhang.

Wir sind dankbar für:
Transport –> LA PAZ
Unterkunft
Erfrischungen

Im Hotel kocht uns die nette „Herbergsmutter“ (74) Wasser für unseren Tee, den wir aus dem Camping-Silikon-Geschirr trinken. Wir kaufen zwei süße Teilchen und einen Mango-Saft für 52 Pesos (2,98€). Wir unterhalten uns ein wenig über ungesunde Nutella (die wir heute aufbrauchen) und die Nachfolge-Sorgen für ihr Hotel und den kleinen Laden. Die Kinder sind in der Stadt und nur eines hat „eventuell“ Interesse.

Zum Abschied möchte sie uns einen Becher als Souvenir schenken, den wir dankend mit der Begründung „zuviel Gepäck“ ablehnen. Stattdessen machen wir ein Erinnerungsfoto davon.

Wir nehmen uns einen etwas längeren Tag mit ordentlich Höhenmetern vor. Die ersten 11 km geht es bergauf und wir verdienen uns eine lange Abfahrt. Die Straße ist erstaunlich gut, der Verkehr überschaubar. Die Autofahrer und vor allem die Lastwagenfahrer überholen uns mit ausreichend Abstand oder bleiben mit Warnblinklicht hinter uns, bis sie überholen können. Wir hören viele aufmunternde Hupen, uns wird zugewunken oder durchs Beifahrerfenster zugerufen. Auf unseren Duschvorhang reagiert niemand, er flattert aber auch ziemlich im Wind. Da muss noch eine Lösung her.

Die Strecke geht ohne Meeresblick durch insgesamt noch grüne Hügellandschaften … oder sind das schon mittelgroße Berge? Die paar Orte die wir durchqueren haben links und rechts von der Hauptstraße nur Sandstraßen und Wege. Komoot will uns immer wieder hineinschicken, aber wir verzichten auf das Sand-Sightseeing.

In San Vicente machen wir Mittagspause und essen ausnahmsweise etwas warmes (Quesadillas und Pommes aus frischen Kartoffeln), eigentlich nur, weil es in dieser Gegend keinen Café Latte oder Eiskaffee gibt. Das zahlt sich aus, denn als wir nachmittags gegen 16 Uhr in Arroyo Seco im Hotel Sonora ankommen und gemeinsam mit unserem Tandem ein geräumiges Zimmer beziehen, ist das nächste Restaurant ein Stunde Fußweg oder 15 Minuten mit dem Rad entfernt. Wir beschließen die mittags gekauften Bananen als Abendessen anzusehen, sonst hätten wir ja schließlich gleich im nächsten Ort übernachten können. Stattdessen werden wir dort morgen ausgiebig frühstücken.

Nachmittags hat der Wind ziemlich gedreht und aufgefrischt. Da müssen wir mal genauer schauen, ob das hier immer so ist.

Außerdem überholen uns viele moderne und recht vertrauenserweckend aussehende Busse der Firma „abc“, Autobuses Baja California. Wir könnten uns vorstellen, demnächst mal einen Versuch zu unternehmen, unser Tandem in einem solchen mitzunehmen (z.B. nach La Paz). Auf der Webseite schließt das Unternehmen dies nicht aus, macht es aber vom jeweils vorhandenen Platz im Laderaum abhängig.

Auflösung von gestern: Es war ein …

Mittwoch 8.5.24 – (024) – Arroyo Seco – San Quintin

72,35 km / Gesamt: 1.662,12 km

Wir verlassen das Hotel Sonora (jemand am Kauf interessiert? – „Se Vende“ – „Zu Verkaufen“) um 8 Uhr, kaufen bei Oxxo in Colonet unsere Getränke für den Tag und lassen uns ein Frühstückslokal empfehlen. Es sieht noch sehr neu aus und die Besitzerin bestätigt, dass es erst 5 Jahre alt ist. Der Kaffee (es gibt wieder keinen Tee) besteht wieder aus Heißwasser, Nescafé- und Kaffeeweißer-Pulver. Aber die Huevos Rancheros, Burritos und Quesadillas sind frisch gemacht und gut.

Heute fahren wir aus den „Bergen“ bzw. der Hochebene wieder herunter und die Landschaft wird deutlich trockener. Die „Carretera Federal 1“ geht heute praktisch nur geradeaus, rechts und links blüht durchgängig die gleiche Pflanzenart, nämlich Kamille. Wir fragen uns, ob das der Grund für den beliebten Kamillentee (Manzanilla) ist – schwarzen Tee kann man hier jedenfalls nirgendwo bekommen.

Kurz vor unserer Mittagspause in Camalu bei km 35 macht sie einen Schlenker nach links und wieder nach rechts, und dann geht es schnurgerade weiter. Alle Orte an der Straße bestehen aus Sandwegen, auf die man beim Abbiegen praktisch „abstürzt“. Es scheint fast so, als hätte man über Jahrzehnte Asphaltschicht über Asphaltschicht auf der Hauptstraße aufgetragen. Der Abgrund nach rechts ist jedenfalls eine Herausforderung, wenn wir etwas eng überholt werden, was insgesamt selten passiert, aber in den Orten schon mal vorkommt.

Der Verkehr ist heute etwas stärker, besonders viele Busse aus San Quintin und Schulbusse sind unterwegs.

In San Quintin sind wir gegen 14:30, checken schnell im Hotel Rosa Evelyn ein (5 Zimmer und ein völlig leerer RV-Park) und versuchen dann unser Glück bei der nahegelegenen abc-Busstation. Die Mitarbeiter schauen sich dort unser unbepacktes Tandem an, wir erklären, wie klein wir es zusammenschieben können, und es wird tatsächlich akzeptiert (ohne Kartonverpackung). Wir werden sogar gefragt, ob wir gleich heute fahren wollen. Also kaufen wir zwei Tickets für morgen Abend und müssen (zunächst?) für das Rad nicht einmal extra zahlen. Der Bus fährt nach Aussage des Personals „zwischen 18 und 19 Uhr“, auf dem Ticket steht 17:50 Uhr. Jetzt müssen wir nur noch herausbekommen, wie spät es gerade ist, denn die Kassenbons von Busstation, Hotel, Supermarkt und Gesundheitszentrum (Viktor hat die Blutdruckmessung seiner Smartwatch für 20 Pesos kalibriert) zeigen unterschiedliche Zeiten an. Wir sind uns gerade nicht sicher, ob wir hier schon eine Zeitzone gewechselt haben könnten.

Abends planen wir noch die Strecke bis Costa Rica und stellen fest, dass wir wahrscheinlich bis Acapulco mit Bussen unterwegs sein müssen (falls die unser Tandem mitnehmen), um in der verbleibenden Zeit halbwegs bewältigbare Tagesstrecken (ca. 70 km, max 1.000 Höhenmeter) hinzubekommen.

Für die Planung des Sightseeing-Tages in San Quintin bleibt nach diesem Blog-Update wohl keine Zeit mehr …. oder haben wir vielleicht eine Stunde mehr heute … oder weniger … oder was? So … Abendessen … Brot und Käse im Hotelzimmer.

Donnerstag 9.5.24 – San Quintin – La Paz (Busfahrt)

Wir sitzen im abc-Bus nach La Paz und das Tandem steht aufrecht im Laderaum des Busses. Irgendwie schade, dass wir Baja nun nicht vollständig „erfahren“ werden, aber richtig traurig sind wir auch nicht darum. Irgendwo mussten wir die Zeit ja wieder reinholen, um die wir uns verschätzt hatten, und es war schnell klar, dass wir in Mexiko einige tausend Kilometer anders überbrücken werden, um unser Familientreffen in Costa Rica zu schaffen.

Wenn die Busse auch auf dem Festland so locker mit der Mitnahme des Tandems umgehen (und es morgen in La Paz auch wieder heil aus dem Laderaum hervorkommt), wird unsere Radtour vermutlich erst nächste Woche in Acapulco weitergehen, so jedenfalls der grobe Plan.

Die Busfahrt soll 18 Stunden dauern.

Den Tag in San Quintin verbringen wir mit den beiden Sehenswürdigkeiten des Ortes, der knapp 4.800 Einwohner haben soll (Stand 2010): Der Botanische Garten und die Alte Mühle. Ersterer liegt zwei Blöcke von unserem Hotel entfernt und ist in knapp 20 Minuten durchschritten. Er hat wirklich eher die Größe eines Gartens und eine nicht gerade kleine Fläche in der Mitte besteht aus Kies. Trotzdem lernen wir einiges über die verschiedenen Pflanzenarten und können Bienen an der „Hierba Santa“ beobachten. Das zugehörige Café mit echter Espressomaschine ist für uns wie eine kleine Oase.

Der ursprüngliche alte Kern von San Quintin ist die alte Mühle, die ca. 10 km entfernt an der Bucht von San Quintin liegt. Wir entscheiden uns gegen eine Fahrt mit dem Tandem auf den Staubstraßen und nehmen uns ein Taxi.

Vor Ort ist es wirklich schön, es gibt ein Museum über die Gründung des Ortes durch englische Siedler. Wir essen im Restaurant zu mittag (Tacos und Salat mit Shrimps) und die Bedienung erzählt davon, dass der Hafen damals Schutz vor den Piraten bot und der Weizenanbau angeblich nur zur Verschleierung des Golderz-Abbaus und Abtransportes nach England (durch die Behringstraße) betrieben wurde. Der Weizen wurde demnach in den Schiffen oben auf das Golderz geschüttet und die Piraten erkannten den Wert der Ladung nicht. Ob das wirklich stimmt, kann ja mal einer von Euch recherchieren.

Als wir die Toilette besuchen, stutzt der spanisch-sprachige von uns kurz, ob er die Toilette auch benutzen darf, aber mit gesundem Selbstbewusstsein schreitet er voran.

„Nur Gutaussehende“

Freitag 10.5.24 – Busfahrt und La Paz

Die Klimaanlage im Bus läuft auch die ganze Nacht auf Hochtouren, so dass wir schnell alles anhaben, was wir mit in die Kabine genommen haben. Bei einem Zwischenhalt am frühen morgen müssen aber auch die Schlafsäcke aus dem Laderaum her. Bei der Gelegenheit wird das Tandem auch nochmal mit einem Spanngurt gesichert. Bei einer Vollbremsung würde es sonst vermutlich durch den Laderaum fliegen und nicht unbeschädigt bleiben.

Bei Tageslicht genießen wir die Aussicht, gruseln uns vor den Steigungen, die wir nun nicht erklimmen müssen, und vor den schlechten Straßenverhältnissen. Gleichzeitig vermissen wir den direkten Kontakt zur Landschaft, besonders die Gerüche, die man im Bus nicht wahrnimmt. Na ja, Baja California hatte allerdings bis San Quintin weniger Orangenblüten und Eukalyptushain-Gerüche zu bieten, dafür mehr unverbrannten Sprit in den Autoabgasen und schwarzen Rauch von verbranntem Plastikmüll.

Der Bus erreicht La Paz nach 18 Stundes Fahrt am frühen Nachmittag, wir machen das Tandem wieder fahrtüchtig und nach einer kurzen Fahrt checken wir im Hostel Bermejo („Bermecho“ ausgesprochen, Bermejo = „tiefes Sonneruntergangs-Rot“) ein.

In der Mittagshitze laufen wir zum Büro der Baja Ferries, weil wir dort unsere Tickets kaufen wollen. Leider kommen wir dort nach der Schließzeit um 14 Uhr an. Ein Mitarbeiter, den wir draußen treffen, rät uns zur Online-Buchung. Wir finden auf der Webseite unter den Fahrzeugen die Option „Fahrrad“ nicht und buchen sicherheitshalber einen Motorrad-Platz. Das wird sich später als unnötig herausstellen (siehe unten). Unser nächster Sightseeing-Höhepunkt ist die Kathedrale, die sich aber als eine geringfügig größere Kirche herausstellt. Den Papst, der auf einem Kirchenfenster dargestellt wird, können wir nicht identifizieren, tippen aber auf Pius X. oder einen schlecht getroffenen Johannes Paul II. Die zugehörige Beschriftung im unteren Teil des Fensters ist leider zerbrochen.

Den Nachmittag und Abend verbringen wir an der Strandpromenade, gönnen uns ein gutes Abendessen und genießen den Sonnenuntergang.

Samstag 11.5.24 – (025) – La Paz und Fähre nach Mazatlan

18,85 km / Gesamt: 1.680,97 km

Wir stehen um 5:30 Uhr auf und verlassen das Hostel vor allen anderen, um eine Kajak-Tour in die Mangroven vor La Paz zu unternehmen. Andere interessante Aktivitäten, die für La Paz typisch sind, wie das Schwimmen mit Walhaien oder das Whalewatching haben leider gerade keine Saison. Auch Cabo San Lucas an der Südspitze von Baja California sparen wir uns, da das eine weitere Tagestour plus drei Tage Verzögerung der Weiterfahrt bedeutet hätte (die Fähre nach Mazatlan fährt nur samstags, dienstags und donnerstags).

Wegen des Niedrigwassers waten wir durch die Mangroven statt hindurchzupaddeln. Trotzdem interressant, drei der vier weltweit vertretenene Mangroven-Arten kennzulernen (schwarz, weiß und rot … gelb gibt es nur im Brackwasser)

Tandem im Kajak.

Rechtzeitig zum inkludierten Frühstück sind wir zurück im Hostel und können dank Wäscheservice eine Waschmaschine in Aufrag geben.

„Hot Cakes“ mit Banane und Apfel zum Frühstück im Hostel

Den Rest des Tages verbingen wir an der Strandpromenade, gönnen uns ein Eis und sprechen mit Deutsch-Studenten, die gerade ein Frühlingsfest vorbereiten.

Am Nachmittag brechen wir bei noch 34°C auf nach Pichilingue, 19 km nörlich von La Paz, wo die Fähre nach Mazatlan ablegt. Auf teilweise guten Radwegen, teilweise sehr schlechter Straße dürfen wir uns einige kürzere aber scharfe Steigungen hinaufkämpfen. Die trockenheiße Luft ist ziemlich herausfordernd. Am Hafen ist eine riesige, staubige Baustelle ohne jegliche Beschilderung. An der Einfahrt für Autos werden wir wieder einen Kilomter über die staubige Baustelle zurückgeschickt.

Beim Checkin stellen wir fest, dass Fahrräder viel günstiger mitgenommen werden als Motorräder und erfahren, dass sie zusammen mit den Haustieren (Mascotas) zur Kategorie „Sonstiges“, nicht etwa zu den Fahrzeugen („vehiculos“) zählen. Wir erhalten eine Gutschrift (Voucher), die wir aber nochmal per E-Mail einfordern müssen.

Dann dürfen wir unser Rad an Bord schieben, werden aber plötzlich getrennt. Viktor darf das Rad bei den Motorrädern abstellen und mit Spannriemen anbinden (falls es eine unruhige Überfahrt geben sollte). Es ist verboten, Decken und Schlafsäcke mit in die Passagier-„Salons“ zu nehmen. Jutta wird woanders langgeschickt, wird dann aber an der Rezeption/Ticketkontrolle festgehalten, da Viktor alle Tickets hat. Die geplante Mitnahme von Getränken und warmen Sachen aus den Radtaschen geht damit auch flöten.

Wir haben Plätze im Salon 3, anfangs scheinen sie wegen der vorhanden Beinfreiheit gut zu sein, in der nacht stellt sich aber heraus, das unsere Beine in den Türbereich hineinragen und jeder über unsere gestreckten Beine stolpern würde. Leider gehen ständig Leute ein und aus, so das wir so ziemlich die schlechtesten Plätze hatten.

In der Bar kaufen wir uns dann die nötigen Getränke (inklusive einer frisch gepressten Limonade) und finden erstaunlicherweise europäische Schuko-Steckdosen an der Wand. Die Fähre war früher in Italien unterwegs. Leider haben wir den Schuko-Adapter schon in einem Paket nach Deutschland geschickt, aber vermutlich war auf den Steckdosen eh keine Spannung. Um die wenigen Steckdosen gibt es jedenfalls Gerangel und WIFI gibt es „nur für den Kapitän“ (erfährt Jutta auf Nachfrage).

Sonntag 12.5.24 – Mazatlan und Busfahrt nach Acapulco

6,01 km / Gesamt: 1.686,98 km

Nach 14 Stunden Fährfahrt erreichen wir Mazatlan und warten nochmal eine Stunde bis wir nach allen Lastwagenfahrern von Bord gehen können. Wir werden wieder getrennt und wollen uns an der Rampe treffen. Dazu muss sich Jutta aber heftig gegen das Durchwinken wehren, dass sie von allen Seiten erfährt. Viktor kann erst nach allen Motorrädern den Laderaum mit dem Tandem verlassen.

Bei Ricos Café in Mazatlan an der Strandpromenade gibt es ein sehr gutes Frühstück und es ist ziemlich voll. Heute ist Muttertag und scheinbar sind viele Familien unterwegs.

Am Busbahnhof erkundigen wir uns nach Reisemöglichkeiten nach Acapulco und werden von einem Schalter zum anderen weiterverwiesen. Es gibt täglich mehrere Busse. Der heutige Bus um 17 Uhr hat nur noch einen Platz frei. Wir buchen nach kurzer Überlegung zwei Plätze um 21:00 Uhr, Ankunft in Acapulco um 18:45 Uhr, also nach knapp 22 Stunden Fahrt.

So können wir heute eventuell noch an den Strand fahren und dort duschen (nicht etwa „eine Dusche nehmen“ … denn das wäre Denglisch), verlieren aber in Mazatlan keinen weiteren Tag und sparen Unterkunftskosten. Die Sehenswürdigkeiten (höchstgelegener natürlicher Leuchturm Nordamerikas, ein noch im Bau befindliches Stadtviertel, Kathedrale und Observatorium) können wir uns tagsüber ja noch anschauen, wenn uns danach ist. Erstmal bleiben wir aber im klimatisierten Busbahnhof und nutzen das W-LAN für dieses Blog-Update.

Wir sparen uns aufgrund der Hitze doch sämtliches Sightseeing, versuchen stattdessen, irgendwo am Strand eine Dusche zu finden (leider ziemlich erfolglos), und entscheiden uns auch gegen eine Abkühlung im Pazifik, mit dem Wissen, das Salz hinterher nicht abgewaschen zu bekommen. Der Strand ist voller Menschen und alle paar Meter gibt es (auf dem Sand) Strandbars und -Cafes, außerdem spielen ebenfalls alle paar Meter Musikgruppen Livemusik der ähnlichen Art, aber unterschiedlicher Qualität. Wir finden kein Restaurant, wo wir – bei der Hitze- noch etwas essen mögen, also verpflegen wir uns bei einem Oxxo mit Zwieback, Käseimitat und Wasser für die Busfahrt und teilen uns schleißlich eine Dominos Pizza im Busbahnhof.

Da alle Reisenden durch eine „tolle“ Security müssen, passieren wir diese rechtzeitig mehrfach mit dem Tandem und den ganzen Taschen und wissen dann nur, dass der Bus am Terminal 6 bis 14 ankommen wird. Ein Mitarbeiter sagt, eher die 6, wir tragen alles dorthin, der Bus kommt um kurz nach 9 auch wirklich dort an, lässt Passagiere aussteigen und muss dann erst zur Buswäsche und zum Tanken. Um kurz vor 10 können alle einsteigen – dann aber am Terminal 12, also alles Gepäck wieder etappenweise dorthin tragen. Das Tandem wird leider nicht so gut stehend untergebracht wie auf der letzten Busfahrt, sondern irgendwie diagonal reingestopft, was uns etwas Sorge bereitet. Dafür werden uns (zumindest erst einmal) keine 600 Pesos für den Fahrradtransport abkassiert. Dann sitzen wir, mit Schlafsäcken und Kissen ausgerüstet, im Bus….

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